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23. | C H A R L I E

G E G E N W A R T

„Hier sind zwei Handtücher für dich und falls du eine Zahnbürste brauchst, wir haben noch ein paar Ersatzbürsten hier oben in der Schublade liegen", erklärte Ryler, als ich später ins Bad ging, um mich für die Nacht fertig zu machen. Er deutete auf die kleine Waschkommode und zog eine der Schubladen hervor. Nachdem er kurz darin wühlte, fischte er eine noch eingepackte Zahnbürste heraus und legte sie oben auf die beiden Handtücher, die ich auf meinen Armen balancierte.

„Und falls du Zahnpasta oder so brauchst, bedien dich einfach bei uns und wenn du ähm irgendwelche bestimmten Produkte brauchst, dann sag einfach bescheid und wir holen sie dann...", bot er an und war wirklich hinreißend dabei, wie er errötete, als er versuchte charmant Tampons zu umschreiben.

Ich versuchte ihn nicht darauf aufmerksam zu machen, da das wohl kaum nötig war, wenn ich vorhatte, morgen wieder zu verschwinden. Auch wenn ich nach wie vor keinerlei Idee hatte, wo ich hinsollte. Doch gerade nach dem, was ich heute über meinen Dad erfahren hatte, fühlte ich mich nicht wohl dabei, bei Ryler zu schlafen. Schon jetzt fürchtete ich mich, Dad könnte jederzeit an der Tür klopfen und Mr. Shapiro in Handschellen abführen. Wie musste sich dann Ryler die vergangenen Monate gefühlt habe? sich ständig bewusst, dass mein Vater das Schicksal seines Dads und irgendwie auch seines in den Händen hielt. Ich wollte eigentlich gar nicht darüber nachdenken.

„Okay, wie gesagt, wenn du irgendwas brauchst oder suchst, sag einfach bescheid, okay?", bot er mir wiederholt an, aber ich bedankte mich mit einem knappen Nicken und einem schwachen Lächeln.

Einen Augenblick sah er mich prüfend an, ehe er leise seufzte: „Okay, ich lass dich dann mal allein." Damit verschwand er aus dem Bad und ich blieb allein zurück.

Augenblicklich fielen meine Schultern erschöpft in sich zusammen und ich atmete tief durch. Leise legte ich die Handtücher mit der Zahnbürste neben dem Waschbecken auf der kleinen Waschkommode ab. Dann hob ich den Blick und begegnete meinem in Mitleidenschaft gezogenen Spiegelbild.

Meine Augen waren verquollen von den vielen Tränen, die ich heute und auch die Tage zuvor immer wieder vergossen hatte. Wenn ich darüber nachdachte, dass ich mir Dienstagnacht noch geschworen hatte, Ryler endgültig hinter mir zulassen, während ich in mein Kissen schluchzte und mich mein Weg heute ausgerechnet zu ihm geführt hatte, kam es mir vor, als läge eine halbe Ewigkeit zwischen Dienstag und heute. Dabei waren es gerade einmal drei Tage.

Doch viel mehr erschreckte mich, wie erschöpft ich wirkte. Nicht die Art von Erschöpfung, die einen zeichnete, wenn man wenig Schlaf bekam oder viel um die Ohren hatte. Sondern die Art von Erschöpfung, bei der der Glanz der Augen abstumpfte und alles unter einem gräulichen Schleier zu liegen schien. Etwas, dass ich bisher nur an anderen beobachtet hatte. Aber sie war mir ganz deutlich ins Gesicht geschrieben.

Kopfschüttelnd wandte ich den Blick von meinem Spiegelbild ab, bevor ich begann, die Zahnbürste auszupacken und Zahnpaste aus dem kleinen Becher am Waschbecken fischte.

Als ich zehn Minuten später das Bad in einem improvisierten Schlafanzug verließ, lief Ryler mit einem kleinen Kissen unterm Arm durch den schmalen Flur an mir vorbei ins Wohnzimmer. Stirnrunzelnd folgte ich ihm und entdeckte das kleine Lager, dass er sich auf der Couch aufgeschlagen hatte. Eine dünne Wolldecke hatte er über dem Leder ausgebreitet und ein paar kleine Kissen an einem Ende gestapelt, während er ein Glas Wasser neben sich auf dem Wohnzimmertisch stellte.

Wenn ich jedoch seine breiten Schultern und die langen Beine so sah, konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass es eine ganze Nacht lang dort für ihn bequem sein konnte. Beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, dass es eine besonders erholsame Nacht für ihn werden würde.

„Hältst du das nicht für ein bisschen albern?", sprach ich meine Zweifel laut aus, als er sich zu mir umdrehte. „Wir beide haben miteinander... Ich meine, es ist ja nicht so, als wäre es das erste Mal, dass wir in einem Bett schlafen."

„Darum geht es nicht", erklärte Ryler schlicht und schob die Kissen noch etwas zu Recht.

„Wenn es wegen letztem Dienstag ist, kann ich dir versichern, dass es wirklich kein Problem für mich ist. Wir schlafen ja wie gesagt nur. Was ist dabei?"

Ryler schüttelte den Kopf. „Du hattest einen langen Tag. Du brauchst etwas Erholung und Schlaf und indem Fall bin ich nicht wirklich hilfreich, wenn ich mit dir im selben Bett liege."

„Du meinst, wegen deiner Alpträume?"

Bei der Erinnerung daran, was vor einigen Wochen passiert war, als er einen Alptraum gehabt hatte, schnürte sich mir die Kehle zu.

„Wie oft hast du solche Träume?", fragte ich schließlich und sah, wie sich seine Schultern unter einem tiefen Atemzug hoben und der Stoff des alten Shirts über seiner Brust spannte.

„Eigentlich jede Nacht", gab er zu, als er die Luft wieder ausstieß. „Aber nicht jeder endet so, wie an dem Abend, als ich betrunken war."

„Aber manche schon?"

Er nickte. „Manche schon und manche auch schlimmer", murmelte er leise und verzog das Gesicht gequält bei diesem Gedanken. Wahrscheinlich bemerkte er es nicht einmal, doch ich sah ihm an, dass er sich davor fürchtete. Wie war es wohl, sich jedes Mal davor zu fürchten, die Augen zu schließen, aus Angst vor dem, was wohl in der Dunkelheit auf einen wartete?

„Das ist mir egal", erklärte ich entschlossen. „Du kannst ruhig im Bett schlafen und wenn nicht, schlafe ich auf der Couch, wenn dir das so wichtig ist."

Wieder schüttelte er den Kopf. „Erstens, solltest du doch wissen, dass ich dich nicht auf der alten Couch schlafen lassen würde, während ich es mir in meinem Bett gemütlich mache", wandte er ein, als er einen Schritt auf mich zumacht. Er sah mir tief in die Augen. „Und zum anderen, es ist wirklich lieb, was du hier versuchst. Aber ich glaube nicht, dass es dir egal wäre, wenn ich schreiend neben dir aufwache. Ich will dir nicht auch noch Angst machen, nach allem was heute schon passiert ist."

„Und du glaubst, du beruhigst mich mit solchen Andeutungen?"

Er stieß einen langen Seufzer aus, bevor er mich an den Schultern nahm und sanft rückwärts aus dem Wohnzimmer herausschob. „Geh schlafen", bat er mich mit leiser Stimme, als ich bereits den Mund öffnete, um ihm zu widersprechen. Doch der Ausdruck in seinen Augen ließ den Widerspruch auf meiner Zunge verstummen.

„Ich werde dir das nicht ausreden können, was?"

„Gute Nacht, Charlie", antwortete er daraufhin nur.

Ich seufzte ergeben. „Träum schön, okay?", erwiderte ich.

Er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. „Ich werd's versuchen."


Mein Kopf pochte zwei Stunden später, während ich Rylers Decke anstarrte. Obwohl mein Körper sich schwer und träge fühlte, war an Schlaf nicht zu denken. Jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss oder ein Geräusch hörte, das ich nicht zuordnen konnte, glaubte ich, mein Vater würde vor der Tür stehen und jeden Augenblick Rylers Dad abführen. Das Bild wollte mir einfach nicht aus dem Kopf und mit jeder zähen Minute, die verstrich, bereute ich es mehr, dass ich mich von Ryler hatte überreden lassen, zu bleiben. Angespannt lag ich also im Bett und schwankte bei dem Gedanken an das, was mein Vater getan hatte, zwischen Zorn und Scham.

Einige Minuten nachdem ich auf der Digitalanzeige des Weckers zugesehen hatte, wie aus der Drei ganz vorne eine Vier wurde, hörte ich wieder ein Geräusch, das mich zusammenzucken ließ. Mit angespannten Muskeln, krallte ich die Finger in die Bettdecke und wartete auf das energische Hämmern eines Polizisten, der befehlshaberisch darum bat, die Tür zu öffnen. Doch es bleib aus. Gerade als ich den Atem ausstieß und mich selbst in Gedanken für bescheuert erklärte, weil es wahrscheinlich sowieso nur die alten Heizungsohre waren und kein verdammtes S.W.A.T. Team, hörte ich es wieder. Dieses Mal deutlicher.

Ein heiserer, gequälter Laut hallte in der Wohnung wieder. Gerade so laut, dass man es hörte, aber niemanden damit weckte. Doch ich erkannte das Geräusch. Bereits an jenem Abend, als Ryler betrunken neben mir gelegen hatte, hatte mich dieser Laut aus dem Schlaf gerissen.

Mein Magen verkrampfte sich zu einem festen Knoten, als die Bilder aus dieser Nacht wieder in mir aufstiegen. Wie er schweißgebadet sich im Bett hin und her warf, während er in der Finsternis seiner Gedanken einen Kampf mit seinen Dämonen ausfocht, die ihn eine Nacht nach der nächsten mit grausamen Bildern quälten.

Mir vorzustellen, dass er jede Nacht so litt, bereitete mir körperliche Schmerzen. Egal, was die vergangenen Wochen alles vorgefallen sein mochte und wie sehr er mich verletzt hatte, niemand verdiente diese Art der Folter. Diese Art von seelischen Qualen.

Der tief in mir verankerte Teil, der es hasste, andere Menschen leiden zu sehen, zwang mich die Decke beiseite zu schlagen und aus dem Bett zu krabbeln. Fest entschlossen lief ich zur Tür und fasste nach dem Griff, als mir etwas anderes in den Sinn kam. Ich zögerte und für einen Augenblick erstarrte meine Hand am Türgriff.

Beim letzten Mal hatte ihn meine Anwesenheit noch mehr aufgeregt und er war in Panik geraten. Was, wenn genau dasselbe wieder geschehen würde?

Doch dann hörte ich plötzlich ein Japsen nach Luft, dicht gefolgt von schnellen Schritten. Ein Lichtschalter wurde angeknipst, kurz bevor die Scharniere der benachbarten Badezimmertür quietschten. Dann waren auch schon Würgegeräusche von der anderen Seite der Wand zu hören.

Ich schloss die Augen kurz, dann schüttelte ich entschieden den Kopf. Unmöglich. Ich konnte nicht einfach hier bleiben und zuhören, wie er sich direkt neben mir quälte, ohne ihm zu helfen. Jede Faser meines Körpers sträubte sich bei diesem Gedanken.

Also öffnete ich die Tür und trat hinaus in den dunklen Flur. Ich schielte hinüber zum Schlafzimmer seines Dads, doch außer Rylers gequälten Lauten und meinen nackten Füßen auf den kalten Holzdielen war nichts zu hören. Stattdessen erhellte ein schmaler Streifen Licht den Flur, denn die Tür stand einen Spaltbreit offen. Scheinbar hatte Ryler sie in seiner Eile nicht richtig verschlossen.

Ich schluckte und trat zögerlich näher an die Badezimmertür. Sanft schob ich sie ein Stück weiter auf, bis ich Ryler vor dem Klo kniend wiederfand. Er würgte nicht mehr. Stattdessen betätigte er mit zitternder Hand die Spülung, bevor er zurück auf die Fersen sank und sich gegen die gegenüberliegende, gekachelte Wand lehnte.

Seine Brust hob sich unter schweren, abgehakten Atemzügen, während er den Kopf erschöpft in den Nacken fallen ließ. Der Muskel an seinem Kiefer mahlte und er hatte die Augen geschlossen, als würde er unter wahnsinnigen Schmerzen leiden oder krampfhaft gegen irgendetwas ankämpfen. Seine Finger zerknüllten den Stoff seiner Pyjamahose, als er sie darum herum zur Faust schloss. Schweiß trat ihm auf die Stirn und dennoch wurde sein Körper von einem heftigen Zittern erschüttert.

In meiner Brust zog sich mein Herz zusammen.

Als das Zittern schlimmer wurde und sein Atem immer flacher, erwachte ich aus meiner Starre. „Ryler", sagte ich ohne bestimmten Grund, als ich zu ihm ins Bad schlüpfte und dann leise die Tür hinter mir schloss. Als er meine Stimme hörte und das leise Zufallen der Tür, fuhr sein Kopf ruckartig herum und er riss die Augen auf.

Erst schien er verwirrt zu sein, als er mich dort stehen sah, dann weiteten sich seine Augen. Er schüttelte den Kopf und ich ahnte bereits, was kommen würde.

„Charlie, d-du kannst nicht.... Du m-musst gehen", stammelte er zwischen abgehakten Atemzügen. „Ich will nicht, d-dass du...Dass d-d-du" Er kniff die Augen angestrengt zusammen und dann versagte ihm seine Stimme. Sein Körper wurde geschüttelt und ich konnte zusehen, wie sich jede Muskelfaser unter seiner Haut verkrampfte. Die Ader an seinem Hals trat hervor und er japste verzweifelt nach Luft.

Er bekam eine Panikattacke.

„Ryler?", fragte ich besorgt, doch er rang bloß weiter um Atem, die Augen noch immer fest verschlossen.

Ich fiel neben ihm auf die Knie und legte meine Hand über eine seiner zitternden Fäuste. „Ryler, he, sieh mich an", doch er reagierte nicht auf mich.

Hilflos legte ich meine Hände an sein Gesicht und drehte es zu mir. „Bitte, schau mich an, Ryler, okay? Sieh mich an", forderte ich ihn auf. Ich hatte keine Ahnung, was man in so einer Situation tun musste oder wie ich ihm helfen sollte. Ich handelte instinktiv.

Rylers Lider flatterten, bevor er mich ansah. Die Dunkelheit in seinen Augen verschlug mir kurz die Sprache. In seinen blauen Augen lag soviel mehr Finsternis als in all den braunen, die ich je gesehen hatte. Dennoch hielt ich seinem dunklen Blick stand.

„Genau, konzentrier dich auf mich", murmelte ich, während ich mit dem Daumen sanft seine Wange streichelte. „Du musst atmen, Ryler. Atme", sagte ich ruhig und bedächtig und versuchte ihn nicht anmerken zu lassen, wie sehr mir dieser Augenblick Angst machte. Wie sehr mich sein Zustand erschütterte.

Er schüttelte den Kopf, doch er hielt meinen Blick. „I-I ... I-Ich kann nicht", presste er hervor, doch jede Silbe zu formen schien ein Kraftakt für ihn zu sein. „Ich ver-versuch es... a-aber ich krieg' k-keine Luft."

Ich konnte ihm dabei zusehen, wie er immer tiefer in den Strudel geriet, der in ihm tobte. Ich wollte ihm die Hand reichen, ihn beschützen vor den Kräften, die ihn nach unten zogen und die Schlinge um seinen Hals lösen, die mit jeder weiteren Minute enger wurde. Nur wie?

Kurzerhand griff ich nach einer seiner zitternden Hände. Ich legte meine über seine, als sie an meine Brust drückte, direkt unterhalb meines Schlüsselbeins. Dort, wo er fühlen konnte, wie ich atmete. Für ihn und für mich.

Hypnotisiert starrte er unsere Hände an. Nie war ich mir jedes einzelnen Atemzuges deutlicher bewusst, als in diesem Augenblick.

„Dann lass es uns, gemeinsam versuchen, ja? Versuch, mit mir zu atmen."

Er wurde unruhig und wollte bereits den Kopf schütteln, aber ich zwang ihn still zu halten. „Ich ka-kann nicht", stieß er atemlos hervor.

„Doch, du kannst", widersprach ich und sah ihm fest in die Augen, als ich meine Stirn an seine lehnte. Ich hielt seinen Blick fest und es schien, als hätten sie sich durch ein unsichtbares Band aneinander gekettet. Niemand bewegte sich oder traute sich, weg zu schauen. Wir sahen uns einfach nur unendlich lange tief in die Augen.

„Versuch es", bettelte ich ihn leise an und hoffte, er hörte nicht, wie machtlos ich mir im Anblick der unendlichen Finsternis vorkam, die so tief in ihm ihre Wurzeln geschlagen hatte. „Für mich. Atme für mich, Ryler. Bitte."

Ich sah, wie er schwer schluckte und dann erkannte ich einen Anflug von Entschlossenheit in seinem Blick. Ich sah wie er rang, wie er sich regelrecht zwang einen tiefen Atemzug zu nehmen. Er zitterte dabei, als würde er gegen ein tonnenschweres Gewicht auf seiner Brust kämpfen.

„Ja, genau", wisperte ich ermutigend, als ich wieder mit ihm zusammen tief Luft holte. Doch dann bebte er wieder und erneut begann er zu hyperventilieren.

Ein ergebenes, gequältes Stöhnen verließ seinen Mund. „Ich ver-s-such es, aber ich schaf-schaffe es n-nicht."

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, du machst das gut. Versuch es weiter." Flehentlich sah ich ihn an.

Mit fest zusammengebissenen Zähnen, holte er so tief Luft, wie er konnte. Gemeinsam atmeten wir aus und ein, aus und ein, aus und ein, aus und ein. Mit jedem weiteren Atemzug, schien es ihm leichter zu fallen, als würde der Druck auf seiner Brust endlich nachlassen und die Schlinge um seine Kehle sich lockern.

Eine halbe Ewigkeit verging so, während wir Stirn an Stirn auf den kalten Fliesen saßen und konzentriert dem anderen beim Atmen zuhörten. Selbst als er sich schon lange beruhigt hatte und erschöpft seine Schultern nach unten sackten, verharrten wir so. Keiner traute sich, sich zu bewegen und die kleine Seifenblase zerplatzen zu lassen, wo nichts als die gleichmäßigen Atemzüge des anderen zählten.

Irgendwann hoben sich Rylers dichte Wimpern, als er den Blick von unseren Händen auf meiner Brust löste und mir direkt in die Augen sah. Ich wusste, dass die Finsternis nicht fort war, doch seine Augen waren wieder von demselben wunderschönen, intensiven Blau, in dem ich immer wieder aufs Neue ertrank.

In diesem kurzen Augenblick, als unsere Blicke sich begegneten, konnte ich alles von ihm sehen. Jede unverschleierte, rohe Emotion, die er sonst so verzweifelt versuchte hinter den Mauern zu verstecken, die er um sich gebaut hatte. Immer mal wieder bekam sie einen Riss, bröckelte und ich konnte einen kurzen Blick auf das erhaschen, was in ihm vorging. Aber seit dieser Nacht hatte er mir nie wieder so einen tiefen Einblick gewährt. Nicht einmal, als wir vor einigen Nächten miteinander geschlafen hatten.

Aber die Realität war uns dicht auf den Fersen. Ehe ich es mich versah, zerplatzt die Seifenblase und wir waren wieder zurück auf dem Boden des beengten Badezimmers in dem kleinen Dreizimmerapartment.

Verlegen wandten wir die Blicke voneinander ab, überwältigt von diesem aufgeladenen Augenblick zwischen uns. Um dem betretenen Schweigen zu entkommen, das drohte, über uns einzubrechen, stand ich auf und ging zum Waschbecken. Ich griff nach dem Zahnputzbecher, legte die Zahnbürsten und die Zahnpaste beiseite und füllte ihn anschließend mit kaltem Wasser. Dann drehte ich den Hahn zu, tapste zurück zu Ryler und reichte ihn ihm wortlos.

„Danke", krächzte er mit rauer Stimme, als er danach griff. Während ich mich dieses Mal mit etwas mehr Abstand zu ihm auf den Boden setzte, trank er den Becher in einem einzigen Zug leer. Sobald er fertig war und sich einen Wassertropfen vom Kinn wischte, stellte er ihn neben sich auf den Fliesen ab.

Wir schwiegen. Wahrscheinlich hoffte er, dass ich einfach wieder in seinem Zimmer verschwand und wir beide so taten, als wäre das alles gerade nicht passiert. Aber das war es. Ich hatte gesehen, wie er an der Finsternis tief in seinem Herzen erstickte und nichts würde das ungeschehen machen. Allerdings wollte ich das auch nicht. Egal, wie angsteinflößend und zerreißend es sein konnte, das mit anzusehen, war ich froh, hier bei ihm gewesen zu sein. Denn die Vorstellung, dass er ganz allein damit wäre, jagte mir noch viel größere Angst ein. Niemand sollte mit so etwas allein sein.

„Willst du darüber reden?", fragte ich nach einer Weile. Ich kannte seine Antwort, doch ein Versuch war es wert.

Sein Schweigen genügte und ich verstand die Botschaft.

Ich seufzte. „Ryler, hast du schon einmal darüber nachgedacht, mit jemand darüber zu sprechen? Also mit jemand professionellen, einem Arzt vielleicht."

„Wozu?", schnaubte er. „Ich brauche keinen Arzt, der mich sagt, was ich sowieso schon weiß. Eine offizielle Diagnose wird nichts daran ändern, dass ich dabei bin, den Verstand zu verlieren, wozu also die Mühe."

„Aber vielleicht könnten sie dir helfen. Vielleicht brauchst du einfach nur eine Therapie oder etwas Ähnliches."

Er schüttelte den Kopf. „Wie stellst du dir vor, dass wir ohne eine richtige Krankenversicherung, einen Therapeuten oder irgendwelche blöden Medikamente bezahlen?"

„Aber ich bin mir sicher, dein Dad würde-"

„Ich weiß, dass mein Dad irgendwie versuchen würde, meine Behandlung zu bezahlen. Selbst wenn es bedeuten würde, dass er sein letztes Hemd verkauft. Aber das will ich nicht. Erst recht nicht, wenn mir keiner garantieren kann, dass sie mir wirklich helfen können."

Ich kaute nachdenklich auf meiner Unterlippe.

„Ich schätze, dass ist eine Art Bestrafung. Karma oder sowas", murmelte er irgendwann und schüttelte leise lachend den Kopf. Doch es war kein erfreutes oder amüsiertes Lachen. Ganz im Gegenteil. Es war so düster, dass ich mich am liebsten hier mitten auf den Fliesen zusammengerollt hätte.

„Du bist nicht schwach, nur weil du um Hilfe bittest, Ryler. Vergiss das nicht", sagte ich nach einer Weile. Ich wusste, ich würde in einer Nacht nicht seine Meinung ändern können, doch ich konnte nur hoffen, dass er über meine Worte nachdachte. Und vielleicht, eines Tages, würde er es wirklich verstehen.

Dann seufzte ich leise. Heute jedenfalls würden wir hier nicht mehr weiter kommen. Ich stand auf, aber als ich Rylers panischen Blick bemerkte. Ich glaube, er war sich nicht einmal bewusst, wie verängstigt er in diesem Augenblick ansah, bei dem bloßen Gedanken wieder allein zu sein.

Doch dann schenkte ich ihm ein sanftes Lächeln und streckte meine Hand nach ihm aus. Erst sah er meine Hand an und dann in mein Gesicht.

„Lass uns ins Bett gehen. Vielleicht kriegen wir noch ein paar Stunden Schlaf."

Er wirkte unsicher. „Charlie, ich weiß nicht, ich-"

„Ich habe doch das Schlimmste schon längst gesehen, Ryler. Es wäre absolut schwachsinnig, wenn du auf dieser beengten Couch schläfst, wo in deinem Bett massenhaft Platz für uns beide ist", hielt ich prompt dagegen.

Lange sah er mich an, zögerte, doch schließlich ergriff er meine Hand. „Na gut, aber beschwer dich nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Ich mache mich gerne breit."

Ich hob herausfordernd eine Braue. „Mach dich breit oder nimm mir die Decke weg und du fliegst schneller wieder aus dem Bett, als du gucken kannst."

A/N:
Hey, ich bin noch am Leben!
Endlich melde ich mich hier mal wieder  aber ich hab nach wie vor wahnsinnig mit der Rückblende zu kämpfen, die vor diesem Kapitel gepostet werden müsste. Diejenigen, die mir auf Instagram folgen, haben das die letzten Tage ja schon mehrfach mitanhören müssen. Aber egal.
Dennoch wollte ich mich wieder mal melden.

Zum ersten Mal seit  TSWRF einen Watty gewonnen hat!

So ganz glauben kann ich das noch nicht. Es ist ziemlich unglaublich. Und sozusagen die Krönung der letzten Wochen. Auch nochmal ein großes Danke, an alle, die mir so viele Glückwünsche geschrieben haben.

Okay, aber ich muss noch die Wäsche aufhängen und den Geschirtspüler ausräumen. Also halte ich mich knapp und wünsche euch noch einen schönes Wochenende!

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