Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

93. Der neue Praktikant

»Harry!!«, schrie ich ganz laut und saß nun im Bett. Ich lauschte, doch ich hörte ihn nicht. Dann schrieb ich meiner Cousine zurück.

Angelina: [Woher weiß du, dass Harry nicht zu Hause ist?]

Jaycee: [Deswegen...], antwortete sie prompt und hatte mir noch einen Link mit geschickt. Als ich drauf klickte, landete ich direkt auf Twitter. Dort war ein Bild von Harry zu sehen, mit einem männlichen Fan, nahm ich an. Darüber die Nachricht: ›@Harry_Styles beim Kauf einer roten Rose erwischt.‹ Doch die Rose sah man nicht. Harry hatte seine Hand hinter dem Rücken versteckt.

Jetzt wusste ich nicht so recht ob ich schmunzeln sollte, weil Harry gerade Rosen kaufen war - angeblich, oder ob ich mir besser Sorgen machen sollte, weil es, in Windeseile, die ganze Welt mitbekam. Ich entschied mich dazu, Harry anzurufen. Keine Ahnung warum, vielleicht wollte ich ihn warnen, aber dafür war es jetzt sowieso zu spät. Es klingelte nur kurz, bevor er ran ging.

»Hi Angel«, sprach er heißer in sein Telefon. »Warum bist du denn schon wach?«

»Wo bist du Harry?«, fragte ich ihn.

»Ich bin hier Angel«, in dem Moment ging die Türe zu seinem Schlafzimmer auf. »Ich bin hier«, sagte er noch mal grinsend, und nahm das Handy von seinem Ohr. Als er zu mir kam und sich neben mich auf das Bett setzte, hatte er immer seine Hand hinter dem Rücken. Zu dumm nur, dass ich wusste, was er dahinter versteckte. »Sorry, ich war nur kurz- «

»Ich weiß...«, unterbrach ich ihn und zeigte ihm mein Handy.

Genervt verdrehte Harry seine Augen und schnaufte: »Kann sich deine Cousine nicht einfach nur One Direction CDs anhören und sich aus unserem Liebesleben raus halten?« Dann schielte er mich verlegen an und hielt mir eine langstielige Rose vor die Nase. »Magst du sie trotzdem haben?« Natürlich nickte ich strahlend und fiel ihm um den Hals um ihn abzuknutschen. »Na komm, unten wartet noch mehr auf dich«, forderte er mich auf und zog mich aus dem Bett.

Kurze Zeit später saßen wir an einem gedeckten Frühstückstisch. Meine heißgeliebten Schoko-Croissants hatte Harry natürlich nicht vergessen zu besorgen. »Was willst du trinken?« Zuerst bot er mir Kaffee an. »Ich hätte aber auch, ahm... Heuschreckensaft«, sagte er. Seine Augen funkelten spitzbübisch, nur sein tiefes Grübchen auf der linken Wange lenkte mich davon ab, dann griff er grinsend zu der Flasche Orangensaft.

Mein Gesichtsausdruck spiegelte ein kleinwenig Ekel wider: »Ihh, danke, ich nehm lieber Kaffee«, teilte ich ihm mit gerümpfter Nase mit.

Wir ließen es uns schmecken und starteten in einen tollen Tag, doch auch die schöne Zeit nahm irgendwann ein Ende. Fast den ganzen Sonntag trauten wir uns nicht vor die Türe, erst abends, als es schon dunkler war, machten wir einen kleinen Spaziergang in einem Park, bis hin zu einem alten Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert, nicht weit entfernt von Harrys Eigenheim.

Das Wochenende war schneller vorbei als wir wollten. Ruck zuck war Montagmorgen und ich durfte mir mal wieder ein Flugzeug von innen betrachten, nachdem mich irgendjemand von Harrys Leuten zum Flughafen gebracht hatte. Er selbst, war nicht mit gefahren, da er mit den Jungs Termine hatte. Außerdem wollten wir natürlich auch ein großes Aufsehen vermeiden. Da wir es schlussendlich beide eilig hatten, war unser Abschied schnell, aber schmerzhaft, noch bei Harry zuhause. Doch ich wusste, dass ich nur bis Jaycees Geburtstag aushalten musste. Die Planung von unserem nächsten Wiedersehen stand also schon fest.

Vom Flughafen ließ ich mich mit dem Taxi direkt in die Firma fahren und wurde sogleich mit Terminanfragen bombardiert. Unter anderem las ich eine Mail von Herrn Hagenberg, oder besser gesagt Helmut, wie ich ihn seit neuestem nennen durfte. Ich hatte ganz vergessen, dass ich mit ihm essen gehen musste, aber ich stimmte ihm für Mittwochabend zu.

Bis dorthin passierte nichts Erwähnenswertes mehr und es war ausgerechnet dieser Mittwoch, als ich nachmittags gerade auf dem Rückweg von einem Termin war und zurück in die Firma fuhr, als mein Telefon klingelte. Nichtsahnend ging ich ran, und gleich darauf schallte Harrys Stimme fröhlich aus meinen Lautsprecherboxen.

»Hi Engelchen, kannst du mich vom Flughafen abholen?«

Ich hatte keine Ahnung, dass er überhaupt kommen wollte und war dementsprechend überrumpelt. »Ähm, ja klar. In zwei bis drei Stunden schaff ich es bestimmt Feierabend zu machen. Wann landest du denn?« An Helmut Hagenberg dachte ich nicht mehr die Bohne.

»Ich meine jetzt«, sagte er kleinlaut. »Ich bin schon hier.«

»Harryyy..!« Ich atmete tief durch. »Ja ich komme. Du hast Glück, dass ich gerade nicht weit vom Flughafen weg bin und in keinem Termin stecke.«

»Kannst du dich bitte beeilen? Mich hat nämlich noch niemand erkannt.«

»Wie hast du das denn angestellt?«, wollte ich von ihm wissen. »Hast du dich verkleidet?«, fragte ich, mich über ihn lustig machend.

»Angel, nein! Ich bin ganz normal angezogen. Ich warte...« Er erklärte mir, wo er abseits der großen Menschenmassen, ein wenig entfernt vom Flughafengelände auf mich wartete. Wenige Minuten später parkte ich mein Auto und musste noch ein Stück laufen.

Als ich an meinem Ziel ankam, fand ich ihn mit seinem Handy spielend auf einer Mauer sitzen. Er hatte keine enge Hose an, keine Boots und kein weit aufgeknöpftes Hemd, so wie ich es von ihm erwartet hätte. Stattdessen saß er da, ganz leger in einer schwarzen Trainingshose und knallroten Turnschuhen. Seine Haare hatte er komplett unter einer Beanie versteckt. Obendrauf noch die Mütze von einem grauen Sweatshirt. Die Ärmel hatte er sich über seine Hände gezogen, wahrscheinlich um sein Tattoo zu verstecken. Ringe trug er keine. Das sah ich, als ich fast vor ihm stand und er zu mir hoch blickte.

Er fing an zu grinsen, sprang von der Mauer und steckte sein Handy weg.

»Angel!!«, hallte es mir entgegen und kurz drauf fand ich mich in seinen Armen wieder. Er erdrückte mich feste an sich. Es war so schön ihn wieder zu sehen. Wir waren gerade mal zwei Nächte voneinander getrennt gewesen, aber unsere Wiedersehensfreude war so groß, als hätten wir uns zwei Jahre nicht gesehen.

»Harry, was machst du hier?«, fragte ich ihn, nachdem wir uns innig begrüßt hatten, »Warum hast du mir nichts gesagt?«

»Freust du dich nicht, dass ich hier bin?«

»Doch natürlich, aber ich hab später noch einen Termin«, ließ ich ihn wissen und konnte immer noch nicht glauben, dass er tatsächlich in Deutschland war.

»Bei mir haben sich kurzfristig Termine verschoben, und da dachte ich, ich überrasch dich. Außerdem hab ich doch gesagt, dass du dich nicht wundern sollst, wenn ich irgendwann einfach nur zum Schlafen vorbei komme.«

»Das heißt, du musst morgen früh wieder los?«, fragte ich traurig, und er nickte, ebenso geknickt, mit traurig schmollender Unterlippe.

»Aber einen Tag später bist du doch sowieso wieder bei mir, wegen Jays Geburtstag«, freute er sich dann und knutschte mich wieder ab.

Wir liefen Hand in Hand, die Finger ineinander verschlungen, zu meinem Auto und versuchen erst gar nicht uns zu verstecken. Es liefen Geschäftsleute an uns vorbei und einige andere Personen, aber keiner beachtete uns.

Außer...

Da waren zwei Mädchen, eher schon Frauen. Ich konnte deren Alter schlecht einschätzen. Aber sie sahen uns auffällig an und tuschelten, als wir ihnen immer näher kamen. Es war eindeutig, dass sie Harry erkannt hatten, und der hielt immer noch meine Hand. Ich wollte ihn los lassen, aber stattdessen verstärkte er seinen Griff. »Zu spät«, brummte er, »die haben uns bereits gesehen«. Harry blieb stehen und zog mich an sich heran, als die beiden gerade schnurstracks auf uns zugesteuert kamen.

»Beachte sie nicht«, sagte Harry noch, bevor seine Lippen auf meine trafen und er mich einfach küsste.

»Vergiss es«, verkündete die eine der beiden total enttäuscht. »Das ist doch nicht Harry. Er würde niemals in der Öffentlichkeit ein Mädchen abknutschen.«

Ich bekam mit, dass sie eine Zeit lang neben uns standen. Harry versuchte ihnen den Rücken zu zudrehen und küsste mich einfach weiter. Er hatte keine Eile, von hier weg zu kommen.

»Sind die beiden nicht schon weg?«, fragte ich ihn irgendwann.

»Schon eine ganze Weile«, gab er zu, und grinste mich an.

Da er die Situation, in eigenem Interesse, etwas ausgenutzt hatte, zwickte ich ihn in die Seite. Harry war nicht sonderlich begeistert davon und sein Lächeln verschwand schlagartig. »Heeeey«, beschwerte er sich so süß und sooo sanft, dass ich ihn freiwillig weiter küsste. Aber nicht lange, denn ich musste an meinen Termin denken. Wir liefen weiter.

»Passt heute gar keiner auf dich auf? Bist du alleine hier?«, wollte ich wissen, da ich weit und breit keinen sah, der ihn beschützen konnte.

»Ich bin zwar erst 20, aber ich darf alleine reisen. Ich bin erwachsen Angel«, erinnerte er mich.

»Aber sonst habt ihr auch jede Menge Aufpasser, wenn ihr am Flughafen seid«, rechtfertigte ich mich, als wir gerade in den Audi stiegen.

»Ich bin privat hier Angel. Hier gibt es keine Millionen von Fans auf einem Fleck. Und wir sind auch nicht in LA, wo die Paparazzi lauern. Außerdem weiß doch noch keiner, dass ich hierher geflogen bin. Wie du siehst hat mich noch nicht mal jemand erkannt«, hatte er dazu zu sagen und ich schaute ihn nur schief von der Seite an.

‚Nicht sein Ernst‛, dachte ich mir wieder mal. Wer weiß wie viele ihn erkannt hatten. Und die beiden Frauen hatte er wohl schon wieder vergessen, die dank seines Ablenkungsmanövers davon ausgegangen waren, dass es nicht Harry sein konnte. Ich wollte gar nicht wissen, ob und wie oft er sowas schon mal gemacht hatte.

Doch wollte ich...

»Funktioniert die Masche eigentlich jedes Mal?«, fragte ich ihn aus dem Nichts heraus.

Er sah mich mit runzeliger Stirn an. »Was für ne Masche?«

»Schon gut...«, erwiderte ich und schämte mich dafür, dass ich es überhaupt wissen wollte.

Er saß neben mir und drehte sich zu mir.

»Komm, raus mir der Sprache. Was willst du von mir wissen?«, quetschte er es aus mir heraus.

»Na das mit dem Knutschen, wenn's gefährlich wird«, erklärte ich ihm.

Er musste grinsen. »Keine Ahnung, ich hab es noch nicht ausprobiert«, antwortete er schulterzuckend. »Weißt du...? Es kommt nicht so oft vor, dass ich mit jemandem händchenhaltend durch die Straßen laufe oder jemanden in aller Öffentlichkeit knutsche. Ich hatte gehofft, dass sie das irritiert, aber vielleicht sollten wir trotzdem besser aufpassen in Zukunft. Ich befürchte, der Trick funktioniert nicht immer. Wir hatte gerade echt Glück, was aber wahrscheinlich auch daran liegt, dass mich hier, in Deutschland, keiner erwartet.«

»Hast du eigentlich keine Tasche oder sowas dabei«, interviewte ich meinen Freund weiter.

Er tastete, an Brust und Rippen entlang, sein Shirt ab. »Alles was ich brauche, hab ich an, und der Rest ist bei dir«, grinste er fröhlich. »Das ist echt praktisch. So schnell wie heute war ich selten vom Flughafen weg.«

Wir waren schon einiges vom Flughafen entfernt, als ich an einer roten Ampel zu ihm rüber schaute und lächeln musste, weil er wirklich neben mir saß. »Du bist echt bekloppt, aber ich freue mich so, dass du hier bist.«

Er schmunzelte vor sich hin. »Das will ich doch hoffen. Aber sag mal... kannst du deinen Termin nicht verschieben?«, fragte er nun. »Wo fahren wir jetzt eigentlich hin?«

Kopfschüttelnd antwortete ich ihm: »Nein, das geht leider nicht, und ich muss dich mit in die Firma nehmen. Ich hab nicht mehr viel Zeit mich vorzubereiten, und ich schaffe es nicht, dich noch nach Hause zu fahren.«

Er lächelte. »Egal, dann bin ich wenigstens bei dir.«

Es war ein sehr merkwürdiges Gefühl Harry mit auf die Arbeit zu nehmen, aber immerhin kannte er schon einige Kollegen von der Messe in München. Ich hatte große Angst, dass jemand plaudern könnte, aber außer Kati und Lucas wusste keiner, dass wir zusammen waren. Und was unsere Kundschaft anging, hatten wir alle Verschwiegenheitsklauseln in unseren Arbeitsverträgen, also sollte eigentlich über Harrys Besuch hier, nichts nach außen dringe, sollte ihn jemand erkennen, denn es könnte durchaus ein Kunde der Firma sein, wenn auch ziemlich unwahrscheinlich, aber er wäre nicht der erste Prominente in unserem Haus.

Wir liefen den Gang zu meinem Büro entlang. Einige schauten tatsächlich etwas komisch. Aber keiner stellte Fragen, und alle grüßten nur höflich.

»Linaaa!!!«, schrie Moni aus ihrem Büro. Ich verdrehte genervt meine Augen und fragte mich, ob es eigentlich ein einziges Mal in meinem Leben möglich sein würde, unbemerkt an ihrem Zimmer vorbei zu gehen. Ohne, dass sie irgendwann einmal etwas von mir wissen wollte, oder mir irgendetwas ausrichten wollte.

Ich blieb abrupt stehen und lief rückwärts, wieder zwei Schritte zurück. »Was gibt's?«, fragte ich sie.

»Herr Hagenberg hat angerufen und wollte dir Bescheid geben, dass er dich um sieben hier abholt.«

»Fuck!!«, rief ich, und riss meine Hand dabei, bestürzt vor meinen Mund. »Den hab ich ja total vergessen.«

Moni musterte mich aus ihrem Büro raus. Und Harry, der wie ich ebenfalls stehen geblieben war, schaute mich aus einem Meter entfernt an und runzelte seine Stirn. Er verstand doch nichts. Ok, das »Fuck!!«, eventuell. Vielleicht schaute er mich auch deswegen so an.

»Moni, kannst du ihn nicht zurückrufen und ihn für mich fragen, ob es ihm was ausmachen würde den Termin auf Morgenabend zu verschieben?«, fragte ich voller Hoffnung, aus dem Schlamassel unbeschadet wieder raus zu kommen.

»Warum fragst du ihn das nicht einfach selbst, er steht hinter dir«, meinte meine Kollegin und zeigte auf den Mann, zu dem ich mich nun umdrehte.

»Helmut!«, entkam es mir überrascht. Mir war es so peinlich. Er hatte alles mitbekommen. Sein Blick fiel auf Harry, und dabei fing er an zu grinsen.

»Angelina«, sagte er grüßend und hielt mir seine Hand hin. Dann richtete er sich an Harry, schüttelte ihm ebenso die Hand und sagte zu ihm auf Englisch: »Sie funken mir heute also schon wieder dazwischen. Hat Ihre Freundin den Flug am Freitag zu Ihnen eigentlich noch bekommen?«

Harrys Haut, zwischen den Augen, legte sich noch mehr in Falten. Ein »Was?«, formten seine Lippen in meine Richtung. Harry hatte noch keine Ahnung, wie ich es eigentlich geschafft hatte, rechtzeitig zum Flughafen zu gelangen. Und von dem, dafür versprochenem Essen, wusste er genauso wenig. Ebenso wenig war er bisher darüber informiert, dass Helmut inzwischen über Harry und mich Bescheid wusste, und von dem Gespräch mit Moni eben, hatte er sowieso nichts verstanden.

»Ahm, ja hat sie«, antwortete Harry ihm, und schaute verwirrt zwischen uns beiden hin und her.

Und noch verwunderter schaute Harry, als Helmut verständnisvoll seufzend zu mir sagte, freundlicherweise auf Englisch, damit es auch Harry verstand: »Ich kann verstehen, dass es wichtigere Männer in deinem Leben gibt. Wir können unser heutiges Abendessen gerne verschieben.« Ich bedankte mich höflich lächelnd. »Außer...«, Helmuts Blick fiel erneut auf Harry, »Haben Sie nicht Lust einfach mitzukommen, Herr Styles?«

Harry schaute mich fragend an und blinzelte dann wieder zögernd zu Herrn Hagenberg. »Ich weiß nicht. Was ist das für ein Essen?«

Ich hielt es für richtig, Harry erst Mal über alles aufzuklären. Herr Hagenberg bot Harry das "Du" an, oder besser gesagt: ihn beim Vornamen zu nennen. Die ganze Situation wurde insgesamt etwas entspannter, als nun jeder über alles Bescheid wusste.

»Du hättest eigentlich schon das richtige Outfit an«, meinte Helmut dann zu Harry. »Was haltet ihr beiden davon in mein Squashzentrum zu fahren. Es ist renoviert worden und wird erst am Wochenende neu eröffnet. Aber wir könnten die Halle auch vorab schon einweihen, und lassen uns einfach etwas zum Essen dorthin liefern, das Küchenpersonal hat leider noch Urlaub. Ich hab gleich ein Termin mit Lucas - ein sehr guter Squashspieler übrigens. Vielleicht kann ich ihn dazu überreden uns zu begleiten?«

Jetzt war mir auch klar, wo Lucas heimlich trainierte und warum er immer besser war als ich, wenn wir ab und zu gemeinsam spielen waren.

Harry und ich schauten uns an. Er zuckte mit den Schultern. »Klar. Warum nicht?«, meinte er dann.

»Ja, warum eigentlich nicht«, sagte auch ich und unser sportliches Dinner für heute Abend war gebongt.

Davor hatte ich aber noch einiges an Arbeit zu bewerkstelligen und hatte keine Ahnung was ich solange mit Harry machen sollte, als wir nun in meinem Büro waren.

Harry schaute sich um. »Hier verbringst du also den ganzen Tag?«

Ich nickte. »Wenn ich nicht bei Terminen bin.«

Er zog sich die Mütze aus und strubbelte seine Haare zurecht, während ich anfing mich auf den Termin vorzubereiten, den ich gleich hatte. Harry überließ ich erst Mal sich selbst. Er geisterte im Büro umher und schaute eine ganze Zeit lang aus dem Fenster. Mein Büro lag ziemlich weit oben in diesem Gebäude und er konnte weit in die Ferne sehen.

Er war ruhig und ließ mich arbeiten, bis er irgendwann zu mir kam, sich hinter mich stellte und seine Hände auf meine Schultern legte. Er massierte mich sanft und es fühlte sich mehr als toll an, aber ich schaffte es beim besten Willen nicht mehr, meine Gedanken auf meine Arbeit zu fixieren.

»Harryyy?«, meinte ich eine Weile später. »Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du mich anfasst.«

Ich griff nach seinen Händen und zog sie nach vorne, vor meine Brust, damit er mich kurz in den Arm nahm und mich dann arbeiten ließ.

Nicht lange später lief er, auf seinem Handy tippend, im Büro auf und ab. Ich war abgelenkt und blickte zu ihm auf. »Harry mach sitz«, befahl ich ihm und beorderte ihn zu einem kleinen Beistelltisch in einer Büroecke, an dem drei Sessel standen.

Er setzte sich ohne Wiederworte, stöpselte sich Kopfhörer ins Ohr und hörte nun Musik. Er war so ruhig, dass ich hin und wieder nach oben schielte um zu schauen, ob er noch da war.

»Harry, lass das«, beschwerte ich mich wieder. »Ich kann mich nicht konzentrieren.«

»Ich mach doch gar nichts«, sagte er unschuldig.

»Doch, du starrst mich an«, entgegnete ich ihm.

»Soll ich mir die Augen verbinden, damit du Arbeiten kannst?«, fragte er mit einem charmanten Lächeln.

Ich schüttelte meinen Kopf. Er hätte sowieso machen können, was er wollte. Alleine seine Anwesenheit, machte es mir schwer, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren.

»Dann gib mir was zu tun«, forderte er von mir. »Vielleicht fällt es dir dann leichter zu arbeiten.«

Da unser Praktikant gerade krank war, hatte ich tatsächlich etwas, das er für mich erledigen konnte. Ich ließ ihn im Nebenzimmer Schulungsunterlagen kopieren und widmete mich wieder meinen Vorbereitungen.

Etwas später lehnte ich mich an den Türrahmen von unserem kleinen Kopierraum. »Ich muss jetzt ins Meeting«, erklärte ich Harry kurz, als ich soweit fertig war. »Du kommst ja wohl alleine klar?« Er war immer noch beschäftigt und vervielfältigte fleißig einige Schulungsunterlagen. »Du kannst auch an meinem Rechner surfen wenn dir langweilig wird. Wenn du willst, kannst du dir auch einen Tee machen. In meiner obersten Schreibtischschublade sind Beutel und der Wasserkocher steht in der Küche zwei Türen weiter. Frag zur Not Moni, wenn irgendetwas ist. Ich bin dann mal weg«, verabschiedete ich mich für eine Weile.

Als ich wieder kam, saß er ganz artig an meinem Schreibtisch.

»Alles klar?«, fragte ich ihn, als er sich kein Millimeter bewegte.

Er nickte.

»Kopien fertig?«, fragte ich wieder.

Er nickte erneut und zeigte auf mehrere Stapel Schulungsunterlagen, die fein säuberlich auf meinem Tisch lagen. »Alles in gewünschter Stückzahl kopiert, sortiert, geheftet und bereit für den Einsatz«, kommentierte er.

Ich war innerlich begeistert. Mein Praktikant hätte sich wohl einen ganzen Tag lang dafür Zeit gelassen.

Harry schlürfte an seinem Tee und war erstaunlich ruhig. Zu ruhig. Ich traute der Ruhe nicht. Er stand nicht auf, er grinste nicht.

Ich schaute ihn misstrauisch an. »Was ist los, was hast du angestellt Harry?«

»Nichts, was soll ich angestellt haben?«, antwortete er mir und hatte dabei ein verräterisches Grinsen im Gesicht.

»Dann kann ich dich also noch mal alleine lassen? Es kommt gleich noch mal jemand vorbei«, erzählte ich ihm. Harry nickte. Aber dann änderte ich meinen Plan: »Ach weißt du was, eigentlich kannst du dich auch zu uns setzen. Herr Rieger ist unkompliziert, der hat bestimmt nichts dagegen wenn du dabei bist.«

Bevor ich Harry weitere Anweisungen geben konnte, klopfte der Kunde schon an meine Türe. Ich kannte ihn gut, deshalb wusste ich, dass es kein Problem geben würde, wenn Harry anwesend sei.

»Frau Dorsen! Schön, dass es heute doch noch so kurzfristig geklappt hat«, begrüßte er mich. Harry stand inzwischen neben mir.

»Rieger«, stellte sich dieser Herr meinem Freund vor und streckte ihm eine schmächtige Hand entgegen.

Bevor Harry seinen Namen sagte, stellte ich ihn notdürftig vor. »Das ist Herman, mein neuer Praktikant.«

Mein Bruder hatte ihn doch wegen Mia so getauft, und das war der erstbeste Name, der mir jetzt einfiel. Im nächsten Moment klatschte ich mir in Gedanken mit der flachen Hand gegen die Stirn. Herman... wie bescheuert musste ich sein. Aber ein Nachname fiel mir auf die Schnelle nicht ein.

»Ahh, Herr Mann... Schön Sie kennen zu lernen. Sie wollen ihrer Chefin heute also über die Schultern schauen und etwas lernen. Das finde ich schön. Dann werden Sie uns heute also Gesellschaft leisten?«

»Oh, er kann sie nicht verstehen, Herr Rieger. Er ist hier bei uns, um sich unseren Firmensitz in Deutschland an zu schauen. Eigentlich gehört er zu unserem englischen Team, also er spricht deshalb nur Englisch, aber er wollte mich heute trotzdem unbedingt begleiten, da ihm viel daran liegt unsere Sprache zu lernen.«

Harry schaute uns beide abwechselnd an und nickte nur ab und zu, wenn ich etwas sagte. Auch während des ganzen Gespräches, das wir bei mir im Büro, an dem kleinen Tisch abhielten.

Beim Gehen meinte der Kunde zu mir geneigt: »Sehr löblich Ihr Praktikant, was die Sprachmotivation angeht, aber vielleicht sollten Sie ihm raten seinen Schneider zu wechseln?«

Herr Rieger war in schniekem Anzug und Krawatte gekleidet und auch ich hatte einen dunklen Blazer an. Harry fiel mit seinen Sportklamotten und den knalligen Turnschuhen etwas aus der Reihe.

»Es tut mir außerordentlich leid Herr Rieger. Bitte nehmen sie ihm das nicht übel, aber er kam gerade erst vom Flughafen, direkt aus London und hat sein Gepäck leider noch nicht. Eigentlich ist er heute noch privat hier, um sich vorab ein wenig umzuschauen, und da hatte sich der Termin mit Ihnen ergeben. Deshalb- « Ich wollte weiter erklären, aber es war nicht nötig, denn plötzlich war Herr Rieger total hin und weg von Harry.

»Sehr beeindruckender junger Mann, der Herr Mann. Mann oh Mann.« Herr Rieger musste über seine Wortwahl selbst etwas lachen. »So viel Enthusiasmus hätte ich ihm jetzt gar nicht zugetraut, aber mit dieser Einstellung ist ihm der Erfolg vorbestimmt. Er wird es einmal sicherlich sehr weit bringen. Lassen Sie sich das, von einem wohlhabenden und erfolgreichen Mann wie mir, sagen Frau Dorsen.«

Ja, Herr Rieger war nicht arm und das zeigte er auch gerne, in einer charmanten und manchmal auch in einer sehr überhebliche Art. Trotzdem war er recht sympathisch. Ich dachte nur an Harrys immensen Erfolg und musste schmunzeln. »Ja da bin ich mir sicher«, sagte ich und wir verabschiedeten uns.

»Was hast du ihm über mich erzählt? Warum hat der mich so komisch angeschaut?«, wollte Harry wissen, als wir wieder alleine waren. Ich berichtete es ihm kurz, während ich meine Sachen zusammen packte und Harry meinen Computer ausmachte.

»Also das mit dem Erfolg lassen wir mal so dahingestellt«, grinste Harry, der wahrscheinlich sogar mehr Geld als dieser Herr Rieger besaß, was nun, Dank Jaycee, auch für mich kein Geheimnis mehr war. »Aber er denkt, du bist meine Chefin?«, fragte mich Harry belustigt, als wir aufbrachen und durch den Gang liefen. Ich musste vor dem Treffen mit Helmut Hagenberg noch einmal nach Hause, meine Sportsachen holen. Außerdem hatten wir noch genug Zeit.

»Was ist hier drin?«, wollte Harry wissen und zeigte auf eine geschossene Türe.

»Das ist Lucas' Büro«, teilte ich ihm mit.

»Und hier?«, fragte er, auf eine andere Türe zeigend.

»Was suchst du Harry?«, fragte ich ihn etwas konfus.

»Da du meine Chefin bist...«, meinte er grinsend, »glaubst du etwa, ich habe hier vorhin umsonst für dich gearbeitet?« Ich schaute ihn nun noch verwirrter und fragend an. Er schenkte mir ein verschmitztes Lächeln. »Geld habe ich genug«, gab er mir augenzwinkernd als Hinweis. »Aber wir sollten unbedingt mal mein Gehalt ausdiskutieren.«

»Ach, und jetzt hoffst du einen Abstellraum oder die Besenkammer zu finden?«, fragte ich lachend.

»Auf jeden Fall einen Raum in dem man ungestörter ist, als in eurem Kopierraum«, forderte Harry.

»Warum, dort ist es doch ruhig.« Ich war wieder verwirrt. Normalerweise verirrte sich dorthin selten jemand. Eigentlich nur Lucas, ich, und manchmal auch Moni. Und unser kranker Praktikant, wenn er denn mal da war. Aber alle anderen hatten ein paar Meter weiter einen eigenen Kopierer mit Fax und allem Drum und Dran.

»Ach ja? Also ich habe das Gefühl, dein halbes Kollegium dort kennen gelernt zu haben«, erzählte Harry und ich wollte natürlich wissen, wer da so alles vorbeigeschaut hatte.

»Sarah hieß eine und eine Melanie war da, glaube ich, und, ähm«, er überlegte und zählte noch einige Namen auf. »Ach ja, und Mark.«

Ich dachte erst, er hätte mit dem »halben Kollegium« übertrieben. Aber er hatte Recht. Laut seiner Erzählung ging es dort zu wie im Taubenschlag. Es war fast die Hälfte meiner Kollegen, aus dieser Abteilung da. Und zwar ausschließlich die weibliche Hälfte. Bis auf Mark. Und der war schwul.

»Okay«, seufzte ich leise. Anscheinend hatte es sich sehr schnell herumgesprochen, dass Harry hier war. Und so wie es aussah, war er unter meinen Kolleginnen nicht unbekannt. Und alle kamen sie zum Kopieren, da zeitgleich DREI andere Kopierer - sogar einer aus dem Stockwerk weiter unten - plötzlich kaputt waren.

»Zufälle gibt's«, amüsierte ich mich. »Haben die sich nicht gewundert, was du dort machst?«, wollte ich wissen.

»Doch«, grinste er, als wir auf den Fahrstuhl warteten.

Ich musste ihm alles aus der Nase ziehen. »Was hast du ihnen erzählt?«

»Dass ich was für neue Autogrammkarten teste, solange ich auf dich warte«, wollte er mir, und wohl auch meinen Kollegen, weismachen.

»Was hatte das mit Autogrammkarten zu tun?«, fragte ich grübelnd. »Harry, du hast Schulungsunterlagen kopiert!«

Er war ganz ernst und druckste etwas herum. »Naja... Nicht nur«, sagte er kaum hörbar und rubbelte seine Nasenspitze mit dem Knöchel von seinem Zeigefinger.

Meine Augenbrauen zogen sich schlagartig zusammen und etwas nach unten. »Will ich wissen, was du sonst noch kopiert hast?«

»Willst du nicht«, versicherte er mir und schob mich in den Aufzug, der sich gerade vor uns geöffnet hatte, wohl um vom Thema abzulenken.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro