129. Geschäftliche Angelegenheiten und wichtigere Dinge
Sehr geehrte Frau Dorsen,
bitte entschuldigen Sie vielmals die verspätete Antwort. Aufgrund meines überaus vollen Terminplans, sah ich mich leider dazu gezwungen, Ihr Anliegen hintenanzustellen, aber machen Sie sich bitte keine Sorgen, ich habe Sie zwischenzeitlich nicht vergessen.
Umso mehr freue ich mich, Ihnen heute die Endergebnisse meines Großprojekts "Büroklammern" mitteilen zu können und hege die zuversichtliche Hoffnung, dass das Resultat meiner Bemühungen, zu Ihrer vollsten Zufriedenheit ausfallen wird. Es war mir eine überaus große Herzensangelegenheit, mich höchst persönlich um dieses Projekt zu kümmern, und wie Sie sehen, wurden die Klammen nicht nur vereinzelt, sondern auch nach Größe sortiert und in einem aufwändigen Verfahren sogar veredelt. Ich hoffe ich konnte Ihnen hierdurch eine kleine Freude bereiten.
Sollten Ihnen, durch die unverzeihlich lange Bearbeitungszeit, zusätzliche Kosten, z.B. durch Neuanschaffungen etc., entstanden sein, so zögern Sie bitte nicht, mich umgehend darüber zu informieren. Ich komme Ihnen hierbei gerne entgegen und sicherlich finden wir eine adäquate Lösung, die beide Seiten zufrieden stellen wird. Darüber hinaus würde ich mich gerne mit einer kleinen Geste bei Ihnen entschuldigen. Da mir aber durchaus bewusst ist, dass Sie sich ohne Gegenleistung nur ungern einladen lassen, hoffe ich innigst, dass Sie bereit dazu sind, sich auf ein kleines Spiel mit mir einzulassen.
Ich habe diese Klammern höchst persönlich gezählt. Wenn Sie es also schaffen mir die genaue Stückzahl zu nennen, dann sehe ich unsere aktuelle Zusammenarbeit hiermit beendet und warte auf weitere Folgeaufträge von Ihnen. Überdies, wäre ich bereit, Ihnen bei Ihrer groben Schätzung eine Toleranz von 10 % einzuräumen. Sollten Sie jedoch, trotz allem Entgegenkommen, mit Ihrem Ergebnis daneben liegen, sehe ich mich gezwungen, Sie zu einem edlen Candle-Light-Dinner einzuladen. Im Hellen und unter vier Augen versteht sich. Weitere Begleitpersonen, zur Verwirrung der Öffentlichkeit, werde ich hierbei nicht akzeptieren.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen und erholsamen Tag, bei dem Sie nicht allzu sehr von der Arbeit stressen lassen.
Hochachtungsvoll
Harry Styles
Grausamer Sänger
und liebender Volltrottel
Mit jedem Satz, den ich las, wurde mein Grinsen breiter und breiter. Der Brief von Harry, war wohl das ausführliche Pendant zu meinem kleinen Geschäftsbrief an ihn. Ich hatte schon fast vergessen, dass ich ihm die Büroklammern geschickt hatte und widmete mich nun neugierig dem kleinen Päckchen, um nachzusehen, was er mit dieser Veredelung gemeint hatte.
Tatsächlich hatte er nicht nur alle Klammern wieder vereinzelt und nach drei Größen sortiert. Er hatte auch die, wohl einzige, rot gummierte Büroklammer gefunden und sie in einem "aufwändigen Veredlungsverfahren" zu einem Herz gebogen und ganz oben drauf gelegt. Ganz fest drückte ich sie an mein Herz, das bei dem Gedanken an ein Essen zu zweit, ein wenig schneller schlug. Ich ganz alleine mit Harry, in einem Restaurant, bei einem romantischen Abendessen im Kerzenschein, so dass uns jeder sehen konnte, dass jeder sehen konnte, wie verliebt wir waren. Bisher war dies nur eine weit entfernte Vorstellung von uns, und mich interessierte, wie er das nun in die Realität umsetzen wollte, da immer noch niemand von uns wusste.
Nach Feierabend, war ich gerade zu Hause angekommen. Ein kurzer Blick auf meine Uhr sagte mir, dass es bei Harry irgendwann mitten am Tag sein musste. Also wählte ich seine Nummer und hoffte, dass er ran ging.
»Hi Angel«, meldete er sich sofort.
»Frau Dorsen bitte«, forderte ich in ernstem Tonfall von ihm. »Ich rufe in geschäftlicher Angelegenheit an.«
»Oh... Okay... Frau Dorsen. Dann hast du meine, oder besser gesagt deine Büroklammern also wieder bekommen?«
»Ja hab ich. Danke für das Herz Harry.«
»Na na... Ich darf doch bitten«, sagte er rügend. »Herr Styles bitte. Sonst sehe ich mich gezwungen, davon auszugehen, dass Sie mich hier gerade anbaggern wollen, was für unsere Geschäftsbeziehung nicht gerade von Vorteil wäre.« Er musste selber lachen, nachdem er das gesagt hatte.
»Scheiß egal Herr Styles, ich geh auch so mit dir essen.«
Mein Freund war verblüfft. »Wie jetzt? Ohne Wenn und Aber? Du willst noch nicht mal schätzen?«
»Harry, du hast sie doch bestimmt sowieso nicht gezählt, und würdest das Ergebnis so hinbiegen, damit ich in jedem Fall falsch liege, damit du mich zum Essen einladen kannst«, befürchtete ich. »Du könntest mir alles erzählen, ich würde sie nicht nachzählen, ob es stimmt, was du sagst.«
»Gar nicht wahr«, schmollte er. »Natürlich habe ich sie gezählt. Mir ist hier total langweilig, wenn du schon im Bett bist und schläfst. Irgendwas muss ich dann doch machen«, behauptete er.
»Erzähl keinen Scheiß Herr Styles. Ich sehe doch im Internet, was du so treibst. Auch wenn du es mir nicht erzählen würdest.« Manchmal vergaß er vielleicht, dass er unter allgemeiner Beobachtung stand und ich das mitbekam, wenn er Freunde traf und irgendwo gesehen wurde. »Außerdem hab ich dir doch gesagt, dass du mich auch nachts anrufen kannst.«
»Jaa, okay, aber manchmal ist mir wirklich langweilig, wenn wir wegen den Fans nicht aus dem Hotel raus kommen. Und du hast schon genug Stress und sollst nachts schlafen Engelchen.«
Er machte sich wirklich schon genug Sorgen um mich und meine Gesundheit, dass ich ihm gar nicht davon erzählte, wie stressig es gerade tatsächlich bei mir auf der Arbeit war, deshalb lenkte ich das Thema wieder gekonnt auf unser gemeinsames Essen.
»Wie soll ich denn jetzt schlafen, wenn ich immer an ein romantisches Candle-Light-Dinner mit dir denken muss? Unter vier Augen versteht sich«, wiederholte ich den letzten Satz aus seinem Brief. »Die Tour ist bald zu Ende. Es wird also höchste Zeit, dass du dir so langsam mal überlegst, wie du deine Fans über uns aufklärst Hasilein, sonst wird das in diesem Leben nichts mehr, oder die Kerzen sind bis dahin alle abgebrannt und wir müssen wieder im Dunkeln essen«, machte ich ihm Dampf unterm Hintern und war immer noch gespannt, was er sich da einfallen lassen wollte, denn so langsam konnte ich es nicht mehr abwarten, mich ganz normal mit ihm zu treffen; so normal das bei seinem Bekanntheitsgrad eben gehen würde. Aber ich wurde auf die harte Geduldsprobe gestellt und freute mich in den nächsten Tagen nun erst einmal auf Jay, die wegen dem 50. Geburtstag von meinem Vater ein paar Tage bei mir übernachtete.
Meine Eltern hatten schon genügend Übernachtungsgäste, die alle zu der großen Feier angereist waren. Harry entschuldigte sich aus bekannten Gründen: wegen der Tour. Dafür übernachteten mein Onkel und meine Tante bei mir im Gästezimmer, Jay bei mir im Bett.
»Hast du das Bett wenigstens frisch bezogen, seit Harry das letzte Mal bei dir war?» Sie schnüffelte an ihrem Kissen bevor sie sich hinlegte und inspizierte das Bett genau. »Oder muss ich jetzt in irgendwelchen Sperma-Überresten von ihm übernachten?« Sie wendete die Decke erneut.
»Boah, Jay, du bist echt widerlich. Hast du keine anderen Probleme?«, beschwerte ich mich und schlug meine eigene Decke zurück. »Und außerdem... Hast du mal auf den Kalender geschaut? Weißt du, wie lange Harry schon nicht mehr hier war? Natürlich ist mein Bett frisch bezogen! Du kannst dich also beruhigt hinlegen, ohne schwanger von ihm zu werden, falls du davor Angst hast«, lachte ich sie aus.
»Nee, lass mal. Selbst wenn das so einfach funktionieren würde, muss das nicht sein. Das überlass ich lieber dir. Aber Harry wäre bestimmt ein total toller Papi für eure Kinder«, grinste sie breit. »Er liebt Kinder über alles. Habt ihr euch darüber eigentlich schon mal unterhalten?« Sie zog ihre Mundwinkel extra weit zu den Seiten und reckte ihr Kinn dabei in die Luft, nur um mich zu ärgern. Sie wusste zu gut, dass ich jetzt noch keine Kinder wollte. Aus beruflichen Gründen, passten sie gerade einfach nicht in mein Leben. Harry hatte mit Sicherheit genug Geld für uns beide, oder für alle drei, für eine Familie, aber es wäre für mich nie eine Option, deshalb auf meine eigene Karriere zu verzichten, um die liebende Hausmutti zu spielen. Zudem war es für uns noch viel zu früh. Irgendwann vielleicht, wenn wir länger zusammen waren und ich alles geregelt hatte, was ich regeln wollte, und beruflich wieder kürzer treten konnte. Gerade aber, machte mir meine Arbeit Sorgen. Lucas hatte ein vertrautes Gespräch mit mir gesucht und ich hatte eine böse Vorahnung, was Smirkov von mir wollte und warum er in letzter Zeit so scheißfreundlich zu mir war.
Ich war völlig in meinen Gedanken versunken. Plötzlich sprang Jay total geschockt aus dem Bett auf. »Shit!!! Shit! Shit! Ich hab's wegen dem Geburtstag morgen total vergessen.«
Sie machte mich ganz hibbelig und ich versuchte ihren Gedanken zu folgen. Eigentlich hatten wir gerade vor gehabt zu schlafen, aber nun rannte sie ziellos in meinem Zimmer umher. »Jay, was ist los? Hast du mit Niall gepennt und die Pille vergessen«, ulkte ich herum.
»Was?! Quatsch, ich bekomm doch diese Dingsbums-Spritze, wie du jetzt auch.«
Daran hatte ich gar nicht gedacht, aber sie hatte Recht. Und ich fand es ganz praktisch, nicht mehr jeden Tag an die Pille denken zu müssen. Außerdem musste ich mir so keine Gedanken wegen bevorstehenden Zeitverschiebungen machen, wenn ich mit Harry mal in Amerika oder sonst wo sein würde und die praktischste Nebenwirkung aller war, dass ich meine Tage nicht mehr bekam. Das fand - wunder wer - auch Harry ganz toll.
»Was ist dann?«, fragte ich sie. »Wenn du aufs Klo musst, dann geh, aber hör auf hier rum zu rennen wie ein aufgescheuchtes Huhn, das sich gleich in die Hose pisst.«
»Was kennst du denn für Hühner?«, fragte sie mich belustigt. »Man, nein, Lina... Wo hast du deinen Laptop? Unsere fünf Jungs geben doch gleich dieses Interview und ich hab vorhin auf Twitter gesehen, dass es einen Live-Stream dazu geben soll.«
Jays Unruhe teilte ich nicht so ganz. Es war nichts Neues für mich, dass mein Freund das ein oder andere Interview gab, und über Skype sah ich ihn auch live, aber trotzdem holte ich meinen Laptop unter dem Bett hervor, wo er gut versteckt lag, und schaltete ihn an. Wegen dem Link, führte mich mein erster Weg auf Twitter. »Weißt du noch, wer das gepostet hat?,« fragte ich Jay, da ich auf die Schnelle nichts in meiner Timeline finden konnte. Aber es dauerte nicht lange, da kam schon wieder ein Tweet mit einem Link.
Ich klickte ihn an, die Seite war ewig am Laden, und dann erschien nichts, außer: This service is currently not available. Please try again later.
Nachdem ein anderer Link eine ähnliche Meldung gebracht hatte, blies Jay genervt die Luft aus ihren Backen. »Ein mal...! Ein mal, ein einziger Live-Stream, der auf Anhieb funktioniert und bei dem die Server nicht abkacken... Ist das etwa zu viel verlangt??!«
Ich musste grinsen, weil sie sich so maßlos aufregte und dabei ungeduldig, immer wieder, auf denselben Link klickte, da sie es nicht wahr haben wollte, dass es einfach nicht funktionierte. Auch andere Streams gingen nicht.
Während sie also fieberhaft einen Link suchte, bei dem sie mehr Erfolg haben würde, ging ich lieber aufs Klo und holte uns noch was zu Trinken.
»Linaaaa!!!«, kreischte sie. »Lina, verdammt, beweg deinen fetten Arsch hier hoch!!!«, hörte ich sie, als ich, so schnell ich konnte, die Treppe nach oben spurtete. »Hey man, da bist du ja endlich. Du verpasst das ganze Interview.«
Ich kuschelte mich neben sie, auf mein Bett und hörte Liam dabei zu, wie er gerade über das neue Album sprach, was dieses Jahr noch raus kommen sollte. Aber das war alles nichts Neues für mich, deswegen fing ich gelangweilt an, dazwischen zu plappern.
»Pschhhtt«, machte Jay. »Halt doch die Klappe Lina.« Also hörten wir wieder beide zu, bis meine Cousine irgendwann anfing zu labern, als der Interviewer gerade lang und breit etwas erzählte.
»Shhhh... shhhh... shhhh«, zischte ich leise zwischen meinen Zähnen hervor, als ich gerade noch so mitbekam, was er nun fragte.
»Harry«, meinte er. »Willst du uns nicht verraten, mit wem du momentan zusammenarbeitest und was du ständig in Deutschland zu tun hast? Angeblich führt deine Spur vom Flughafen aus, jedes Mal zu einem Gebäude, in dem sich ein kleines Tonstudio befindet, aber keiner hat dich je in dieses Studio rein laufen sehen, und niemand weiß, wie du dort wieder raus gekommen bist. Deine Fans regen sich schon auf, weil sie bisher nichts über deine heimlichen Projekte raus finden konnten.«
Harry schaute etwas nach oben. Wahrscheinlich stand dort jemand, den er gerade anschaute. Dann fing er an zu reden und schaute dabei nur nach und nach in die Kamera. »Klar kann ich verraten was ich dort mache«, versicherte er allen, während er seine Finger ineinander verschlungen hatte und sie etwas knetete. Trotzdem wirkte er ruhig, im Gegensatz zu mir. Mir schlug das Herz bis zum Hals.
Natürlich entging es den Fans nicht, dass Harry immer wieder hier in Deutschland war, und sie fuchste es wahrscheinlich, nicht zu wissen, was er hier anstellte, aber das mit dem Tonstudio war selbst mir neu.
»Nimmt er hier irgendwelche Songs für das neue Album auf?«, wollte Jay neugierig wissen.
»Halt doch deinen Mund!«, fauchte ich sie leise an, und drehte die Lautstärke an meinem Laptop nach oben. Ich wollte wissen was Harry sagen würde, denn das wäre seine Gelegenheit, etwas über uns zu verraten.
Ich war gespannt, ob Harry jetzt tatsächlich die Wahrheit über uns sagen würde. Wenn ja, dann würde es wahrscheinlich mit einem Schlag mein ganzes Leben verändern, und es würde kein Zurück mehr geben. Vor Aufregung bekam ich kaum Luft.
»Ich halt ja schon meinen Mund«, grummelte sie.
»Schhhht. Das ist wichtig, ich muss das hören, was er über uns sagt.«
Nervös trocknete ich meine Hände an der Bettdecke und vergaß dabei tatsächlich zu atmen, da ich Angst hatte, ihn sonst nicht zu verstehen, oder etwas zu verpassen.
»Atme Lina, das ist nur dein Freund, der da gerade spricht. Und der sagt jetzt bestimmt nicht, dass ihr zusammen seid. Harry macht sowas ni- «
Dann konnte sie nicht mehr weiter quasseln, da ich ihr ein Knäuel Socken in den Mund stopfte, den ich neben mir liegen hatte, weil ich eigentlich vorhatte, etwas gegen meine kalten Füße zu unternehmen. Wegen dem Interview, war ich aber nicht mehr dazu gekommen, mir die Socken anzuziehen. Jaycees Glück, dass sie frisch gewaschen waren, und dass es nicht Harrys Socke mit der zermatschten Schnecke war. Das Adrenalin kreiste unaufhörlich in meinen Adern, vor allem in meinem Bauch. Verkrampft und zitternd, wartete ich auf Harrys Antwort und versuchte den Druck in meiner Brust zu überwinden.
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