15. | C H A R L I E
( überarbeitet / 01.09.2019 - WICHTIG!)
G E G E N W A R T
„Was soll das heißen, sie zieht die Aussage zurück?", bellte mein Vater am Dienstagabend in sein Telefon. Ich stand am Treppenabsatz und beobachtete mein Dad, wie er in unserer Küche auf und ab lief mit seinem Telefon am Ohr.
Ich hatte mir nur etwas zu trinken holen wollen, doch kaum war mein Dad nach seinem vermeintlichen Feierabend durch die Tür gestürmt, hatte er wieder einen Anruf erhalten. Die Neuigkeiten schienen ihm allerdings keineswegs zu gefallen und ich wollte ihm dann nicht unbednigt im Weg stehen.
„Und was ist mit Morris?", hakte er nach einigen Sekunden nach. Ich hörte das Rasseln der Stimme am anderen Ende der Leitung, ehe mein Dad einen lauten Fluch ausstieß und bissig fragte: „Wieso weiß ich erst jetzt davon? Wissen Sie eigentlich wie ich vor der Staatsanwaltschaft dastehe, wenn ich ihnen nicht einmal Zeugen liefern kann, dessen Aussagen vor Gericht als zuverlässig gelten?"
Erneut begann die gesichtslose Stimme hektisch zu sprechen, während mein Dad sich angespannt die Schläfe massierte. „Verdammt nochmal, dann findet eben einen neuen Zeugen! Es muss doch irgendwen geben, der bereit ist, eine Aussage gegen ihn zu machen. Es ist ja nicht so, als wäre das der einzige Dreck, den dieses Arschloch am Stecken hat", brummte mein Vater und wirkte mit jeder weiteren Minute immer verzweifelter. Und vor allem wütender. Ich jedenfalls wollte nicht an der Stelle des Kerls am anderen Ende des Apparats sein.
„Wir brauchen einfach nur irgendeinen Zeugen, der vor Gericht aussagt. Sonst haben wir nichts weiter als ein paar bedeutungsloser Indizien gegen ihn in der Hand und dann wird die Staatsanwaltschaft gezwungen sein, die Anklage fallen zu lassen", schnaubte er und kratze sich sein unrasiertes Kinn. Und was auch immer sein Kollege sagte, es machte meinen Dad schier rasend. Sein Kopf lief vor Zorn knallrot an, ehe er förmlich ins Telefon brüllte: „Mir ist scheiß egal wessen Hochzeitstag heute ist! Ich will diesen Dreckskerl hinter Gittern sehen!"
Seine Miene wurde noch ein Stückchen finsterer. „Und wenn er frei kommt, weil sie ihre faulen Ärsche nicht bewegen wollten, dann glauben sie mir, ist eine verpasste Reservierung und ihre eingeschnappte Frau ihr kleinstes Problem! Also macht verdammt nochmal euren Job und findet einen neuen Zeugen", knurrte er ins Telefon, ehe er wütend auflegte.
Frustriert warf er sein Handy auf den Küchentresen, sodass es über die Arbeitsfläche schlitterte, während er sich erschöpft über sein müdes Gesicht rieb.
„Stress bei der Arbeit, mhm?", fragte ich schließlich vorsichtig.
Beim Klang meiner Stimme fuhr mein Vater überrascht zu mir herum. Irgendwie wirkte er ertappt, versuchte es aber mit einem schwachen Schmunzeln zu überspielen.
„Habe ich dir nicht beigebracht, dass man anderer Leute Gespräch nicht belauscht?"
Unschuldig zuckte ich mit den Achseln. „Kann sein."
Das entlockte ihm ein erschöpftes Lachen. Mein Vater war in den vergangenen Monaten unglaublich gealtert. Eigentlich hatte ich immer gedacht, er hätte sich gut für sein Alter gehalten, aber die letzten Monate zeichneten ihn. Er schob oft eine Schicht nach der nächsten und brütete stundenlang über irgendwelchen Fallakten in seinem Arbeitszimmer. Und ich wusste, manche davon waren nicht bloß irgendwelche Fallakten, doch darüber redete er so gut wie nie. Allerdings redete er in letzter Zeit sowieso recht wenig mit uns.
Aber ich konnte mich sowieso nur schwer an das letzte, ernst zu nehmende und nicht von Tränen und traurigen Mienen begleitete Gespräch erinnern, das ich zuletzt mit meinen Eltern geführt hatte.
Wieder piepte sein Telefon und er streckte sich danach. Stirnrunzelnd blickte er darauf. Er murmelte einen leisen Fluch: „Verdammt, alles muss man selber machen."
Er griff nach seiner Jacke, die er nur Minuten zuvor über einen der Hocker am Küchentresen gelegt hatte und sah dann mich an.
„Ich muss zurück ins Büro. Und ich weiß nicht wie lange, dass dauern wird", erklärte er.
Ich schon. Wahrscheinlich würde er wieder die ganze Nacht auf dem Revier verbringen, so wie ich ihn kannte.
„Deine Mom hat heute Nachtschicht. Kommst du solange alleine klar?"
Ich nickte, auch wenn es wohl mehr eine rhetorische Frage von ihm gewesen war, da er nicht einmal meine Antwort abwartete, sondern zur Tür ging. Er fischte seine Schlüssel von dem kleinen Teller auf der Kommode im Flur, bevor er nach der Tür griff.
„Gute Nacht, Dad", sagte ich noch, doch da war er auch schon verschwunden und hatte die Tür hinter sich zugeworfen.
Ich seufzte leise in die Stille des leeren Hauses hinein und warf den eingerahmten Bildern an der Wand am Treppenaufgang einen traurigen Blick zu. Das glückliche Familienfoto, das letztes Weihnachten entstanden war, wirkte auf mich mittlerweile seltsam fremd. Als wären Jahre seit diesem Moment vergangen, indem wir alle glücklich beieinander zwischen dem ganzen Geschenkpapier gesessen und fröhlich in die Kamera gegrinst hatten.
Damals hatte niemand geahnt, dass es unser letztes gemeinsames Weihnachten gewesen war. Eines von vielen letzten Malen, von denen wir nicht gewusst hatten, dass sie letzte Male gewesen waren.
Mom hatte einmal gemeint, sie hätte gerne gewusst, dass es die letzten Male gewesen waren. Doch ich war mich nicht sicher, ob das besser gewesen wäre. Jeden Moment im Angesicht der Tatsache, dass es nie wieder so sein würde. Jedes Mal von der Trauer beschattet, dass es das letzte Mal gewesen wäre. Jedes Mal mit dem Gefühl, der Tod würde einem bereits im Nacken sitzen und die Zeit würde einem davon laufen.
Nein, ich war froh, es nicht geahnt zu haben. Das Einzige, was mich betrübte, war, dass ich mich an manche letzten Male nicht erinnern konnte. Was hatten wir bei an unserem letzten gemeinsamen Morgen gefrühstückt? Welchen Film hatte ich zuletzt mit ihm gesehen? Über welchen Witz hatte ich zuletzt mit ihm gelacht? Welches Lied hatte er als letztes unter der Dusche gesungen und mich damit in den Wahnsinn getrieben? Worüber hatten wir bei unserem letzten Abendessen gesprochen? Worüber hatten wir uns zuletzt gestritten?
Ich wusste es nicht. Und egal wie angestrengt ich es versuchte, ich konnte mich nicht daran erinnern.
Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken daran zu vertreiben. Sie führten nur dazu, dass ich irgendwann weinend in seinem Bett liegen würde, während ich sein Kissen umklammerte, als würde ich dadurch ein Stück von ihm zurück bekommen. Stattdessen wandte ich mich von den fremdartig glücklichen Familienbildern ab und ging in die Küche.
Die alten Dielen knarrten unter meinen nackten Fußsohlen, während der Regen gegen die Fenster prasselte. Mittlerweile machte sich der herannahenden Herbst in Massachusetts bemerkbar. Das saftige Grün der Blätter des alten Baums vor unserem Haus waren kräftigen Rot- und Orangetönen gewichen.
Es war gerade mal kurz vor Acht und schon jetzt war die Nacht über unserem kleinen Städtchen eingebrochen, während Regenschauer und dunkle Gewitterwolken den Blick auf den Nachthimmel verwehrten. Doch schon seit einigen Tagen war das klare Blau den unterschiedlichsten Graunuancen gewichen und nur noch wenige Sonnenstrahlen waren stark genug, um zu uns hindurch zu dringen. Es war also nur noch eine Frage von wenigen Wochen, wenn nicht sogar Tagen, bis die Temperaturen unter zwanzig Grad fielen und Jacken und Sweatshirts wieder aus der hintersten Ecke des Schrankens geräumt werden mussten, in der man sie den Sommer über vergraben hatte.
Ratlos blickte ich in den Kühlschrank und überlegte, ob ich lieber Eistee oder Fanta trinken wollte, als es an der Tür klingelte. Stirnrunzelnd sah ich zur Uhr. Die Post wäre es sicherlich nicht. Vielleicht mein Dad? Aber das bezweifelte ich. Warum sollte er klingeln, wenn ich gesehen hatte, wie er seine Schlüssel mitgenommen hatte? Und Mom steckte sicherlich noch mitten in der großen OP, von der sie mir erzählt hatte. Also wer würde sonst um diese Zeit bei uns klingeln?
Ich schloss den Kühlschrank wieder und verschwand aus der offenen Küche den Flur hinunter. An der Tür stellte ich mich auf die Zehenspitzen, um durch den Spion zu spähen. Verdutzt von dem Anblick, der sich mir bot, sank ich wieder auf meine Fersen und öffnete verblüfft die Tür.
Ryler stand auf meiner Veranda. Regentropfen perlten von seinem schwarzen Haar und tropften auf den alten, grauen Kapuzenpulli, wo der Stoff sich auf seinen breiten Schultern bereits vom Regen in ein dunkles Schiefergrau verfärbt hatte. Ein vorsichtiges, irgendwie nervöses Lächeln lag auf seinem Gesicht, als er mich stirnrunzelnd im Türrahmen stehen sah.
„Was machst du hier, Ryler?"
Er wischte sich ein paar der feuchten Strähnen aus der Stirn, bevor er seine Hände tief in den Taschen seiner verblichenen Jeans vergrub. „Kann ich rein kommen?", fragte er stattdessen.
Ich zögerte, doch als ich seinen bittenden Blick sah, trat ich wortlos zur Seite. Sobald er in unserem Flur stand, schloss ich die Tür leise hinter ihm und lehnte mich dagegen.
„Was ist los?", fragte ich dieses mal sanfter und überkreuzte die Arme vor der Brust, während ich ihm dabei zusah, wie er sich langsam zu mir umdrehte. Doch dann kam mir plötzlich etwas anderes in den Sinn und ich machte besorgt einen Schritt auf ihn zu. „Ist irgendwas passiert?"
„Nein, Ja, schon." Er schüttelte verwirrt den Kopf. „Aber nicht so, wie du denkst. Nichts Schlimmes jedenfalls", erklärte er, sobald er meinen beunruhigten Gesichtsausdruck bemerkte. Aber dann wandte er den Blick wieder ab, als wüsste er nicht recht, wo er anfangen sollte und würde auf dem Boden nach den passenden Worten suchen.
Er legte den Kopf auf diese niedliche Art schief und begann sich verunsichert am Hinterkopf zu kratzen. Es wirkte fast schon schüchtern, wie er dort stand. „Ich weiß, vielleicht hätte ich nicht herkommen sollen und ich hätte dir das auch morgen in der Schule noch sagen können, aber irgendwie konnte ich nicht bis morgen warten."
Er räusperte sich. „Ich habe das ganze Wochenende darüber nachgedacht, was du gesagt hast und", - Er suchte meinen Blick und sah mir fest in die Augen – „Du hattest Recht. Damit, was du über das Leben gesagt hast. Dass wir es uns damit verdienen, indem wir es leben. Also war ich gestern Morgen beim Coach und habe mit ihm geredet."
Er atmete tief durch, bevor er weitersprach: „Und ich werde es versuchen. Ich werde wieder spielen."
Einen Augenblick stand ich wie versteinert da und starrte ihn einfach mit offenem Mund an. Als ich letzte Woche mit ihm im Diner darüber gesprochen hatte, hatte ich zwar erhofft, ihn damit erreichen zu können. Doch in Anbetracht der letzten Wochen hatte ich ernsthaft bezweifelt, dass ich etwas damit bewirken würde.
Doch sobald ich die Bedeutung seiner Worte realisierte, verzog sich mein Mund zu einem breiten Lächeln. Einem so breiten Lächeln, dass ich wahrscheinlich absolut dämlich aussah und glatt als Jokers verlorener Zwilling hätte durchgehen können. Aber in diesem Augenblick war mir das egal.
„Wirklich?"
Seine Lippen verzogen sich ebenfalls zu einem schiefen Grinsen und eines seiner Grübchen kam zum Vorschein, als er nickte. „Ja, ich war heute sogar schon beim Training und in zwei Wochen ist unser erstes Spiel. Ich weiß nicht, ob ich bis dahin wieder in Form bin oder was in den nächsten Wochen noch alles passieren wird, aber - Ich werde es versuchen."
Das Grinsen verschwand wieder und ein ernster Ausdruck legte sich über sein Gesicht, als er hinüber zu einem Bild von Cole auf unserer Kommode sah. „Das bin ich ihm schuldig."
Ich folgte seinem Blick und für einen kurzen Augenblick starrten wir beide das Bild an, von dem uns ein 15 Jähriger Cole anstrahlte. Doch als ich den Kopf wieder in Rylers Richtung wandte, zeichneten sich alte Schuldgefühle und Zweifel auf seinem Profil ab. Angespannt mahlte er mit den Zähnen, während seine Knöchel leise knackten, als er die Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballte.
Ohne darüber nachzudenken, griff ich nach einer der geballten Fäuste und umschloss sie mit meiner so viel kleineren Hand. Ich beschrieb mit dem Daumen sanfte Kreise auf seinem Handrücken, bis sich der eiserne Griff unter meinen Berührungen langsam lockerte.
„Hey", wisperte ich, um ihn fort von dem dunklen Ort voller Schmerz und Schuld zu bringen, an dem er in Gedanken war und ihn zurück ins Hier zu holen. Zurück zu mir.
Er blinzelte, bevor er den Blick von dem verstaubten Bilderrahmen löste und stattdessen meinen suchte. Zweifel standen in seinen mitternachtsblauen Augen und gruben eine tiefe Furche zwischen seinen zusammengezogenen Brauen.
Ein Teil schien immer noch zu glauben, dass er Cole verraten würde, wenn er wieder Football spielte und die Jagd nach ihren gemeinsamen Träumen wiederaufnahm. Offensichtlich war die Stimme seiner immensen Schuldgefühle lauter, als ich gedachte hatte. Es schien fast so, als würde sie jeden optimistischen Gedanken an eine Zukunft in seinem Kopf übertönen wollen und ihn davon zu überzeugen, dass ihm solche Hoffnungen nicht zustanden. Nicht nach dem, was er glaubte, getan zu haben.
„Er wäre stolz auf dich", sagte ich leise und machte einen entschlossenen Schritt auf ihn zu, bis uns nicht mehr als ein halber Meter trennte. Von hier aus konnte ich sogar jede der dunklen, vom Regen verklebten Wimpern sehen, die seine dunklen Augen umrahmten.
„Denkst du das wirklich?", fragte er mit rauer Stimme. Noch immer lag diese tiefe Furche zwischen seinen Brauen, als er mich zweifelnd und gleichermaßen hoffnungsvoll ansah.
Ich nickte langsam. „Ich weiß es", versicherte ich ihm und spürte, wie sich seine Faust unter meiner Hand öffnete und sie daraufhin fest umschloss, bis sie in seinem großen, warmen Griff nahezu verschwand. „Und ich bin es auch", erklärte ich schließlich mit leiser Stimme.
Wir sahen uns lange unverwandt in die Augen, ohne das wir uns bewegten oder etwas sagten. Wir standen einfach so da, starrten uns an und hielten die Hand des anderen. Die Minuten verstrichen, während wir uns ansahen, bis Ryler schließlich den Blickkontakt abbrach. Stattdessen begann er mein Gesicht zu studieren. Ganz langsam glitt sein Blick über meine Züge, als wäre dies die letzte Gelegenheit, um sich jedes noch so kleine Detail einzuprägen. Doch als er schließlich an meinen Lippen verweilte, schien das tiefe Blau seiner Augen zu glühen. Die Art wie er den Schwung meiner Lippen mit seinem Blick folgte, fühlte sich fast wie eine langsame Liebkosung an.
Er schluckte schwer und für einen Augenblick ließ ich mich davon ablenken, wie sich sein Adamsapfel dabei bewegte. Doch als ich wieder seinem Blick begegnete, waren die Zweifel und Schuldgefühle daraus verschwunden. Sattdessen brannte Sehnsucht darin. Alles verschlingende, lodernde Sehnsucht.
Dieselbe Sehnsucht, die mein angeschlagenes Herz in Besitz nahm und die alarmierte Stimme der Vernunft verstummen ließ. Das Sehnen breitete sich wie das Adrenalin in meinen Adern in meinem ganzen Körper aus und ballte sich zu einem fast schon schmerzhaften Ziehen in meinem Bauch zusammen.
Der Regen trommelte gegen die Fenster, der Wind peitschte draußen über unsere kleine Stadt hinweg und ein Blitzt erhellte die dunkle Stunde. Doch das alles verschwamm, als Ryler die Hand hob und sie an meine Wange legte. Das Gefühl seiner warmen, rauen Fingerspitzen brannte sich in meine Haut ein. Ebenso wie die Art, wie er mich ansah, in mein Herz.
Mein Atem war mittlerweile nur noch ein abgehacktes Keuchen, während das Ziehen in meiner Brust und mein verängstigter Verstand miteinander rangen. Ein Teil von mir wusste, wir sollten aufhören. Dass ich es bereuen und er mir das Herz nur noch stärker brechen würde.
Doch der Rest... Der Rest war bereit, dass alles zu riskieren für ein paar Augenblicke, in denen wir einfach nur vergessen konnten. Für eine Sekunde, in der nichts zwischen uns stand. Nicht diese Nacht, dieser Schmerz oder irgendwelche Schuldgefühle. Keine Frage nach richtig oder falsch. Kein Gedanke an das, was war oder folgen würde.
Nur wir. Hier. Jetzt. In diesem Augenblick.
Ich biss mir auf die Unterlippe bei dem Bild von uns. Bei der Vorstellung zusammen für einen kurzen Augenblick die letzten Wochen zu vergessen und nicht über die Zukunft nachzudenken.
„Verdammt", stieß Ryler rau hervor und dann geschah alles ganz schnell.
Seine Lippen begegneten meinen in einem stürmischen Kuss, während er mich gegen die Haustür presste. Dieser Kuss war anders, als all die Male vor jener Nacht. Es war nicht zärtlich oder neckend, sondern rau und hart.
Gut verborgene Gefühle rissen gnadenlos die Mauern nieder, in denen ich sie eingesperrt und versteckt hatte. Wie der tosende Sturm dort draußen, waren sie gnadenlos und nahmen keinerlei Rücksicht darauf, welches Chaos sie damit anrichteten. Und ich wusste, wenn der Sturm vorüber war, würde nichts als Verwüstung zurückbleiben.
Doch mir blieb keine Zeit daran zu denken, denn in derselben Sekunde löste Ryler seine Hände von mir, nur um sie in der nächsten Sekunde in meine Hüfte zu krallen. Doch sie verweilten nicht lange dort, sondern glitten stattdessen die Außenseite meine Schenkels hinab. Ich spürte jeden verdammten Zentimeter der Linien, die er mit seinen Fingern durch den Stoff meiner Jeans auf meine Haut malte und erschauerte unwillkürlich. Gleichzeitig schlang ich ihm die Arme um den Hals und krallte eine Hand in sein dichtes Haar, um ihn noch näher zu mir zu ziehen. Noch mehr von ihm zu spüren. Noch weiter in ihm zu ertrinken.
Ein raues Stöhnen drang über Rylers Lippen und hallte in meinem Körper wieder. Doch schon in der nächsten Sekunde packte Ryler meine Beine und hob mich hoch. Ich schnappte überrascht nach Luft, als ich an der glatten Oberfläche der Tür nach oben rutschte, doch dann lag sein Mund bereits wieder auf meinem und verband unsere Lippen in einem hungrigen Kuss. Unwillkürlich zog ich ein Stückchen fester an seinen Haaren, aber das entlockte ihm nur ein weiteres, heiseres Stöhne. Fest schlang ich die Beine um Rylers Taille und verschränkte sie hinter seinem Rücken, bevor er sich wieder gegen mich presste und ich zwischen ihm und der Tür gefangen war.
Mein Kopf sank zurück gegen das harte Holz, als Ryler begann mit seinen Küssen eine heiße Spur entlang meiner Kinnlinie zu ziehen. Mein Atem ging schwer und meine Gedanken drehten sich wie in einem schwindelerregenden Karussell, sodass ich kaum einen klar zusammenhängenden Satz zustande bringen konnte.
Als er einen heißen Kuss auf die Stelle hinter meinem Ohr drückte und ich sogar glaubte, kurz seine Zungenspitze auf meiner Haut zu spüren, entwich mir ein Stöhnen. „Ryler", keuchte ich und zerwühlte seine vom Regen noch feuchten Haare, als er seine Spur weiter hinab fort fuhr. Tatsächlich sah ich kurz so etwas wie einen vernünftigen Gedanken in meinem Kopf aufblitzen zu sehen, doch als Ryler seine Hüfte auf diese bestimmte Art an meine presste, war alles Weitere vergessen.
Er hauchte Küsse meinen Hals hinab und ich meinte ihn meinen Namen an meiner Haut murmeln zu hören, aber mittlerweile waren meine Gedanken so vernebelte, dass ich kaum noch etwas anderes wahrnahm als seine Berührungen und die viel zu vielen Schichten Stoff, die zwischen seiner und meiner Haut lagen.
„Halt dich fest", wisperte Ryler in mein Ohr, als er sich wieder einen Pfad meinen Hals hinauf geküsst hatte und seine Lippen schließlich wieder auf die Stelle hinter meinem Ohr presste.
Ich fragte nicht, was er vorhatte. Stattdessen löste ich einfach die Hände aus seinen Haaren und krallte mich in den feuchten Stoff über seinen breiten Schultern, als er sich mit mir in seinen Armen von der Haustür abstieß. Er löste erst seine Lippen von meiner Haut, als wir die Treppe erreichten.
Und so sehr ich mich auch um Selbstbeherrschung bemühte, konnte ich nicht anders, als meine Lippen auf seinen Hals zu pressen und sanft daran zu saugen. Seine Haut schmeckte nach Salz und Regen und ein Teil von mir wollte am liebsten sofort jeden weiteren Zentimeter seiner warmen Haut kosten. Doch ich spürte das ungeduldige Ziehen in meinem Bauch und nach Rylers stürmischen Küssen zu urteilen, würde das warten müssen. Zumindest vorerst.
Er erschauerte unter meinen Berührungen und die Hand an meinem Oberschenkel packte fester zu. „Wenn du nicht willst, dass wir die Treppe runterfallen und uns sämtliche Knochen brechen, solltest du damit aufhören", knurrte er. Widerstrebend ließ ich ab von ihm.
Sobald wir in meinem Zimmer waren, waren wir mit wenigen Schritten bei meinem Bett. Die Laken raschelten und die alten Federn quietschten, als Ryler mich tief in die Matratze drückte. Er stützte sich neben meinem Kopf auf dem Bett ab und begann mich wieder stürmisch zu küssen. Ich hingegen ließ die Hände von seinen Schultern über seine Brust hinunter zu seinen Hüften gleiten, wo der Stoff seines Kapuzenpullis endete und der raue Bund seiner Jeans begann. Ich zögerte, doch dann schob ich mutig den Stoff nach oben und schlüpfte mit den Fingern darunter.
Seine Haut war warm und lag seidig glatt über den harten Muskeln an seinem Bauch, die sich unter meinen Fingerspitzen anspannten. Begierig strich ich darüber, wobei Ryler leise gegen meine Lippen keuchte.
Als er sich dann plötzlich von mir löste und sich aufsetzte, hätte ich fast protestierte. Aber dann sah ich, wie er hinter sich griff, den Stoff mit den Händen im Nacken packte und sich mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung den Pulli über den Kopf zog. Ich sah gerade noch, wie er den Pulli achtlos irgendwo neben das Bett fallen ließ, bevor er sich wieder zu mir hinab lehnte.
Doch die nächsten Küsse waren sanfter. Tiefer.
Als hätten wir alle Zeit der Welt und er würde jeden Augenblick unserer kleinen Ewigkeit damit verwenden, mich auf diese langsamen, sinnlichen Art bis zur Besinnungslosigkeit zu küssen. Eine angenehme Schwere breitete sich über mir aus, während alles andere um uns verschwamm. Selbst der ohrenbetäubende Klang des tiefen Donners über uns wurde von meinem lauten Herzschlag übertönt, der zwischen unseren Körpern summte.
Doch als Ryler schließlich wieder an der Haut an meinem Hals knabberte, erwachte ich aus dieser sinnlichen Trance. Es gelang mir, meine trägen Glieder zu bewegen und die Hände gegen seine Brust zu stemmen, um ihn auf den Rücken zu rollen, bis ich über ihm kniete. Seine breite Brust hob sich schwer, als er zu mir hoch sah und um Atem rang. Zumindest ging das hier auch an ihm nicht spurlos vorbei.
Meine Hände zitterten und mein Herz flatterte nervös in meiner Brust, als ich nach dem Saum meines Oberteils griff. Langsam – und hoffentlich in irgendeiner Art verführerisch – zog ich es mir über den Kopf und warf es irgendwo hinter mich auf den Boden. Dann tastete ich nach dem Verschluss meines schwarzen BHs und öffnete ihn schließlich leise.
Ich hielt die Luft an, als ich die dünnen Träger über meine Schultern schob, bis sie nahezu lautlos meine Arme hinab glitten und der BH schließlich neben meinem und seinem Oberteil auf dem Boden landete. In derselben Sekunde zuckte ein greller Blitz vor dem Fenster über den Himmel, der das Zimmer erhellte und Schatten auf meine entblößte Haut warf. Dann wurde der Himmel wieder dunkel und nur noch die Silhouetten blieben zurück, die das dämmrige Licht zeichnete.
Auch wenn er mich nicht zum ersten Mal so sah und kein Licht brannte, biss ich mir verlegen auf die Lippen und unterdrückte das Bedürfnis, die Arme um meinen Körper zu schlingen. Zögerlich blinzelte ich in Rylers Richtung.
Mir wurde augenblicklich warm bei der Art, wie er mich ansah. Und gleichzeitig erschauerte ich bei dem hungrigen Glanz in seinen dunklen Augen. Er schluckte schwer und erneut raschelten die Laken, als er sich aufsetzte, bis wir uns wieder direkt in die Augen sehen konnten.
Seine rauen Hände legten sich auf meine nackte Taille und ich versuchte, die Reaktion meines Körpers auf seine Berührung zu verstecken. Doch als er mich näher zu sich heranzog, bis wir Haut an Haut da saßen, seine Brust an meiner, konnte ich es nicht länger verbergen. Meine Wangen wurden heiß, doch Ryler drückte bloß einen sanften Kuss auf mein Kinn. Dann unter mein Ohr, auf meinen Hals und meine Schulter.
„Was tun wir hier?", wisperte ich atemlos und ließ den Kopf in den Nacken fallen, als er meine Kehle küsste, ehe er wieder tiefer wanderte. Mit Lippen, Zähnen und Zunge malte er den sanften Bogen meines Schlüsselbeins nach und ich schloss seufzend die Augen. Genoss, wie er mich mit seinen Berührungen brandmarkte.
„Was auch immer du willst", erklärte er rau an meiner Haut, als er auf einer Seite fertig war. Er strich mein Haar sanft über meine Schulter und lehnte sich wieder hinunter, um genau dasselbe wie auf der anderen Seite zu widerholen.
Was auch immer du willst...
Meine Gedanken blieben für einen Augenblick an seinen Worten hängen, doch dann wurde ich wieder abgelenkt von der Art, wie er mich mit seinen Lippen liebkoste und wie seine schwieligen Hände langsam meinen Seiten hinauf strichen. Wie er den Rippenbogen unterhalb meiner Brust nachzeichnete und mit jedem sanften Streicheln den Unterseiten meiner Brüste etwas näher kam. Mich auf die sinnlichste Art quälte, die ich kannte und mich ganz langsam in einen köstlichen Wahnsinn trieb.
Ich drückte den Rücken durch, drängte mich seinen Berührungen ungeduldig entgegen und grub meine Finger verzweifelt in seinen Rücken. Die Muskeln unter zuckten unter meiner Hand, als ich mit den Nägeln über seine Haut kratzte.
„Charlie." Mein Namen klang auf seinen Lippen wie ein Gebet und ein Fluch zugleich, bevor wir beiden wieder zurück in die Laken sanken. Und irgendwo dort verlor ich die Orientierung. Ich hätte nicht sagen könne, wo oben oder unten war. Alles, was ich spürte, waren seine leisen Seufzer, die meine Haut liebkosten. Seine hungrigen Küsse, mit denen er mir seinen gehauchten Namen von den Lippen stahl. Seine Finger in meinem Nacken, um die mein Haar geschlungen war. Die Hand, die an mir hinab glitt und die Kurven meines Körpers nachzeichnete. Der Körper, der sich perfekt an meinen schmiegte. Das aufreizende Reiben seiner Hat an meiner. Alles, was noch zählte, waren er und ich. Genau hier.
Und für einen kurzen Augenblick gelang es mir, alles andere zu vergessen. Es fühlte sich sogar so gut an, dass ich fast das große Loch in meiner Brust vergaß, das er dort hinein gerissen hatte. Er und diese Nacht. Doch als auch die letzten Barrieren zwischen uns verschwanden und wir immer tiefer in einander versanken, nahezu aneinander ertranken, schienen seine Scherben sich mit meinen zu ergänzen und sich zu etwas Neuem zu verbinden.
Etwas, das uns vielleicht eine Zukunft versprach. Eine Zukunft, in der unsere Wunden zu Narben verheilt und unsere Herzen wiedervereint waren. Etwas, das mir kurz das Gefühl gab, den Sternen etwas näher zu sein, nach denen ich seit dieser Nacht so verzweifelt griff.
A/N:
Frage der Woche :
Welchen Augenblick ersehnt ihr bei #Rylie am meisten hervor? Sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart.
Und - bitte nur die, die auch GOT gucken, weil ich ansonsten gezwungen bin, euch zu zuspamen, warum ihr es gucken solltet (!)- wer kann es auch kaum erwarten? Ich schaue mir schon die ganze Woche die Wiederholungen auf Sky Atlantic an bzw. Sky Thrones und ... ICH BIN SO AUFGEREGT!
Und als wäre es nicht schon genug, dass kommenden Montag, die letzte Staffel GOT beginnt, kam heute der offizielle Trailer zu König der Löwen raus uuuuund gehe ich in drei Wochen ins Astor, um mir Endgame anzugucken. Dieses Jahr ist Film/Serien/Bücher-technisch bisher einfach nur geil!
Okay genug gefangirlt.
Tschüssikowski!
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