Nervös wippt ihr Knie auf und ab. Sie sitzt auf einem harten Stuhl hinter einem venezianischen Spiegel, die Hände in Handschellen, an denen sie mehr und mehr gefallen findet. Ein wenig, wie überdimensionale Armbänder, die ihr knochiges Handgelenk zieren.

Chloe kann sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so aufgeregt war. Nein, wirklich nicht.

Die Tür öffnet sich. Im Spiegel erkennt sie nicht nur ihre eigene magere Gestalt, sondern auch den kräftigen Polizisten in der Uniform, mit der Pistole am Gürtel und dem Schlagstock in der Hand, der soeben den Raum betreten hat.

Chloe lächelt. Sie denkt an Chuck und Liza und Brian.

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"Fahr schneller"

Chuck hielt einen Arm aus dem geöffneten Fenster des Range Rovers. Seine Haare flatterten im Wind und er atmete erleichtert aus. Die trockene Landschaft Kaliforniens zog an ihnen vorbei. Chloe schmunzelte und schielte zu Chuck, der auf dem Beifahrersitz saß.

"Noch schneller, es ist keiner vor uns!"

Chloe zuckte mit den Schultern, bevor sie das Gaspedal durchtrat und der Wagen mit einem Dröhnen beschleunigte. Sie warf einen Blick in den Rückspiegel, zuckte jedoch zurück, als sie Brian und Liza sah, die sich gegenseitig abschleckten.

Angwidert versuchte sie sich auf die Strecke zu konzentrieren und schob ihre Sonnenbrille ein Stückchen weiter auf ihre Nase. Nie hatte sie viel von körperlichem Kontakt dieser Art gehalten. Blind griff sie an den Drehschalter, der das Radio betätigte.

Don't stop believin' übertönte das ungesunde Heulen des Motors. So ein Schwachsinn! Chloe hatte schon lange damit aufgehört, an irgendetwas zu glauben. Spätestens an dem Tag, an dem ihr betrunkener Vater sich dazu entschlossen hatte, vor den Augen seiner fünfjährigen Tochter seine Frau zu erschießen.

Das war ein Weilchen her.

Die Straße vor ihnen nahm kein Ende, wie ein immer währender Alptraum aus Geknutsche und dem unschönen Geruch von Chucks Achselschweiß.

Wieder rümpfte sie die Nase.

Unausstehlich.

Noch einmal blickte Chloe in den Rückspiegel, wo auf dem Rücksitz Brian und Liza weiterhin übereinander herfielen. Noch einmal schielte sie zu Chuck, der mit einer Bierdose in der Hand angefangen hatte, mitzusingen.

Wieder sah sie nach vorne. Keiner in diesem Fahrzeug, das mit über 300 km/h durch die Gegend jagte war angeschnallt. Chloe grinste.

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Der Polizist nimmt ihr gegenüber Platz. Den Schlagstock legt er auf dem Tisch ab.

"Dann wollen wir mal"

Er durchblättert die Akte, die vor ihm liegt. Er zuckt ein wenig zurück, als sein Blick auf die Bilder fällt.

Chloe nickt vielsagend, während sie sich selbst im Spiegel betrachtet.

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Sie riss das Lenkrad herum.

Der Wagen bretterte ins Nichts. Kakteen standen im Weg, aber hielten sie garantiert nicht auf.

"Verdammte Scheiße, was machst du da!", brüllte Chuck und klammerte sich an seinem Sitz fest. Liza kreischte. Die Felsen kamen näher. "Halt an!", schrie Brian.

"Ihr wolltet schneller", sagte Chloe seelenruhig, dann prallte das Auto mit voller Wucht gegen den rötlichen Stein.

Sie wusste nicht, wie, aber die Lautstärke setzte ihr mehr zu, als der eigentliche Aufschlag. Seufzend presste sie die Autotür auf und stieg aus. Weit und breit war Niemand zu sehen. Chloe stellte sich auf die Zehenspitzen, um durch das zerbrochene Fenster in den Wagen sehen zu können. Brians Kopf hing aus dem gegenüberliegenden Fenster. Blut tropfte von seinem Hals, an der Stelle, wo die Scherben sich in seine Haut bohrten.

Liza hatte eine Platzwunde an der Stirn. Chloe schob ihren Arm durch das Fenster und fühlte nach einem Puls an der Halsschlagader.

Nichts.

"Fette Kuh", murmelte sie.

Dann taumelte sie einmal um den Geländewagen herum.

"Warum Geländewagen, wenn der nicht mal so einen kleinen Stoß aushält"

Das Auto rauchte, war nur noch ein Schrotthaufen.

Sowieso gestohlen, aber das wussten die anderen ja nicht.

Sie riss die Beifahrertür auf und Chuck fiel ihr vor die Füße. "Da gehörst du hin, mein Freund", sagte sie. Sanft stupste sie ihn mit ihrem FlipFlop an. Er röchelte. Chloe seufzte, bevor sie drei Mal gegen den Kopf trat und er sie nicht mehr nervte.

Gut gelaunt spazierte sie von Dannen. Durch die Wüste. Niemand würde sie finden. Aber es suchte ja auch niemand nach ihr.

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"Haben Sie irgendeine Ahnung, in was für Schwierigkeiten Sie stecken?"

"Joa"

"Sind Sie sich sicher"

Chloe dachte an Oliver. Sie grinste.

"Hmm"

Sie nickte.

"Sie müssen Ihren Verstand verloren haben"

Der Polizist schüttelt fassungslos mit dem Kopf. Er knallt die offene Akte auf den Tisch. Chucks tote Augen starren ihr entgegen. Sie wendet den Blick ab. An der Wand neben der Tür hängt eine Überwachungskamera. Chloe streckt ihr die Zunge raus, bevor sie sich lächelnd ihrem Gesprächspartner zuwendet.

"Sie sind Beschuldigte in einem dreifachen Mordfall! Wissen Sie eigentlich, wie ernst die Sache ist?"

"Natürlich nicht, ich bin erst achtzehn", sagt Chloe die Worte, die ihr Vater ihr beigebracht hat.

"Ich werde einfach beginnen...Wenn Sie gestehen, wird ihre Strafe wahrscheinlich deutlich gemildert"

"Okay"

Der Polizist nickt zufrieden. Er verschränkt die Arme vor der Brust. Chloe kichert.

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Seit Stunden latschte sie lustlos durch die Nachmittagshitze. Ab und zu konnte sie einen Geier am Himmel erblicken. "Macht euch keine Hoffnung, an mir ist nichts dran"

Sie erreichte die Straße. Auf dem Asphalt zeichneten sich die Schleifspuren ihrer scharfen Linkskurve ab. Chloe setzte sich auf den Boden und streckte den Daumen raus.

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"Ich bin unglücklicherweise vom Pedal abgekommen"

"Lüg nicht! Ich weiß, dass das nicht stimmt. Ich habe nach dem Warum gefragt, nicht nach einer Märchenstunde"

"Könnte ich ein Glas Wasser haben"

Der Polizist schließt die Augen. "Nein!"

"Chuck war nervig, Brian und Liza auch"

"Und deswegen hast du... was hast du überhaupt gemacht?"

"Ich bin Auto gefahren"

"Ja ja, das weiß ich, was hast du mit deinem Beifahrer gemacht? Seine Kopfverletzung passt nicht zum Unfallhergang"

"Er lebte noch"

Sie beugt sich weit vor, um sich mit den am Tisch festgemachten Handschellen, an der Nase kratzen zu können. Der Polizist seufzt.

"Habt ihr Olli schon?"

"Wen?"

"Olli!"

Der Polizist schluckt. Er weiß, dass Chuck, Brian und Liza nicht die Ersten waren.

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Die alte Dame, die Chloe freundlicherweise aufgegabelt hatte, bot ihr ein Kaugummi an.

Sehr sympathisch.

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"Ich brauche einen Ausweis, können Sie sich ausweisen?"

"Nö"

"Wie heißen Sie denn?"

"Chloe Kalvin, mit V, wie Vendetta"

"Vendetta?"

"Blutrache"

Chloe grinst.

"Wer ist Olli"

"Oliver"

"Ja, aber wer ist er?"

"Mein Freund"

"Wo ist er?"

"Wenn ihr ihn noch nicht habt, dann ist noch immer in der Regenrinne am Straßenrand"

"Oh Gott"

Der Polizist fährt sich durch's Gesicht.

"Welcher Straßenrand"

"Hab ich vergessen"

"Ach ja? Hast du das?"

Er steht auf. Chloe auch. 

"Ich denke kein Anwalt der Welt kann Sie aus dieser Lage befreien...Soll ich Sie direkt erschießen, oder warten Sie auf die Todesstrafe?"

So langsam hatte sie ein wenig Bauchweh. Hunger. Sie hatte seit einer Ewigkeit nichts mehr gegessen.

"Vor der Todesstrafe darf ich mir was zu essen aussuchen?"

Der Polizist nickt.

Chloe lächelt.

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Basierend auf bellyache von Billie Eilish

Soo, das war mein erster Versuch. Wie findet ihr die Idee? Und den Oneshot? Passt er zum Lied etc. ?

LG Chrissi