Because He Loves Her
"Yeah, they say when we grow up
You'll understand when you're older
Guess I'm still a kid, I don't know it
If I'll ever let go of this..."
-Remember This, NF
Liebes Tagebuch,
willkommen zu meinem dritten Eintrag. Okay, ganz offiziell ist es der zweite, weil ich den letzten hier herausgerissen habe, da der Inhalt einfach zu gefährlich war. Vor allem wenn es Menschen gibt, die einfach die Tagebücher von anderen lesen! Ja, ich meine dich, Jeremy, wenn du wie auch immer an dieses Buch hier gekommen bist!
Aber das kann mir ja jetzt egal sein. Ich glaube, dieses ganze Tagebuch-Ding ist eh nicht mein Fall, immerhin habe ich in einem halben Jahr gerade mal drei Einträge verfasst, diesen hier miteingeschlossen. Trotzdem will ich heute morgen etwas aufschreiben, einerseits weil ich Beschäftigung brauche, da mich ein bestimmter schlafender Jemand in einer eisernen Umklammerung im Bett hält, andererseits weil ich momentan so unfassbar glücklich bin, wie schon lange nicht mehr.
Ja, ich weiß, mein Gefühlsauf und -ab ist echt anstrengend und ich werde mich hüten hier die gesamte Geschichte aufzuschreiben, die in falsche Hände geraten könnte, aber nur so viel: Nach ewigem Hin- und her bin ich endlich mit dem Mann, den ich liebe, zusammen gekommen und ich bin einfach nur unfassbar glücklich.
Ich liebe ihn über alles und ich glaube, dass die letzten Wochen wohl die glücklichsten und besten meines Lebens waren! Das könnte aber auch mit daran liegen, dass wir endlich einmal etwas Ruhe vor den ganzen Problemen haben, die sich die letzten Monate so gehäuft hatten. Weihnachten und Silvester sind zumindest herumgegangen wie nichts und waren sogar fast langweilig, im Vergleich zu dem, was im Herbst losgewesen war.
Stefan geht es endlich wieder besser und er ist wieder ganz der Alte, sehr zu Erleichterung von Elena und auch ihr Onkel lässt uns endlich in Ruhe. Auch wenn das etwas komisch ist.
Nur Bonnie redet immer noch nicht mit mir, was mir aber auch ganz recht ist. Ich habe ihr noch nicht verziehen, was sie bei der Probe gesagt hat.
Aber ich will mich nicht beschweren. Ich genieße diese Ruhe und dass ich mit Damon endlich glücklich sein kann. Wunder dich nicht, dass ich keine Details aufschreibe, ich will nur sichergehen hier keine Informationen zu hinterlassen, die jemand ausnutzen könnte. Wenn ich es mir rechtüberlege, sollte ich diesen Eintrag vielleicht auch verbrennen. Oder lieber gleich das ganze Buch. Himmel, wie kommt Elena nur mit dieser permanenten Sorge klar, dass jemand ihre tiefsten und privatesten Gedanken einfach lesen könnte?
Egal. Ich hör jetzt aber lieber wieder auf, bevor ich tatsächlich noch etwas schreibe, was keiner wissen darf. Man sollte echt kein Tagebuch schreiben, wenn man so viele Geheimnisse hat.
Wie dem auch sei, ich melde mich dann wahrscheinlich in ein paar Wochen oder Monaten wieder... Oder gar nicht. Mal sehen.
Leicht kopfschüttelnd klappte ich das Büchlein zu, ehe ich es mitsamt Stift, wieder in die Nachttischschublade warf, an die ich gerade so herangekommen war. Denn die Arme, die sich fest um meine Taille geschlungen hatten, grenzten meine Bewegungsfreiheit ziemlich stark ein. Es war überhaupt ein Wunder, dass ich es irgendwie geschafft hatte, im Liegen zu schreiben, aber wenn es deswegen jetzt weniger lesbar war, umso besser.
Ich schaffte es mich in seinem Griff herumzudrehen, ehe ich zu Damon aufsah , der noch tief und fest schlief, was mich lächeln ließ.
Er sah so friedlich und entspannt aus. Fast als wären er und ich nur ein normales Paar in einer normalen langweiligen Welt.
Ich seufzte etwas.
Wenn es doch nur so wäre.
Jedoch musste ich so langsam wirklich aufstehen.
Kurz schielte ich über die Schulter auf den Wecker.
Es war schon verdammt spät. Eigentlich hätte ich schon seit einer Stunde aus dem Haus sein müssen, um Caroline in der Schule zu helfen. Sie musste nämlich als Miss Mystic Falls den Wagen für die Parade nächste Woche gestalten, auf dem alle Teilnehmerinnen des Wettbewerbs während des Umzugs stehen würden. Und da gehörte ich natürlich auch mit dazu.
Ich schüttelte leicht den Kopf.
Ich wollte gar nicht auf mein Handy schauen. Wahrscheinlich hatte mir Caroline schon per SMS mit Mord gedroht. Und das zwanzig Mal.
Ich sollte vielleicht in Zukunft verneinen, wenn Damon bei mir übernachten wollte und ich am nächsten Morgen früh raus musste. Das klappte nämlich nie besonders gut.
Ich drehte mich wieder zu dem Schwarzhaarigen und zögerte einen Moment, ehe ich meine Hand hob und sanft über seine Wange strich. Ich spürte, wie er bei der Berührung etwas zuckte und sich seine Atmung veränderte, ehe er blinzend die Augen öffnete und mich verschlafen ansah, was mich schon wieder zum Lächeln brachte. Wenn er wüsste, wie süß er dabei aussah.
"Guten Morgen", sagte ich leise und gab ihm einen Kuss auf die Wange, was ihn ebenfalls lächeln ließ.
"Guten Morgen, Schönheit", murmelte er und sein Griff um mich wurde etwas fester, als er mich noch näher zu sich zog und sanft küsste. Mir wurde wunderbar warm und ich spürte, wie meine geringe Motivation noch mehr schwand. Wie gerne würde ich heute einfach bei ihm im Bett bleiben.
Als hätte Damon meine Gedanken gehört, wurden seine Küsse plötzlich intensiver und ich merkte, wie er sich aufrichtete, um sich über mich zu beugen.
"Damon", nuschelte ich gegen seine Lippen und versuchte ihn etwas von mir zu schieben, "Ich muss wirklich aufstehen." Er löste sich von mir und blickte kurz zu meinem Wecker.
"Wann musst du denn los?", fragte er und ein verführerisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Wieso wusste ich genau, woran er dachte?
"Schon vor einer Stunde!", antwortete ich und versuchte mich erneut aus seinem Griff zu lösen, welcher aber nur noch fester wurde, "Damon!"
"Dann macht es bestimmt nichts mehr aus, wenn du noch später kommst", erwiderte er und begann meinen Hals mit Küssen zu bedecken, was mich leise seufzen ließ. Warum musste er es mir so schwer machen?
"Doch macht es... Damon, bitte...", hauchte ich, während ich verzweifelt nach der Willenskraft suchte, ihn endgültig von mir zu schieben. Da ließ er plötzlich von mir ab und etwas perplex sah ich ihn an, als er sich auf den Rücken drehte und mich grinsend musterte.
"Dann geh", sagte er und ich blickte ihn skeptisch an, ehe ich langsam aufstand und Richtung Badezimmer lief. Jedoch kam ich nicht so weit, da sich in dem Moment mit übermenschlicher Geschwindigkeit Arme um meine Taille schlangen und mich wieder eisern festhielten.
"Damon!", rief ich aus und versuchte mich zu befreien, während ich lachend den Kopf schüttelte, "Ich muss wirklich duschen!"
"Dann lass uns gehen", murmelte er darauf nur und begann meinen Nacken zu küssen, worauf eine Gänsehaut über meine Haut zog.
"Ich meinte allein!", sagte ich und drehte mich in seinen Armen zu ihm herum, ehe ich wieder lächelte.
"Das steht nicht zur Debatte", erwiderte er grinsend und ich wollte etwas antworten, als er meine Lippen mit seinen verschloss. Ich seufzte nur in den Kuss hinein, als mein Widerstand endgültig brach.
Wie schaffte er das nur?
Ich ließ zu, dass er mich rückwärts drängte bis ich mit dem Rücken an der Badezimmertür lehnte. Ich spürte, wie seine Hände unter mein Shirt glitten und zielstrebig nach oben wanderten, als plötzlich das laute Klingeln eines Handys durch den Raum schallte.
Damon gab ein verärgertes Brummen von sich, ehe er von mir abließ und auch ich seufzte genervt, als er zum Nachttisch hinüberging, um an sein Handy zu gehen. Das Timing vom Anrufer war mal wieder perfekt.
"Ich hoffe, es ist wichtig, Stef", sagte er, als er den Anruf angenommen hatte, ehe er leicht die Augen verdrehte, "Bei Zoey. Brauchst du weitere Instruktionen, wieso ich meine Ruhe haben will?" Ich musste etwas grinsen, was jedoch verschwand, als Damons Gesichtsausdruck plötzlich ernst wurde und er die Stirn runzelte.
"Sie ist hier?!", fragte er ungläubig und ich sah ihn besorgt an, "Was will sie?", es folgte eine kurze Pause, während ich an Damon herantrat und versuchte etwas von dem, was Stefan sagte, zu verstehen, jedoch gelang mir das nicht, "Und wo soll das stattfinden?", fragte Damon weiter, "Gut. Wir sind gleich da." Damit legte er auf und blickte zu mir.
"Was-", begann ich, doch er unterbrach mich sofort.
"Isobel ist hier", antwortete er auf meine unausgesprochene Frage, "Sie will sich mit Elena treffen. Alaric sollte das für die beiden arrangieren, sonst hat sie gedroht, es würde ein Gemetzel geben." Erschrocken sah ich ihn an.
"Was?! Aber... Was will sie denn?", fragte ich, während furchtbare Sorge um Elena in mir hochstieg. So wie Isobel eiskalt einen Menschen dazu gebracht hatte, sich vor einen LKW zu werfen, hatte sie definitiv nichts Gutes mit Elena im Sinn.
"Keine Ahnung", sagte Damon kopfschüttelnd, während ich zu meinem Schrank eilte und ein paar Klamotten herauszog, "Sie treffen sich in zwanzig Minuten im Grill."
"Dann müssen wir dahin! Sofort!", sagte ich und drehte mich gehetzt zu ihm, worauf er mir beruhigend zunickte und ebenfalls nach seinen Sachen griff.
***
Wir brauchten eine geschlagene halbe Stunde, um uns fertig zu machen und mit dem Auto zum Grill zu fahren. Meine Sorge um Elena wuchs mit jeder Minute und mir war mittlerweile speiübel. Wieso zum Teufel hatten sie uns erst so spät Bescheid gesagt?
Ich sprang fast aus dem Wagen, als Damon endlich vor dem Grill hielt und entdeckte sofort Alaric, der vor dem Gebäude unruhig auf und ab lief.
"Wo sind sie?!", fragte ich sofort und sein Blick glitt zu uns.
"Drinnen", antwortete er knapp und ich wollte schon an ihm vorbei, als er mich zurückhielt, "Isobel hat deutlich gemacht, dass sie Elena allein treffen will."
"Ihr habt sie mit ihr allein gelassen?!", fragte ich fassungslos und spürte wie Damon von hinten beruhigend über meine Schulter strich, was mir im Moment jedoch nur wenig half.
"Nein", erwiderte Alaric, "Stefan ist mit im Raum, "Isobel kennt ihn nicht. So kann er Elena beschützen, ohne sie oder andere in Gefahr zu bringen." Kurz dachte ich über seine Worte nach. Isobel würde sowohl Alaric als auch Damon erkennen, wenn sie mit da drin sein würden. So gesehen war Stefan tatsächlich der Einzige, der unerkannt bleiben konnte. Naja, fast.
"Ich kann auch da rein!", sagte ich entschlossen und ich sah bereits wie sowohl Alaric als auch Damon zum Widerspruch ansetzten, ehe ich schnell weitersprach, "Isobel kennt mich auch nicht! Ich kann als normaler Gast da reingehen und mich einen Tisch neben sie setzen! Mir würde keine Gefahr drohen!" Ich wandte mich zu Damon und sah ihn flehentlich an.
Ich erinnerte mich daran, wie geschockt Elena gewesen war, als sie das erste Mal von der kaltherzigen Persönlichkeit ihrer leiblichen Mutter erfahren hatte und schluckte. Ich durfte sie jetzt unter keinen Umständen im Stich lassen.
"Ich lasse dich nicht allein da reingehen, Zoey!", sagte Damon kopfschüttelnd.
"Das ist viel zu riskant", stimmte Alaric ihm zu, "Und das nicht nur für dich, sondern für alle, die da drin sind."
"Wenn sie mich nicht erkennt, wird keinem etwas geschehen! Außerdem kann sie in Mitten von so vielen Zeugen ohnehin nichts unternehmen!", widersprach ich und fuhr mir aufgebracht durchs Haar.
"Zoey, diese Frau ist komplett skrupellos und wahrscheinlich auch nicht mehr ganz bei Sinnen!", sagte Damon etwas lauter.
"Hey!", warf Alaric ein, was den Schwarzhaarigen kurz die Augen verdrehen ließ.
"Es ist die Wahrheit, auch wenn Sie es nicht hören wollen, Ric!", sagte Damon kurz an ihn gewandt, "Das heißt, es wird sie nicht kümmern, ob dort Zeugen sind oder nicht!" Ich begegnete seinem unnachgiebigem Blick und schüttelte den Kopf, als mir so langsam die Argumente ausgingen.
"Bitte Damon!", flehte ich langsam verzweifelt, "Es geht um Elena! Du weißt nicht, wie fertig sie sowieso schon von der Tatsache war, dass ihre leibliche Mutter ein bösartiger Vampir ist! Und jetzt muss sie sie auch noch treffen! Sie braucht mich da drin! Bitte!"
Flehentlich blickte ich ihn an. Er musste mich gehen lassen!
Ich sah wie Damon sichtlich mit sich haderte und es schien eine Ewigkeit zu vergehen, ehe er hörbar ausatmete und etwas nickte.
"Geh", sagte er leise und ich atmete erleichtert auf, "Sei aber vorsichtig!"
Unendlich dankbar nickte ich ihm kurz zu, ehe ich mich von ihm und Alaric abwandte und zum Eingang des Gebäudes lief, während ich hinter mir noch den Widerspruch des Letzteren hörte, dem ich aber keine Beachtung mehr schenkte.
Ich öffnete die Tür und betrat eilig, jedoch nicht zu schnell, das Grill.
Drinnen angekommen blickte ich mich suchend um. Als erstes erkannte ich Stefan, der bei den Billardtischen stand und mich erschrocken ansah, worauf ich ihm mit einem kaum merklichen Kopfschütteln zu verstehen gab, dass er bitte weniger auffällig reagieren sollte.
Da konnte ich nur hoffen, dass ich Isobel nicht auch so schnell aufgefallen war.
Da sah ich sie.
Elena saß in der Mitte des Raumes an einem der kleineren Tische und führte ein angespanntes Gespräch mit einer schwarzhaarigen Frau, von der ich lediglich den Rücken sehen konnte. Das musste Isobel sein.
Möglichst unauffällig nährte ich mich den beiden, ehe ich mich an einen freien Tisch niederließ, wo ich in Hörweite war. Ich senkte den Kopf und ließ mein Haar über meine Schulter in mein Gesicht fallen, ehe ich lauschte.
"'Ich will die Erfindung'", hörte ich Isobels berechnende Stimme und runzelte verwirrt die Stirn. Von was für einer Erfindung redete sie?
"'Ich hab sie aber nicht!'", widersprach Elena trotzig.
"'Das weiß ich!'", sagte Isobel kühl, "'Aber Damon hat sie. Und du wirst sie mir besorgen.'"
"Die Gilbert-Erfindung", hauchte ich kaum hörbar, als es mir einfiel.
Damon hatte vor einigen Wochen, kurz nach Stefans Entführung von den Gruftvampiren, von Pearl eine alte Erfindung von Jonathan Gilbert erhalten, von der jedoch keiner von uns wusste, wozu sie gut war. Elenas Onkel John hatte Damon wegen ihr bereits schon unter Druck gesetzt, jedoch ohne Erfolg. Und jetzt tauchte Isobel hier auf und wollte das gleiche? Da stimmte doch etwas gewaltig nicht!
"'Er wird sie mir nicht geben!'", sagte Elena kopfschüttelnd und ich spannte mich an, während ich unruhig zu Stefan sah, der jederzeit bereit schien, einzugreifen.
"'Dann wird das Blut an deinen Händen kleben'", sagte Isobel so gelassen, als würde sie übers Wetter sprechen, ehe ich hörte wie sie aufstand, "'Es war schön dich kennenzulernen, Elena.'"
Ich blickte auf zu Elena, als Isobel an mir vorbeilief und sprang instinktiv auf, als ich ihr Gesicht sah. Sie war den Tränen nah.
Ich machte Anstalten zu ihr zu laufen, als sich plötzlich eine kalte Hand um meinen linken Arm schloss und ich erschrocken herumfuhr.
Wie erstarrt blickte ich in Isobels kalte blaue Augen und erkannte in dem Moment meinen Fehler. Meine Reaktion gerade war viel zu auffällig gewesen.
"Sieh einer an. Dieses Gesicht kenn ich doch", murmelte sie und ich schluckte, als Angst in mir hochstieg, "Das ändert natürlich Einiges." Sie kannte mein Gesicht! Wieso hatte ich nicht bedacht, dass sie mich als Doppelgänger erkennen könnte?
"Alie!", rief Elena erschrocken hinter mir, doch ich konnte mich nicht rühren. Alles was ich spürte, war Isobels kalte Hand und ihre Nägel, die sich schmerzhaft in meinen Arm bohrten.
Die Schwarzhaarige blickte bei dem Ruf jedoch auf und ich sah die Erkenntnis, die kurz über ihr Gesicht huschte, ehe sie wieder zu mir sah.
"Du bist also Nathalie", sagte sie und das Lächeln, das auf ihrem Gesicht erschien, ließ das Blut in meinen Adern gefrieren. Sie wusste viel mehr als wir geahnt hatten.
Da hörte ich schwere Schritte hinter mir und für einen Moment schaffte ich es den Blick von Isobel loszureißen und hinter mich zu sehen. Stefan war zu uns getreten, den Blick eisern auf die Schwarzhaarige gerichtet, was seine drohende Aufforderung an sie mehr als deutlich machte, auch wenn sie unausgesprochen blieb.
Mein Blick glitt wieder zu Isobel, die nur unbeeindruckt zwischen uns hin und her sah, ehe sie Elena fixierte.
"Besorg mir die Erfindung, Elena. Oder ich werde jeden umbringen, der dir etwas bedeutet, angefangen mit deiner besten Freundin hier."
Ich schluckte schwer, als die Angst in mir noch größer wurde, doch ich konnte eine kühle Miene bewahren.
Isobel ließ mich los und ich rieb mir über meinen schmerzenden Arm, als sie an Stefan vorbei zum Ausgang lief.
Da entdeckte ich plötzlich Bonnie, die gerade an Isobel vorbei ins Grill getreten war und abrupt stehenblieb, als sie uns sah. Ich merkte, wie ihr Blick unsicher an Elena hängenblieb und schaute ebenfalls zu der Dunkelhaarigen.
Diese weinte inzwischen tatsächlich und kurz sah ich nochmals ungläubig zu Bonnie, die sich nun abgewandt hatte, um das Gebäude wieder zu verlassen, ehe ich mich ganz zu Elena wandte und sie in meine Arme zog. Jetzt ließ Bonnie auch noch Elena im Stich, wenn sie sie am dringendsten brauchte?!
Kopfschüttelnd strich ich beruhigend über Elenas Rücken, während sie leise schluchzte.
"Was ist passiert?", hörte ich da Damons Stimme und ohne Elena loszulassen sah ich über die Schulter zu ihm auf. Er war gefolgt von Alaric zu uns getreten und blickte mich besorgt an.
"Isobel will die Gilbert Erfindung", erklärte Stefan angespannt und Damon runzelte die Stirn.
"Sie glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich ihr die gebe, oder?", fragte er wenig beeindruckt und ich presste die Lippen zusammen. Isobel hatte mit ihrer Drohung wohl sicherstellen wollen, dass er seine Meinung änderte.
"Sie sagte, dass sie sonst jeden in Elenas Umfeld tötet", sagte Stefan, "Angefangen mit..." Er zögerte und sah unsicher zu mir.
Ich öffnete den Mund, um seinen Satz zu vollenden, doch Elena kam mir zuvor.
"Angefangen mit Alie...", hauchte sie mit gebrochener Stimme und ich konnte sehen, wie sich Damons Blick gefährlich verdunkelte. Ich ließ Elena langsam los, um zu ihm zu treten.
"Das soll sie nur versuchen", murmelte er in diesem Moment jedoch leise, ehe er sich plötzlich abwandte und entschlossen Richtung Tür lief.
"Damon!", rief ich ihm erschrocken hinterher, doch er war schon draußen. Ich wechselte einen beunruhigten Blick mit den anderen, ehe ich mir durchs Haar fuhr.
Ich hatte eine dunkle Ahnung, was er jetzt vorhatte.
***
"Bist du dir sicher, dass du hier sein willst?", fragte ich Elena schon bestimmt hundertsten Mal heute und zum hundertsten Mal nickte sie.
"Ja, ich will etwas zu tun haben. Daheim werde ich noch wahnsinnig", erwiderte sie und ich seufzte, während wir über den großen Platz liefen und das bunte Treiben um uns herum beobachteten.
Zwei Tage war es jetzt her, dass Isobel Elena bedroht hatte und seitdem hatten wir auch nichts mehr von ihr gehört. Damon hatte ihr noch am gleichen Tag einen Besuch abgestattet, in ihrer Wohnung, die er ausfindig gemacht hatte, und ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass er sie töten würde, sollte sie Elena oder gar mir zu nahe kommen. Naja, zumindest hatte er es mir so gesagt. Wie genau er ihr das klar gemacht hatte, konnte ich mir dennoch vorstellen.
Zumindest schien es seine Wirkung zu haben, denn Isobel hatte uns seitdem in Frieden gelassen, doch Sorgen machte ich mir trotzdem. Sie schien nicht die Art von Frau zu sein, die einfach so aufgab.
"Caroline ist mit dem Wagen fast fertig", riss mich Elena aus den Gedanken und deutete auf den besagten Umzugswagen, wo die Blonde eifrig Befehle erteilte. Ich musste ein wenig lächeln. Der Umzug zum Gründerfest fand schon morgen statt und Caroline hatte ganze Arbeit geleistet. Der Miss Mystic Falls Wagen sah bereits wunderschön aus. Dennoch hatte sie Elena und mich ermahnt etwas mehr mitanzupacken, da wir die letzten Tage ja nicht da gewesen waren.
"Hast du die Tage eigentlich mal mit Bonnie geredet?" Irritiert sah ich Elena an. Mit Bonnie? Ich hatte, seitdem sie Elena und mich einfach im Grill stehengelassen hatte, keinen Gedanken an sie verschwendet.
"Nein, wieso sollte ich?", sagte ich verwirrt und Elena setzte zu einer Antwort an, als plötzlich ein Ruf hinter uns ertönte.
"Hey, Alie!", ich drehte mich herum und spannte mich unwillkürlich an, als ich Jeremy erkannte, der gerade zu uns trat, "Kann ich dich kurz sprechen? Allein?"
Misstrauisch sah ich ihn an. Er hatte mich die letzten Wochen, genauer gesagt, seit ich ihm in meinem Haus stehengelassen hatte, gemieden und nicht ein Wort mehr mit mir gesprochen, worüber ich auch ganz froh gewesen war. Und jetzt wollte er plötzlich reden?
"Ich habe gerade keine Zeit", antwortete ich nach kurzer Überlegung und wollte mich abwenden, doch Jeremy stellte sich mir in den Weg.
"Bitte. Es ist wichtig", sagte er eindringlich, aber dennoch ruhig.
"Hey, Jer", mischte sich Elena plötzlich ein und ich blickte zu ihr, "Alles okay?" Ich sah ihr die Anspannung deutlich an und erinnerte mich. Sie und Jeremy hatten einen heftigen Streit wegen ihrem Tagebuch geführt, durch das er herausgefunden hatte, dass sie Damon dazu gebracht hatte ihn Vickys Tod und alles über Vampire vergessen zu lassen.
"Alles bestens, Elena", sagte Jeremy kalt, ohne seine Schwester auch nur anzusehen, "Also können wir reden?" Fragend sah er mich an und ich seufzte.
"Na schön", gab ich auf und kurz sah ich wie Erleichterung über sein Gesicht glitt, ehe er sich abwandte und sich etwas von der beschäftigten Menschenmenge, in der wir standen, entfernte. Ich warf Elena noch einen entschuldigenden Blick zu, ehe ich ihm zu ein paar Bäumen am Rande des Platzes folgte, wo uns nicht jeder zuhören und sehen konnte.
"Also, was willst du?", fragte ich, kaum dass wir stehengeblieben waren und verschränkte die Arme. Jeremy drehte sich zu mir herum und atmete kurz tief durch.
"Ich wollte mich bei dir entschuldigen", sagte er schließlich und überrascht sah ich ihn an. Damit hatte ich absolut nicht gerechnet.
"Entschuldigen?"
"Ja", murmelte er nickend, "Für das was beim Gründerfest passiert ist. Mein Verhalten war unmöglich. Ich hätte deine Entscheidung einfach respektieren sollen und stattdessen hab ich..." Er hielt inne und blickte schuldbewusst zu Boden.
"Mich wie ein kompletter Idiot aufgeführt?", vollendete ich seinen Satz und er nickte, ehe er mich wieder ansah.
"Genau. Alie, es tut mir wirklich leid. Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe und schwöre dir, dass das nicht mehr vorkommt", ehrlich sah er mir in die Augen, ehe er fortfuhr, "Ich werde dich ab jetzt in Ruhe lassen... Auch wenn es schwer für mich ist." Kurz musterte ich ihn unsicher. Meinte er das wirklich ernst? Oder war das wieder nur ein Trick?
Doch sein Blick war mehr als ehrlich. Er schien tatsächlich die Wahrheit zu sagen.
"Okay", sagte ich schließlich und löste meine verschränkten Arme, "Entschuldigung angenommen."
Sein Gesicht erhellte sich merklich und ich konnte fast hören wie ihm der Stein vom Herzen fiel, als er mich erleichtert anlächelte. Jedoch verschwand dieser Ausdruck schnell wieder und ich sah, wie er misstrauisch die Stirn runzelte, als sein Blick hinter mich fiel.
"Was ist?", fragte ich nach und drehte mich um. Ich erkannte zwei Personen, die zu uns getreten waren. Einen großgewachsenen, muskelbepackten Mann und eine sportlich aussehende Frau hatten sich vor uns aufgebaut und musterten uns eindringlich.
Ich schluckte schwer, als mich ein ungutes Gefühl überkam.
"Freunde von dir?", fragte ich an Jeremy gewandt, ohne die beiden aus den Augen zu lassen, während ich unauffällig etwas näher zu ihm trat.
"Nein", antwortete Jeremy leise und ich hörte in seiner Stimme, dass ihm Situation ebenfalls nicht geheuer war.
"Dann macht es ihnen bestimmt nichts aus, wenn wir jetzt gehen", sagte ich bemüht gelassen und versuchte an ihnen vorbei zurück zur rettenden Menschenmenge zu gehen, die noch auf dem großen Platz war und jetzt viel zu weit weg schien.
Der Mann reagierte prompt auf meinen Fluchtversuch und stellte sich mir in den Weg, während die Frau mich grob am Arm griff.
"Hey!", rief Jeremy aus, während ich mich im gleichen Moment losriss und keine drei Sekunden später von ihm zurückgezogen wurde, so dass er nun schützend vor mir stand, "Was ist euer Problem?!" Er baute sich bedrohlich vor den beiden auf, jedoch bezweifelte ich stark, dass Jeremy so einem Muskelprotz lange standhalten konnte.
Unauffällig zog ich mein Handy hervor und tippte schnell eine SMS, jedoch kam ich nicht dazu sie abzuschicken, da in diesem Moment etwas neben mir auftauchte und schmerzhaft mein Handgelenk zur Seite riss.
"Das würde ich lassen", sagte eine weibliche Stimme kühl und ich erkannte Isobel, die mir mit ihrer freien Hand das Handy abnahm.
"Wer sind Sie?!", fragte Jeremy, der zu uns herumgefahren war, jedoch im gleichen Augenblick von dem Mann, dem er den Rücken zugekehrt hatte, niedergeschlagen wurde.
"Jeremy!", rief ich erschrocken aus, als er zu Boden fiel und sich nicht mehr rührte, ehe ich zu Isobel aufsah, "Was soll das?! Was wollen Sie?!" Die Schwarzhaarige lächelte nur leicht.
"Ich will die Erfindung. Und damit Elena und Damon motiviert genug sind, sie mir zu geben, brauche ich ein Druckmittel", erklärte sie gelassen, "Eigentlich hatte ich dafür Elenas kleinen Bruder im Sinn, aber du bist sogar noch besser geeignet." Mir wurde übel, als ich begriff, was sie vorhatte. Sie wollte mich als Geisel nehmen, um von Damon das Gilbert-Gerät zu erpressen. Das eine Gerät, das Vampire wie Damon vielleicht sogar töten konnte. Auch wenn wir nichts genaues über die Erfindung wussten, Jonathan Gilbert hatte nur Waffen gegen Vampire entwickelt. Und diese würde keine Ausnahme sein.
"Nein!", sagte ich kopfschüttelnd und versuchte mich aus ihrem Griff zu befreien, "Sie kriegen das Ding nicht! Niemals!"
"Das werden wir ja sehen." Ich sah noch Isobels unverändertes kühles Lächeln, ehe ich einen starken Schlag auf dem Kopf spürte und in endlose Dunkelheit fiel.
***
Dröhnende Kopfschmerzen. Das war alles, was ich spürte, als ich aufwachte. Das und starke Übelkeit. Ich stöhnte schmerzerfüllt auf und versuchte die Augen zu öffnen, was mir schließlich auch nach einer Weile gelang. Mit leicht verschwommenen Blick erkannte ich ein fremdes, spärlich eingerichtetes Zimmer. Außer ein paar Sesseln und dem Teppich, auf dem ich lag, war er komplett leer.
Isobel hatten nur mich mitgenommen? Hoffentlich war Jeremy nicht ernsthaft verletzt.
Ich richtete mich etwas auf und verzog das Gesicht als die Kopfschmerzen schlimmer wurden. Vorsichtig tastete ich meinen Hinterkopf ab, von wo der Schmerz ausging, als ich nasse Haarsträhnen spürte. Erschrocken zog ich meine Hand zurück und sah das Blut, das an meinen Fingerspitzen klebte.
"Klasse", murmelte ich, ehe mein Blick zur Tür glitt, die weit offen stand. Jedoch blickte ich direkt ins Gesicht des Muskelprotzes, der im Flur stand und mich eisern beobachtete.
Er musste ein Mensch sein, sonst hätte er wahrscheinlich längst eine Reaktion auf meine blutende Wunde gezeigt. Isobel hatte ihn bestimmt manipuliert, mich zu bewachen.
Mit wackeligen Beinen zog ich mich auf einen der Sessel hoch, während ich darauf wartete, dass der Schwindel nachließ.
Ich konnte keinen Fluchtversuch wagen, wenn ich nicht einmal geradeaus laufen konnte.
Aber zu lange durfte ich nicht warten. Ich konnte nicht zulassen, dass Damon nachgab und Isobel das Gerät übergab. Wenn ihm wegen mir etwas geschah, würde ich mir das nie verzeihen.
Entschlossen blickte ich mich um und suchte den Raum nach Fluchtmöglichkeiten ab. Es gab hier ein Fenster. Jedoch würde ich es unmöglich öffnen können, so lange dieser Mann mich im Blick hatte. Das zweite Problem war, dass ich nicht wusste, in welchem Stock ich mich befand. Am Ende würde ich in den Tod springen.
Kopfschüttelnd suchte ich weiter.
Sonst führte nur diese eine Tür aus dem Raum heraus. Und dort stand noch immer das Muskelpaket.
Verdammt.
Ich horchte auf, als ich plötzlich Stimmen aus dem Flur hörte, die stetig lauter wurden.
Ich erkannte, dass eine von ihnen Isobels war und auch die männliche Stimme kam mir bekannt vor, jedoch konnte ich sie noch nicht einordnen.
"'Wieso hast du mich dann herbestellt?'", fragte der Mann.
"'Weil ich das Nächstbeste habe'", erwiderte Isobel, als sie in diesem Moment das Zimmer betrat, gefolgt von...
"John?!", fragte ich ungläubig, als ich ihn erkannte und im gleichen Moment Wut in mir hochstieg. War ja klar, dass er da mit drinsteckte.
Jedoch musterte John Gilbert mich genauso ungläubig wie ich ihn, ehe er zu Isobel herumfuhr, die ihr übliches kühles Lächeln aufgesetzt hatte.
"'Was soll das werden?!'", fragte er aufgebracht und ich runzelte die Stirn.
"'So bekomme ich, was ich will'", antwortete Isobel schulterzuckend und ich blickte skeptisch zwischen den beiden hin und her. Zumindest schien er mit der Entführung nichts zu tun zu haben.
"Ja, aber sie ist mein Patenkind! Und du wirst sie augenblicklich gehen lassen!", sagte John verärgert und ich spürte wie mir der Mund aufklappte.
Bitte was? Ich war sein... Patenkind?!
Davon hatte man mir in meinen siebzehn Lebensjahren noch nie erzählt! Weder John noch irgendeiner aus meiner Familie! War das vielleicht ein Bluff? Aber was hätte das für einen Sinn?
"'Der kitschige Ring an deinem Finger... Der kommt runter'", riss mich Isobel aus meinem Gedankenwirrwarr und ich blickte zu dem großen Silberring an Johns Hand, der dem von Alaric zum Verwechseln ähnlich sah.
"'Ich bitte dich. Komm schon, Isobel, ich kenne dich doch!'", redete er auf sie ein, "'Okay? Ich bin's, John! Du kannst einem Kind nichts tun!'" Ich blickte wieder zu Isobel, die keinerlei Gefühlsregung zeigte.
"Du musst wissen, Vampire besitzen die Fähigkeit ihre Gefühle abzuschalten. Das heißt, jedes Gefühl, egal ob Liebe, Trauer, Wut, Reue oder Ärger, alles ist mit einem Schlag weg", schossen mir Lexis Worte durch den Kopf.
Genau das musste Isobel getan haben.
"'Ich töte sie und beweise dir das Gegenteil'", sagte sie, "So oder so hätten wir dann unser Ziel erreicht." Ich spürte wie Angst in mir hochkroch, doch ich verdrängte sie schnell. Von welchem Ziel sprach sie? Von der Erfindung? Aber mit meinem Tod würden sie es nie von Damon kriegen...
"'Wirklich? So weit ist es schon mit dir?!'", fragte John erschrocken und ich konnte nur den Kopf schütteln. Für jemanden, der Vampire um alles in der Welt vernichten wollte, wusste er erschreckend wenig über sie. Er würde nicht zu ihr durchdringen, egal wie sehr er sich bemühte.
"'Ich... Ich weiß ja, dass du dich verändert hast, okay?'", sprach John weiter, "'Aber die alte Isobel ist noch immer irgendwo da drin! Oder nicht? Komm schon. Lass sie bitte gehen!'" Bittend blickte er sie an.
"'Okay'", erwiderte Isobel da und misstrauisch sah ich zwischen den beiden hin und her. Diese Reaktion von ihr war viel zu schnell und plötzlich gekommen. Das konnte sie nie und nimmer ehrlich meinen.
Sie tätschelte Johns Schulter, welcher erleichtert nickte, ehe sie ihrem Lakaien irgendwas auf Französisch sagte. Dieser erwachte darauf aus seiner Starre und wandte den Blick von mir ab, ehe er in den Raum trat.
"Komm", sagte John zu mir und ich sah zu ihm auf, als er plötzlich genau wie Jeremy zuvor von dem Mann hinterrücks niedergeschlagen wurde. Erschrocken sprang ich auf und wich zurück, wobei ich mich an der Wand abstützen musste, um durch den Schwindel nicht zu fallen, während der Mann weiter auf John eintrat.
"'Okay'", sagte Isobel da schon fast sanft und der Mann ließ von John ab, der blutend nach Luft rang, ehe die Schwarzhaarige sich zu ihm hinunterbeugte und ihm den Ring vom Finger zog, "'Netter Versuch. Mal sehen, was du ohne den anfängst.'" Damit stand sie auf und verließ den Raum, während ihr Lakai ihr folgte und die Tür hinter sich schloss. Ich hörte das Klicken der Türverriegelung und sofort schnellte mein Blick zum Fenster. Das war meine Chance!
Ich trat schwankend an die Scheibe heran und blickte nach draußen. Es wurde bereits dunkel, doch darauf achtete ich nicht. Wir waren im ersten Stock... Das könnte schwierig werden.
"Tu es nicht", kam es da warnend von John, der sich gerade vom Boden etwas aufrappelte, "Das ganze Haus ist alarmgesichert. Sie würden dich sofort erwischen" Seufzend wandte ich mich vom Fenster ab und ließ mich wieder auf den Sessel fallen, während ich nochmals vorsichtig meinen Hinterkopf abtastete. Musste das so wehtun?
"Alles okay?", hörte ich John besorgt fragen und überrascht sah ich ihn an. So eine Frage hatte ich ihn noch nie von ihm gehört. Seit wann interessierte er sich für andere?
"Mir geht's gut", sagte ich kühl, ehe mir seine Worte von eben wieder einfielen und ich skeptisch die Augen verengte, "Warum bezeichnest du mich als deine Patentochter?"
"Weil es so ist", antwortete er trocken und ich hob entsetzt die Augenbrauen.
"Und warum zur Hölle weiß ich davon nichts?"
"Sagen wir, dass ich deinem Vater vor siebzehn Jahren näherstand als heute", erklärte John schulterzuckend und setzte sich aufrecht hin, "Und dass, sollte deinen Eltern etwas zustoßen, sowieso erst einmal dein Onkel das Sorgerecht bekäme. Aber da du ja bald 18 wirst, spielt das ohnehin keine große Rolle mehr." Ich konnte nur den Kopf schütteln.
Das war die schlechteste Entscheidung, die meine Eltern je getroffen hatten. Ich würde tausend Mal lieber hunderte Kilometer weit weg nach Florida zu Onkel Mason ziehen, als nur einen Tag bei John zu bleiben.
Ich wurde aus den Gedanken gerissen, als ich plötzlich Schritte vor der Tür hörte, die aber schnell wieder leiser wurden.
"Was hat sie eigentlich vor?", fragte ich leise, als ich Johns unsicheren Blick bemerkte, "Was denn?"
"Ich weiß nicht, wie viel Damon dir erzählt hat...", sagte er langsam und ich hörte an seiner Stimme, dass er etwas ganz anderes meinte. Wie sehr Damon mich manipuliert hatte, das war seine eigentliche Frage.
"Ich weiß alles", antwortete ich verärgert, "Von Damon, von Vampiren und von dem blinden Hass des Gründerrates." Mir war bewusst, dass es nicht sehr schlau war, ihm das zu sagen, doch er hatte den Rat bisher auch nichts von Damons wahrer Identität erzählt, also konnte er ihnen auch nicht sagen, dass ich davon wusste.
"Unser Hass auf Vampire mag vieles sein, aber sicher nicht blind", sagte John und schien von meinen Worten nicht im Mindesten beeindruckt zu sein, "Nimmst du Eisenkraut?"
Ich unterdrückte es, die Augen zu verdrehen.
Er behandelte mich wie ein unwissendes Kind!
"Ich brauche es nicht. Ich bin immun gegen Manipulationen!", sagte ich genervt und war schon auf seinen Unglauben gefasst, jedoch schien John auch hier wenig überrascht.
"Stimmt, Isobel erwähnte etwas in der Richtung", sagte er leise und mein Geduldsfaden begann zu reißen. Er wusste doch genau, was ihr Plan war!
"Was will sie mit der Erfindung?", fragte ich, doch ehe John antworten konnte, sprach ich schon weiter, "Ich weiß, dass du sie schon von Damon wolltest, wahrscheinlich weil es eine Waffe gegen Vampire ist, aber warum sollte sie dir dabei helfen?"
"Es ist eine Waffe", sagte John nickend, "Mit ihr können wir ganz Mystic Falls von Vampiren befreien. Isobel hat das gleiche Ziel, auch wenn sie dafür ihre eigenen Gründe hat." Ich holte erschrocken Luft. Die Waffe konnte alle Vampire der Stadt umbringen? Dann war sie bedeutend gefährlicher als der Kompass, der lediglich Vampire enttarnte. Das war gar nicht gut.
"Wie genau funktioniert die Waffe?", fragte ich leise, doch John schien mich sofort zu durchschauen.
"Denkst du, das sage ich dir, damit du es Damon erzählen kannst?", erwiderte er kühl und ich schnaubte.
"Damon und Stefan sind nicht unsere Feinde", sagte ich kopfschüttelnd, "Nicht alle Vampire sind Monster!" Ich begegnete erneut Johns Blick, der mich nicht im Mindesten ernst nahm.
"Es gibt keine guten Vampire, Nathalie", sagte er in einem Ton, als müsste er einem Kleinkind erklären, dass Schlangen giftig waren, "Sie können den Anschein erwecken, durch ihr menschliches Aussehen, aber früher oder später schlagen sie zu. Du siehst es ja bei Isobel. Ich habe versucht, Menschlichkeit bei ihr zu finden. Doch dort ist keine, auch wenn sie es manchmal vortäuscht." Nun verdrehte ich doch die Augen. Er hatte absolut keine Ahnung!
"Vielleicht ist das bei Isobel so, doch bei Damon ist es anders. Und niemand wird mich vom Gegenteil überzeugen", sagte ich fest und ich sah wie Enttäuschung in Johns Gesicht trat, welche mich jedoch absolut kalt ließ.
"Was würden deine Eltern sagen, wenn sie wüssten, dass du mit einem Vampir zusammen bist?", fragte er leise und ich blickte ihn herausfordernd an. Sollte das eine Drohung sein?
"Meine Eltern haben nicht zu entscheiden mit wem ich zusammen bin."
"Vielleicht nicht. Aber als ihre Tochter sollte dir wichtig sein, was sie denken." Ich schwieg bei seinen Worten nur und wandte mich ab.
Es hatte keinen Sinn mit ihm zu diskutieren. Er war so in seinem Hass auf Vampire verbohrt, dass er keine andere Ansicht zuließ. Vor allem nicht meine, da ich in seinen Augen ein unwissendes Kind war.
Ich schüttelte den Kopf.
Ich wusste es besser. Ich wusste, dass Gutes in Damon steckte. Ich war mir sicher, dass er mich nie verletzen würde. Jetzt nicht mehr.
***
Ich schreckte auf, als ich hörte wie eine Tür aufging und schlug verwirrt die Augen auf.
Ich befand mich in einem Auto auf dem Rücksitz.
Wie zum Teufel war ich hierher gekommen?
Verdammt, ich musste eingeschlafen sein! Vielleicht war ich auch ohnmächtig geworden, so sehr wie mein Kopf schmerzte.
"Aussteigen!", hörte ich eine tiefe Stimme und ich sah auf. Der Muskelprotz stand neben dem Wagen und hielt die Autotür auffordernd auf. Einen kurzen Moment zögerte ich, ehe ich vom Rücksitz rutschte und schwankend auf die Beine kam, während sich meine Umgebung schon wieder zu drehen begann. Wo waren wir?
Es war komplett dunkel, nur ein paar wenige Straßenlaternen spendeten Licht, so dass ich nicht viel erkennen konnte.
Jedoch kam ich auch gar nicht dazu, mich umzusehen, da mich der Mann grob am Arm packte und rücksichtslos mit sich zog.
"Hey!", rief ich aus, "Was-" Ich konnte nicht weitersprechen, da mit dieser plötzlichen Bewegung auch der Schwindel und die Kopfschmerzen mit voller Kraft zurückkehrten und ich meine Konzentration ganz aufs Laufen richten musste, um nicht hinzufallen.
Mein Kopf dröhnte furchtbar und hätte mich der Muskelprotz nicht festgehalten, wäre ich wohl schon längst zu Boden gefallen.
Tatsächlich stürzte ich sogar nach vorne, als wir urplötzlich anhielten, jedoch legte sich in diesem Moment ein Arm grob um meinen Hals und zog mich so wieder nach oben. Der Mann hielt mich erbarmungslos fest, als ich nach vorne blickte und endlich erkannte, wo wir waren.
Im Stadtpark von Mystic Falls.
"Wo ist Alie?", hörte ich da plötzlich jemanden fragen und unendliche Erleichterung durchflutete mich, als ich Elenas Stimme erkannte. Suchend blickte ich mich nach ihr um, doch wir standen, direkt hinter einem größeren Gebüsch, das mir die Sicht verwehrte.
"'Das ist keine Verhandlung'", hörte ich eine zweite Stimme aus der gleichen Richtung, "'Wo ist die Erfindung?'" Das war Isobel. Oh nein! Mit einem Mal begriff ich, wieso wir hier waren. Das war ein Austausch! Elena wollte Isobel die Erfindung geben!
"Wo ist Alie?!'", wiederholte Elena direkter, aber dennoch gefasst.
"'Glaubst du wirklich, dass ich allein gekommen bin?'", fragte Isobel kühl, als der Muskelprotz mich keinen Moment später mit sich zog und wir hinter dem Gebüsch hervortraten. Mein Blick war frei und suchend sah ich über den Platz, wo ich Isobel und Elena entdeckte. Letztere entdeckte mich ebenfalls und ich sah wie sie erleichtert aufatmete, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Isobel richtete.
"'Glaubst du wirklich, dass ich allein gekommen bin?'", fragte sie und genau wie Isobels Lakai, der noch immer hinter mir stand und mich im Würgegriff hielt, traten nun hinter Isobel zwei Gestalten hinter einer Böschung hervor. Ich erkannte Damon und Stefan und atmete nochmals erleichtert auf. Hoffentlich hatten sie einen Plan. Sie durften Isobel die Erfindung nicht einfach überlassen!
"'Du meine Güte'", sagte Isobel kopfschüttelnd, die den Brüdern einen Blick über die Schulter zugeworfen hatte, "Gib mir die Erfindung und ich lasse sie frei."
Elena runzelte die Stirn und blickte skeptisch zu mir.
"Du wolltest ihr nie ernsthaft etwas tun", sagte meine beste Freundin leise.
"'Nein... Ich wollte sie töten. Such nicht nach positiven Eigenschaften in mir. Ich habe keine'", erwiderte Isobel kalt.
"'Aber du bist ein Risiko eingegangen mit Damon! Woher wusstest du, dass er es mir geben würde?'", fragte Elena noch immer skeptisch.
"Wer er sie liebt, Elena", antwortete Isobel, als wäre es das Offensichtlichste der Welt und wie von allein wanderte mein Blick zu Damon, der mich ebenfalls besorgt musterte. Isobels Worte schossen durch meinen Kopf und ich war von mir selbst überrascht, wie sehr sie mich beschäftigten.
Damon liebte mich...
Dieser Satz klang so fremd. So ungewohnt.
Und ich wusste auch warum. Er hatte es seit wir uns kannten nicht einmal zu mir gesagt...
"'Danke'", riss mich Elenas Stimme aus den Gedanken und ich sah zu ihr. Sie hatte Isobel gerade die Erfindung in die Hand gedrückt. Sie übergab sie tatsächlich?!
"'Wofür?'", fragte Isobel nach, während sie das Gerät einsteckte.
"'Dafür, dass du so eine herbe Enttäuschung für mich bist'", antwortete Elena, "'So bleibt die Erinnerung an meine richtige Mutter absolut unversehrt.'" Diese harten Worte schienen Isobel wie erwartet absolut kalt zu lassen, da sie nur wieder lächelte.
"'Leb wohl, Elena'", sagte sie noch, ehe sie in vampirischer Geschwindigkeit verschwand und der Griff um meinen Hals plötzlich ebenfalls nachließ.
Jedoch wurde ich im gleichen Moment grob nach vorne gestoßen und ich verlor mein Gleichgewicht, so dass ich reflexartig die Augen schloss, auf den harten Aufprall gefasst.
Jedoch spürte ich stattdessen wie sich Arme um mich legten und ich aufgefangen wurde.
Verwirrt sah ich auf zu Damon, der mich festhielt. Natürlich hatte er mich aufgefangen.
"Danke", hauchte ich leise und schmiegte mich an ihn, während mein Kopf noch immer furchtbar dröhnte. Ich war so froh wieder in seinen Armen zu sein.
"Alie! Ist alles okay?", hörte ich Elena fragen und ich sah, wie sie gefolgt von Stefan neben uns trat.
"Ja, alles gut", sagte ich, "Wie geht's Jeremy? Ist er verletzt?" Er hatte ja ebenfalls einen Schlag auf den Kopf bekommen.
"Ja, nur eine Platzwunde", sagte Elena, was mich aufatmen ließ, "Ich habe ihn vorhin nach Hause gebracht."
Ich nickte erleichtert, ehe ich das Gesicht verzog, als Damon mein Haar etwas von der Wunde strich.
"Du blutest", sagte er leise und ich blickte zu ihm auf, "Ich bringe das Miststück um." Ich sah wie Wut in seine Augen trat und schüttelte schnell den Kopf.
"Mir geht's gut!", sagte ich beruhigend und legte meine Hände an seine Wangen, den Schwindel ignorierend, "Das wird schon wieder."
"Wir sollten dich trotzdem zu einem Arzt bringen", sagte Stefan, der genau wie Elena und Damon prüfend die Wunde beäugte.
"Oder ich gebe dir etwas Blut", fügte Damon hinzu und ich musste unweigerlich lächeln. Sie waren echt süß.
"Es geht schon. Wirklich!", sagte ich, als mir das riesige Problem wieder einfiel, dass wir jetzt hatten, "Könnt ihr mir verraten, warum ihr Isobel die Erfindung überlassen habt? Ich habe herausgefunden, dass sie mit John zusammenarbeitet. Er will sie benutzen, um alle Vampire in der Stadt zu töten. Es-" Ich wurde unterbrochen, als Damon einen Finger auf meine Lippen legte.
"Die Erfindung funktioniert nicht mehr", sagte er und verblüfft sah ich ihn an.
"Was?"
"Bonnie hat sie mit einem Zauber deaktiviert", erklärte Stefan und ich runzelte vollkommen ungläubig die Stirn. Bonnie hatte es deaktiviert? Wie war das möglich?
"Alle Erfindungen von Jonathan Gilbert waren Zauber von Emily", sagte Elena, die meinen Gesichtsausdruck wohl bemerkt hatte, "Ich habe Bonnie gebeten den Zauber von dieser Erfindung zu nehmen, damit wir dich retten können ohne Damon und Stefan zu gefährden."
"Das hat sie getan?", fragte ich leise, "Aber wieso?" Sie hatte doch klargestellt, dass sie mit Damon und Stefan nichts zu tun haben wollte. Also warum sollte sie ihnen helfen?
"Für dich und Elena", sagte Stefan und lächelte sanft, "Sie hat es für euch getan."
Mein Unglaube wich grenzenloser Erleichterung und eine riesige Last fiel von mir. Bonnie hatte das Gerät deaktiviert. Damon drohte keine Gefahr mehr!
"Oh Gott sei Dank", murmelte ich und lehnte mich an Damons Brust, "Ich habe mir solche Sorgen gemacht..."
"Musst du nicht", sagte Damon, der mich noch immer festhielt und nun sachte über meinen Rücken strich, "Das Gerät kann uns nichts anhaben." Ich nickte nur, ehe eine erneute Schmerzwelle durch meinen Kopf schoss und ich das Gesicht verzog.
"Alie?", hörte ich Elena besorgt fragen, "Sicher, dass alles okay ist?"
"Ja", sagte ich schnell, "Ich will einfach nur noch nach Hause." Sie nickte verständnisvoll.
"Ich fahre dich", sagte Damon und ich blickte ihn dankbar an.
"Ruf mich an, wenn du daheim bist", sagte Elena und ich nickte, ehe ihr noch kurz zu lächelte, bevor ich mich von Damon mitziehen ließ. Arm in Arm liefen wir Richtung Straße, wo ich sein Auto entdeckte.
"Sicher, dass du kein Blut brauchst?", fragte Damon als wir bei seinem Wagen ankamen und er mir die Beifahrertür aufhielt, was mich erneut lächeln ließ.
"Ja, das wird schon wieder. Mach dir keine Sorgen", sagte ich und er erwiderte mein Lächeln langsam. Ich stieg ins Auto ein und er schloss die Tür, ehe er keine zwei Sekunden später die Fahrerseite öffnete, um einzusteigen.
In dem Moment musste ich wieder an Isobels Worte denken und unwillkürlich legte ich die Stirn in Falten.
Ob es wohl einen Grund gab, dass er es nie zu mir gesagt hatte?
"Was ist?", fragte Damon, der meinen Gesichtsausdruck bemerkt hatte und ertappt sah ich zu ihm auf. Für einen Moment überlegte ich, ob ich es ansprechen sollte.
"Nichts. Alles gut", sagte ich dann jedoch, "Du kannst losfahren." Ich sah, wie er kurz skeptisch die Augenbrauen hob, ehe er es dabei beließ und den Motor startete.
Nein, ich würde nicht mit ihm darüber reden. Es war lächerlich und kindisch sich über sowas Gedanken zu machen. Er hatte mir seine Gefühle oft genug auf andere Art und Weise gezeigt. Warum also sollte ich darauf bestehen, dass er die magischen drei Worte aussprach?
Ich war mir auch so sicher, dass er mich liebte...
Ich sollte es zumindest sein.
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Ich danke noch wie üblich meiner Lieblingsbetaleserin TheRealLoca für ihre Zeit und all meinen fleißigen Reviewschreibern, die mir immer so viel Motivation geben!
Bleibt gesund!
VLG
Lyana
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