Schwachstelle 🩸
Ich drohte zu ersticken, nach Luft ringend wachte ich auf. Hanma lag schnarchend neben mir und hatte im Schlaf seinen Arm über mich gelegt, der mich beinahe zerquetschte. Müde richtete ich mich im Bett auf, was die in der Sonne glitzernden Staubwolken aufwirbelte. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und sah mich zerknirscht um. Mein Kopf dröhnte und mir war übel, aber langsam kam die Erinnerung an den letzten Abend zurück. Das Rumoren meines Bauches übertönte sogar die Geräusche, die mein Freund im Schlaf von sich gab. Vorsichtig schob ich die Decke von mir und stieg aus dem Bett. Leise ging ich in die Küche und öffnete den Kühlschrank, der mindestens genauso leer war wie mein Magen. Eine Dose Bier und ein schon Mal geöffnetes Glas eingelegte Gurken, das vermutlich noch aus Vorkriegszeiten stammte, bei den Flocken, die schon in dem trüben Wasser schwammen. Angeekelt schloss ich die Tür schnell wieder. Das war nicht das Frühstück was ich erhofft hatte. Ich suchte mir einen Stift und einen Zettel und schrieb ihm eine Nachricht, dass ich einkaufen würde und seinen Schlüssel mitnahm. Ich hob mein Kleid vom Boden auf, der Zigarettenqualm war tief in die Fasern eingedrungen und es war schmutzig, als hätte ich mich damit über den Boden gewälzt. Schulterzuckend nahm ich mir einfach etwas mehr oder minder sauberes aus seinem Schrank und ging duschen, bevor ich mich auf den Weg machte. Draußen sah ich mich erstmal um, die Idee, etwas Essbares zu besorgen, war zwar gut, doch ich kannte mich in dieser Gegend überhaupt nicht aus. „Nanu, guten Morgen Kasumi. Wilde Nacht gehabt?" Sprach mich der junge Jogger an, der sich bei näherer Betrachtung als Kazutora herausstellte. Schmunzelnd musterte er mich, „Stylisch." Ich winkte ab und erzählte ihm knapp von meiner Misere. „Das du einkaufst, wird nicht nötig sein. Hanma pennt eh immer bis späten Mittag und besorgt sich dann auswärts was zu essen." Er lächelte mich an, „Weißt du was, ich wohne auch hier in diesem Wohnblock. Wenn du mir ein paar Minuten zum frisch machen gibst, können wir zusammen etwas frühstücken gehen." Schlug er vor, was ich dankend annahm. Er ließ nicht lange auf sich warten, „der Bäcker um die Ecke bietet morgens ein super Frühstück an." Erzählte er, als wir uns bereits in die Richtung begaben. Mir war eigentlich alles Recht, Hauptsache ich bekam etwas zwischen die Zähne.
Er hatte nicht zu viel versprochen, die Auswahl war riesig und zu einem guten Preis. Kazutora schien öfter in diesen Laden zu kommen, denn der Verkäufer hinter der Theke begrüßte ihn freundlich mit Namen, „wie immer?" Fragte der dickliche Mann mit den roten Hamsterbacken. „Zwei mal." Bestätigte mein Begleiter und führte mich an einen der Tische neben dem Fenster. Als eine junge Frau das Essen mit einem freundlichen Lächeln an unseren Tisch brachte, stürzte ich mich, wie ein Raubtier, sofort darauf. Ich hatte so einen Hunger, dass ich jegliche Art von Etikette vergaß. Kazutora lehnte sich belustigt zurück und trank genüsslich seinen Kaffee, „und? Deinem Outfit zu urteilen und aufgrund der Tatsache, dass du in unserer Gegend bist, hast du also bei Hanma übernachtet. Glückwunsch, in sein Bett hat es zuvor noch keine von seinen Gespielinnen geschafft." Seufzend ließ ich das Brötchen auf den Teller sinken und setzte eine enttäuschte Miene auf, „Ja schon." Mein Gegenüber sah mich fragend an, „warum dann das lange Gesicht? Freu dich doch darüber." Abermals ließ ich unzufrieden die Luft entweichen. Ich stützte meinen Kopf auf die Hand und sah auf dem Fenster, „vermutlich sollte ich mich nicht ausgerechnet bei dir ausheulen, aber ich hab nun mal keinen anderen." Sagte ich und erzählte ihm dann, was mich bedrückte, „ich bin einfach nicht sicher, ob Hanma es wirklich ernst mit mir meint. Manchmal glaube ich sogar, er will mich loswerden. Er treibt ständig seine perversen Spielchen mit mir ...aber richtig mit mir geschlafen hat er noch nicht." Betrübt ließ ich den Kopf hängen, während mein Gegenüber, sich vor entsetzen über dieses heikle Thema, die Zunge an seinem Kaffee verbrühte und dabei das Kännchen Dosenmilch umstieß, welches seinen Inhalt, nun kriechend langsam über den gesamten Tisch entleerte. Mit einer Serviette die verschüttete Milch aufsaugend, zog er immer wieder, mit tiefen Atemzügen Luft in seine Lunge, um die schmerzende Zunge zu kühlen. Peinlich berührt antwortet er nur zögerlich, „Hör mal Kasumi, Hanma ist zweifellos ein Arschloch, aber in diesem Fall glaube ich nicht, dass er dich mit diesem Verhalten verletzen will." Verlegen seufzte er und suchte nach den richtigen Worten, „das erste Mal ist für ein Mädchen nicht unbedingt angenehm und kann sogar schmerzhaft sein." Erklärte er mir vorsichtig. Belustigt kicherte ich, „denkst du das weiß ich nicht? Ich hab in Sexualkunde aufgepasst." Die Angespanntheit ließ von ihm ab und auch über seine Lippen huschte ein Lächeln, „das hab ich auch nie bezweifelt. Was ich dir damit sagen will ist, dass Hanma vermutlich Rücksicht auf dich nimmt. Er will dir nicht weh tun und das spricht doch für ihn. Mit einem anderen Mädchen wäre er bestimmt schon lange im Bett gewesen, nur um sie direkt danach abzuservieren. Mit dir geht er stattdessen aus und tut Dinge, die so gar nicht sein Stil sind." Lächelnd nickte ich, „Danke, dass du dir mein Gejammer anhörst. Ich hab mich bei der ganzen Aktion wohl ein bisschen verschätzt, denn ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so sehr in diesen Mistkerl verlieben würde." Andächtig blickte er ebenfalls aus dem Fenster, „schon komisch, wo die Liebe hinfällt."
Kazutora bezahlte das Frühstück sogar für mich. Auf dem Rückweg warf er einen Blick auf die Uhr, „Hanma sollte bald langsam aufwachen." Lächelnd lief ich neben ihm her, „ich bin froh, dich zufällig getroffen zu haben. Nicht nur weil du mir einen tollen Laden zum Essen gezeigt hast, sondern weil es mal gut tat, mit jemandem über meine Gefühle zu sprechen." Ich wollte noch ein Danke hinzufügen, doch er blieb abrupt stehen und hielt stützend die Hand vor mich, „was wollt ihr denn?" Drei Muskulöse junge Männer, in fremden Gang Jacken, bauten sich vor uns auf, „ganz schön große Fresse dafür, dass du alleine bist, Kazutora." Ängstlich duckte ich mich hinter seinem Rücken, ich hatte wirklich kein Interesse daran, in eine Gang-Schlägerei zu geraten, doch ich fürchte bereits mittendrin zu sein. „Die Tussi, die du da bei dir hast, ist doch Hanmas Perle, hab ihn gestern mit ihr zusammen gesehen. Wer hätte gedacht, dass uns heute früh so ein Schatz in die Hände fallen würde." Er schob mich ein Stück zurück und flüsterte mir zu, „egal was passiert, du bleibst hinter mir und wenn du eine gute Gelegenheit siehst, rennst du weg, verstanden?" Eingeschüchtert hielt ich mich an seiner Jacke fest, „aber..." sofort unterbrach er mich forsch, „kein aber! Tu was ich sage!" Unsicher nickte ich. „Seid Ihr fertig mit Tuscheln? Ich werde langsam ungeduldig!" Rief der Typ, dem ein großes schwarzes Tattoo über seine linke Gesichtshälfte lief und schmetterte ein Brecheisen mit Wucht auf das Geländer neben sich, was einen markerschütternden Ton gab. Als Kazutora mit der Faust voran nach vorn preschte, machte ich einen Schritt zurück, um mich auf die Flucht vorzubereiten. Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass ein Vierter direkt hinter mir stand und mich am Handgelenk hochzog, „schön lieb sein Schätzchen, dann passiert dir nichts." Schreiend schlug ich mit der freien Hand um mich und lenkte damit ungewollt Kazutora ab, der sich bis dahin gegen seine drei Gegner gut behaupten konnte. Als er sich besorgt nach mir umsah, fuhr das Brecheisen auf seinen Rücken nieder und ich verstummte augenblicklich, während er zu Boden ging. Entsetzt sah ich dabei zu, wie sie mit ihrer Überzahl immer weiter auf ihn ein prügelten. Ich schimpfte und wehrte mich nach Leibeskräften, als ich meine Stimme wiedergefunden hatte. Sein Blut, das sein Gesicht und den Boden sprenkelte, färbte die blonden Strähnen über die ich mich bei unserer ersten Begegnung lustig gemacht hatte, in ein dunkles Rot und trieb mir die Tränen in die Augen. Unkontrolliert und mutlos fuchtelte ich noch immer mit Armen und Beinen, um mich zu befreien, doch zunehmend wurde meine Sicht schlechter und mein verzweifeltes Rufen ging in ein Schluchzen über. Der vermeintliche Anführer krallte seine Finger in Kazutoras Haare und zog daran seinen Kopf nach oben. Er schüttelte ihn leicht, „lebst du noch?" was mein Begleiter mit einem schmerzverzerrten Stöhnen bejahte und ihn mit einem Auge ansah, da das andere bereits anschwoll. Ein fieses Grinsen zierte das Gesicht des Tätowierten, „Sag Hanma, wenn er seine kleine wieder haben will, soll er seinen schmalen Arsch zu unserem Versteck am Pier bewegen." Er zückte ein Messer und klappte es auf, um es Kazutora vor die Augen zu halten, „Er täte übrigens gut daran, allein zu kommen. Wir wollen doch nicht, dass meine Hand ausrutscht und dem Mädchen was passiert." Der angesprochene Grinste schwerfällig, „du bist ja mutig. Wenn du Kasumi auch nur ein Haar krümmst, kannst du schon mal deinen Platz in der Hölle reservieren lassen." Verärgert, schnalzte der kleinkriminelle, mit der Zunge und rammte den Kopf meines Freundes zurück auf den Boden und drückte ihn weiter herunter bis dieser gequält keuchte, „überbring ihm einfach die Nachricht!" Ich hatte trotz meiner Hemmung noch immer nicht aufgehört, mich zur Wehr zu setzen, auch wenn jeder Schrei, jeder Tritt und jeder Schlag erfolglos verhallte. „Du nervst! Halt endlich die Schnauze!" Brüllte der Kerl mit dem Brecheisen mich an und schlug mir mit der Faust ins Gesicht. Sofort begann die Seite schmerzhaft zu pochen. Ich biss mir auf die Unterlippe, bis ich Blut schmeckte, die Genugtuung, mich ihm geschlagen zu geben, gönnte ich ihm nicht.
Sie hatten mich in ein leer stehendes Lagerhaus am Kanal gezerrt. Kraftlos sank ich zusammen, als sie mich in eine Ecke schleuderten und meine Hände und Füße mit dicken Seilen fesselten. Das kratzige Material scheuerte schmerzhaft an meinen Gelenken. Der Boss der Gang beugte sich zu mir herunter und streichelte über die Wange, die von dem Schlag noch immer weh tat, „dein Hanma ist ein zäher Brocken, aber du Täubchen, bist seine Schwachstelle. Mit dir als Trumpf können wir ihm endlich die Abreibung verpassen, die er verdient hat." Unzufrieden verzog ich das Gesicht und schnappte mit den Zähnen nach seinen Fingern, die er, zu meinem Bedauern, schnell genug wegzog. Er presste sie gegen mein Kinn und drückte meinen Kiefer zusammen, „werd nicht frech." Er ließ von mir ab und wandte sich an seine Männer, „stopft ihr auch das Maul, die Beißt und ich hab kein Bock das sie wieder zu zetern anfängt, wenn wir ihrem Lover die Scheiße aus dem Leib prügeln." Ein schmächtiger Bursche versuchte mir ein Taschentuch in den Mund zu stecken, wobei ich ihm mehrfach in die Hand biss. Als er es endlich geschafft hatte, atmete er erleichtert auf, doch die Farbe wich ihm aus dem Gesicht, als die Tür aufflog und mit lautem Knall ungebremst gegen die Wand dahinter schlug. Hanma kam, mit den Händen in den Hosentaschen, in den Raum geschlurft und blickte sich um. „Ihr habt da was, das mir gehört." Verkündete er. Als er mich erblickte, grinste er, „Guten Morgen, Prinzessin, hast du gut geschlafen?" Rief er mir, völlig entspannt zu. In der Halle waren 15 Leute und Hanma war ganz allein. Ohne Frage, er war stark, aber dass er gegen die alle eine Chance hatte, wagte ich zu bezweifeln. Der erste traute sich, auf Hanma loszugehen, dieser wich ihm gekonnt aus und versetzte ihm einen gewaltigen Tritt, der den anderen zu Boden beförderte. Er hob den Kopf und sein sonst eher amüsiertes Grinsen wirkte bedrohlich, „Leute, ich habe echt miese Laune wegen euch. Ich hab noch nichts gefrühstückt, geschweige denn meine Morgen Zigarette geraucht und muss von meinem Kameraden, den ihr übrigens ziemlich übel zugerichtet habt, erfahren, dass ihr mein Mädchen entführt habt."
Egal wie viele von ihnen Hanma Angriffen, die wimmernden Gangmitglieder stapelten sich unter seinen Füßen und je mehr es wurden, umso weniger traute sich der Rest an ihn heran. Mit Staunen verfolgte ich das Geschehen, wie er einen nach dem anderen fertig machte und sich mir mit jedem Schritt näherte. Nur noch wenige Männer trennten mich von meinem Freund, als der Kerl mit dem Tattoo mich packte und auf den Boden warf, ich spürte, dass er mir sein Knie ins Kreuz drückte. Das unheilvolle Klacken des Messers, welches ich schon zum zweiten Mal hörte, ertönte. Verängstigt, dachte ich an seine Drohung und kniff die Augen zu, um mit meinem Leben abzuschließen. Ich hörte einen Schlag, einen Schrei und die Leichtigkeit meines befreiten Rückens. Vorsichtig riskierte ich einen Blick, Hanma hatte einen von ihnen so geschlagen, dass dieser gegen den Kerl, der mich herunter drückte, flog und bei dem Aufprall von mir herunter riss. Dabei hatte er wohl sein Messer verloren, das mein Freund nun an sich nah und die Fesseln damit durchschnitt. Beruhigend lächelte er mich an, „bin gleich bei dir, Prinzessin." Er erhob sich und schritt auf den Anführer zu, der ängstlich, auf der Flucht vor Hanma, über den Boden kroch. Er packte ihn am Kragen, rammte seinen gesamten Körper gegen die Wand und schlug ihm mit der Faust die Nase blutig, ich war sogar sicher, dass er sie ihm gebrochen hatte. Hanma hob das Messer und betrachtete es mit einem süffisanten Grinsen, „du kannst jedem, der dich fragt, gerne erzählen, dass ich keine Schwachstelle habe." Sagte er und stieß ihm das Messer in den Handrücken. Der Schrei des Rowdys ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich konnte mir das nicht ansehen, schockiert wandte ich den Blick ab. Als der Kerl nur kurz darauf erneut aufschrie, war ich mir sicher, dass er das Messer mit derselben Wucht wieder herausgezogen hatte, „und wenn nochmal jemand das Mädchen anfassen sollte, werde ich nicht nur seine Hand mit diesem hübschen Messer durchbohren." Klagend hielt der junge Mann, der mir solche Angst gemacht hatte, seine blutüberströmte Hand und rutschte an der Wand herunter, als sein Gegenüber endlich von ihm abließ.
Als keiner mehr übrig war, der sich ihm entgegenstellen könnte, kam Hanma zu mir. Erleichtert schloss er mich in seine Arme, „da lese ich gerade den Zettel, dass du Einkaufen bist und dann kommt Kazutora in meine Bude geschwankt, blutet mir alles voll und erzählt das du von diesen armleuchtern entführt wurdest. So hatte ich mir den Morgen nicht vorgestellt." Er sah sich mein Gesicht an und fuhr mit dem Finger über die Stelle, die der Anführer zuvor geschlagen hatte. Verärgert darüber änderte sich seine Miene. Ich fiel ihm um den Hals, „lass gut sein. Bring mich nur hier weg." Flehte ich und merkte, wie die Anspannung nachließ und ich zitternd in seine Arme sank. Die ganze Zeit hatte das Adrenalin mich aufmerksam sein lassen, doch nun, wo alles gut war, sackte mein Körper zusammen und ich konnte einen heftigen Gefühlsausbruch nicht mehr unterdrücken. Schluchzend presste ich mich an seine Brust hielt ihn so fest umklammert wie ich nur konnte, „ich hatte solche Angst"
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