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Taehyung zog sich mit seinem Wein in eine Ecke zurück und kippte sich diesen genüsslich in seinen Hals herunter, aber nachdem er den Krug von seinen Lippen entfernt hatte, verzog er enttäuscht das Gesicht. Selbst der Wein war damals besser gewesen. Dieser schmeckte beinahe wie Wasser.
In diesem Augenblick liefen die Schüler des Jeon Clans an ihm vorbei, in ihren Händen trugen sie einige Stiele und Fahnen mit sich. Ihre weißen Uniformen, die ihn immerzu an Beerdigungs- und Trauerkleidung erinnerten, versetzten ihm einen Stich in seinem Herzen. Erinnerungen tanzten vor seinen Augen, die ihm kurz Schwindel bereiten.
Nach einer Weile entschied er sich, den Jüngern zu folgen und zu beobachten, was sie vorhatten.
In einem Sicherheitsabstand von ein paar Metern, stellte er sich hinter eine Säule und sah zu, wie sie im westlichen Hof auf Dächern, Wänden sowie am Boden standen und ernst miteinander diskutierten. Die Fahnen hatten sie quer über den ganzen Platz aufgestellt, sowohl unten als auch oben in der Luft.
Taehyung betrachtete die dunkelblauen Fahnen mit der gelben Schrift, die ihm allzu bekannt waren.
Phantom-Attraktions-Flaggen*.
„Tzz, sie alle haben mich verabscheut und wollten mich umbringen, aber hier sind sie noch viele Jahre später und nutzen meine Kreationen", murmelte er kopfschüttelnd.
„Wenn sie von Osten kommen, können wir sie von allen Richtungen umzingeln. Aber stört nicht die Leute, die hier leben. Und der Korridor hier und das Dach dort sollten auch überwacht werden. Seid zu jeder Zeit aufmerksam. Bleibt fokussiert. Lasst euch nicht von der schlechten Energie beeinflussen."
Er schnellte nach vorne und neigte den Holzstiel ein wenig nach unten, um an die Flagge heranzukommen.
Einer der Schüler, die auf dem Dach standen, sichtete ihn dabei und schrie ihm zu: „Was machst du da? Du solltest nicht hier sein!"
Taehyung scherte sich nicht um dessen Worte, sondern zog die Flagge herunter.
„Hey! Hör auf damit! Du solltest das nicht anfassen!", rief er und zeigte mit dem Finger auf ihn.
„N-Nein! Ich will es! Ich will es!" Taehyung presste die Fahne an sich und rannte damit davon.
Der Schüler sah den ernsten Kultivierer von vorhin hilfesuchend an, ehe er vom Dach heruntersprang und Taehyung hinterherjagte, um ihn aufzuhalten. Er landete direkt vor ihm und versperrte ihm dadurch den Weg, sodass der Maskierte zurückschrak.
„Gib es zurück. Oder ich werde dir weh tun!", sagte er und hielt eine Flagge mitsamt Stiel horizontal vor sich, den freien Arm auf eine offensive Art gehoben.
„Werde ich nicht! Werde ich nicht! Werde ich nicht! Ich will es! Ich will es! ICH WILL ES!"
Ahh, so tun als wäre man ein Wahnsinniger war eigentlich ganz lustig.
„Beomgyu, verlier nicht die Fassung, lass uns mit ihm reden", der Kultivierer, der ihm vorhin in der Halle helfen wollte, schloss sich mit den anderen ihnen an. „Wir müssen uns nicht mit ihm streiten."
Ein freundliches Lächeln lag auf seinem Gesicht, während Taehyung damit beschäftigt war, die Beschriftung auf der Flagge zu inspizieren und über die Linien strich.
„Ich würde ihn doch nicht wirklich schlagen. Schau ihn dir an. Er hat unsere Flaggenformation durcheinandergerbacht."
Die Bemalung ist richtig. Die Linien sind komplett. Nichts ist falsch. Es wird funktionieren, wenn es benutzt wird. Allerdings... Die Person, die die Flagge bemalt hat, ist unerfahren. Die aufgemalten Linien können nur Geister innerhalb von acht Kilometern anlocken. Aber das sollte genug sein.
Der Kultivierer, dessen Name er immer noch nicht kannte, der aber bisher am freundlichsten und ruhigsten wirkte, er erinnerte ihn ein wenig an jemand Gewissen, trat neben ihm und verbeugte sich leicht vor dem Größeren.
„Junger Meister Song, es wird bald dunkel. Wir werden mit einem bösen Geist kämpfen. Ihr geht besser in Euer Zimmer. Es ist gefährlich nachts. Was auch immer Ihr nachts hört, bleibt in Eurem Zimmer", sagte er mit sanfter Stimme.
Taehyungs Blick wanderte von seinem Gesicht des hübschen Jungens hinunter zu seinem weißen Gewandt. Unbewusst erschien vor seinem inneren Auge das Bild eines Mannes, der dieselbe weiße, ordentliche Uniform getragen hatte. Ein Anflug von Trauer und Einsamkeit durchströmte sein Inneres, als er an diese Person denken musste. Er verlor sich für einen kurzen Moment in seinen Gedanken und sank zu Boden.
Der Kultivierer sah ihn besorgt an und setzt sich zu ihm in die Hocke, dessen Hand lag an seinem Arm. „Junger Meister Song, was ist los?"
„Nur ein Fetzen mit Farbe. Mir doch egal", murmelte er kleinlaut, stand auf und warf den Stoff auf den Boden. Er trat drauf, drehte seinen Fuß hin und her, sodass es in dem Gras schmutzig wurde, und fügte hinzu: „Ich kann es viel besser zeichnen!"
Anschließend rannte er davon, und ließ die jungen Schüler perplex dort stehen, die sein Verhalten nicht allzu sehr hinterfragten, da er sowieso als verrückt abgestempelt wurde. Lediglich einer von ihnen, verteidigte den Maskierten und blickte diesem noch einmal nachdenklich hinterher.
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Die Nacht brach heran. Der Mond strahlte in seiner vollen Form bläulich auf das Gelände der Songs herunter, während einzelne, hauchdünne Wolken wie ein Seidentuch über den Himmel streiften. Die Kultivierer des Jeon Clans hatten sich in ihre Positionen begangen, jeder eine Flagge in der Hand, zusätzlich zu denen, die am Boden verteilt waren.
Ein unheimlicher Windzug streifte durch die Gegend.
Zwei dunkle Gestalten irrten zwischen den Gebäuden hin und her. Es handelte sich dabei um niemand anderen als Song Hueningkai und seinem Diener. Er wollte Rache an Song Taehyun nehmen und schnappte sich eine von den Fahnen, trotz der Warnung seines Bediensteten, der ihn daran erinnerte, dass sie eigentlich nicht draußen herumlungern sollten. Natürlich hörte er nicht auf ihn und steckte sich den bemalten Stoff unter sein Gewand.
In der Zwischenzeit ertönte aus dem Zimmer des vermeintlichen Wahnsinnigen eine süße, nostalgische Melodie, die die ganze dunkle Nacht mit ihren Tönen erfüllte.
Sie ergatterte die Aufmerksamkeit der Kultivierer, die konzentriert mit verschlossenen Augen auf den Dächern gestanden hatten.
„Beomgyu, die Melodie kommt mir bekannt vor. Klingt wie eine Melodie aus Gusu. Wir haben sie mal gehört."
„Haben wir? So schlecht gespielt. Ich habe sie vorher noch nie gehört."
Wenn er wüsste, dass Taehyung sie lediglich mit einem Blatt spielte, würde er wohl nicht mehr sagen, dass sie schlecht gespielt sei.
Taehyung öffnete seine Augen, hielt inne und wurde wieder in seine Erinnerungen zurückgerissen. Derselbe Mann erschien. Der Mann in seiner weißen Robe und dem schönen Schwert, das er immer dabei trug.
„Jeon...Jungkook..."
Bevor er länger über diese Person denken konnte, hörte er laute Rufe von außerhalb.
„Holt ihn raus und berichtet es den Offizieren."
„Jawohl."
„Was meinst du mit Berichtet es den Offizieren? Schlagt ihn gleich zu Tode."
„Verstanden."
„Zerrt den verrückten Mörder zur Haupthalle und lass ihn mit seinem Leben dafür büßen!"
Die Türen zu seinem Pavillon wurde aufgestoßen. Ein vertrautes Szenario spielte sich ab, als einige Männer zusammen mit seinem Onkel einmarschierten. Und ehe er sich versah, packte man ihn an beiden Seiten und zerrte ihn hinaus bis hin zu einem anderen Ort innerhalb des Geländes.
Bei einer Halle angekommen, in der sich auch die Kultivierer versammelt hatten, wurde er zu Boden geworfen, sodass er stöhnend auf seinen Knien landete, und das auch noch direkt vor den zwei Kultivierern, Beomgyu und der Sanfte, wie Taehyung ihn in Gedanken nannte, da dessen Name ihm immer noch unbekannt war.
Erschrocken wandte er sein Gesicht von den beiden ab, da er keine Maske dabeihatte. Auf dem ersten Blick schien niemand sein wahres Aussehen zu erkennen, aber wenn sie sich diesem mehr bewusstwurden, könnte es möglich sein, dass sie hinter diesem Schein blicken konnten.
Der Sanfte setzte sich auf Augenhöhe mit ihm und versuchte ihn zu beruhigen. „Alles in Ordnung, junger Meister Song? Ihr könnt jetzt aufstehen."
Taehyung nickte zögernd und erhob sich langsam.
Erst als die Kultivierer plötzlich nach vorne schnellten und Seile aus ihren Ärmeln schossen, die sich um die Gestalt hinter ihnen wickelten, bemerkte er Song Hueningkai, der wie ein Irrer und ein Besessener, die Zähne fletschte und dabei animalische Laute von sich gab.
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Phantom-Attraktions-Flaggen
Flaggen, die in einem bestimmten Radius alle Geister, Leichen ("Untote") und böse Kreaturen anziehen
Falls irgendetwas unverständlich ist oder ihr das Gefühl habt, dass etwas ungenau ist, könnt ihr mir das sehr gerne sagen, dann werde ich versuchen es besser zu beschreiben bzw. zu umschreiben :)
Mei~
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