37. Kuscheln mit Joshi als Ersatz
»WASSS???!! Du machst mit mir Schluss?!«, schoss es schockiert aus mir heraus. Blitzartig lieferten sich meine wirren Gedanken um das längst vergessene Problem mit dem Management ein gefährliches Rennen in meinem Kopf. Irgendwie war es das Erste, an was ich gerade dachte. Auch wenn ich angenommen hatte, dass es sich längst erledigt hatte. Zumindest hatte Harry das behauptet. Gerade waren wir noch so glücklich. Dann bekam er einen Anruf und er konnte einfach so, ruhig und gelassen Schluss mit mir machen? Weil man es von ihm verlangte?
»Ohhh, neiiin... Nein, nein, nein, nein... Ich meinte das doch nicht sooo!!!«, versuchte er mich zu beruhigen und kämmte sich mit einer Hand verzweifelt die Haare nach hinten. »Angel... Gott. Nein!!!« Er streckte die Hand in meine Richtung, alle Finger auseinander gespreizt, der kleine Finger stand dabei am meisten ab, doch er konnte mich nicht berühren. Ich sah ihm an, dass er mich jetzt am liebsten in den Arm nehmen wollte, aber es ging nicht.
»Ich singe doch morgen für das Video nicht den ganzen Tag 'You an I', und davon, dass uns nichts in der Welt trennen kann, und mache davor mit meiner großen Liebe Schluss. Ich würde niemals einfach so mit dir Schluss machen! Es tut mir leid. Ich habe mich falsch ausgedrückt Angel.«
Auch wenn mir mein Kopf Entwarnung gab, mein Puls war immer noch auf hundertachtzig und ich war zu aufgewühlt, um zu fragen worum es in diesem Lied überhaupt ging. Aber scheinbar bezog er es irgendwie auf uns. Und er hatte »große Liebe« gesagt. Ich war seine große Liebe? Warum hatte er dann noch nie "Ich liebe dich" gesagt? Drei einfache Worte. Der Drang, sie von ihm hören zu wollen, stieg.
»Ich meinte damit eigentlich, dass ich heute früher ins Bett sollte und dass das schöne Wochenende mit dir leider bald zu Ende geht. Ich werde für den Videodreh noch halb in der Nacht abgeholt. Das Management killt mich, wenn ich bei den Aufnahmen die Augen nicht auf bekomme, weil ich die Nacht mit dir telefoniert habe, und du solltest auch mal in Ruhe schlafen, die letzte Nacht war für uns beide kurz.«
»Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein Harry!«, fuhr ich ihn an und hielt mit einem Finger die Kameralinse zu, damit er mich zur Strafe nicht mehr sehen konnten, oder weil ich jetzt einfach nicht wollte, dass er mich sah. Er fand das scheinbar auch noch irgendwie lustig. Er lächelte. Wenn auch nicht viel.
»Ach komm schon Angel... Nehm deine Hand bitte weg«, quengelte er zuerst, dann schmunzelte er. »Hast du wirklich gedacht, ich mache Schluss mit dir? Einfach so? Weil mein Management schreit?«
»Hör auf dich über mich lustig zu machen Harry«, schmollte ich beleidigt und zeigte es ihm auch, indem ich meinen Finger wieder wegnahm.
»Ich mache mich doch nicht lustig, ich freue mich doch nur! Deine Reaktion zeigt mir wie wichtig ich dir bin«, rechtfertigte er sein breiter gewordenes Grinsen. Es war ein liebenswürdiges Grinsen, bei dem ich nicht länger böse auf ihn sein konnte. Ich lenkte ein und wollte nicht weiter darüber reden.
»Warum musst du denn schon so früh los? Wo geht ihr überhaupt hin?«, fragte ich ihn.
»Wir drehen am Clevedon Pier«, verriet er mir. »Eigentlich ist es für das Video nicht vorgesehen, aber wir sollen jetzt schon vor Sonnenaufgang da sein. Das haben sie vorhin so beschlossen. Deswegen der Anruf. Keine Ahnung was für Stimmungen die da schon wieder einfangen wollen. Über die Hälfte davon erscheint sowieso wieder nicht im Video. Aber uns ist es ja nicht gegönnt, einfach mal ausschlafen zu dürfen. Manchmal habe ich das Gefühl, die machen sowas absichtlich. Ich könnte mit dir wetten, dass am Ende kein Sonnenaufgang zu sehen sein wird«, regte er sich auf.
»Ich glaube dir ja Harry«, beruhigte ich ihn. »Jay hat mir schon mal von diesem Pier erzählt. Die war da irgendwann mal, aber ich hab keine Ahnung wo das ist«, bemerkte ich und bemitleidete ihn, weil er so ein stressiges Leben hatte. Die Ironie in meiner Stimme entging ihm wohl nicht.
»Machst du dich jetzt lustig?«, beschwerte er sich und rubbelte sich an der Nase.
Ich schüttelte meinen Kopf.
»Ok, weißt du wo Somerset ist?«
»Harry, ich weiß wo London ist.«
»Na immerhin... Das reicht um zu mir zu finden«, grinste er. »Aber morgen bin ich an der Südwestküste von England«, erzählte er mir.
»Dann bist du ja noch weiter von mir weg als jetzt«, sagte ich traurig. Als ob es eine Rolle spielte. Weg war weg, egal wie weit.
»Aber ich melde mich zwischendurch«, munterte mich Harry auf.
»Ich hoffe wir verpassen uns nicht ständig. Ich hab nächste Woche ganz schön viel zu tun.«
»Jaaa, so schön wie dieses Wochenende wird es unter der Woche wohl nicht werden. Und nächstes Wochenende bin ich mit meinen Jungs auch schon verplant. Wir werden also nicht oft, so lange telefonieren können.«
Grinsend stellte ich fest: »Wir hängen jetzt schon über 24 Stunden aufeinander.«
Harry erwiderte mein Grinsen noch breiter als meins. »Ich hätte nicht gedacht, dass du es so lange mit mir aushältst.«
»Och warum? So schlimm bist du doch gar nicht«, kicherte ich.
Harry schaute mich beleidigt an. »Hey, was soll das denn jetzt heißen?«
»Nichts Harry. Du bist toll.«
»Das trifft sich gut. Ich finde dich nämlich auch... toll.« Er lächelte. Von Liebe traute sich irgendwie keiner zu sprechen, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass er auch darauf wartete, dass ich diese drei kleinen Wörter zu ihm sagte.
»Essen wir noch zusammen?«, wollte ich wissen. »Oder musst du wirklich schon auflegen?«
»Klar essen wir zusammen, oder willst du mich hungrig ins Bett schicken?«
Natürlich wollte ich das nicht.
Ein letztes Mal für heute wechselten wir von Laptop wieder auf unsere Handys. Aßen zusammen eine Kleinigkeit. Er erzählte mir noch wie der Videodreh aussehen sollte und wir quatschten einfach noch ein bisschen. Je später es wurde, desto mehr gähnten wir uns dann beide etwas vor. Wir hatten beide nicht viel geschlafen und das machte sich so langsam bemerkbar.
Schweren Herzens ließ ich Harry schlussendlich ins Bett gehen. Alleine und ohne Skype, da wir sonst beide wieder, wohl kaum schlafen würden. Außerdem musste er sowieso lange vor mir aufstehen. Doch es fiel mir wirklich schwer ihn gehen zu lassen.
Ich bereitete noch einige Sachen für den morgigen Tag vor und verpasste meiner Torte gerade noch den Feinschliff, als ich noch mal eine Nachricht von Harry bekam.
Harry: [Unser erstes gemeinsames Wochenende war wunderschön. Und du glaubst gar nicht wie wichtig du mir geworden bist. Ich hoffe, ich träum von dir. Gute Nacht Angel. xx]
Er war zwar kein "Ich liebe dich", aber ich lächelte.
Angelina: [Ja, das finde ich auch. :) Und wenn ich dir nur halb so wichtig bin wie du es für mich bist, dann ist das sehr viel, und damit kann ich leben. :) N8 Harry. Schlaf gut. <3 :-*]
Glücklich ging ich irgendwann auch ins Bett, legte mein Handy auf den Nachttisch, und fiel in einen tiefen Schlaf.
~
-Harrys Sicht-
Grausam holte mich mein Wecker aus dem Schlaf. Ich versuchte mich aufzusetzen, schmiss mein Handy auf den Boden, als ich den viel zu lauten Weckton ausschalten wollte, dann ließ ich meinen schweren Kopf wieder aufs Bett fallen und zog mir einfach das Kissen über beide Ohren. Mein Handy dudelte munter vor sich hin. Schalldichte Kissen gab es wohl nicht. Ich musste sofort an Angelina denken, wie sie gestern noch geschlafen hatte, als ich durch den Anruf meiner Mutter, ebenfalls unsanft, geweckt wurde. Sofort hatte ich wieder ein fettes Grinsen ins Gesicht gepflastert und raffte mich endlich auf. Als ich mich bückte und zu meinem Handy griff, musste ich daran denken, wie ich Angelina gestern Abend noch, ganz automatisch, ein "Ich liebe dich" auf WhatsApp getippt hatte, doch irgendwie wollte ich ihr diese Worte das erste Mal lieber persönlich sagen und dabei in ihre wunderschönen Augen sehen. Unsere Liebe war etwas Besonderes, das stand für mich fest, keine nebensächliche Sache, wie eine unwürdige Textnachricht. Also hatte ich es wieder gelöscht und meine Nachricht an sie anders formuliert. Auch jetzt hatte ich mein Handy in der Hand und wollte ihr schreiben, doch ein Blick auf meine Uhr hielt mich davon ab. Angelina schlief bestimmt noch und ich wollte meine Freundin nicht wecken. Es war noch viel zu früh.
Die Zeit bis ich abgeholt wurde, war knapp bemessen, damit ich länger schlafen konnte. Es dauerte also nicht lange, da waren wir alle auch schon auf dem Weg nach Somerset.
Liam saß mir gegenüber, als ich gerade dabei war unsere kompletten Termine und Tourdaten in den Kalender von Angelina einzutippen. Es war echt ermattend, vor allem um diese Uhrzeit, aber besseres hatte ich sowieso nicht zu tun bis wir am Drehort waren. Ich spürte Liams Augen auf mir liegen. Er beobachtete mich. Ihm war wohl langweilig. Der Rest von uns war schlauer und schlief, friedlich in den Sitz gekuschelt.
»Alles ok bei dir und Angelina«, fragte Liam plötzlich.
Langsam linste ich von meinem Handy nach oben zu Liam. Mein Kopf folgte nur zögernd meiner Augenbewegung. Die Finger meiner freien Hand wanderten zu meinen Lippen und zupften daran.
»Ja, warum fragst du?«
»Du hast dein Schnuffeltuch heute gar nicht dabei«, bemerkte Liam aufmerksam.
»Klar hab ich«, erwiderte ich und zog grinsend Angelinas Halstuch aus der Tasche meiner Jacke, die neben mir lag.
Ich rollte das Tuch zu einem Bandana und band es mir um den Kopf.
»Zufrieden?«, fragte ich meinen Kumpel und wollte mich wieder meinem Telefon und den Terminen widmen.
Er lachte leise, doch seine Augen blieben an meinem linken Handgelenk hängen, als ich die Arme wieder runter nahm. Liams Lache verstummte gleich wieder und er glotzte mich todernst an.
»Was?!«, fragte ich ihn genervt.
»Und ihr habt wirklich keinen Stress?«
»Nein?«, sagte ich halb fragend mit verwirrt gerunzelter Stirn. »Wie kommst du da drauf?«
Er zeigte nun auf meinen linken Arm und ich musste automatisch grinsen, als ich sah, worauf er zeigt. Nun war mir klar, was ihn an meinem Handgelenk störte.
»Das ist doch das Armband von diesem einen Mädchen Harry. Sag schon... Was ist los bei dir und Angelina?«
»Nichts. Was soll sein?«, zuckte ich desinteressiert mit den Schultern. Ich wusste worauf er hinaus wollte und lachte innerlich.
»Harry, mach mir doch nichts vor! Du hast das Armband Ewigkeiten getragen, nachdem du diesem Mädchen begegnet bist und sie nicht wieder gesehen hast. Deine damalige Beziehung ging wegen dieser absurden Begegnung sogar auseinander. Nicht, dass dieses Weib irgendwer von uns gemocht hat, aber der Grund, warum ihr Schluss gemacht habt, war schon krass. Du hast wegen dieser Unbekannten so gelitten und dir die Augen halb aus dem Kopf geheult. Du hast das Teil jedes Mal erneut getragen, wenn du wieder und wieder von Frauen enttäuscht worden bist, oder gemerkt hast, dass deine Gefühle für eine Beziehung einfach nicht genügen. Und du willst mir jetzt weismachen, dass bei euch alles ok ist?«
»Iiist es Liam..! Lina schläft wohl gerade noch friedlich in ihrem Bett, und wir hatten gestern einen superschönen Tag zusammen über Skype. Und die Beziehung ist damals schlussendlich auseinander gegangen, weil ich durch diese absurde Begegnung gemerkt habe, dass es tiefere Gefühle geben muss als die, die ich für meine damalige Freundin hatte. Das was ich damals für dieses Mädchen gefühlt habe, als ich ihr begegnet bin, hat es mir gezeigt. Und das Armband habe ich immer wieder getragen, um mich daran zu erinnern, dass es diese eine Frau, die für mich bestimmt ist, irgendwo auf dieser Welt geben muss.«
»Weiß Angelina wie du zu diesem Armband und dem Mädchen stehst?«
Ich nickte. »Ja, ich hab ihr von dem Mädchen und meinen Gefühlen von damals erzählt. Sie kennt all meine Gedanken dazu.«
»Ohne Scheiß? Und sie hat nichts dagegen, wenn du es um hast?«
Ich schüttelte meinen Kopf.
»Du solltest dieses Mädchen vergessen Harry. Es ehrt dich ja, dass du so offen zu deiner Freundin bist, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Lina Lust hat, nur zweite Geige bei dir zu spielen. Und ich dachte eigentlich auch, dass Angelina endlich diejenige ist, die dich über dieses Mädchen hinwegbringt. Also wieso trägst du es überhaupt wieder, wenn du gerade glücklich bist? Lina ist ein wundervolles Mädchen. Versau es nicht Harold!« Liam klang etwas aufgebracht, aber auch besorgt.
»Beruhig dich Liam. Es ist Linas Armband«, verriet ich ihm mit kühlem Ton, meine Augen auf mein Handy gerichtet, um ihn nicht anschauen zu müssen.
»Ohhh... sag das doch gleich. Und ich dachte... Aber es sieht genauso aus, wie das von diesem Mädchen. Zufälle gibt's.« Mit einem weichen Lächeln schüttelte Liam seinen Kopf.
»Es sieht nicht nur so aus, es ist das Armband von diesem Mädchen.«
»Wie jetzt? Du hast doch gerade gesagt es gehört Angelina! Kannst du dich mal entscheiden?!«
»Gehört es auch«, sagte ich wiederum zu Liam und musste aufpassen, dass ich bei seinem total verwirrten Gesichtsausdruck nicht anfing los zu prusten.
»Hey, willst du mich verarschen Alter?!«
Wieder schüttelte ich dementierend meinen Kopf.
»Liaaammm«, summte ich und sah ihn nun an. »Ich seh schon. Es ist noch zu früh für dein Gehirn.«
Liam zog seine Augenbrauen zusammen. Seine Stirn legte sich dabei in Falten und dann hörte ich den Groschen endlich fallen. Sein Gesichtsausdruck änderte sich dabei schlagartig, aufgeschreckt durch das laute Klirren als der Groschen zu Boden fiel. Er riss seine Augen auf und kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Er bewegte seine Lippen und versuchte etwas zu sagen, er schaffte es aber nicht.
Ich schaute ihn nur an, nickte glücklich grinsend und bestätigte ihm dann seine Gedanken: »Ja Liam, sie ist es... Lina ist dieses Mädchen, das bei mir vor der Haustüre damals ihr Armband verloren hat. Sie ist das Mädchen, in das ich rein gerannt bin und fast geküsst hätte, als wir gemeinsam auf dem Boden lagen und wegen dem ich mir fast die Augen aus dem Kopf geheult hab, weil ich sie nicht wieder gesehen hab. Und sie ist das Mädchen, das mich jetzt zum glücklichsten Mann der Welt macht.« Ich strahlte bis über beide Ohren, ich war so glücklich dieses Mädchen wieder gefunden zu haben.
»Das glaub ich jetzt nicht«, staunte Liam immer noch. »Du willst mich doch echt verarschen. Harry hör auf damit, wir haben noch nicht den ersten April!«
»Ich weiß Kumpel. Aber ich verarsch dich wirklich nicht! Sie ist es tatsächlich. Wir konnten es zuerst auch nicht glauben. Aber pass auf, es kommt noch besser...« Ich erzählte ihm die ganze Wurzel-aus-Geschichte.
-Angelinas Sicht-
Nach einem Wochenende, das mir wie eine Ewigkeit vorkam, klingelte pünktlich, um viertel vor sieben, mein Handywecker und ich staunte nicht schlecht, als ich zahlreiche Kalendereinträge von Harry, direkt zur Begrüßung des heutigen Tages bekam. Augenscheinlich hatte er die kompletten Tourdaten eingetragen. Hätte ich geahnt, dass es so viele waren, hätte ich ihn niemals alle eintippen lassen. Zusätzlich hatte er einige andere Termine eingetragen, auch das Event von nächstem Samstag und einige Termine für die darauf folgende Woche. Außer den Tourdaten, war allerdings alles ohne Ortsangabe. Wahrscheinlich hatte er den Ort weg gelassen wenn die Termine bei ihm zu Hause in London waren. Für Manchester, Wembley und einige andere Konzerte hatte er mir Terminanfragen geschickt. Ich vermutete Orte, bei denen ihm wichtig war, dass ich dabei war.
‚Puhh... Ok Angelina, dann weißt du was du jetzt zu tun hast', stöhnte mein Kopf, während ich mich aus meinem Bett schwang.
Bevor ich mich aber meinen Terminen widmete, trank ich erst mal in aller Ruhe meinen Kaffee, mit dem ich jeden Arbeitstag startete, um wach zu werden und wappnete mich dann für einen arbeitsreichen Tag im Büro. Ich wusste, dass von letzter Woche sehr viel liegen geblieben war, machte mich dann aber trotzdem gut gelaunt auf den Weg.
Ich war schon etwas geknickt, dass zu den vielen Kalendereinträgen von Harry kein "Guten Morgen" kam. Aber ich wollte mich nicht beschweren, immerhin hatte er schon genug getippt. Noch im Auto schrieb ich eine Nachricht an ihn.
Angelina: [Guten Morgen Harry. xx Hast du gut geschlafen? Deine Finger sind doch jetzt bestimmt wund. Ich hab deine Kalendereinträge erhalten. Sorry, ich wusste nicht, dass es so viele Termine sind. Aber dir war wohl langweilig auf dem Weg zum Drehort. Ich bin jetzt auf dem Firmenparkplatz und vermisse dich schrecklich. Bis später. <3]
Gerade als ich die Nachricht gesendet hatte, kam Lucas um die Ecke, den ich auch gleich zum Tragenhelfen verdonnerte. Irgendwie musste der Kuchen ja ins Büro kommen und alleine schaffte ich es mit einem Mal Laufen nicht.
Freudig wurde ich von einigen Kollegen begrüßt, die mir nachträglich noch zum Geburtstag gratulierten und der Tag nahm seinen Lauf.
Nach einem kurzen Überblick, was sich so alles Neues auf meinem Schreibtisch befand, wendete ich mich meinen e-Mails zu. Die ältesten zuerst. Ich sortierte aus: ‚Müll, Müll, les ich später, verschieben in Ordner: dringend bearbeiten, Müll, auch unwichtig, dringend, dringend, halbwegs dringend, schon vorbei, les ich später, ... , leite ich weiter zu Lucas, dringend, löschen: kommt wieder wenn es wichtig ist, auch für Lucas, dringend, les ich später, was ist das denn für ein Scheiß?, halbwegs dringend, les ich später, Müll, ab zu Lucas, ... WAS? Les ich sofort!!!'
Aufgeregt klickte ich auf diese Mail und ein neues Fenster ploppte auf.
Guten Morgen mein Engel,
ich hoffe du hast gut geschlafen. Ich war immer wieder wach und musste an dich denken. Dein Halstuch riecht kaum noch nach dir. *heul*
Und danke für das schöne Wochenende. Beim nächsten Mal, wenn ich einen freien Tag oder ein freies Wochenende habe, können wir hoffentlich auf Skype verzichten.
Paul wird dich übrigens heute oder morgen noch anrufen. Er hat all deine Kontaktdaten von mir bekommen, also wird er dich wohl irgendwie erreichen, hoffe ich doch. Ich will endlich zu dir.
Und ich hab meine ganzen Termine eingetragen. Aber das hast du bestimmt schon gesehen. Jetzt bist du dran, viel Spaß dabei.
Arbeite nicht zu viel. Ich melde mich später bei dir. Ich vermisse dich schrecklich!!!
Harry. xx
Er hatte diese Mail geschrieben bevor ich überhaupt schon wach war. Mit einem Grinsen im Gesicht ging ich auf antworten.
Hi Harry,
meine Nacht war ok, aber du fehlst mir. Dein T-Shirt habe ich meinem Riesenteddy angezogen. :D Er heißt Joshi und muss jetzt mit mir kuscheln bis du ihn erlöst.
Ich fand unser Wochenende auch sehr schön, aber ich würde am liebsten ganz auf Skype verzichten. Immer! :'(
Und ich hab deine Tourdaten überflogen. In Manchester kann ich bestimmt dabei sein, das ist ja an einem Wochenende. Und ich versuch die ganze Woche danach frei zu bekommen, dann bin ich in Edinburgh und in London auch dabei. Wenn wir Glück haben schaffe ich sogar frei zu bekommen, bis du nach Schweden musst. :D Natürlich nur wenn du willst, hoffe du freust dich.
Soo, und jetzt ran an die Arbeit. Ich glaube das wird ein langer Tag. :(
Ich vermisse dich auch total. <3 <3 <3
Dein Engel :)
Ich sendete meine e-Mail ab und dann war ich erst mal damit beschäftigt meine ganzen anderen Mails zu bearbeiten. Ich erledigte Telefonate und sonstigen Schriftverkehr und hatte gar nicht mitbekommen, dass es schon neun Uhr war. Meine Kollegen hatte ich doch zum Kaffee und Kuchen eingeladen und jetzt trudelte einer nach dem anderen bei mir im Büro ein. Der eine Gast blieb länger der andere nicht so lange. Hier ging es zu wie im Taubenschlag und ich kam deswegen nicht wirklich zum Arbeiten. Sogar um halb zwölf schaute noch eine gute Kollegin aus dem Nachtbarbüro vorbei und klaute sich das letzte Stückchen Kuchen.
»Hat Moni sich etwa gerade das letzte Stück Kuchen in den Mund gesteckt?«, fragte Lucas beleidigt, der gerade von einem Meeting kam und davor keine Zeit hatte, genau wie meine Kollegin.
Ich nickte und musste grinsen. »Sorry, es hatte keiner Mitleid mit dir.«
Er seufzte: »So sind meine Kollegen zu mir. Tragen darf ich, essen nicht.«
Schwer beleidigt ging er aus meinem Büro.
»Lucas, im Kühlschrank...! Mit deinem Namen drauf!!!«, schrie ich ihm hinterher. Da ich ihm natürlich etwas beiseite gestellt hatte.
»Das hab ich mir gedacht! Bin schon auf dem Weg«, rief er vom Flur aus und kam gleich darauf aus unserer kleinen Teeküche wieder.
»Und? Alles klar bei dir und deinem Harry?«, fragte Lucas kauend und lehnte direkt neben mir, an meinem Tisch. Vor sich hielt er einen kleinen Teller mit einem Stück Torte und einem Stück Kuchen darauf, das peu a peu mit einer Gabel in seinem Mund verschwand.
»Soweit schon, aber ich... Lucas, kannst du vielleicht ein paar Termine von mir übernehmen, wenn ich sie nicht mehr verschieben kann?«, fragte ich voller Hoffnung.
Doch er zerstreute sie gleich wieder. »Oh jeh, mein Terminplan ist so gut wie voll, aber das siehst du ja selbst.«
»Du bist doch mein Lieblingschef«, schleimte ich. »Es sind auch nur zwei oder drei Termine. Und, ähm, meinen Sommerurlaub würde ich auch gerne verschieben.«
»Aus deinem Urlaub halte ich mich raus, den planst du sowieso wie es dir mit deinen Terminen passt. Und die Termine, die ich übernehmen soll«, seufzte er, um den Finger gewickelt. »Sag mir einfach welche, und dein Lieblingschef schaut wie er das hinbiegen kann.« Er zwinkerte mir mit einem Auge zu, leckte den letzten Rest Sahne genüsslich von seiner Gabel, und ich bekam wieder etwas Hoffnung.
Ich war heilfroh, dass er sich das zumindest durch den Kopf gehen lassen wollte und versuchte mir zu helfen, wenn irgendwie möglich. Lucas wusste, dass er der beste Chef der Welt war, und diesen Posten wollte er auf meinem Ranking auch behalten. Außerdem hatte ich ihm auch schon oft Kunden abgenommen, deswegen zahlreiche Überstunden geschoben, und hatte ihm somit aus der Klemme geholfen.
Nach und nach erledigte ich meine Tagesaufgaben, verschob den einen oder anderen Termin nebenher und als ich gerade mal wieder am Festnetzapparat hing, klingelte mein Handy. Es war Harry.
Den Kunden konnte ich nicht so schnell abwimmeln, da es ein wichtiges Gespräch war. Mehr für mich als für den Kunden, aber es war äußerst wichtig.
Es tat mir in der Seele weh, aber ich wies Harry ab. Ging dann aber auf WhatsApp, um ihm eine kurze Nachricht zu schreiben. Ich bemühte mich die wichtigsten Stichworte rein zu schreiben, während ich mit einem Ohr der Stimme aus dem Telefon lauschte.
Angelina: [Sexdate, am Telefon, mit Kunde]
Dann ploppte eine Nachricht nach der anderen bei mir auf, die ich gar nicht alle lesen konnte. Erst nachdem ich aufgelegt hatte schaute ich nach was Harry alles geschrieben hatte.
Harry: [1. Warum kuschelst du mit unserem Drummer?]
Harry: [2. Mit welchen Kunden hast du Telefonsex?????? Dachte du gehst einer seriösen Arbeit nach!!!]
Harry: [3. Klar freue ich mich, wenn du dir von Manchester bis Schweden frei nehmen kannst!! In Manchester und London musst du einfach dabei sein. Du weißt wie viel es mir bedeuten würde, vor allem Manchester, weil meine ganze Familie dabei sein wird.]
Harry: [4. Mir is kaaaaaaaaaaaaaaalt!!!!!!!!!!!!]
Harry: [und 5. Ich hab nicht viel Drehpause. Red schneller und melde dich bitte bei mir. Ich vermisse dich.]
Gleich wählte ich Harrys Nummer und ließ es bei Ihm klingeln. Ich hoffte so sehr, dass er nicht schon wieder vor der Kamera stand. Es dauerte eine Weile, aber dann ging er ran.
»Hi Angel.«
»Hi«, sagte auch ich und quasselte gleich weiter.
»Erstens: Wer?? Wieso Schlagzeuger? Zweitens: Ich hatte kein Telefonsex mit dem Kunden, ich meinte doch unser Sexdate. Und ich hab eben noch einen Termin deswegen verschoben. Drittens: Das mit Manchester bin ich am Klären. Viertens: Komm her dann wärm ich dich. Und fünftens habe ich gerade auch erledigt.«
»Ja, das sehe ich, beziehungsweise höre ich. Du solltest mit dem Kunden schneller reden Engelchen, und nicht mit mir«, lachte er. »Ich hab noch ein bisschen Zeit. Leg auf«, verlangte er, »dann ruf ich dich zurück.«
»Hä, warum auflegen?«
»Damit deine Telefonrechnung nicht explodiert?«
»Achsooo... Ich hab doch eine Flat in euer Vereinigtes Königsreich.«
»Klar, Jaycee«, stellte er selbst fest.
»Japp auch« bestätigte ich ihm. »Außerdem zahlt das sowieso meine Firma.« Ich hatte zum Glück nur diese eine Handynummer und benutzte sie privat, wie auch geschäftlich.
»Ok, dann zu erstens«, fuhr er fort. »Schickst du mir bitte ein Bild von deinem Joshi? Ich will nur sicher gehen, dass du wirklich mit einem Teddy kuschelst, und nicht mit unserem Drummer, Josh Devine. Wobei ich sogar auf den Bären eifersüchtig bin.«
»Hahaha, euer Schlagzeuger heißt wie mein Bär?«
»Dein Bär heißt wie unser Drummer und nicht umgekehrt!«, stellte er klar.
»Ok, ok«, gab ich nach.
»Zu zweitens... Stell dir vor...« Er schnaufte. Oder seufzte. Es war irgend so ein Zwischending. »...manchmal denke sogar ich mit, und ich weiß, dass du unser Date gemeint hast, oder glaubst du, sonst wäre ich jetzt so ruhig?«
»So genau weiß ich das nicht. Vielleicht bist du ja auch schon eingefroren«, ärgerte ich ihn.
»Ja, da hast du recht, das bin ich tatsächlich.«
»So schlimm?«
»Schlimmer«, quengelte er und hoffte wohl auf eine Runde Mitleid. »Es ist kaaahahaaalt und verdammt windig hier.«
»Awww, mein armes kleines Schnuffelchen, komm her, ich wärm dich«, sagte ich übertreiben mitleidsvoll, hätte ihn aber wirklich gerne in den Arm genommen und warm geknuddelt.
»Schnuffelchen?? Ich glaube dir geht es zu gut«, lachte er. »Aber bis ich zu dir kann, muss ich leider auch mit Ersatz für dich Vorlieb nehmen.«
»Warum, wer wärmt dich denn??«, forschte ich neugierig nach.
»Das... aaahhm, willst du nicht wissen. Du würdest nur eifersüchtig werden.«
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