Überrumpelt von dem prickelnden Gefühl, das mich plötzlich heimsuchte, lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Türe. Meine Handtasche schleuderte ich auf den Boden einer Nische, in der sich die Garderobe befand. Die Keycard legte ich auf einen kleinen Schrank, direkt rechts neben mir.
Tief durchatmend hielt ich mir die Hände vors Gesicht und rieb müde meine oberen Wangenknochen bis hin zu den Schläfen. Ich war wirklich hundemüde und verwirrt, denn das Bild von diesem grinsenden Jungen mit den wunderschönen Augen wollte nicht mehr aus meinem Kopf.
Schleppend löste ich mich von der Türe und zog schließlich meine Jacke aus, welche ich achtlos auf das Bett warf, und mich rücklings daneben fallen ließ. Die Füße noch auf dem Boden, beide Arme von mir gestreckt, so lag ich einige Zeit da. Gedankenlos und Kraftlos.
Blitzartig hörte ich das jähe Aufblühen hysterischer Schreie aus dem Foyer. Offensichtlich hatten sich die Jungs von One Direction endlich dort blicken lassen.
Neugierig war ich schon irgendwie. Vielleicht wäre es auch eine gute Gelegenheit gewesen Autogramme zu erhaschen, aber nichts brachte mich dazu, mich auch nur noch einen Millimeter zu bewegen.
Unaufhaltsame Dunkelheit erfasste meine Sinne, und ich driftete in eine traumlose Welt.
~
Eine eingehende Textmeldung riss mich wieder aus meinem Schlaf. Zwischenzeitlich hatte ich meine Position geändert. Samt Schuhen lag ich jetzt, seitlich und zusammengerollt, auf meinem Bett. Träge tastete ich nach meiner Jacke und fummelte mein Telefon hervor.
Verschlafen linste ich auf das helle Handydisplay, welches mir verriet, dass ich gerade mal eine gute Stunde geschlafen hatte. Es war jetzt erst kurz nach acht.
Energielos raffte ich mich auf und las die SMS.
[Danke, dass du mir die Autogramme besorgst. Du schaffst das Lina. LG Jay xx]
Mit meinen Fingerspitzen fasste ich mir an die Stirn. ‚Shit, wie soll ich da nur ran kommen?‛, fragte mich meine innere Stimme. Ich hatte doch keine Ahnung wie die Jungs aussahen. Eigentlich hätte ich im Internet nachschauen könne, aber ich warf den Gedanken beiseite, und entschloss mich kurzerhand dazu, erst einmal meinen Koffer auszupacken. Um weiter zu schlafen, war es noch zu früh und durch das Nickerchen war ich etwas ausgeruht.
Schnell stellte ich noch meine Schuhe in den Schrank, auf den ich vorher meine Keycard gelegt hatte und verstaute danach meine Schminksachen im Badezimmer. Ich hatte nicht sonderlich viel, da ich mich, wenn dann nur dezent schminkte. Genau genommen hasste ich es sogar. Da ich viel Kundenkontakt hatte, sah ich es aber irgendwie als Notwendigkeit.
Mein Blick fiel auf die Dusche und ich verspürte die Lust nach einem schönen, entspannenden Bad. Jammerschade, dass es dieses Mal keine Badewanne in meinem Hotelzimmer gab. Aber ich benutzte sie sowieso selten, wenn es einen Pool gab.
Ohne groß nachzudenken, kramte ich meinen Bikini aus den Sachen, die noch im Koffer verblieben waren, und zog ihn an. Ich umhüllte mich dann noch mit einem flauschigen Bademantel, der im Bad hing, und schlüpfte in meine Flipflops. Bei mir war es mittlerweile Tradition, mich schon auf dem Zimmer umzuziehen. Das fand ich praktischer. Die meisten Hotels in denen ich übernachtete, hatten ein Schwimmbad, worüber ich immer sehr dankbar war.
So, machte ich mich also auf den Weg zum Hotelpool und bemerkte nebenbei, dass der tosende Lärm in der Eingangshalle nahezu erloschen war. Nur einige hartnäckige Fans befanden sich noch vor dem Hotel.
Als ich endlich den Badesaal betrat, war ich froh darüber, hier nur ein, wohl älteres Ehepaar vorzufinden, welches aber gerade aufbrach. Höflich grüßend nickte ich den beiden im Vorbeigehen zu und schälte mich nun aus dem Bademantel, den ich sorgfältig auf eine der Liegen legte. Meine Schuhe verstaute ich unter ihr.
Mit dem großen Zeh prüfte ich die Wassertemperatur, welche mir recht angenehm erschien. Das Wasser war lauwarm. Voller Vorfreude lief ich eine Treppe hinunter, die sich über die ganze Seite des Beckens erstreckte, und ich spürte, wie mich das wohltuende Nass Stück für Stück umgab.
Nachdem ich einige Bahnen geschwommen war, legte ich meinen Hinterkopf auf den Beckenrand und ließ den Rest meines Körpers ruhig im Wasser treiben. Nach und nach spürte ich, wie sich jede einzelne Faser meines Körpers entspannte.
Mit geschlossenen Augen ertappte ich meine Gedanken dabei, wie sie zu dem Jungen mit den grünlichen Augen schwirrten. Wieder durchströmte mich ein wohliges Kribbeln, und ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab.
Um mich herum hatte ich, durch meine Schwärmerei für diesen Typen, nichts mehr mitbekommen, und ich fuhr zusammen, als plötzlich eine Gestalt schwungvoll neben mir auftauchte.
»Hey, was fällt Ihnen ein!«, fauchte ich hustend und nach Luft schnappend, da ich vor Schreck fast untergegangen wäre und dabei etwas Wasser verschluckt hatte.
»Oh, so förmlich?«, platzte es aus dem Mann heraus.
Meine Augen wanderten über einen gut definierten Oberkörper mit zahlreichen Tattoos. Er hatte einen riesen Schmetterling mitten auf dem Bauch, und zwei Schwalben, eine links und eine rechts, oberhalb der Brust. Jede menge Bilder zierten seinen linken Arm, und ansonsten hatte er hier und da, einiges an Krimskrams verteilt. Auf die schnelle konnte ich gar nicht alles erfassen, es waren so viele. Es waren bestimmt 30 oder mehr, und mit Sicherheit kamen da hin und wieder welche hinzu. Wusste er selbst wie viele es waren?
Erst auf den zweiten Blick sah ich die - mir bereits bekannten - Grübchen und die strahlenden Augen. Von der wuscheligen Lockenpracht, die vorhin noch seinen Kopf zierte, war nichts mehr zu sehen. Wasserdurchtränkt, hingen ihm die braunen Haare platt im Gesicht, so dass er sich wie ein Hund das Wasser aus seiner Mähne schüttelte, und sie dann versuchte mit den Händen zu bändigen.
»Sorry, tut mir echt leid. Ich wollte dich nicht so erschrecken«, beteuerte er.
»Natürlich wolltest du das, gib's zu«, schmollte ich gespielt.
»Jaaa, ok. Der Anblick war echt verlockend«, gab er zu. »Aber ich wollte nicht, dass du dich verschluckst. Kann ich das irgendwie wieder gut machen?«, erkundigte er sich mit unschuldigem Dackelblick.
»Weiß nicht, ob du das kannst. Überrasch mich doch«, forderte ich ihn keck auf, und spritzte ihm leichtsinnig eine Ladung Wasser ins Gesicht, woraufhin er mich durch das Becken jagte, mich dann ganz schnell, an den Hüften zu packen bekam, mich zu sich drehte, und aus dem Wasser hob.
Da ich mich natürlich zappelnd wehrte, musste er aufgeben und ließ mich langsam wieder runter.
Eng an ihn gezogen, glitt ich, an seinem Körper entlang, wieder ins Wasser. Meine Gelassenheit verschwand bei dieser Berührung; Haut an Haut mit diesem fremden Jungen. Beide waren wir außer Atem von dem kleinen, annähernden Kampf, der zu nichts anderem diente, als einen Körperkontakt herzustellen. Beinahe jede seiner Muskeln konnte ich spüren, und ich bekam weiche Knie; hervorgerufen durch die wohltuende Nähe zu dem unbekannten Körper.
Ich hatte keine Ahnung, was hier gerade mit mir geschah. Mein Herz fing plötzlich an schneller zu schlagen, und jeder Atemzug fiel mir mit einem mal schwerer. Seine Arme umschlangen immer noch, sanft meine Taille, meine rechte Hand lag auf seinem Oberarm, meine linke ruhte auf seiner Brust. Meine Augen hatte ich schüchtern auf das Wasser gerichtet, und ich vermied jeglichen Blickkontakt, der mich so verunsicherte und irritierte.
»Geh mit mir morgen Abend essen«, sagte er, ohne Anstalten zumachen mich los zu lassen.
»Wie, was?«, brachte ich, in Gedanken versunken, hervor.
»Als Wiedergutmachung. Ich lad dich ein«, verdeutlichte er seine Aussage.
»Oh... ähm ... ich kann nicht«, stammelte ich und ließ meine Arme zögernd sinken, während ich mit gesengtem Kopf die Tattoos auf seiner Brust anstierte.
»Warum? Gibt es jemanden, der etwas dagegen haben könnte?«, fragte er und ließ dabei seine Arme enttäuscht von meinen Hüften gleiten, was unweigerlich wieder etwas Abstand zwischen uns entstehen ließ.
»Ich... was?... Nein!... Ja doch, mein Chef«, haspelte ich unbedacht.
Zwei verwirrte Augen musterten mich, und eine Braue des Jungen bog sich nach oben.
Es gelang mir nicht, mir ein Grinsen zu verkneifen, als ich ihm wieder in die Augen schaute und klar stellte: »Ich bin diese Woche geschäftlich hier und hab morgen Abend ein Essen mit meinem Chef und einem Geschäftskunden.«
»Na dann halt übermorgen?«, strahlte er wieder.
Verlegen nickte ich ihm zur Antwort ein »Okay« zu.
»Alles klar, ich freue mich... Angelina.« Der Klang meines Namens mit seiner tiefen und rauen Stimme ließ mich in einer wohlfühlenden Art und Weise erschaudern.
»W-woher weißt du w- ?«
»Deine Cousine war am Telefon teilweise nicht zu überhören«, unterbrach er mich lachend. »Sorry, dass ich euch belauscht habe.«
»Ohh... Schon ok... Und du? Wie heißt du eigentlich?«
»Ich, ahm, bin Harry... Harry Styles von One Direction?«, stellte er sich vor. »Einer von diesen blöden Teenie-Stars«, sagte er abwertend.
»Ja klar. Und ich bin Angelina Jolie«, feixte ich.
»Du glaubst mir nicht? Dann google mich doch«, trotzte er spitzbübisch.
»Nein, was interessieren mich One Direction«, reagierte ich unbekümmert, »außer, dass ich für Jaycee noch ein Autogramm von denen brauch, und ich wirklich keine Ahnung hab, wie die aussehen und wie viele das überhaupt sind.«
»Ahm jaaaa... das hab ich schon mitbekommen. Ich kann's dir besorgen, wenn du willst, ...also die fünf Autogramme, meine ich.«, grinste er, und rieb sich verlegen mit der Rückseite des Daumennagels über seine gerunzelte Stirn.
Fünf waren es also. Wie gut, dass wenigstens er das wusste.
»Blödmann«, lachte ich, und spritzte ihn wieder nass. »Aber ok, dann lass ich's mir eben von dir besorgen, bevor ich selbst ran muss«, zwinkerte ich ihm frech zu.
Er schmunzelte nur und meinte: »Ich werde dich am Mittwoch nicht enttäuschen.«
Ich bekam leichte Gänsehaut. Sprachen wir hier wirklich nur über die Autogramme, oder wollte er mir zwischen den Zeilen etwas anderes mitteilen?
Mittlerweile saßen wir nebeneinander auf dem Beckenrand. Unsere Beine baumelten im Wasser, und wir hatten uns eine ganze Weile unterhalten.
»Du kommst auch aus England, oder?«, erkundigte er sich interessiert.
»Nein aus Deutschland... Warum?«, fragte ich, überrascht über seine Annahme.
»Wow, aber dein Englisch...« Er kam ins Straucheln. »Ich hätte schwören können... Aber warum sprichst du mit deiner Cous- «
»Sie lebt da«, unterbrach ich ihn. »Mein Onkel hat vor etwa 21 Jahren eine Britin geheiratet und lebt seitdem in London. Jay kam ungefähr ein Jahr später dort zur Welt. Wir Telefonieren mehrmals die Woche und ich besuche die drei regelmäßig. Also bin ich praktisch zweisprachig aufgewachsen«, erklärte ich ihm ausführlich.
»Ah, verstehe«, nickte er. »Du kannst mich gerne in London besuchen kommen, wenn du mal da bist«, bot er mir an. »Und wenn ich da bin«, ergänzte er schnell.
»Ah, verstehe«, äffte ich ihn nach. »Du bist wohl viel unterwegs«, stellte ich fest.
»Naja, die Band nimmt mich ganz schön in Anspruch«, erläuterte er, und kämmte sich mit seinen Fingern einige störenden Haare aus dem Gesicht.
»Ach jaa, du bist ja Harry Styles von One Direction«, stichelte ich.
Mit einem zusammengekniffenem Auge, richtete er den Zeigefinger auf mich. "Da liegst du vollkommen richtig", sollte mir diese Geste wohl sagen. ‚So ein Spinner...‛
»Sorry, ich vergaß«, entschuldigte ich scherzend meine kleine Gedächtnisschwäche.
Und da war es wieder: Das komisches Kribbeln.
Aber warum behauptete er schon wieder einer von One Direction zu sein? Er hatte es echt nicht nötig, sich so wichtig zu machen. Bestimmt lernte er auch so genug Mädels kennen. Immerhin sah er einfach umwerfend gut aus, und nett schien er auch zu sein. Und für Mittwoch hatte ich doch auch schon zugesagt. Er musste also nicht versuchen mich zu beeindrucken.
»Also dann, Herr "Styles"«, alberte ich herum. »Es ist schon spät, ich glaube wir sollten so langsam ins Bett gehen.«
»Klar, gerne... Treffen wir uns bei mir, oder bei dir?«, spaßte er. Sein verschmitztes Grinsen ging von Ohr zu Ohr.
Ich stand auf und schubste ihn zur Antwort ins Wasser. Dafür, dass wir uns noch nicht so lange kannten, war er ganz schön frech, aber trotzdem wahnsinnig süß. Und absolut sexy, nicht zu vergessen.
Schnell war er wieder aus dem Becken draußen, und ich reichte ihm ein großes Handtuch.
»Okay, die Antwort war eindeutig. Du willst mich heute wohl nicht mehr sehen« Sein Gesicht zierte ein Dauergrinsen. »Aber ich dachte eigentlich nur, dass ich dir deine Wünsche eigentlich auch heute schon erfüllen könnte, dann müsstest du nicht bis Mittwoch warten.«
Ich schaute ihn mit einer Mischung aus Skepsis, Verlegenheit und Belustigung an, und sah ihm dabei zu, wie er sich abtrocknete.
Selbst war ich noch klatschnass, deshalb nahm Harry sein Handtuch, was eigentlich meins war, und legte es mir um die Schultern. Etwas umständlich und so, dass er mir dabei besonders nahe kommen konnte.
Harry zog die beiden oberen Handtuchzipfel vor mir zusammen, und hüllte mich sorgsam in das Handtuch ein. Er berührte mich dabei so fürsorglich und sanft, was mich ein wenig erstarren ließ. »Die Autogramme Angelina... Ich spreche nur von den Autogrammen. Aber ich begleite dich trotzdem noch bis vor deine Türe, wenn du nichts dagegen hast.«
»Okay«, sagte ich süß.
~
»Gute Nacht Angelina. Schlaf gut und träum was Schönes«, sagte er, als wir nun vor meiner Zimmertüre standen. Ich in meinem Bademantel und er ganz in weiß, mit weiter Short und T-Shirt.
»Danke, du auch. Gute Nacht Harry«, wünschte ich ihm zurück, und öffnete meine Arme für eine freundschaftliche Umarmung, auf die er, ohne zu zögern, einging.
Beflügelt von den Geschehnissen an diesem Abend, befand ich mich nun in meinem Zimmer. Ich tapste freudig in mein Bad und ließ mich schließlich mit dem verlockend warmen Wasser in der Dusche berieseln. Meine Gedanken kreisten um Harry, den Jungen mit dem schönsten Lächeln der Welt, und ich verspürte dabei immer noch ein leichtes kribbeln in der Magengegend, das einfach nicht mehr weg gehen wollte.
Entledigt von dem restlichen Chlor, nicht aber von meinen Erinnerungen an Harry, sprang ich unter der Dusche hervor und machte mich bettfertig. Vor Müdigkeit übermannt, kuschelte ich mich in meine Bettdecke und fiel in einen unruhigen Schlaf.
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