Which Side Are You On?
"Can't you see that you're smothering me
Holding too tightly afraid to lose control
Cause everything that you thought I would be
Has fallen apart right in front of you
Every step that I take is another mistake to you
And every second I waste is more than I can take"
-Numb, Linkin Park
"Nathalie, komm schon!"
"Was an 'Lass mich in Ruhe' verstehst du eigentlich nicht?!", fragte ich wütend, während ich Mason nicht einmal eines Blickes würdigte und von ihm gefolgt an zig Helfern im Park vorbeilief zu dem kleinen überdachten Holzbau, wo ein paar junge Mädchen Getränke an die Arbeiter verteilten. Dabei hatte ich die noch so geringen Hoffnung, dass mein Onkel es endlich gut sein lassen würde.
Mehrere Tage war es mir bisher gelungen ihm aus dem Weg zu gehen und so gut wie kein Wort mit ihm zu wechseln, seitdem er Damon sprichwörtlich den Krieg erklärt und mich dazu hatte zwingen wollen, mich von ihm fernzuhalten. Jedoch war mir nun, genauer gesagt heute Morgen, ein entscheidender Fehler unterlaufen. Denn heute hatte das historische Institut, das meine Mutter leitete, ihren neusten Naturpark eröffnet und zu diesem Zweck war die halbe Stadt dort erschienen, um freiwillig mitzuhelfen, den Park instand zu setzen. Ich hatte mich ursprünglich dafür entschieden daheim zu bleiben, da ich weder Bonnie über den Weg laufen noch Caroline dabei zu sehen wollte, wie sie Elena und Stefan für Katherine ausspionierte. Elena, Stefan und ich waren noch am gleichen Abend darauf gekommen, als die Blonde so vehement versucht hatte, uns vom Salvatore-Anwesen fernzuhalten.
Deswegen täuschten Stefan und Elena auch momentan vor, getrennt zu sein, damit Caroline und Katherine, welche eben dies von Stefan unter Drohungen verlangt hatte, keinen Verdacht schöpften.
Und genau das war der Grund, warum ich lieber daheim geblieben wäre. Unser Freundeskreis war momentan so sehr zerstritten, dass man nichts als Feindseligkeit spürte.
Und trotzdem war ich in diesen verfluchten Park gekommen, nur weil Tyler gemeint hatte, ein paar arrogante Weiber bei uns Zuhause anzuschleppen, da ja sturmfrei war. Ich war in dem Moment, als sich Amy und Sarah, das waren glaube ich ihre Namen, über den Alkohol unseres Vaters hergemacht hatten, so genervt gewesen, dass ich kurzerhand doch hergekommen war, mit der festen Absicht einfach jedem aus dem Weg zu gehen.
Und doch hatte ich den einen Fakt nicht bedacht, dass Mason auch zum Helfen in den Park gekommen war und natürlich sofort das Gespräch mit mir gesucht hatte, kaum dass er mich gesehen hatte.
Somit war mein Tag schon so ziemlich im Eimer.
"Wieso können wir nicht darüber reden?", riss mich Mason aus meinen Gedanken und ließ sich auf einer Bank nieder, gegenüber der, auf der ich mich soeben fallengelassen hatte.
"Ach, du nennst das 'Reden'?", fragte ich noch immer zornig, während ich zeitgleich versuchte gedämpft zu sprechen, damit uns nicht jeder im Umkreis hörte, "Ich dachte, du schreibst mir einfach vor, was ich zu tun habe!"
Mason seufzte und rieb sich leicht genervt die Augen, ehe er wieder zu mir aufsah. Dabei sah er aus, als ob er einem Kleinkind zum x-ten Mal einen simplen Sachverhalt erklären müsste, was mich noch wütender machte.
"Nathalie, bitte", sagte er ruhig und blickte mich eindringlich an, "Ich will dich nur beschützen-"
"Ich will deinen Schutz aber nicht!", unterbrach ich ihn, "Ich will, dass du dich aus meinen Problemen raushältst und aufhörst, mir neue zu bereiten!"
Mason atmete hörbar aus und erleichtert sah ich, wie Erkenntnis durch seine Augen blitzte. Anscheinend sah er langsam ein, dass er so nicht weiterkam.
"'Wollen Sie eine Limonade?'", fragte da plötzlich jemand und ich blickte zur Seite. Eines der Mädchen war zu uns herangetreten und hielt uns fragend einen Plastikbecher hin.
"Nein, danke", murmelte ich und versuchte nicht allzu unfreundlich zu klingen.
"Klar", meinte Mason jedoch und lächelte das Mädchen warm an, ehe er ihr den Becher aus der Hand nahm. Danach blickte er wieder zu mir und ich sah, wie sein Gesichtsausdruck wieder ernst wurde, was mich innerlich stöhnen ließ. Wann würde er es endlich gut sein lassen?
"Sag mir bitte wenigstens, dass du Eisenkraut nimmst." Ich sah seinen skeptischen Blick und musste unweigerlich an das Gespräch zurückdenken, das ich vor Ewigkeiten mit John geführt hatte. Damals war ich so überzeugt gewesen, dass nur er so verblendet war. Ich hatte mich getäuscht.
"Ich brauche es nicht", antwortete ich Mason schlicht und er wollte etwas erwidern, als ihm jemand zuvorkam.
"'Hallo Mason'", Damon war zu uns getreten und lächelte meinen Onkel ironisch an, was mich angespannt die Lippen zusammenpressen ließ, "'Schön fleißig?'" Gott, wieso war ich nur hierher gekommen?
"'Ich leiste meinen Beitrag'", erwiderte Mason kühl und nippte leicht an seiner Limonade, während er seinen Blick jedoch weiterhin auf mich richtete, "Hier", er stellte den Becher vor mich auf den Tisch, ehe er aufstand, "Du brauchst es eher als ich." Damit wandte er sich mit einem letzten Blick auf Damon von uns ab, während ich ihm nun mehr als irritiert hinterher sah.
Jetzt, wo Damon auftauchte, ließ er mich einfach mit ihm allein? Widersprach das nicht seiner Ansicht, dass Damon ach so gefährlich war?
Ich seufzte leise und vergrub mein Gesicht in meinen Händen, als sich wieder die gleiche Frage wie die ganzen letzten Tage zuvor in meinen Kopf schlich: Wieso ließen mich nicht einfach alle in Ruhe?
"Alles okay?", hörte ich Damon fragen und langsam sah ich zu ihm auf. Er hatte sich neben mir gegen den Tisch gelehnt und musterte mich ehrlich besorgt, worauf ich schon wieder hätte seufzen können. Er war immer noch Platz 1 auf der Liste der Personen, von denen ich wollte, dass sie mich in Frieden ließen. Ohne Damon würden sich meine Probleme auf einen Schlag halbieren. Und dennoch kämpfte mein Verstand nach wie vor mit meinem Herz darum, ob ich denn wirklich wollte, dass er aus meinem Leben verschwand...
Ich schüttelte leicht den Kopf, um den Gedanken loszuwerden. Ich hatte dieses Gefühlschaos satt.
"Nein", antwortete ich auf Damons Frage und wandte den Blick von ihm ab, während ich den Plastikbecher umgriff und auf die schwappende gelbe Flüssigkeit darin starrte, "Mein Onkel denkt, er ist Van Helsing und meint, sich ungefragt in mein Leben einzumischen. Als hätte ich nicht genug Sorgen!" Kopfschüttelnd schob ich den Becher von mir weg und fuhr mir durchs Haar.
"Er kriegt sich bestimmt wieder ein", sagte Damon und ich begegnete seinem verständnisvollen Blick. Auch wenn ich wusste, dass er selbst ebenso wenig wie ich von seinen Worten überzeugt war, beruhigten sie mich etwas. Wenn auch nur sehr wenig.
"Danke, dass du ihm wenigstens nicht an die Kehle gehst", murmelte ich leise und erst mit diesen Worten fiel mir auf, wie sehr sie stimmten. Damon war in diesem ganzen Konflikt bisher mehr als passiv gewesen und das, obwohl ich genau das Gegenteil von ihm erwartet hätte.
Der Schwarzhaarige hatte bei meinen Worten den Blick gesenkt und runzelte nun leicht die Stirn.
"Ich habe dir in der Vergangenheit schon genug angetan", sagte er leise, ehe er mich wieder ansah und ich perplex die Augenbrauen hob. Er hielt sich für mich zurück? Weil er mir und meiner Familie nicht mehr wehtun wollte?
Kurz starrte ich ihn wortlos an, ehe ich zögerlich den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Jedoch kam ich nicht mehr dazu, da Stefan in diesem Moment neben uns trat und teils besorgt teils skeptisch zwischen uns hin und her sah.
"'Bitte sagt mir, dass das mit Mason gerade nur Smalltalk war'", sagte er angespannt.
Elena, der ich gestern Abend von dem ganzen Schlamassel erzählt hatte, musste ihn eingeweiht haben. Zurecht, immerhin geriet Stefan genauso in Gefahr, wenn mein Onkel Damon im Visier hatte.
"Nein, aber da das Gespräch absolut nichts gebracht hat, kannst du es als genauso sinnlos wie Smalltalk betrachten", murmelte ich resigniert.
"Alles in Ordnung?", fragte Stefan leise und ich seufzte. Wieso fragten mich das heute alle, obwohl es offensichtlich nicht der Fall war?!
"'Was soll eigentlich dieses gefakte Drama in deiner Beziehung?'", fragte Damon da an Stefan gewandt und auch wenn ich ihm dankbar war, dass er das Thema wechselte, so war es definitiv das falsche. Außer mich hatten Stefan und Elena niemanden in ihr falsches Spiel mit Katherine eingeweiht, damit es nicht aufflog. Aber anscheinend hatte Damon sie trotzdem durchschaut.
"'Wovon redest du?'", fragte Stefan, während er etwas ertappt den Blick senkte. Kurz blickte ich mich suchend um, ob Caroline in der Nähe war und eventuell lauschte, doch ich konnte weder sie noch Elena entdecken.
"'Komm schon, Stef'", sagte Damon kopfschüttelnd, "'Du und Elena, ihr habt keinen Streit und ganz bestimmt nicht wegen Katherine.'"
"Sie haben Streit, Damon", erwiderte ich da, bevor Stefan antworten konnte, während ich dem Schwarzhaarigen eine Hand auf den Arm legte und ihm einen bedeutenden Blick zuwarf. Hoffentlich verstand er den Wink.
Er erwiderte meinen Blick kurz prüfend, ehe er kaum merklich nickte.
"Als Elenas beste Freundin musst du es ja wissen", sagte er nach kurzem Zögern und ich atmete auf, als er kurz schief grinste. Er hatte mich verstanden.
"Sag mal, trinkst du das noch?", fragte er darauf und deutete auf die Limonade, die noch immer auf dem Tisch stand. Mir war klar, dass das lediglich wieder ein Versuch von ihm war, das Thema zu wechseln und schüttelte verneinend den Kopf. Mir war momentan absolut nicht nach Essen oder Trinken. Da konnte Damon Masons Friedens-Limonade, oder was auch immer er damit bezwecken wollte, ruhig haben.
Damon zuckte bei meiner Antwort nur mit den Schultern, ehe er nach dem Becher griff und ihn mit einem Zug austrank, ehe er plötzlich alles wieder ausspuckte und so heftig hustete, als würde er ersticken.
"Damon!", rief ich erschrocken aus und sprang auf, um ihn festzuhalten, als er nach vorne umzukippen drohte.
"Was ist los?!", fragte Stefan alarmiert und hielt ihn ebenfalls an den Schultern fest, ehe wir es irgendwie schafften, ihn auf die Bank zu setzen.
"'Eisenkraut...'", brachte Damon röchelnd zwischen seinen Hustenanfällen hervor, "Eisenkraut..." Mir lief bei seinen Worten eiskalt den Rücken runter und ich sah kurz zu dem Becher am Boden, ehe ich mich hektisch umschaute, ob uns wer beobachtete.
Jedoch schien keiner wirklich auf uns zu achten, nur ein paar wenige sahen neugierig über die Schulter.
Mason hatte die Limonade mit Eisenkraut vergiftet. Auch wenn ich dafür keinen Beweis hatte, sagte mir dies mein Bauchgefühl.
Doch wozu? Hatte er es mir zum Schutz unterjubeln wollen?
Ich spürte, wie Wut in mir hochstieg, als mir die Erkenntnis kam. Er hatte Damon enttarnen wollen! Deswegen hatte er mir den Becher vor die Nase gestellt in dem Moment als Damon zu uns getreten war. Irgendwie musste er geahnt haben, dass Damon davon trinken würde und selbst wenn nicht... Ich warf einen Seitenblick auf den Limonadenstand. Er musste die ganze Limonade verseucht haben. Er hatte Damon bloßstellen wollen. Nur vor wem?
"Geht's wieder?", riss mich Stefan aus den Gedanken, als Damons Husten langsam nachließ.
"'Hat mich schon schlimmer erwischt'", murmelte der Schwarzhaarige nur, doch ich hörte an seiner Stimme, dass er sauer war.
"Hier", sagte ich und kramte kurz nach meiner Trinkflasche in meiner Tasche, "Trink das. Das ist Wasser." Ich hielt ihm die Flasche hin, ehe er nach ihr griff und einen tiefen Schluck nahm.
"Wie kommt Eisenkraut in die Limonade?", fragte Stefan verwirrt und ich spannte mich an, als die Wut in mir stärker wurde.
"Das war Mason", sagte ich leise, "Es kann nur er gewesen sein!"
"Zoey, ich schwöre dir...", sagte Damon mit heiserer Stimme und ich konnte in seinen Augen die gleiche Wut sehen, "Wenn er nicht dein Onkel wäre..."
"Ich weiß", sagte ich ernst und er konnte in diesem Moment nicht ahnen, wie hoch ich ihm seine Beherrschtheit anrechnete. Doch Mason war zu weit gegangen. Viel zu weit. Wenn Damon und Stefan seinetwegen entdeckt worden wären... Immerhin waren meine Mutter und Sheriff Forbes, die Hauptverantwortlichen des Gründerrats, hier auch irgendwo und wenn sie diese Szene mit Damon gesehen hätten...
Ich wollte den Gedanken nicht vollenden.
"Ich werde ihn jetzt suchen", sagte ich leise und stand auf, "Ihr zwei wartet hier!"
"Was hast du vor?", fragte Stefan und sah besorgt zu mir auf.
"Ich rede mit ihm. Wenn das nicht hilft, wer weiß...", murmelte ich und wandte mich von den beiden ab, "Ich werde jedenfalls nicht zulassen, dass er euch nochmal in Gefahr bringt!" Den letzten Satz sagte ich mehr zu mir selbst, jedoch war ich mir sicher, dass die Brüder ihn trotzdem hörten.
Suchend lief ich los, an dutzenden Helfern vorbei, quer durch den Park. So weit konnte Mason doch noch gar nicht weg sein. Zumindest war das meine Theorie. In der Praxis jedoch lief ich bestimmt fast 20 Minuten durch den viel zu großen Park, ohne dass ich ihn irgendwo sehen konnte.
"Verdammter Mist", fluchte ich teils zornig teils verzweifelt, als ich Elena entdeckte, die gefolgt von Caroline auf mich zutrat, was mich innerlich für einen Moment die Augen rollen ließ. Die Blonde ließ einfach nicht von ihr ab.
"Alie, hey, alles okay?", fragte meine beste Freundin, als sie bei mir ankam, "Ich dachte, du wolltest nicht kommen."
"Du siehst besorgt aus", fügte Caroline hinzu.
"Habt ihr Mason gesehen?", fragte ich ernst, ohne ihre Fragen zu beachten, worauf beide jedoch den Kopf schüttelten.
"Schon ewig nicht", antwortete Elena, ehe sie besorgt die Stirn runzelte, "Alie, was ist los?" Kurz zögerte ich, als ich mit mir haderte, ob ich es ihr in Carolines Anwesenheit erzählen sollte, ehe ich beschloss, das Risiko einzugehen. Selbst wenn Caroline Katherine hiervon Bericht erstattete, sie hatte mit Mason nichts zu tun. Es sollte keinen Unterschied machen.
"Mason hat...", ich hielt kurz inne und senkte meine Stimme, "Er hat die Getränke mit Eisenkraut vergiftet. Damon hat was davon getrunken. Er wäre fast entdeckt worden." Elena und Caroline sogen zeitgleich scharf Luft ein, während ich mich wieder umsah. Wo war Mason nur?!
"Dann meint er es also ernst", sagte Elena leise und ich nickte etwas.
"'Vielleicht ist meine Mom deswegen gegangen'", sagte Caroline nachdenklich und ich sah sie erschrocken an, als furchtbare Sorge in mir aufstieg.
"Deine Mom ist was?", fragte ich nach.
"Sie ist vorhin Richtung Auto. Ich bin ihr gefolgt und habe sie gefragt, wo sie hin will", erklärte Caroline unsicher, "Sie meinte, dass sie weg muss wegen einem Notfall oder sowas."
"Wann war das?!", fragte ich und sah kurz auf die Uhr. Wenn es mindestens eine dreiviertel Stunde her war, konnte es nicht wegen Damons Reaktion gewesen sein.
"Weiß nicht, halbe Stunde höchstens", erwiderte Caroline und meine Sorge verwandelte sich in Entsetzen. Sie musste es gesehen haben. Mason hatte das alles geplant. Deswegen hatte er mich vorhin auch mit Damon allein gelassen!
"Alie-", fing Elena an, doch ich unterbrach sie.
"Wir müssen zurück zu Stefan und Damon! Sofort!", sagte ich und ohne ihre Reaktion abzuwarten, rannte ich los, zurück zu dem Getränkestand, wo ich die Brüder zurückgelassen hatte. Doch sie waren fort.
"Nein, nein, nein, nein, nein!", murmelte ich kopfschüttelnd und fuhr mir mit beiden Händen durchs Haar, als ich an der Bank ankam, wo wir gesessen hatten.
Sie waren weg! Wieso hatten sie nicht gewartet?!
Langsam panisch werdend sah ich mich um, doch genauso wie Mason vorher konnte ich nun auch die Brüder nirgends entdecken.
"Sie waren vorhin noch hier", sagte ich und sah zu Elena und Caroline, die mir hinterhergelaufen waren und nun genauso angespannt und besorgt wirken.
"Wie sollen wir sie jetzt finden?", fragte Elena und ich schluckte. Ich hatte keine Ahnung. Sie konnten sonst wo sein.
"Ich habe eine Idee!", sagte Caroline da, "Kommt mit!" Etwas verwirrt wechselte ich einen kurzen Blick mit Elena, ehe wir der Blonden Richtung Wald folgten, wo sie abseits der Menschenmengen auf einen größeren Hügel stieg.
"Was hast du vor?", fragte ich, als ich mich mit Elena ebenfalls auf die Erhöhung gekämpft hatte.
"'Ich muss besser hören können'", erwiderte Caroline, ehe sie sich das Haar hinters Ohr strich und die Augen schloss. Ich beobachtete sie dabei, während ich unruhig auf der Stelle hin und her trat. Wir hatten keine Zeit! Jede Sekunde, die wir verschwendeten, könnte das Verderben der Brüder sein...
"'Caroline-'", begann Elena kopfschüttelnd, wurde jedoch von einem leisen "'Scht!'" der Blonden zum Schweigen gebracht.
Ein paar Momente später schaute sie plötzlich auf und blickte uns erschrocken an.
"Oh Gott", murmelte sie und meine Panik wuchs.
"Was?! Was ist?!", fragte ich etwas herrisch.
"Sie sind da hinten! Ich habe Schüsse gehört!", sagte Caroline schnell und lief in den Wald hinein. Ich folgte ihr auf dem Fuß und musste mich nicht nach Elena umsehen, um zu wissen, dass sie dasselbe tat.
Stefan und Damon waren also wirklich entdeckt worden...
Ich spürte, wie mir die Angst die Kehle zuschnürte und atmete tief ein und aus. Wir würden sie schon finden. Caroline konnte sie aufspüren.
Viel zu lange, zumindest kam es mir so vor, liefen wir durch den Wald, bis wir auf einer leeren Lichtung zum Stehen kamen, wo Caroline sich zu einem Strauch hinunterbeugte. Sie griff nach einem der Blätter und ich erkannte das Blut, das daran klebte.
"'Sie waren hier'", sagte die Blonde leise und ich holte entsetzt Luft. Sie waren verletzt. Oder Schlimmeres.
Ich sah erschrocken auf, als ich plötzlich Schritte hörte und Mason erkannte, der aus dem Unterholz getreten war und uns skeptisch musterte.
"Was macht ihr drei hier?", fragte er und die gespielte Verwirrung in seiner Stimme brachte bei mir das Fass zum Überlaufen.
"Wo ist er?!", fragte ich laut und trat auf ihn zu, "Was hast du mit ihm gemacht?!" Mit diesen Worten verschwand die gespielte Verwirrung aus Masons Gesicht und er verschränkte langsam die Arme.
"Damon und sein Bruder bekommen das, was sie verdienen", erwiderte er lediglich und seine Stimme klang dabei so ruhig, als würde er übers Wetter reden, was mich verzweifelt den Kopf schütteln ließ.
"Wie kannst du nur so sein?!", rief ich aus und spürte wie mir vor Zorn Tränen in die Augen stiegen. Er wollte Damon töten! Und das, obwohl er wusste, wie viel er mir trotz allem bedeutete!
"Nein, wie kannst du nur so sein?!", rief Mason aus und ich sah, wie auch er wütend wurde, "Wieso verteidigst du ihn?! Er ist ein Monster, Nathalie!"
"Es gibt hier momentan nur ein Monster und das bist du!", rief ich aus und trat noch einen Schritt auf ihn zu, "Sag mir, wo Damon ist!"
"'Dazu brauchst du mich doch nicht!'", erwiderte er spöttisch, ehe er Richtung Caroline nickte, "'Lass ihn doch von deiner Freundin erschnüffeln'", er sah zu der Blonden auf, die genau wie Elena die Szene angespannt beobachtete, "'Weiß deine Mutter, was du bist? Ich freue mich schon, es ihr zu sagen.'" Jetzt bedrohte er sie auch noch?!
"Wieso machst du das?!", fragte ich zornig, während ich mit Mühe die Tränen herunterschluckte. Er war der letzte Mensch auf dieser Erde gewesen von dem ich gedacht hätte, dass er so blind vor Hass sein könnte. Wie hatte er nur so werden können?!
"Weil es das einzig Richtige ist!", sagte Mason kalt und ich konnte nur den Kopf schütteln, ehe ich mich von ihm abwandte. Es hatte keinen Sinn mit ihm zu reden. Ich würde Damon auch ohne seine Hilfe finden! Er hatte es ja selbst gesagt.
Da spürte ich, wie Mason mich grob am Arm packte und erschrocken fuhr ich herum.
"Du wirst ihn nicht retten", sagte er leise, doch ich hörte trotzdem den Zorn in seiner Stimme und konnte sehen, wie seine Augen sich kurz golden färbten.
"Du wirst mich nicht davon abhalten!", entgegnete ich und versuchte mich von ihm loszureißen, doch es gelang mir nicht. Sein Griff war schmerzhaft fest und so unnachgiebig, dass wahrscheinlich selbst ein Vampir Probleme bekommen hätte, sich daraus zu befreien.
In dem Moment schnellte jedoch etwas zwischen uns und schleuderte Mason von mir weg, woraufhin er hart gegen einen Baum krachte, ehe er bewusstlos davor liegen blieb. Ich atmete auf und sah erleichtert zu Caroline, die neben mir stand.
"Danke", murmelte ich und wischte unauffällig die Tränen weg, die in meinen Augenwinkeln brannten.
Caroline nickte mir zu, während Elena besorgt neben mich trat.
"Alles okay?", fragte die Dunkelhaarige, was mich nur etwas nicken ließ, was von vorne bis hinten gelogen war. Gar nichts war okay.
"'Kommt! Los!'", sagte Caroline da und rannte weiter in den Wald.
Elena lief ihr hinterher, was ich ihr etwas zögerlich nachtat, während ich noch einen kurzen Blick über die Schulter auf Mason warf.
Er atmete noch und hatte keine offensichtlichen Verletzungen. Er würde sich schon erholen. Außerdem war mir Damon im Moment wichtiger.
Ich folgte Elena und Caroline zu einer alten Ruine, die der der Kirche auf dem Friedhof sehr ähnlich sah.
"Das ist das alte Lockwood-Anwesen", murmelte ich und Elena nickte etwas. Meine Mutter hatte einmal von diesem Ort erzählt. Von dem Gebäude war nur noch die Grundmauer und der der Keller übrig, in welchem sich alte Sklavenunterkünfte befunden hatten. Zumindest hatte man das wegen der Gitter und Ketten, die dort unten verbaut waren, angenommen. Doch inzwischen konnte ich mir denken, wozu das Zeug eigentlich gut gewesen war.
"'Caroline, was ist denn?'", fragte Elena angespannt und ich sah zur Genannten hinüber, die vor dem Kellereingang stehengeblieben war und nun eine Hand entsetzt auf ihren Mund presste.
"'Meine Mom...'", murmelte sie, "'"Sie will sie umbringen.'"
"Nein!", hauchte ich und lief ohne darüber nachzudenken Richtung Treppe, als Caroline mich wie Mason eben am Arm griff, "Alie, warte!"
"'Wir müssen sie aufhalten!'", sagte Elena aufgebracht und auch ich sah die Blonde verständnislos an.
"'Nein, ich kann nicht!'", rief Caroline kopfschüttelnd, "'Sie findet das mit mir raus-'"
Ich ließ sie nicht zu Ende reden. Mit einem Ruck riss ich mich aus ihrem Griff und lief zusammen mit Elena die Treppen hinunter.
Ich konnte Carolines Angst verstehen, aber jetzt keine Rücksicht darauf nehmen. Nicht, wenn es um Damon ging.
Wir folgten dem dunklen, steinernen Gang und nun konnte auch ich die Stimme von Carolines Mutter hören.
"'Erledigen wir das. Jedem einen Pfahl ins Herz, dann beide verbrennen!'" Nein!
Da endete der Gang endlich und durch einen kleinen Spalt in der Decke, durch den Sonnenlicht hereinfiel, erkannte ich die Szene vor mir.
Stefan und Damon lagen in der Mitte des Raumes mit mehreren Schussverletzungen und Sheriff Forbes stand mit zwei Deputies vor ihnen. Alle Drei waren bewaffnet und zielten noch immer auf die Brüder, obwohl Stefan bereits ohne Bewusstsein war und Damon auch nur noch sehr schwach zu sein schien.
"Stopp!", rief ich aus und merkte wie die Polzisten zu mir aufsahen und die Waffen auf mich und Elena richteten.
"'Nathalie, Elena! Was macht ihr hier?'", fragte Sheriff Forbes uns erschrocken, während einer der Deputies kurz die Waffe weggesteckte, ehe er uns am Arm griff und ganz in den Raum zog, ehe er wieder auf uns zielte. Ich kümmerte mich nicht weiter darum, sondern stürzte zu Damon hinüber und griff nach seiner Hand.
"'Sie dürfen sie nicht töten! Das lassen wir nicht zu!'", sagte Elena fest, die sich nun zwischen die Brüder und die Polizisten stellte. Jedoch kam keiner von den dreien mehr dazu, ihr zu antworten, da in diesem Moment die Tür zum Raum zuschlug und jemand mit übermenschlicher Geschwindigkeit durch den Raum schnellte.
Caroline war uns doch zur Hilfe gekommen!
Erleichterung durchfuhr mich, während ich Mühe hatte, ihr mit den Augen zu folgen, als sie unglaublich schnell einen der Deputies packte und aussaugte, ehe sie, bevor jemand reagieren konnte, auch den anderen tötete. Wie von allein schnellte mein Blick zu Sheriff Forbes, die wie erstarrt zu sein schien, als Caroline schließlich innehielt und langsam ins Licht trat.
"'Hi Mom'", sagte sie leise und ich merkte noch wie ihre Mutter die Waffe fallenließ und Elena zu Stefan rannte, ehe ich meine Aufmerksamkeit zu Damon wandte, der mich mit glasigem Blick musterte.
"Hey", sagte ich leise und strich ihm sanft das Haar aus dem Gesicht, "Alles okay?" Besorgt besah ich ihn von Kopf bis Fuß. Er hatte mehrere Schussverletzungen, jedoch war keine in der Nähe seines Herzens. Er war nicht in Lebensgefahr.
Ich spürte, wie mir ein gewaltiger Stein vom Herzen fiel, als ich ihm wieder in die Augen sah.
"Jetzt schon", antwortete er mir da kaum hörbar, ehe er langsam eine Hand hob und sanft über meine Wange strich. Mit dieser Geste wurde mir plötzlich bewusst, was ich da eigentlich tat und schreckte unmittelbar zurück. Ich hatte mich seit dem Moment, als Mason ihn in Gefahr gebracht hatte, so aufgeführt als wären wir noch ein Paar. Und ich hatte es nicht einmal bemerkt.
Schnell brachte ich etwas Abstand zwischen uns und atmete tief durch, ehe ich nach seiner Hand griff und ihn hochzog. Dabei vermied ich es, ihm in die Augen zu sehen.
Wenn ich ihn weiterhin immer wieder an mich heranließ, würde ich ihm früher oder später wieder in die Arme fallen.
Aber was wäre so schlimm daran?
Ich presste verärgert die Lippen zusammen, als ich die kleine zweifelnde Stimme aus meinem Kopf verbannte. Ich wollte Damon nicht zurück! Ich wollte von ihm loskommen!
Sonst würde sich dieser verdammte Teufelskreis nur wiederholen und das durfte auf keinen Fall geschehen.
Ich schloss kurz die Augen, als ich nochmals tief durchatmete.
Noch einen Bruch würde mein Herz nicht verkraften...
***
"Hast du alles dabei?", fragte ich Caroline, als Elena ihr die Tür geöffnet hatte und die Blonde mit einem Koffer in der Hand das Salvatore-Anwesen betrat.
"'Ja, entschuldigt, dass das so ewig gedauert hat, aber ich wusste nicht, wie lange meine Mom hier sein würde...'", murmelte sie und ich nickte verstehend.
Da Carolines Mutter ja nun über sie und die Brüder Bescheid wusste und, untertrieben ausgedrückt, unwillig gewesen war, das Geheimnis für sich zu behalten, hatte Damon sie zum Anwesen gebracht, um sie dort so lange im Keller einzusperren, bis ihr Blut frei von Eisenkraut war und sie somit manipuliert werden konnte, alles zu vergessen.
Ich war Damon unheimlich dankbar dafür, dass er diesen Weg gewählt hatte, statt sie einfach zu töten, so wie er es vor nicht allzu langer Zeit mit Caroline vorgehabt hatte.
Dennoch war Caroline ziemlich fertig, was ich absolut verstehen konnte. Schließlich war sie von ihrer eigenen Mutter komplett verstoßen worden. Und auch, wenn diese ihre Erinnerungen verlieren und Caroline danach wieder als ihre Tochter sehen würde, so eine Ablehnung verkraftete niemand so leicht.
Ich war zwar immer noch sauer auf die Blonde wegen der Spionage, die sie für Katherine betrieb, doch dennoch hatte ich momentan Mitleid mit ihr. Ich wusste selbst dank Mason, wie es war, wenn man von der eigenen Familie nicht mehr verstanden wurde.
"'Damon sagt, es würde drei Tage dauern, bis das Eisenkraut aus ihrem Organismus raus ist'", riss mich Elena aus den Gedanken, als wir zu dritt zur Kellertreppe liefen, "'Vielleicht früher.'"
Caroline nickte nur etwas, während wir stumm in den Keller liefen, direkt zu der Gefängniszelle, bei welcher mir immer noch etwas übel wurde, wenn ich sie sah.
"'Sie werden alles vergessen und eine freie Frau sein'", hörte ich Damon gerade sagen, als wir an der Tür ankamen.
"'Halten Sie mir Caroline vom Leib, bitte'", sagte Sheriff Forbes plötzlich und unweigerlich blieb ich stehen, während ich besorgt hinter mich zur Genannten sah, die geschockt innehielt, und zu Elena, die sie ebenfalls besorgt musterte.
Mein Blick glitt zu Damon, den ich, da ich vorneweg gelaufen war, durch die Tür sehen konnte, Carolines Mutter, die wohl direkt an der Wand irgendwo stehen musste, jedoch nicht. Sie wusste nicht, dass Caroline sie hören konnte.
"'Ich will sie nicht sehen'", fügte Sheriff Forbes hinzu und ich schluckte leise, während Damon den Blick kurz von ihr zu mir wandte und wieder zurück. Er hatte uns kommen hören.
"'Sie ist ihre Tochter, Liz'", sagte er darauf und ich nickte etwas. In dem Punkt verstand ich Carolines Mutter absolut nicht. Caroline war noch immer ihr Kind! Wie konnte sie sie im Stich lassen?
"'Nein, nicht mehr'", erwiderte Sheriff Forbes nur und ich sah wieder zu Caroline, die nun langsam den Koffer am Boden abstellte, "'Meine Tochter ist gegangen.'"
"'Sie haben ja keine Ahnung, wie falsch Sie damit liegen!'", erwiderte Damon ernst, als Caroline sich abwandte und wieder zurück zur Treppe lief. Ich tauschte einen kurzen Blick mit Elena, ehe ich ihr zunickte und sie ihr hinterherlief. Sie würde sie besser trösten können als ich, die im Grunde genau das gleiche Drama hatte und selbst nicht wusste, wie sie es lösen konnte.
Ich seufzte leise, während ich mir das Haar aus dem Gesicht strich.
Wäre Mason nicht gewesen, wäre der ganze Mist gar nicht erst passiert. Er hatte Sheriff Forbes auf Stefan und Damon aufmerksam gemacht.
Ich blickte auf zu Damon, als dieser die Tür abschloss und langsam zu mir trat.
"Caroline darf sich das nicht so zu Herzen nehmen", sagte er leise, "Der Schock ist am Anfang ganz normal."
"Ja", erwiderte ich und versuchte etwas zu lächeln, was mir jedoch nicht so recht gelang, "Haben wir alle durch."
Damon nickte ein wenig, ehe er an mir vorbei zur Treppe ging.
Zögernd sah ich ihm nach und kurz überlegte ich, ob ich noch etwas sagen sollte, ehe ich mich dafür entschied.
"Danke", sagte ich, was Damon am Fuß der Treppe innehalten und fragend über die Schulter sehen ließ, "Für alles heute." Diesen Dank war ich ihm absolut schuldig. Und ich war es ihm auch schuldig, dass ich es aussprach.
"Das, was du für Carolines Mutter getan hast und dass du dich gegenüber Mason so zurückgehalten hast, obwohl du jedes Recht gehabt hättest, gegen ihn vorzugehen...", fuhr ich fort und trat an ihn heran, während ich den Blick auf den Boden richtete, "Das war der Damon, den ich...", ich sah wieder zu ihm auf und stoppte, als ich geradeso verhindern konnte, den Satz zu Ende zu sprechen, "Den ich mochte", sagte ich stattdessen und hoffte inständig, dass Damon nicht aus meinem Gesicht lesen konnte, was ich eigentlich hatte sagen wollen.
Kurz herrschte Schweigen zwischen uns und ich begegnete seinem teils überraschten teils nachdenklichen Blick, ehe er wie ich zuvor zu Boden sah und zum Sprechen ansetzte.
"Ich habe mir geschworen, niemanden mehr etwas anzutun, der dir etwas bedeutet", sagte er leise und wie heute Morgen schon sah ich ihn auch jetzt vollkommen perplex an, "Und ich halte mich daran. Du sollst nie wieder so etwas durchmachen müssen. Zumindest nicht meinetwegen." Er sah wieder zu mir auf und ich begegnete seinem absolut ehrlichen Blick, der meinen Atem stocken ließ.
Er meinte es tatsächlich ernst. Er versuchte sich für mich zu ändern. Und das trotz der Tatsache, dass ich ihm gesagt hatte, dass er keine Chance mehr hatte. Trotz allem, was geschehen war, tat er immer noch so viel für mich...
"Danke", hauchte ich erneut, worauf sich seine Mundwinkel kurz minimal zu einem traurigen Lächeln hoben, während er mir sachte ein paar Haarsträhnen hinters Ohr strich.
Wo war nur diese Kluft hin, die uns so lange getrennt hatte? Noch vor ein paar Wochen waren wir so weit voneinander entfernt gewesen, dass es mir unmöglich erschienen war, ihm je wieder so nahe zu sein. Und dennoch stand er jetzt vor mir, während in mir die heiße, qualvolle Sehnsucht nach ihm brannte, die so lange fort gewesen war.
Da brach ich unseren Blickkontakt, um für einen Moment die Augen zu schließen.
Was zum Teufel tat ich hier? Ich hatte doch vor von ihm loszukommen und nicht das genaue Gegenteil!
"Ich... muss dann langsam nach Hause", brachte ich schließlich heraus und trat einen Schritt von ihm weg, während ich es wie vorhin tunlichst vermied, ihm nochmal direkt in die Augen zu sehen, "Es ist schon spät und ich muss außerdem noch mit Mason reden." Mir wurde etwas übel, als ich daran dachte, dass meine Aussage nur zur Hälfte eine Ausrede war. Ich würde mich tatsächlich gleich mit Mason befassen müssen.
"Sicher", erwiderte Damon leise und ich konnte den Ton in seiner Stimme nicht deuten, ehe ich auch schon an ihm vorbei die Treppe nach oben lief.
"Alie!", hörte ich da Elenas Stimme, als ich oben ankam und sie direkt auf mich zulief. Ich konnte hinter ihr Caroline erkennen, die schlafend auf einem der beiden Sofas im Salon lag.
"Caroline übernachtet hier", erklärte meine beste Freundin leise, die meinen fragenden Blick wohl bemerkt hatte, während wir zusammen Richtung Haustür gingen.
"Sieht man. Vertraut sie Damon nicht genug, dass er ihrer Mom nichts antut?", fragte ich halb scherzhaft, während ich innerlich froh war, mich mit einem anderen Thema als meinen Beziehungsproblemen zu beschäftigen.
"Nein, sie...", Elena hielt kurz inne, "Sie hat mir gestanden, dass sie für Katherine spioniert hat." Nun doch überrascht hob ich die Augenbrauen.
"Wirklich?"
"Ja. Sie hat mir alles erzählt. Katherine hat sie unter Druck gesetzt, gedroht, Matt etwas anzutun, wenn sie nicht das macht, was sie sagt", erwiderte Elena und ich seufzte.
"Genau Katherines Stil", murmelte ich bitter und meine beste Freundin nickte leicht. Damit hatte Caroline tatsächlich gar keine Wahl gehabt. Jetzt tat es mir sogar leid, dass ich so sauer auf sie gewesen war.
"Hier kommt Katherine nicht an sie ran", fuhr Elena fort, "Deswegen bleibt sie erstmal hier."
"Schon klar", sagte ich leise, ehe ich kurz auf meine Uhr sah. Verdammt, es war wirklich schon spät.
"Wie auch immer, ich muss langsam nach Hause." Auch wenn ich mich wie Caroline lieber hier verkriechen würde, statt mich Mason zu stellen.
Ich ging ein paar Schritte Richtung Haustür, ehe ich mich zu Elena umwandte.
"Soll ich dich mitnehmen?", fragte ich nach. Immerhin waren wir mit meinem Auto zusammen hergefahren.
"Ja... Nein... Ach, ich weiß nicht", murmelte Elena darauf und etwas verwirrt musterte ich sie, als sie aufgebracht den Kopf schüttelte.
"Was ist los?"
"Nichts, ich... Stefan und ich haben uns gestritten", erklärte sie, "Also wirklich gestritten", fügte sie auf meinen fragenden Blick hin hinzu. Na super. Auch das noch.
"Weswegen?", fragte ich nach. Elena hielt kurz inne, als müsste sie überlegen, wie sie es mir erklären sollte.
"Stefan ist nur der Meinung, dass...", sie brach ab, ehe sie ein paar Schritte an mich herantrat, "Alie, du hast doch erzählt, dass du Damon schon mal dein Blut gegeben hast?" Sie sprach sehr leise und unsicher und mir wurde klar, worum es in ihrem Streit mit Stefan gegangen war. Er dachte darüber nach, menschliches Blut zu trinken. Entweder um gegen Katherine vorgehen zu können oder sowas wie heute beim nächsten Mal zu verhindern. Oder beides.
"Ja, habe ich", antwortete ich schließlich und sah sie forschend an, "Du denkst darüber nach, Stefan deins zu geben?" Sie nickte ein wenig. Also hatte ich richtig gelegen.
"Er will stärker werden, aber ich will nicht, dass er es alleine macht", sagte sie noch immer leise, ehe sie mich direkt ansah, "Wie war es, als du...?" Sie sprach nicht zu Ende, doch ich wusste trotzdem, was sie meinte.
Ich spürte wie mir wohlig warm wurde, als ich an diese eine wunderschöne Nacht zurückdachte.
"Damon hat es einmal als Vampir-Sex bezeichnet", murmelte ich und schmunzelte etwas, während Elena mich irritiert ansah, "Es ist... schwer zu erklären. Es ist, als ob man miteinander durch ein unsichtbares Band verbunden wäre. Man kann die Gefühle des anderen spüren, als wären sie die eigenen. Wie gesagt, ich kann es nicht wirklich beschreiben." Ich zuckte leicht mit den Schultern, während Elena nun nachdenklich die Stirn runzelte.
"Tut es nicht weh?"
"Nein. Ganz im Gegenteil. Ich...", ich zögerte bei den letzten Worten kurz, ehe ich sie doch aussprach, "Ich habe mich Damon nie verbundener gefühlt." Ich sprach so leise, dass selbst Elena mich kaum verstand, doch irgendwie war mir innerlich bewusst, dass Damon mich dennoch gehört hatte.
"Wow." Elena klang ehrlich berührt von meinen Worten, doch ihr mitleidiger Blick ließ mich hart schlucken. Er sagte so viel wie: "Noch immer nicht über ihn hinweg, hm?"
Einfach großartig. Jetzt merkte man es auch schon an meinem Verhalten.
"Wie dem auch sei. Ich muss jetzt los. Rede einfach mit Stefan darüber", sagte ich, ehe ich mich, ohne ihre Antwort abzuwarten, abwandte und das Haus diesmal endgültig verließ.
***
"Wo warst du, Nathalie?!" Ich hatte die Haustür nicht einmal ganz geschlossen, als ich bereits Masons wütende Stimme hörte. Jedoch hatte ich das erwartet. Meine Mom war bis morgen weg, da sie irgendwelche Sachen für den bald anstehenden Maskenball besorgte und von Tyler hatte ich die Nachricht gekriegt, dass er mit den Mädchen, die er heute Morgen eingeladen hatte, noch irgendwo hingegangen war. Mason hatte also freie Bahn dafür, mich anzuschreien. Jedoch war das umgekehrt genauso.
"Das geht dich gar nichts an", sagte ich kühl, als ich die Tür endgültig zuschlug und mich Mason zuwandte, der mit verschränkten Armen im Flur stand.
"Und ob mich das etwas angeht! Du warst wie vom Erdboden verschluckt, genau wie deine Freunde und Sheriff Forbes! Wo ist sie?!" Er durchbohrte mich mit seinem anklagenden Blick, doch ich hielt ihm mühelos stand.
"Es geht ihr bestens! Was im Übrigen nicht so wäre, wären Damon und Stefan die Monster, als die du sie hinstellst!" Gegen meinen Willen verlor meine Stimme mehr und mehr von der anfänglichen Kälte und wurde immer zorniger.
"Sie sind Monster, Nathalie!", rief Mason aus und ich musste schwer an mich halten, damit meine Verzweiflung nicht überhandnahm. Wie oft wollte er mir diesen Satz noch entgegen schleudern?!
"Wieso haben sie mir und den anderen dann noch nie etwas getan?! Wieso haben sie dich noch nie angegriffen, trotz dessen, dass du sie immer und immer wieder bedroht hast?! Warum tust du das, Mason?! Warum kannst du nicht einfach aufhören, dich in Dinge einzumischen, von denen du keine Ahnung hast?!"
"Ich will dich doch nur-"
"Nur beschützen, klar!", schnitt ich ihm das Wort ab und lachte freudlos auf, "Das, was du machst, ist kein 'Beschützen'! Damon hat weder mir noch dir etwas getan! Du bist der Einzige, der ihn immer wieder angreift! Gott! Du wolltest ihn heute umbringen! Und das, obwohl du weißt, wie viel er mir bedeutet!" Meine Worte hallten im ganzen Flur wider, doch das war mir gleich. Es war außer Mason eh niemand da, der sie hätte hören können.
Mason hielt bei meinen Worten inne und als ich den Unglauben in seinen Augen sah, wusste ich warum. Er hatte es nicht gewusst. Dabei war ich mir so sicher gewesen.
"Du solltest dich nicht in einen Vampir verlieben, Nathalie", sagte er da leise und ein bitterer Ton schwang in seiner Stimme mit.
"Damit kommst du fast ein dreiviertel Jahr zu spät!", sagte ich aufgebracht, auch wenn meine Stimme ebenfalls etwas leiser geworden war. Es war schon lange zu spät, zu verhindern, dass ich mich in Damon verliebte.
"Schlag dir das schnell aus dem Kopf", sagte Mason kopfschüttelnd und fast hätte ich wieder spöttisch aufgelacht, wäre da sein Blick nicht gewesen. Der Blick, mit dem er mich wieder ansah, als müsste er einem Kleinkind etwas super Offensichtliches und Einfaches erklären. Ich spürte wie mein Zorn, der sich gerade erst ein wenig beruhigt hatte, wieder mit voller Kraft in mir aufloderte.
"Beziehungen mit Vampiren gehen nie gut aus", fuhr Mason fort, "Und eine Zukunft hat es ohnehin nicht."
"DU HAST DOCH NICHT DIE GERINGSTE AHNUNG!", schrie ich ihn da an, während Wut und Verzweiflung mir Tränen in die Augen trieben, "Du hast keinen Schimmer, wie es ist, einen Vampir zu lieben! Wie es ist, Gefühle für jemanden zu haben, für den man keine haben sollte! Wie es ist, ständig gegen alles und jeden anzukämpfen, der gegen ihn ist!", ich hielt kurz inne, während die erste Träne heiß über meine Wange rann und ich einen Schritt auf Mason zutrat, "Du weißt gar nichts!"
Ich sah, wie er zu einer Antwort ansetzte, als er jedoch plötzlich innehielt, die Lippen zusammenpresste und den Blick von mir abwandte. Dabei sah er fast... schuldig aus?
Ich spürte, wie leises Entsetzen in mir hochstieg, als mich die Erkenntnis traf.
"Oder doch?", fragte ich kaum hörbar und musterte ihn genau, als plötzlich hinter mir die Haustür aufging und Tyler hereintrat.
Schnell wandte ich mich unauffällig von ihm ab, um mir die verräterischen Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Hoffentlich hatte er uns von draußen nicht gehört.
"Tyler, hey...", kam es von Mason und ich konnte an seiner Stimme hören, dass auch er versuchte, die Fassung wiederzuerlangen.
"'Ich hätte heute fast ein Mädchen getötet!'", sagte mein Bruder da und erschrocken drehte ich mich zu ihm herum. Er stand mitten im Raum und blickte Mason hilfesuchend an.
Er hatte was?!
"Was ist passiert?", fragte ich geschockt und vergaß für einen Moment den Streit mit Mason. Wenn Tyler einen Mord beging, würde er genau wie Mason ein Werwolf werden...
"'Es war... ein Unfall. Ich hab' Blödsinn gemacht'", erklärte er aufgewühlt, "'Ihr ist nichts passiert, aber da stand ich und... für einen kurzen Moment, den Bruchteil einer Sekunde hatte ich gehofft, sie sei tot.'"
"Tyler...", murmelte ich kopfschüttelnd und legte ihm mitfühlend einen Arm auf die Schulter. Diese Hoffnung musste das verdammte Werwolfgen in ihm ausgelöst haben. Genauso wie es ihn zu diesen Wutanfällen trieb, bei denen er nicht mehr klar denken konnte.
"'Was immer das in mir ist, ich mag und will das nicht! Ich will nie wieder so ein Gefühl haben! Ich will nicht! Ich kann nicht...'" Tyler schüttelte heftig den Kopf, während er sprach, und ich umgriff seine Schulter fester. Ich wusste genau, was er fühlte. Genau die gleiche furchtbare Angst hatte ich auch verspürt, als ich erfahren hatte, wie das Gen ausgelöst wurde.
"'Ich weiß'", sagte Mason sanft und trat etwas auf Tyler zu. Ich sah das tiefe Verständnis in seinen Augen und spürte wie erneut Tränen in mir hochkamen. In diesem einen Moment sah er wieder aus wie mein geliebter Onkel, der mich immer verstanden hatte und für mich da gewesen war.
Tyler atmete hörbar aus, ehe er auf Mason zu trat und etwas aus seiner Tasche zog. Überrascht erkannte ich den Mondstein, den er Mason wortlos in die Hand drückte, ehe er die Treppen nach oben in sein Zimmer ging.
Als die Tür oben zuschlug, schaute ich wieder zu Mason, als ich seinen triumphierenden Blick bemerkte, mit den er den Stein in seiner Hand musterte. Der Stein zu kriegen, schien ihm wichtiger als alles andere gewesen zu sein...
Ich schluckte schwer, als sich ein dicker Kloß in meinen Hals bildete und die Tränen, die in meinen Augen brannten, zum Überlaufen brachten.
"Das war alles, worum es dir gegangen ist, oder?", sprach ich leise den Gedanken aus, der in mir aufgestiegen war, während Mason teils erschrocken teils ertappt zu mir aufsah, "Dir ging es nie um mich oder Tyler oder, dass wir Dad verloren haben. Du wolltest nur den Mondstein, nicht wahr? Deshalb bist du hergekommen."
Ich wollte seine Antwort gar nicht erst hören. Schnell wandte ich mich von ihm ab und stieg wie Tyler zuvor die Treppen nach oben.
"Nein! Nathalie, warte! So ist das nicht! Ich-" Ich hob nur abwehrend die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen, ehe ich oben den Flur entlanglief und in mein Zimmer flüchtete, während ich trotzig die Tränen wegwischte.
Wie hatte ich mich nur so in ihm täuschen können?
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Ja, ich habs endlich mal wieder geschafft, ein Kapitel fertig zu schreiben. Ich hoffe sehr, es gefällt euch und kann euch ein wenig die Festtage versüßen. ^^
Ich wünsche euch auf jeden Fall frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Ich versuche wieder so schnell wie möglich weiterzuschreiben (vor allem, da es im nächsten Kapitel so richtig spannend wird, hehe).
Ich bedanke mich wie immer bei meinen Reviewschreibern! Ihr seid echt toll und gebt mir wie so oft unglaublich viel Motivation weiterzuschreiben und hochzuladen!
Mein größter Dank gilt natürlich wieder meiner liebsten TheRealLoca fürs Betalesen. <3
Liebe Grüße und bleibt gesund!
Eure Lyana
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