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Kapitel 5

„Das wird super, Dela! Endlich kommen wir noch mal aus diesem Loch raus und unter Leute. Es ist so toll, dass man keinen Eintritt bezahlen muss."

Kayla plappert schon seit gefühlten Stunden von diesem Fest. Mittlerweile habe ich mehr oder weniger auf Durchzug gestellt.

Eigentlich liebe ich es, ihre Stimme zu hören, vor allem, wenn sie begeistert von einer bestimmten Sache spricht. Doch der Wasserfall an aufgeregten Worten, der sich aus ihrem Mund ergießt, bringt mich fast um den Verstand. Ein wenig freue ich mich ebenfalls, aber bei weitem nicht so sehr wie Kayla. Ich muss nur an das Gedränge der vielen Menschen denken und schon wird die Freude merklich gedämpft. Oder an die Blicke, die ich von denen zugeworfen bekomme, die damals alles mitbekommen haben und meinen Prozess verfolgten.

Wie konnte eine so junge Frau immerhin etwas derartig Schreckliches tun?

Wir laufen nebeneinander auf dem schmalen Bürgersteig, die Hände in die Jackentaschen gestopft, während die Musik und das Stimmengewirr mit jedem Schritt in Richtung des Marktplatzes lauter werden.

Kayla hat zur Feier des Tages ihre besten Kleidungsstücke und Schuhe herausgeholt, die sie für besondere Anlässe extra in der hintersten Ecke unseres Kleiderschrankes gebunkert hat, damit sie nicht in Versuchung kommt sie im Alltag zu tragen. Auf diese Weise bleiben sie unversehrt und von Löchern verschont. Der Pullover unter meiner Jacke hingegen, ähnelt teilweise einem Schweizer Käse. Jedoch hatte ich auch nicht vor meine Jacke auszuziehen.

Hinter uns ertönen quengelnde Laute, weswegen ich kurz dorthin schaue und eine Familie mit zwei Kindern entdecke, von denen eines wohl ebenfalls nicht sonderlich Lust hast. Während das eine fröhlich an der Hand der Mutter läuft, liegt das andere zwei Meter zurück und hat die Arme vor der Brust verschränkt, während es bockig auf den Boden starrt. Die Eltern lassen sich davon aber nicht beirren und ignorieren das Meckern gekonnt.

Manchmal frage ich mich, was wäre, wenn alles anders gelaufen wäre.

Wenn Mama damals nicht verstorben, Papa liebevoller und ich nicht für eine Straftat angeklagt worden wäre und drei Jahre meines Lebens im Gefängnis hätte verbringen müssen. Vielleicht wäre ich dann jetzt mit meiner eigenen Familie unterwegs. Vielleicht würde Vater einen schlechten Witz machen, über den nur Mama lacht. Sie würde ihn verliebt anschauen und ihm einen Kuss auf die Wange drücken, während sich meine Geschwister über Belangloses streiten. Ich würde mit einem Grinsen neben ihnen herlaufen und den frischen Wind genießen. Vielleicht wären wir glücklich.

Aber es spielt keine Rolle.

Die Realität sieht ganz anders aus. Der Teil, der noch von meiner Familie übrig ist, möchte keinen Kontakt zu mir. Und zu Lorena möchte ich keinen Kontakt. In der Realität ist das Leben einsamer und verkorkster.

Trotzdem muss ich mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, obwohl es schöner ist, in Erinnerungen und Vorstellungen zu schwelgen. Wenn man der Vergangenheit zu sehr nachtrauert, zieht sie dich in das kalte, schwarze Loch und hält dich gefangen.

Es ist egal, was vielleicht passiert wäre, denn es ist eben nicht passiert.

Ich muss lernen, das Leben, welches ich nun habe, anzunehmen. Ich sollte dankbar dafür sein, dass ich nicht vollkommen allein und verloren bin.

„Endlich sind wir da!"

Kayla klatscht glücklich in die Hände und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Der Schein der einzelnen Lichter, die überall auf dem Platz verteilt hängen, wird von ihren Augen reflektiert und lässt sie strahlend gold wirken. In diesem Moment wirkt sie so glücklich und unbeschwert, dass ich in meinem Kopf ein Bild davon mache, damit ich es immer hervorholen kann, wenn ihr Kopf mal wieder niedergeschlagen hinunterhängt. 

Überall haben die Veranstalter kleine Buden aufstellen lassen, an denen ebenfalls kleine Lichter befestigt sind. Die meisten verkaufen Essen, jedoch gibt es auch vereinzelt Schießstände. Bunte Lampions hängen verteilt über unseren Köpfen und erhellen die Gesichter der Menschen. Weiter hinten wurde eine Bühne aufgebaut, auf der Livemusik gespielt wird und einige tanzen sogar ausgelassen.

Dass ich das mal in einer deutschen Stadt erleben darf.

Die meisten Besucher sind vermutlich für das große Feuerwerk gekommen, das um neun Uhr stattfinden soll und jedes Jahr ein riesiges Spektakel darstellt. Aber sicherlich auch für die vielen Köstlichkeiten, deren Geruch mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

Am liebsten würde ich alles probieren, auch wenn ich dann vermutlich nach Hause rollen müsste.

Aber in diese Versuchung werde ich erst gar nicht kommen, da ich absichtlich nur fünf Euro mitgenommen habe. Mehr lässt sich für diesen Spaß nicht entbehren. Auch Kayla freut sich am meisten auf das Feuerwerk, wie sie mir heute ausführlich erzählte. Sie liebt die laute, bunte Knallerei.

Meine beste Freundin packt mich unsanft am Arm und zieht mich durch die Masse, die sich aufgrund der schmalen Wege aneinander vorbei quetscht. Ich sauge den Geruch von Crêpes, Bratwurst und schlechtem Parfüm ein. Ein wenig Schweiß ist auch dabei. Dabei muss ich daran denken, wie lange ich schon keinen Crêpe mehr gegessen habe. Es muss eine halbe Ewigkeit sein.

„Ach ja, so ein Crêpe wäre schon nicht schlecht...", äußert Kayla meine Gedanken.

Sie lässt ihren Blick unschuldig und möglichst unauffällig umherschweifen, woraufhin ich die Augen verdrehe. Ich kann es nicht leiden, wenn sie in Andeutungen redet, wobei man doch auch einfach normal fragen kann.

„Hier." Ich halte ihr die fünf Euro entgegen, die ich mitgenommen habe, da mir von Anfang an klar war, dass sie es nicht durchhalten würde, nichts zu kaufen. Auch wenn wir eigentlich abgemacht hatten, dass wir nur zum Gucken kommen.

Sie drückt mir einen feuchten Schmatzer auf die Wange, was ich so viel leiden kann, wie wenn das Klowasser an meinen Hintern spritzt.

„Du bist die Beste! Soll ich dir was mitbringen?", fragt sie breit lächelnd

, woraufhin ich nur den Kopf schüttle.

„Nein, danke." Kaum verlassen die Worte meinen Mund, ist sie auch schon verschwunden und lässt mich eiskalt stehen. Ohne ein weiteres Wort. Unglaublich.

Ich stelle mich ganz an den Rand, um nicht den Weg zu versperren und warte geduldig auf ihre Rückkehr. Meine Augen bleiben an einem hellbraunen Schopf hängen, weswegen mein Herz droht stehen zu bleiben. Doch dann dreht er sich um und meine Schultern sacken erneut zusammen.

Er ist es nicht.

Obwohl ich mir seit über drei Jahren nichts sehnlicher wünsche, als Elian endlich wieder in die Arme zu schließen.

„Dein Rückgeld", kommt es plötzlich von Kayla, weswegen ich zusammenzucke.

Sie drückt mir das Geld in meine Hand und wendet sich dann mit voller Hingabe ihrem Essen zu. Zu meiner Überraschung ist es kein Crêpe, sondern eine Bratwurst mit einer unmenschlichen Menge Ketchup. Beziehungsweise Ketchup mit ein bisschen Bratwurst. Kayla liebt das Zeug.

Ich schaue zu wie sie herzhaft hineinbeißt, sich ihre Augen jedoch schnell vor Schmerz weiten. Sie reißt den Mund auf und atmet schnell aus und ein. Ein schadenfrohes Grinsen macht sich auf meinem Gesicht breit.

„Heiß?"

Auf meine Bemerkung hin hält sie mir, mit immer noch verzerrtem Ausdruck, den Mittelfinger entgegen, da sie aufgrund der brennend heißen Bratwurst in ihrem Mund nichts erwidern kann. Sie pustet, bevor sie ein zweites Mal hineinbeißt, sodass sich nun ihre Augen vor Genuss schließen und ihr ein Laut entweicht, der stark einem Stöhnen gleicht.

„Ich kann zwar kaum noch was schmecken, weil meine Zunge dermaßen verbrannt ist, aber allein die Vorstellung des Geschmacks, macht mich schon ziemlich an."

Verliebt blickt sie die arme Wurst an, die es wohl kaum hätte schlimmer treffen können. Ich wünschte, sie würde mir dieselbe Wertschätzung entgegenbringen.

„Willst du beißen?"

Ich lasse die Frage unbeantwortet und beiße stattdessen genüsslich hinein, jedoch ebenfalls ohne zu pusten. Meine Zunge schmerzt und das Fett scheint Löcher in meinen Mund zu brennen. Kayla bedenkt mich nur mit einem schadenfrohen und besserwisserischen Blick, den ich wohl auch verdient habe. „Karma."

Scheiß Bratwurst.

Da Kayla nicht dazu in der Lage ist, gleichzeitig zu essen und zu laufen, bleiben wir eine Weile dort stehen bleiben. Ich beobachte das Treiben der Menschen und die flackernde Lampe, am Stand gegenüber von uns. Sie geht in schnellen Abständen an und aus und stellt somit ein defektes Glied in dieser Kette dar. Wenigstens sind die anderen Lämpchen nicht davon abhängig, dass jede funktioniert.

„Lass uns schon mal einen Platz suchen, von dem wir das Feuerwerk gut beobachten können", schlägt meine beste Freundin schließlich vor, nachdem sie endlich fertig gegessen und ihren befleckten Mund mit der Serviette abgewischt hat.

Ich stimme ihr mit einem stummen Nicken zu, sodass wir uns wieder in Bewegung setzen. Wir finden recht schnell einen guten Standort, der uns eine klare Sicht auf das Geschehen garantieren dürfte. Auch wenn ich persönlich nicht sonderlich scharf darauf bin. Mein Vater hatte ein Jahr an Silvester aus Versehen eine Rakete auf mich losgehen lassen. Wobei ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher bin, ob es wirklich ein Versehen war.

„Gleich müsste es losgehen, ich bin schon ganz aufgeregt." Sie strahlt mich mit einem fetten Grinsen im Gesicht an, was ein kleines Lächeln auf meine Lippen zaubert. Man kann sie nur lieben.

Der Raum um uns herum wird immer enger, da mehr und mehr Leute herantreten, um ebenfalls den besten Blick auf das bevorstehende Spektakel zu haben. Ich bin weder klein noch besonders groß, doch natürlich stellt sich genau vor mich die größte menschliche Giraffe auf Gottes Erde, wodurch ich mich wie der verlorene achte Zwerg fühle. Wenigstens ist die Wahrscheinlichkeit nun höher, dass die Person mögliche Raketen abfängt und ich somit unversehrt bleibe.

Dann würde es heißen Rakete 0, Ich 1.

Kayla schaut schon gespannt in den Himmel, als plötzlich der erste laute Knall ertönt und sie sich erschrocken an meinen Arm krallt. In mir lässt die laute Geräuschkulisse sofort ein gewisses Unwohlbefinden entstehen, doch ich halte mich tapfer an dem Gedanken fest, dass Kayla glücklich ist.

Ein lauter Knall nach dem anderem ertönt, woraufhin die bunten Funken am Himmel sprühen und die Menschen fasziniert in ihren Bann ziehen. Staunendes Gemurmel, Schreie von Kindern und verzauberte Augen, all das lässt sich beobachten. Doch ich blende alles aus. Mein Blick bleibt an dem grauen Rauch hängen, der durch die hellen Funken sichtbar wird. Der graue Rauch, der alles vernebelt und verschleiert, doch in der Dunkelheit nicht zu sehen ist. Der Rauch, der dir den freien Atem nimmt.

So schnell wie das Feuerwerk begonnen hat, ist es auch wieder zu Ende. Objektiv betrachtet, war es eine recht schöne Show, die jedoch sehr viel spektakulärer angekündigt wurde.

Meine Augen hängen noch immer am Himmel fest, den der Rauch weiterhin bedeckt. Ich weiß, warum es das Feuerwerk der Gefühle in Bezug auf romantische Beziehungen genannt wird. Wenn die bunten Funken den Himmel mit Licht erhellen und für Erstaunen sorgen, sind die Menschen zufrieden und geblendet. Alles ist wunderschön, laut und betörend. Doch wenn all das verblasst und verschwindet, bleibt lediglich grauer, dicker Rauch und ein ätzender Gestank, der an das Geschehene erinnert. Irgendwann lichtet sich auch dieser wieder und es wird klar, dass alles wieder wie vorher ist und die Realität anders aussieht als gedacht. Es war vielleicht keine Illusion, doch sicherlich eine Manipulation. Nichts ist wie es scheint.

„Ich gehe kurz auf Toilette, bin gleich wieder da", kommt es von Kayla, die schnellen Schrittes in Richtung der Toilettenwagen läuft. So wie sie kenne, musste sie schon die ganze Zeit dringend, aber hätte lieber eingenässt, anstatt auch nur eine Sekunde des Feuerwerks zu verpassen.

„Cindy?", ertönt es plötzlich hinter mir.

Alles in mir spannt sich an. Dieser Spitzname kann nur von einer Person stammen. Und diese Stimme würde ich überall wiedererkennen.

„Ey, Kayla! Cindy!"

Kayla und ich drehen uns beide zu dem Sprecher um und erblicken sofort den Jungen aus unserer Stufe, der auf uns zugelaufen kommt.

Sein Name ist Darian, wo weit ich weiß.

Währenddessen schiebt er seine riesige Hornbrille nach oben, die zu seinen Hosenträgern passt. Er trägt ein gelbes Hemd und eine Hose, die ihm bis kurz über die Knie reicht, aber auch knapp unter dem Bauchnabel beginnt. Sein Afro ist riesig. Er sieht ein bisschen wie Steve Urkle aus.

„Ich heiße nicht Cindy, wie oft soll ich dir das noch sagen?"

Ich hasse diesen bescheuerten Spitznamen. Was soll das überhaupt bedeuten?

Er grinst mich frech an, zieht seine Hose noch ein Stück höher und richtet seine Brille.

„Das bleibt mein Geheimnis, Cindy."

Warum nennt er mich bloß so?

Ich verdrehe genervt die Augen und will mit Kayla weitergehen, doch dieser Junge kommt tatsächlich einfach mit und quatscht uns zu.

Nach einer Weile muss ich leider bemerken, dass er eigentlich ganz nett und lustig ist.

Vielleicht könnten wir sogar Freunde werden.

Aber wenn er mich noch einmal Cindy nennt, drehe ich ihm den Hals um.

Damals waren wir in der fünften Klasse. Darian war, neben Kayla, mein engster Freund geworden, obwohl er nie aufhörte mich bei diesem Namen zu nennen.

Irgendwann gefiel er mir sogar, was mir wiederum überhaupt nicht gefiel.

Eines Tages zog Darian dann mit seiner Familie in eine andere Stadt und wir verloren uns. So läuft es meistens. Man findet Freunde und man verliert sie auch wieder. Dass ich ihn jetzt erneut finde, überrascht mich zugegeben doch sehr. Ich hatte ihn schrecklich vermisst, aber ich mich auch gleichzeitig damit abgefunden, dass sich manche Wege eben trennten.

Langsam drehe ich mich zu ihm herum und erblicke sofort sein strahlend weißes Lächeln, das einen so starken Kontrast zu seiner dunklen Haut darstellt. Seine Zähne sind kerzengerade. Das langjährige Tragen der Zahnspange hat sich wohl gelohnt.

Der Mann vor mir, hat äußerlich rein gar nichts mehr mit dem Jungen von früher gemein. Außer vielleicht das verschmitzte, schiefe Grinsen, das er mir auch jetzt schenkt. Seine Haare sind abrasiert, die Gesichtsstruktur um einiges markanter und seine Schultern breiter. Er ist groß und muskulös und überhaupt nicht mehr so dürr wie früher. Um seinen Oberkörper schmiegt sich ein schwarzer Rollkragenpullover, den er mit einem beigen Mantel und einer ebenfalls schwarzen Hose kombiniert hat. Seine Ausstrahlung ist freundlich und einnehmend zugleich. Für einen kurzen Moment verschlägt es mir die Sprache.

„Darian!" Ich schlinge meine Arme um seinen Hals, löse mich jedoch kurz darauf wieder, um ihn noch einmal genauer anzuschauen.

Er sieht großartig aus und lässt seinen Blick derart intensiv über mich fahren, dass es mir fast die Röte ins Gesicht treibt. Als ich ihm jedoch fest in die Augen blicke, wird sein Lächeln noch breiter.

„Ich hatte so sehr gehofft dich hier zu sehen", sagt er mit seiner angenehmen Stimme. Es ist unglaublich ungewohnt sie zu hören, da seine Stimme nun so viel tiefer und rauer als früher ist.

„Meine Mutter hat von einer alten Bekannten gehört, dass du und Kayla immer noch hier lebt. Ist sie auch da?"

„Ja, sie müsste gleich wieder da sein", erwidere ich mit einem Nicken und schaue mich demonstrativ etwas um, als ich meine beste Freundin tatsächlich auf uns zulaufen sehe.

Sie sieht genervt aus und verdreht die Augen. Scheinbar hat sie Darian noch nicht wahrgenommen.

„Diese Schlange vor den Toiletten war so unendlich lang und dann schaffen es die meisten nicht einmal in die Toilette zu scheißen. Da frage ich mich-" Ihr Satz endet abrupt, sobald sie unseren alten Freund erkennt, der sie mit einem amüsierten Grinsen anschaut.

„Scheiße", kommt es von Kayla, welcher der Mund weit offen steht. Sie konnte noch nie gut verstecken, was sie dachte.

„Was ist denn mit dir passiert?"

Ohne eine Spur von Scham, checkt sie Darian von oben bis unten ab und nickt schließlich anerkennend, bevor sie ihre Arme ebenfalls um ihn schlingt.

„Das Geheimnis musst du mir verraten."

Darians raues Lachen ertönt, während er sich verlegen am Nacken kratzt. Es lässt ihn fast ein wenig niedlich wirken.

„Das Geheimnis wird dir nicht gefallen. Dafür müsstest du nämlich Sport machen."

Sie rümpft angewidert die Nase und winkt ab. Kayla hasst Sport und das schon immer. Ich kann mich noch gut an die Sportstunden in der Schule erinnern. Während Darian und ich vorne liefen, hing unsere Freundin immer röchelnd hinterher und zeigte uns den Mittelfinger.

„Dann bleibe ich lieber so, wie ich bin", kommt es nun fast schon ein wenig eingeschnappt von ihr, weswegen ich nur lachen kann. „Wie kommt es zu diesem hohen Besuch? Oder wurde ich auf der Toilette so verpestet, dass ich halluziniere?"

Sie scheint ernsthaft zu überlegen, was mich nur noch lauter lachen lässt. Einige Besucher drehen ihre Köpfe bereits in unsere Richtung. Aber es ist mir egal. Ich hatte mich schon lange nicht mehr so amüsiert wie heute.

Darian und Kayla geben mir in diesem Moment ein Stück meiner Vergangenheit zurück. Damals war die Welt noch in Ordnung.

„Ich habe vor kurzem meine Ausbildung beendet und mich hier für Jobs beworben. Ich wollte wieder zurück. Und als ich dann gehört habe, dass ihr noch hier lebt, war meine Entscheidung gefallen. Ich habe euch echt vermisst", gibt er leise zu.

Sein Ausdruck wird nachdenklich und Reue blitzt in seinen Augen auf. Wenn er wüsste, wie sehr ich ihn ebenfalls vermisst habe.

„Als der Kontakt ausgelaufen ist, war es gerade recht schwierig bei mir. Viel Stress daheim. Und später dachte ich dann, dass ihr nichts mehr von mir hören wollt. Irgendwann wollte ich euch schreiben, aber eure Nummern waren nicht mehr richtig."

Stille macht sich zwischen uns breit, da wir alle in Erinnerungen schwelgen. Wir hätten uns gar nicht verloren, wenn es nicht immer diese blöden Missverständnisse geben würde.

„Wir dachten, dass du nichts mehr von uns wissen willst", gebe ich zu und muss darüber den Kopf schütteln. Kommunikation würde einiges sehr viel einfacher machen.

„Ist doch jetzt auch egal", kommt es fest von Kayla. „Wir können neu starten. Beziehungsweise einfach da anknüpfen, wo wir uns verloren haben."

Ihre Arme stemmt sie in die Hüfte, was ihr einen mütterlichen Touch verleiht. Darian freut sich sichtlich darüber, dass das nun auch endlich geklärt wäre und wir alle einfach nur dumm waren.

Wie hätten wir jemals nichts mehr von ihm hören wollen? Sie waren meine liebsten Menschen.

„Wie wäre es, wenn wir die Tage bei mir zusammen kochen? Ich bin frisch eingezogen und meine Küche müsste dringend eingeweiht werden", schlägt Darian feierlich vor.

Auf seine letzte Bemerkung hin, verziehen sich Kaylas Lippen zu einem perversen Grinsen. „Das würden wir sicherlich hinbekommen. Ich wollte schon immer mal einen Dreier haben."

Darians schallendes Lachen ertönt, während ich nur die Augen verdrehe und mit viel Mühe verhindere, dass sich meine Mundwinkel ebenfalls heben. Diesen Triumph kann ich ihr nicht gönnen.

„Ich kann zwar immer noch nicht kochen, aber ich würde mich sehr freuen, von euch bekocht zu werden", erwidere ich, was mir von Kayla einen tadelnden Blick beschert.

„Die Alte würde ohne mich nicht überleben."

Ich schlage ihr fest gegen den Arm, woraufhin ein schmerzerfüllter Laut ertönt.

„Stell dich nicht so an."

Kayla hält mir bloß den Mittelfinger entgegen und reibt sich über die Stelle.

„Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich bin, dass ihr immer noch die Alten seid", gibt Darian erleichtert zu.

Wenn er wüsste, wie viel sich seitdem geändert hat. Wie sehr wir uns verändert haben. Oder wohl eher verändern mussten. Jedoch ist es ein unglaublich gutes Gefühl, dass es jemanden gibt, der mich mit anderen Augen sieht. Er sieht nicht, was ich getan und was wir durchgemacht haben. Er sieht das unschuldige Mädchen von früher, dem alle Türen offen standen.

Früher oder später wird auch er die Wahrheit erfahren, doch bis dahin möchte ich egoistisch sein und diese Leichtigkeit genießen.

„Ich muss jetzt leider los, ich bin noch mit einem Freund verabredet. Wie wäre es Mittwoch bei euch? So um sieben?"

„Ich muss bis acht arbeiten, aber ich würde dann einfach nachkommen. Du hast doch frei, oder Dela?"

Nickend bestätige ich ihre Vermutung.

„Super, ich kümmere mich dann um alles."

Er drückt uns schließlich noch einmal fest, bevor er sich verabschiedet und die ersten Meter in Richtung des Ausgangs läuft. Auf halbem Weg dreht er sich noch einmal um.

„Ich freue mich!", brüllt er mit einem riesigen Grinsen und verschwindet schließlich in der Menge.

Wenn Kayla nicht unbedingt auf dieses Fest hätte gehen wollen, hätten wir Darian nicht wiedergesehen. Manchmal fühlt es sich an, als würden die Dinge nicht ohne Grund geschehen. Wir starren noch eine Weile auf den Punkt, wo er zuletzt stand und blicken dann verwundert zu dem anderen.

„Das war er wirklich", stößt Kayla ungläubig aus.

Ich nicke nur benommen, während sie sich aus ihrer Starre löst und sich bei mir unterhakt. Wir laufen noch einmal über den nun nicht mehr so vollen Marktplatz und machen uns dann auf den Heimweg. Mittlerweile friere ich in der dünnen Jacke und auch das Zittern meiner besten Freundin spüre ich. Ich beschleunige meine Schritte, sodass wir nach wenigen Minuten in unserer Wohnung ankommen, wo wir uns sofort ins Bett fallen lassen.

Mit dem heutigen Zusammentreffen macht sich die Hoffnung in mir breit, dass alles wieder ein wenig mehr wie früher werden könnte.

Dass ich einen Teil von mir flicken könnte, den ich für lange zerstört glaubte.

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