33 • Chances
Verschlafen murrte ich und öffnete langsam meine Augen. Carlos Arm lag schützend um meine Hüfte und sein regelmäßiger Atem war zu hören. Vorsichtig drehte ich mich um und betrachtete den schlafenden Spanier. Er sah so ruhig und friedlich aus, was mich zum Lächeln brachte. Behutsam strich ich ihm ein paar Haare aus der Stirn und beschloss für ein paar weitere Minuten liegen zu bleiben. Ich genoss es Carlos so nah zu sein.
Als ich mein Handy vom Nachtisch gefischt und auf Nachrichten von Freunden geantwortet hatte, schlief Carlos immer noch. Somit entschied ich mich aufzustehen und ihm Frühstück ans Bett zu bringen. Nachdem er sich die letzten Tage vernachlässigt gefühlt hatte, wollte ich nun dafür sorgen, dass sowas nie wieder vorkommen würde und ihn glücklich machen. Darauf bedacht ihn nicht zu wecken, befreite ich mich aus Carlos Griff und klettere aus dem Bett. Ich zog mir eine frische Boxershorts sowie eines von Carlos T-Shirts über und machte mich auf den Weg nach unten.
Die Stimmen von Alex und George waren zu hören und wurden immer lauter, je näher ich der Küche kam. Die beiden saßen auf zwei Hochstühlen an der Küchentheke und unterhielten sich angeregt.
,,Guten Morgen", warf ich lächelnd in den Raum, als ich die Küche betrat. Sofort schellten die Köpfe meiner besten Freunde zu mir:,,Morgen."
,,Wir haben Pfannkuchen gemacht. Dort drüben liegen noch genug für dich und Carlos. Obst musst du selbst aufschneiden", fügte George an und deutete auf einen Unterschrank, auf dem ein Teller mit Pfannkuchen stand.
,,Danke", erwiderte ich und nahm mir ein Brett zum Schneiden sowie ein Messer. Damit stellte ich mich an die Theke gegenüber von meinen Freunden und nahm eine Banane aus dem Obstkorb:,,Seit wann seid ihr wach?"
,,Zwei Stunden, wir waren erst Joggen und haben dann die Pfannkuchen gemacht. Jetzt warten wir auf dich und Carlos, damit wir zum Kanufahren können", erklärte Alex.
Ich begann die Banane zu schneiden und nickte:,,Okay, Carlos schläft noch. Ich wecke ihn, sobald ich Frühstück gemacht habe. Danach ziehen wir uns um und können los."
,,Nur keinen Stress, wir sind im Urlaub und haben Zeit", vermerkte Alex schmunzelnd.
,,Apropos Carlos, was war gestern los?", wollte George aufmerksam wissen und nippte an der Tasse vor sich.
,,Es gab zwischen uns ein kleines Missverständnis, was ihn belastet hat", winkte ich ab. Da Carlos und ich alles geklärt hatten, brauchten sich meine besten Freunde darüber keine Gedanken machen. Ich lief zu unserem Kühlschrank und holte eine Schale Erdbeeren hervor, die ich danach unter dem Wasserhahn wusch.
,,Jetzt ist wieder alles in Ordnung?", fragte Alex nach, was ich bei den Erinnerungen an die gestrige Nacht mit einem glücklichen Nicken quittierte:,,Ja, es ist alles perfekt. Tut mir leid, dass wir gestern Abend nicht nochmal runtergekommen sind und euch mit den Mädchen alleine gelassen haben."
,,Kein Problem, wir hatten auch ohne euch Spaß", gestand George grinsend und Alex stimmte mit ein. Als ich begann die Erdbeeren zu schneiden, musterte ich die beiden prüfend:,,Ist irgendwas passiert, wovon man wissen müsste?"
Bevor einer antworten konnte, klingelte ein Handy, Alex Handy. Er holte es aus seiner Hosentasche und erstarrte direkt, als er aufs Display sah:,,Das ist Dr. Marko."
,,Dann geh ran", sprach George das offensichtliche aus. Einen Anruf seines Motorsport-Chef sollte man definitiv nicht ablehnen, vor allem nicht, wen er für wenig Geduld und konsequente Entscheidungen bekannt war, wie RedBull Racing Chef Dr. Helmut Marko.
,,Aber wieso ruft er mich an? Es ist Sommerpause und ich fahre für Toro Rosso, nicht für RedBull", gab Alex nervös zurück.
,,Geh ran und finde es heraus", forderte ich ihn auf.
,,Aber..." ,,Geh ran!", schnitten George und ich ihm wie aus einem Mund das Wort ab, als Alex den Anruf weiter hinauszögern wollte. Er seufzte und sprang vom Hochstuhl, ehe er den Anruf mit einem fragenden ,,Hallo?" abnahm und die Küche verließ.
George und ich blickten uns schmunzelnd an. Für einen Moment kehrte Stille ein, bis ich auf unser altes Thema zurückkam:,,Also gestern Abend, was ist vorgefallen?"
,,Nichts Besonderes, als ihr weg wart, saßen wir noch eine Weile auf der Terrasse und haben geredet. Danach waren wir wieder schwimmen, bis die Mädchen gegangen sind. Es war nur ein lustiger Abend", berichtete George.
,,Verstehst du dich eigentlich mit Liv?", erkundigte ich mich zögerlich.
,,Ja, sie ist ziemlich lustig und sympathisch, macht viele Witze und nimmt sich selbst nicht zu ernst", antwortete er und trank einen weiteren Schluck aus seiner Tasse.
,,Tust du mir einen Gefallen?" Fragend sah George mich an, was ich als Aufforderung nahm weiterzureden. Jedoch überlegte ich einen Moment, wie ich den Gedanken, der mir seit dem Gespräch mit Liv vor zweit Tagen durch den Kopf ging, am besten in Worte fasste:,,Bevor wir nach Hause fahren und die Saison wieder losgeht, nimm dir bitte einen Moment und rede mit ihr unter vier Augen. Ich glaube, dass ihr beide euch besser versteht, als ihr gerade denkt, und einander gebrauchen könnt."
,,Was meinst du damit?", fragte George irritiert. Ich seufzte und hob meinen Blick von den Erdbeeren:,,Ihr beide habt ein gebrochenes Herz, auf unterschiedliche Art und Weise. Manchmal können zwei gebrochene Herzen sich am besten zusammen heilen und bevor du jetzt direkt ablehnst: Du sollst sie nicht heiraten oder mit ihr ausgehen, sondern nur mir ihr reden. Vielleicht könnt ihr eine gute Freundschaft aufbauen."
,,Ich werde sicherlich Zeit finden, noch einmal mit ihr zu reden. Sie wollte mit Bella heute Abend wieder vorbeikommen. Tami muss arbeiten", ging George auf meine Bitte ein, womit ich mich zufriedengeben konnte.
,,Danke", lächelte ich und schnitt die letzte Erdbeere klein, ,,Carlos und ich sind zum Essen heute Abend vermutlich nicht da. Ich wollte ihn ausführen, Beziehungszeit und so."
,,Ausführen und Beziehungszeit hören sich gut an", ertönte auf einmal die Stimme des Spaniers hinter mir. Keine Sekunde später schlang Carlos seine Arme um mich und drückte mir einen zarten Kuss auf die Wange.
,,Babe", jammerte ich, da Carlos wieder wach wurde, bevor ich unser Essen fertig gemacht hatte, und ließ das Messer sinken, ,,ich wollte dir das Frühstück ans Bett bringen. Ist dir bewusst, dass du jedes Mal meine Überraschung durchkreuzt?"
,,Ich wünsche dir auch einen guten Morgen, Querido", war das einzige, was Carlos daraufhin zurückgab und ließ wieder von mir ab. Er schnappte sich ein Stück von einer geschnittenen Erdbeere und setzte sich neben George an die Theke, der das alles mit einem Lachen verfolgte:,,Es ist in Ordnung, wenn wir uns nach dem Kanufahren aufteilen. Ich kann verstehen, wenn ihr mehr Zeit für euch braucht. Wie gesagt, Alex und ich haben auch so unseren Spaß."
Dankbar nickte ich und wandte mich danach wieder schmollend zu Carlos:,,Alex und George haben Pfannkuchen gemacht. Ich habe bis jetzt Bananen und Erdbeeren aufgeschnitten. Was möchtest du noch dazu haben?"
,,Äpfel wären gut", schmunzelte der Spanier. Damit nahm ich einen Apfel aus der Obstschale und hielt ihn unter den Wasserhahn, um ihn anschließend zu schneiden.
George, Carlos und ich versanken währenddessen in das nächste Gespräch über unsere bisherigen Kanu Erfahrungen, bis Alex wieder zu uns stieß. Schwer atmend stand er in der Küchentür und hielt noch immer sein Handy in der Hand.
,,Alles in Ordnung?", hakte George besorgt nach. Langsam nickte Alex und fuhr sich durch die Haare:,,Dr. Marko hat..."
Gespannt warteten wir darauf, dass er fortfuhr, doch Alex schien zu überwältigt zu sein und sagte nichts weiter, sodass ich nachfragte:,,Was hat Dr. Marko?"
,,Er hat gesagt, dass ich nach dem Urlaub direkt in die Fabrik von Aston Martin RedBull Racing kommen soll. Pierre und ich tauschen für die restliche Saison die Teams", klärte er uns auf.
,,Oh mein Gott!", quietschte George und war der erste von uns dreien, der nach Alex Worten umschaltete. Er sprang von seinem Hochstuhl auf und lief zu ihm:,,Das ist großartig! Herzlichen Glückwunsch!"
Nachdem George Alex umarmt hatte, tat ich es ihm gleich:,,Du hast es dir verdient, Alex! Es ist toll, dass sie dir endlich diese Chance geben. Ich bin mir sicher, dass du sie erfolgreich nutzen wirst."
,,Wenn du Ratschläge brauchst, wie man mit Max als Teamkollege überlebt, lass es mich wissen. Wir waren in unserer ersten Saison bei Toro Rosso Teamkollegen", kam es von Carlos, der Alex nachdem ebenfalls umarmte, „herzlichen Glückwunsch!"
,,Danke, ehrlich. Ich weiß gar nicht, was ich sagen oder denken soll", gab Alex zu, bevor wieder sein Handy klingelte, ,,das ist Christian."
,,Nimm ab, deinen zukünftigen Teamchef kannst du nicht hängen lassen. Danach stoßen wir an", verkündete George und ging zu unserem Kühlschrank. Als Alex wieder die Küche zum Telefonieren verließ, sah ich verwirrt zu George:,,Nicht, dass es Alex nicht verdient hätte, dass wir mit ihm anstoßen, aber es ist nicht mal 11 Uhr und Carlos und ich haben noch nichts gegessen. Wollen wir mit dem Anstoßen nicht noch warten?"
,,Keiner hat gesagt, dass wir mit Alkohol anstoßen. Saft reicht fürs erste aus. Gefeiert wird heute Abend", bestimmte er und holte eine Packung Multivitaminsaft heraus, woraufhin Carlos und ich lachten. Der Spanier holte vier Gläser aus einem Schrank, in denen George jeweils etwas einfüllte. Als Alex zurückkam, nahmen wir uns jeder ein Glas und stießen auf Alex weitere Saison bei einem Profiteam an, eben auf unsere provisorische Art.
•••
Ich wollte mich auch noch einmal hier für die lieben Worte unter dem letzten Kapitel bedanken. Mir ist selbst bewusst, dass ich mich etwas in meinen Gefühlsausbruch hineingesteigert habe und wollte mich dafür ebenfalls entschuldigen. Eure Worte waren trotz allem ziemlich aufmerksam und aufmunternd. Vielen Dank dafür!
Ich hoffe, dass ihr einen guten Start in die Woche hattet.🧡
Lg. T.
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