Bonuskapitel • Bristol
Bristol, 29. Dezember 2019
,,Lando!", dröhnte eine feste Stimme durch mein Zimmer, die ich jedoch nur betäubt wahrnahm. Viel zu müde war ich, als dass ich diese augenscheinlich zu ordnen, gar auf sie eingehen konnte. Entschlossen noch einmal im Land der Träume zu versinken, drehte mich auf die andere Seite und kuschelte mich tiefer unter die Decke. Das war gleich viel besser.
,,Lando!", blieb die strenge Stimme standhaft. Im nächsten Moment wurde mir kaltherzig die Decke entzog, was mich sofort erschaudern ließ.
,,Ey!", zischte ich missmutig und öffnete verschlafen die Augen, um den skrupellosen Quälgeist identifizieren zu können. Mit einem Blick zur Seite landeten meine Augen auf meinem herzlosen großen Bruder. Wer auch sonst.
,,Frühstück ist fertig", verkündete Oli grinsend und schmiss meine Decke zurück aufs Bett und damit direkt in mein Gesicht. Das würde er definitiv zurückbekommen.
Grummelnd befreite ich mich aus meiner Decke und verließ danach schweren Herzens mein geliebtes Bett. So schön es auch war, nach langer Zeit wieder zu Hause und von meiner Familie umgeben zu sein, konnte ich Mum dafür verfluchen, dass sie jeden Tag zu einer unmenschlichen Zeit Wert auf ein gemeinsames Frühstück legte. 9 Uhr. Wer war während seines Urlaubes schon um 9 Uhr auf den Beinen?
Schlaftrunken schleppte ich mich nach einer Nacht vor meiner Konsole die Treppe herunter ins Wohnzimmer. Mit einem brummenden ,,Morgen" steuerte ich den gedeckten Frühstückstisch an, doch hielt schlagartig Inne, als mein Blick auf die Person fiel, die auf meinem üblichen Platz saß. Aus warmen braunen Augen lächelte diese mich verliebt an:,,Buenos dias, Querido!"
,,Oh. mein. Gott.", entwich es mir ungläubig, da es doch tatsächlich Carlos war, der nun aufstand und einladend seine Arme ausbreitete. Allzu gern kam ich seiner unausgesprochenen Aufforderung nach und überbrückte sehnsüchtig die wenigen Meter zwischen uns. Freudestrahlend fiel ich ihm um den Hals und vergrub mein Gesicht wohlig in seiner Halsbeuge. Nach zwei Wochen täglichem Texten und nächtlichen Anrufen hatte ich meinen Freund endlich wieder bei mir.
,,Ich habe dich so vermisst", gestand ich murmelnd und drückte den Spanier instinktiv noch näher an mich. So schnell würde ich ihn sicherlich nicht mehr loslassen.
,,Ich dich auch. Genau deshalb bin ich hier. Ohne dich habe ich es in Madrid nicht länger ausgehalten", gab Carlos seufzend zurück. Keine Sekunde später drang ein entzücktes ,,Awww!" durch den Raum, was definitiv meiner jüngsten Schwester anzurechnen war. Perplex hob ich meinen Kopf und warf ihr einen vielsagenden Blick zu. Wir waren doch kein Filmpärchen zum Anhimmeln.
,,Tschuldigung", entgegnete Cisca kleinlaut und griff rasch nach dem Glas O-Saft vor sich. Derweil richtete ich meine Aufmerksamkeit strahlend zurück auf meinen Freund und fuhr bedächtig durch seine langgewordenen Haare:,,Wie lange bleibst du hier?"
,,Solange wie ich darf", erwiderte er schmunzelnd.
,,Du darfst für immer bleiben", schwor ich ehrlich und lehnte meine Stirn behutsam gegen seine. Mein zu Hause war sein zu Hause.
,,Für immer immer?", hakte der Spanier neckend nach und entlockte auch mir mit der Anspielung auf mein Teamradio vom vergangenen Grand Prix in Österreich ein zartes Grinsen. Das dürfte ich mir wohl nicht nur von ihm ewig anhören.
,,Für immer immer und noch viel länger", stellte ich entschlossen klar und bekam von Carlos dafür einen sanften Kuss auf die Lippen gedrückt. Dieser reichte mir nach zwei Wochen komplett ohne Zärtlichkeiten allerdings nicht, weshalb ich mir prompt einen weiteren, längeren Kuss stibitzte. Verdammt hatte mir das gefehlt.
,,Scheint, als würde Lando sein Frühstück genießen", war es diesmal Flos Stimme, die uns zurück in die Realität holte. Ruckartig ließ ich von Carlos Lippen ab und drehte mich entsetzt zu meiner ältesten, für meinen Geschmack ziemlich vorlauten Schwester.
,,Zum Glück hat er sich nicht verschluckt", fügte Oli lachend hinzu und wurde von Flo dafür mit einem anerkennenden Handschlag belohnt.
,,Seid bloß still!", ermahnte ich die beiden bissig. Peinlicher ging es wohl echt nicht.
,,Hey! Keine Zankereien am Morgen!", unterbrach uns Mum rügend. Mit einer reichlich gefüllten Schale Rührei trat sie durch die Wohnzimmertür, gefolgt von Dad mit einem Korb voller Brot in der Hand. Beides stellte sie zu den anderen Speisen auf den Tisch, womit das Frühstück angerichtet war.
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Obwohl mein Vater während des Essens auf die glorreiche Idee kam, Carlos gleich für eine Runde Tennis in seinem Sportverein mitzunehmen, konnte ich meinem Freund mit der tatkräftigen Unterstützung meiner Mutter geradeso davor bewahren und ihn nach dem Abdecken des Tisches sicher in mein Zimmer manövrieren.
Erleichtert darüber, dass wir nun endlich alleine waren, schloss ich meine Zimmertür hinter mir und ließ den Rucksack des Spaniers achtsam auf den Boden gleiten. Seinen Koffer hatte er hingegen unbedingt selbst die Treppe hochtragen wollen.
,,Was in aller Welt...", riss Carlos entgeisterte Stimme meine Aufmerksamkeit auf sich. Mit geweiteten Augen stand er vor meinem alten Schreibtisch und betrachtete die mit zahlreichen Postern verzierte Wand dahinter. ,,Du hast wirklich ein Poster von Alex in deinem Zimmer. Das war kein Scherz."
,,Natürlich war das kein Scherz. Er war von klein auf mein Held", erklärte ich belustigt. Selbst manche Reporter nahmen mir die Geschichte rundum Alex Poster nicht ab und holten sie in etlichen Interviews wieder hervor. Vielleicht war es allmählich Zeit für ein Beweisfoto, denn tatsächlich hatte ich den Thailänder schon lange vor unserer Freundschaft bewundert.
,,Ich werde definitiv nicht hier schlafen, wenn ich von deinem besten Freund dabei beobachtet werde", merkte der Spanier monoton an und wandte sich von meiner beschmückten Wand ab. Geradewegs schritt er auf mein Bett zu, was gegenüber vom Schreibtisch stand. Dass die Augen von klein Alex folglich auf meinem Bett ruhten, war mir so gesehen noch nie aufgefallen.
,,Wieso, Babe? Er sieht doch ganz freundlich aus", fuhr ich scheinheilig an und schlug ebenfalls den Weg zu meinem Bett ein. Auf diesem ließ Carlos sich gerade fallen und rutschte bis ans Kopfteil heran, um sich anzulehnen. Konsequent schüttelte er den Kopf:,,Vergiss es. Entweder muss das Poster ab oder wir kleben etwas drüber."
,,Ich kann ein altes Bild von mir dorthin hängen, wenn dir das besser gefallen würde", schlug ich scherzhaft vor und schmiss mich neben ihn aufs Bett, kuschelte mich gleichdarauf auf an ihn und betete meinen Kopf auf seine Brust.
,,Das würde es definitiv", stimmte der Spanier einverstanden zu. Schützend schlag er seinen Arm um mich, vergrub währenddessen seine Hand in meinen Haaren und hauchte mir einen liebevollen Kuss auf den Ansatz. Entspannt schloss ich meine Augen und seufzte genussvoll auf. So ließ es sich aushalten. Nur Carlos und ich, nur wir beide, gänzlich ohne Störenfriede, genannt meine Geschwister.
,,Die Kommentare vorhin tuen mir übrigens leid", warf ich bei dem Gedanken reumütig in die Stille hinein. ,,Flo und Oli können echt idiotisch sein."
,,Bist du etwa besser, wenn sie jemanden mit nach Hause bringen?", erkundigte sich mein Freund schmunzelnd. Als wäre die Antwort nicht offensichtlich genug, schlug ich empört meine Augen auf und schaute zu ihm hoch:,,Hallo? Ja, bin ich!"
Zumindest ein bisschen. Erst als mein großer Bruder seine Freundin nach dem gemeinsamen Essen am zweiten Weihnachtstag nach Hause gefahren hatte, habe ich mich über seine unterlege Rolle in seiner Beziehung lustig gemacht. Diese Frau hatten ihn absolut im Griff, auf positive, bewundernswerte Weise.
,,Ich frage später Oli, ob das wirklich stimmt. Mal ganz davon ab waren meine Schwestern bei deiner Ankunft nicht anders", erinnerte mich der Spanier grinsend. Ganz falsch lag er dabei nicht.
,,Unsere Geschwister würden sich also prächtig verstehen", schlussfolgerte ich lachend daraus, was Carlos mit einem zustimmenden Nicken quittierte.
Danach löste er seine Hand vorsichtig aus meinen Haaren und ließ seine Fingerspitzen langsam über meine Wange wandern. Verträumt blickte er mir währenddessen in die Augen:,,Vielleicht beweist sich das eines Tages, wenn wir zusammen Weihnachten feiern oder so."
,,Zusammen Weihnachten feiern? Mit unseren beiden Familien?", kam es mir überrascht über die Lippen.
,,Klingt die Idee so grausam?", fragte mein Freund belustigt nach, jedoch war der unsichere Unterton in seiner Stimme nicht zu überhören gewesen. Zudem stoppte er abrupt seine sanfte Berührung und zog seine Hand schließlich ganz weg.
,,Nein!", widersprach ich ihm hastig und legte nun meine Hand bedächtig an seiner Wange ab. ,,Nein, ganz im Gegenteil. Die Vorstellung, Weihnachten tatsächlich mit all meinen liebsten Menschen zu verbringen, ist traumhaft. Allerdings liegen Bristol und Madrid nicht gerade nebeneinander."
,,Ich weiß. Sonderlich einfach dürfte es nicht werden, alle eines Tages beisammen zu kriegen", gab er ernüchtert zu bedenken.
,,Aber nicht unmöglich", vermerkte ich aufmunternd und hauchte ihm unterstützend einen zarten Kuss auf die Lippen, bis mir bei dem Stichwort Weihnachten auf einmal das kleine Geschenk in den Sinn kam, was ich trotz unser ,,Wir schenken uns dieses Jahr wirklich, wirklich, wirklich nichts"-Abmachung besorgt hatte. Im Grunde war es ja nicht einmal ein richtiges Weihnachtsgeschenk, sondern viel mehr eine Gegenleistung für das Armband, was er mir den USA gegeben hatte.
Eilig setzte ich mich somit auf und robbte freudig vom Bett:,,Ich habe noch eine Kleinigkeit für dich."
,,Huh?", verfolgte Carlos meinen plötzlichen Sinneswandel irritiert, wovon ich mich nicht beirren ließ. Überzeugt lief ich zu meinem Rucksack, der die letzten Tage unter meinem Schreibtisch verweilt hatte, und kramte eine in Geschenkpapier verpackte Schachtel hervor. Mit dieser machte ich mich auf den Weg zurück ins Bett und hielt sie meinem Freund anschließend auffordernd hin.
,,Wir wollten uns doch nichts schenken", stellte dieser wehmütig fest und beäugelte mein Geschenk kritisch.
,,Es ist nur eine Kleinigkeit", winkte ich lächelnd ab in der Hoffnung, ihn damit beruhigt zu haben, jedoch verzog Carlos nur unbehaglich das Gesicht:,,Aber ich habe gar nichts für dich."
,,Du bist hier. Dein Überraschungsbesuch ist Geschenk genug", entgegnete ich lieblich und drückte ihm einen weiteren dankbaren Kuss auf die Lippen. Dann griff ich gefasst nach seiner Hand und umschloss mit dieser das verpackte Päckchen. Der Spanier schien es andernfalls nicht anzunehmen.
Schwer seufzte mein Freund, doch widmete sich danach zögerlich dem Geschenkpapier. Vorsichtig fummelte er es ab, bis er eine schlichte weiße Schachtel in der Hand hielt, die er scheinbar augenblicklich wiedererkannte. Verwirrt runzelte er die Stirn und warf einen prüfenden Blick auf das Silberarmband an meinem rechten Handgelenk. Pausenlos trug ich das Schmuckstück von ihm, nahm es lediglich zum Duschen und Schwimmen ab.
Irritiert betrachtete der Spanier wieder die Box in seiner Hand und öffnete sie zaghaft. Zum Vorschein kam eine haargenaue Kopie meines Armbandes mit der Gravur unserer Namen auf der Unterseite der Gravurplatte. Blitzartig verwandelte sich Carlos ratloser Blick in ein begeistertes Lächeln.
,,Es ist das gleiche Armband, was du mir in Long Beach geschenkt hast. Ich dachte, dass es schön wäre, wenn du auch eins hättest. So habe ich immer dich bei mir und du immer mich bei dir", präsentierte ich ihm schüchtern meine Idee. Gerührt blickte der Spanier mich an und rutschte überglücklich näher zu mir:,,Das ist unheimlich süß und perfekt. Vielen Dank, mi vida."
Strahlend lehnte er sich vor und verband unsere Lippen zu einem gefühlvollen Kuss, den ich verlangend erwiderte. Kurzzeitig ließen wir voneinander ab, sodass ich meinem Freund sein neues Schmuckstück um machen konnte, ehe wir den nächsten leidenschaftlichen Kuss versanken. Von nun an waren wir auch symbolisch miteinander verbunden.
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Und damit hat dieses Buch endgültig ein Ende gefunden.
Danke an all diejenigen, die dieses Buch gelesen haben sowie gevotet oder kommentiert. Das bedeutet mir sehr viel und ich hoffe, dass ihr auch beim nächsten Teil dabei seid!🧡 Dieser wird voraussichtlich Freitag starten.
Habt noch einen schönen Tag!
Lg. T.
Kommentar von OsByLynn:
[lol die beiden machen auch in jedem Kapitel am Ende miteinander rum, I love it. Das Kapitel ist wirklich toll, ich mag es, wie Landos Familie mit Carlos umgeht, goals😂 aber gut, dass Lando ihn vor dem Ausflug mit Adam gerettet hat. Ich will lieber Carlando Time thank uuuu. Toll geschrieben<3]
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