Kapitel 196 "Helpless"
~Ally POV~
Doktor Martens rief nun Mikasa und mich zu sich ins Büro, weshalb ich der Schreckschraube am Empfang das Klemmbrett mit meinen Daten und den Stift zurückgab.
Wortlos nahm sie das Zeug entgegen und wir Mädels folgten dem Mann. Er führte uns in ein Zimmer mit etwa sechzehn Quadratmeter, welches mit Regalen voller Medizinbücher ausgestattet war. Aber auch ein Schreibtisch stand dort, hinter welchem einer und davor zwei Stühle standen.
Wir setzten uns nun alle drei hin und währenddessen schüttelte der Herr unsere Hände kurz. Er schien schon etwas älter zu sein, etwa ende fünfzig und sein ehemals dunkelbraunes Haar durchzogen weiße Strähnen.
,,Also, wie Sie zwei schon wissen bin ich Doktor Martens."
,,Hallo. Ich bin M- Ally Ackermann."
,,Und ich Mikasa Ackermann, sehr erfreut."
,,Angenehm. Sie sind vermutlich verwandt?"
,,Ziemlich weit, aber man bezeichnet uns einfach als Cousinen."
,,Ah, ich verstehe schon, ist einfacher, als den ganzen Stammbaum nachzurechnen."
Der Mann lachte los und damit es nicht so auffiel machte ich einfach mit.
,,Und was führt Sie zwei eigentlich hier her? Schließlich ist Anna eine hervorragende Ärztin."
,,Naja, Sie kennen sie ja, sie redet sehr gerne.", sagte ich, da Mikasa nicht so wirkte, als würde sie jetzt gerne viel sprechen, ,,Und es soll eine Überraschung für ihren Mann werden, falls sie tatsächlich schwanger ist."
,,Aha. Und nach dem was ich aus dem Gespräch herausgehört habe, sind Sie adelig?"
Ich wusste, dass er nur eine Antwort akzeptieren würde. Also gab ich sie ihm.
,,Ja, kann man so sagen."
Meine Hoffnung lag nun einfach darin, dass ich in meinen gefälschten Papieren tatsächlich als adelig betitelt wurde.
,,Mh. Wo arbeiten Sie zwei denn?"
,,Wir sind beim Aufklärungstrupp."
,,Ach, dann stimmt also das Gerücht, dass Anna nun dort arbeitet?"
Bestätigten nickte ich kurzerhand.
,,Interessant. Aber falls Sie tatsächlich ein Kind erwarten sollten, dann müssen Sie sich unbedingt schonen. Also kein Kampftraining und auch keine Expeditionen mehr. War nicht erst vor ein paar Tagen eine?"
,,Ja, aber ich bin extra hier geblieben."
,,Sehr vernünftig, sehr vernünftig...."
Panisch warf meine Freundin mir einen Blick zu, doch ich lächelte sie dennoch aufmunternd an.
,,Und wie lange haben Sie schon ihre Periode nicht mehr?", fragte er sachlich und nun war es an Mikasa zu antworten.
,,Seit etwa drei Monaten."
,,Aha, und haben Sie irgendwelche Beschwerden seitdem?"
,,Mhh, seitdem habe ich ziemlich häufig Migräne und auch des Öfteren starke Stimmungsschwankungen. Und.... oftmals habe ich so ein.... seltsames Ziehen in der Brust. A-Außerdem habe ich etwas Gewichtszunahme, aber das habe ich versucht mit Training auszugleichen."
Der jungen Frau war es wohl offensichtlich peinlich darüber zu reden, doch der Arzt schien daran gewöhnt zu sein. Er nickte verständnisvoll und fuhr fort:
,,Ganz spontan sind das tatsächlich Symptome, die bei einer Schwangerschaft auftreten. Aber um uns ganz sicher zu sein, würde ich Ihnen gerne Blut abnehmen. Ist das in Ordnung?"
,,Natürlich."
Der Mann stand also auf und ging zu einem der Schränke, aus welchem er eine Spritze hervorholte. Ich stand auf und ging etwas weg, damit ich nicht im Weg stand.
Doktor Martens setzte sich nun also auf meinen ehemaligen Stuhl und Mikasa zog ihren Ärmel so weit nach oben, bis ihr Unterarm frei war und der Mann platzierte die Nadel nun an der inneren Seite ihres Armes, gegenüber des Ellenbogens.
Er schien seines Handwerks wirklich bewusst zu sein, aber vermutlich interessierte Mikasa physischer Schmerz nicht sonderlich. Er nahm ihr also etwas von der roten Körperflüssigkeit ab und ging anschließend wieder um seinen Schreibtisch herum.
Gleichzeitig hockten wir uns wieder hin und der ältere Herr verstaute anschließend das Blut, nachdem er die Spritze mit meinem Namen versehrt hatte.
,,Also, da die eventuelle Schwangerschaft ja für Ihren Mann eine Überraschung werden soll, schätze ich, dass ein Brief nicht sonderlich vorteilhaft wäre."
Die Schwarzhaarige mit dem roten Schal nickte.
,,In Ordnung, in zwei Wochen können Sie bestimmt mit Ergebnissen rechnen, daher können Sie dann einfach spontan vorbeikommen. Vermutlich ist das für Sie am angenehmsten."
,,Danke, Doktor Martens."
,,Ist doch selbstverständlich. Also, wir sehen uns dann demnächst wieder. Machen Sie's gut und denken Sie daran: Keine Überanstrengungen."
,,Selbstverständlich."
Wir drei erhoben uns nun von unseren Stühlen und nachdem ich dem Arzt die Hand geschüttelt hatte, tat es so auch Mikasa.
Gemeinsam verließen wir den Raum und gingen durch den Gang, zurück ins Wartezimmer mit der Rezeption. Die Argusaugen der Schreckschraube blickten argwöhnisch hinter ihrem hohen Schreibtisch hervor, während wir an ihr vorbeigingen. Sie verfolgte jede Bewegung von uns, weshalb ich mich ziemlich beobachtet fühlte.
Meiner Freundin ging es nicht anders zu gehen, doch wir ließen uns einfach nichts anmerken. Kaum waren wir wieder draußen schlug uns die heiße Luft des Sommers entgegen und wir hielten unsere Ärmel schützend vor unsere Gesichter.
,,Scheiße, ist das hell...."
,,Und wie."
Nachdem sich unsere Augen etwas an das grelle Licht gewöhnt hatten begaben wir uns zu unseren Pferden und schwangen uns in die Sättel.
Selbstverständlich starrten uns alle Dorfbewohner wieder an, als wir durch die Straßen ritten. Doch dafür interessierten wir uns einfach mal nicht und gingen unseres Weges.
Kaum zwanzig Minuten später stellten wir unsere Tiere in ihre Boxen und betraten das HQ. Ganz wie erwartet hatte niemand unser Verschwinden bemerkt und somit stellte keiner unangenehme Fragen.
,,Ich geh' kurz auf dein Zimmer, Mikasa, da liegt noch meine richtige Uniform."
,,Okay, ich komme mit."
Zu zweit machten wir uns also auf den Weg dorthin und ich war froh, dass ich Levi nicht begegnete. Ansonsten hätte ich mich noch viel schlechter gefühlt, als dass ich es eh schon tat.
Die Klamotten, die ich zu unserem kleinen Ausflug angezogen hatten, gehörten eigentlich nicht mal mir, sondern meiner Cousine.
Natürlich hatte ich auch im Hauptquartier des Aufklärungstrupps einige Anziehsachen, doch die lagen in Levis Appartement und da wollte ich momentan garantiert nicht aufkreuzen.
In ihrem Raum angekommen zog ich mich sogleich um und die Schwarzhaarige begann zu sprechen:
,,Du gehst doch jetzt bestimmt noch zu Levi, richtig?"
Kaum merklich stockte ich kurz in der Bewegung.
,,N-.... nein....."
,,Hah? Wieso denn nicht?!"
,,Das ist gerade etwas kompliziert. Also die Lage."
,,Du meinst ja wohl eher ›eure Lage‹."
,,Urgh, so kann man das auch sehen.", seufzte ich resigniert.
Ich hatte mich von Mikasa abgewendet, da ich wusste, dass sie gerade sauer und vorwurfsvoll war. Und das schlimmste daran war, dass sie ja recht hatte.
,,Das ist aber alles nur so, weil du dich von ihm abwendest! Was soll das Ganze überhaupt, seid ihr noch zusammen oder nicht? Liebst du ihn überhaupt noch? Denn er dich schon!"
,,Natürlich liebe ich ihn! Aber.... es ist besser so. Für ihn."
,,›Für ihn‹?! Alexandra, du hast keinerlei Ahnung was er in den letzten Wochen, nein, Monaten durchgemacht hat! Er vermisst dich und er braucht dich! Und du brauchst ihn."
Mit Tränen in den Augen drehte ich mich endlich um und sah in die verwirrten Seelenspiegel der vielleicht werdenden Mutter.
,,Mikasa, du verstehst das nicht.", flüsterte ich mit erstickter Stimme, ,,Ich werde nicht zurückkommen."
,,Hä? Schon mal was von ›Fernbeziehung‹ gehört? Ihr bekommt das bestimmt hin, also geh zu ihm und redet. Entweder du ziehst diese Beziehung richtig durch, oder du machst mit ihm Schluss. Ally, ihm geht es in letzter Zeit so beschissen, es ist jedem, wirklich ausnahmslos JEDEM aufgefallen! Also geh jetzt zu ihm und diskutiert das aus."
Vorsichtig wischte ich mir die sich bildenden Tränen weg und sah meine Freundin mit einem etwas aufgezwungenem Lächeln an.
,,Ich wünsche dir alles gute für dein Baby und dich, ich bin mir sicher, dass ihr alles durchstehen und du eine fantastische Mutter werden wirst. Mach's gut."
Vollkommen perplex blieb die Schalträgerin stehen und sah mir ohne irgendwas zu entgegnen nach, während ich weglief.
Mir war von Anfang an klar gewesen, dass das Alles in einem riesigen Desaster enden würde.
Auf dem Hof stand zum Glück schon eine Kutsche, in welche ich nun einstieg. Der Fahrer brachte mich wie vereinbart zu dem gewünschten Distrikt, doch dieses Mal stieg ich schon nach dem Tor wieder aus. Und genau das war mein Fehler gewesen.
,,Halten Sie bitte hier an, ich steige aus und laufe den Rest zu Fuß.", gab ich dem Mann als Anweisung und er tat wie gewünscht. Geschickt warf ich ihm seine Bezahlung zu und wand mich der großen Menge zu.
Während ich durch die prunkvollen Straßen lief, versuchte ich irgendwie meine Gedanken etwas klarer zu bekommen, was aber so gut wie gar nicht klappte. Um genau zu sein verwirrte und verunsicherte ich mich selbst nur umso mehr.
Mein Weg führte mich nach einiger Zeit leider in ein paar abgelegene Straßen, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte und mir eine widerwärtige, psychopathische Stimme einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen lies.
,,Hallo, meine liebste Ally, ich hätte nicht gedacht, dass du mich eines Tages wirklich besuchen würdest, nachdem du mich beim letzten Mal so abgewiesen hast."
Erschrocken wirbelte ich herum und erstarrte wie zu Eis, als ich in das krankhaft lächelnde Gesicht eines jungen Mannes sah. Obwohl er eher noch ein Teenager war.
,,W-was machst du hier?!", brachte ich irgendwie heraus und mein Stalker sah mich enttäuscht an.
,,Na was denkst du denn? Hallo zu meiner Süßen sagen."
,,W-Warum bist du überhaupt auf freiem Fuß?"
,,Anscheinend hat es die niemand erzählt, oder du hast es einfach vergessen. Du hast deine Anzeige gegen mich nicht weiter verfolgt, da du im Koma lagst und somit wurde sie aufgehoben."
,,Nein.... das kann nicht sein. Levi hat doch auch-....", stammelte ich, während ich geschockt ein paar Schritte nach hinten taumelte.
,,Fang bloß nicht mit dem an!"
Sein Ton war harsch und so bedrohlich, dass ich unweigerlich zusammenzuckte.
,,Seine Anzeige ist auch durchgekommen, sie wollten mich ins Gefängnis wegen Körperverletzung stecken, haben es aber dann doch nicht. Stattdessen habe ich ein paar Monate in einer Irrenanstalt verbracht und: Tadaa~! Hier bin ich wieder."
Ein riesiges Grinsen zierte seine dünnen Lippen, weshalb sich alles in mir zu drehen begann.
,,Das kann nicht sein...."
,,Offensichtlich schon, meine Ally. Ich wollte dich wirklich öfters besuchen, aber mehr als einmal pro zwei Wochen konnte ich nachts nicht aus der Klink unbemerkt abhauen. Du warst so wunderschön wie eine edle Puppe, wie du da so schutzlos schlafend dalagst."
Zärtlich legte der Mann seine Hand auf meine Wange und strich vorsichtig mit seinem Daumen darüber, während ich meinem Rücken mit panischem Atem gegen die Wand drückte. Mein Brustkorb hob und senkte sich schnell im Sekundentakt.
,,W-was hast du mit mir gemacht?"
Ihm schien meine piepsige Stimme zu gefallen, weshalb er mir mit seinem Körper auch noch immer näher kam.
,,Leider nichts, obwohl ich kurz davor war mit dir zu schlafen. Aber leider kam da diese Ärztin rein und ich musste schnell abhauen."
In meinem Kopf dröhnte alles und ich verfluchte es, dass der Ackerbond nur fast immer seine Wirkung zeigte. Die Betonung liegt dabei eben auf ›fast‹, denn manchmal übernahm die menschliche Natur noch immer das Sagen.
,,Du weißt gar nicht, was wir zwei noch so alles im Bett machen werden. Noch immer habe ich die wildesten Fantasien von dir und mir, es gibt so unendlich viele Möglichkeiten. Wir werden wahnsinnig viele Kinder haben und gemeinsam glücklich werden. Die Zukunft gehört uns beiden, nur du und ich."
Grob drückte mein eigentlich ehemaliger Stalker mich mit seinem Körper gegen die Wand und ich spürte schon, wie eine Panikattacke in mir aufkam.
,,L-L-L-Lass mich sofort in Ruhe!"
,,Du und dieser Scheißkerl an Levi, ihr seid doch gar nicht mehr zusammen. Er hat dich doch bestimmt schon gelangweilt, schließlich ist er ein kaltes Arschloch. Ich hoffe doch sehr, dass er dich noch nicht besudelt hat, denn diese Ehre gehört mir. Mir ganz allein!"
Es fühlte sich an, als würden keine Worte aus meiner Kehle kommen, sondern nur quiekende Laute, während ich zu strampeln begann. Die Wahrheit war, dass es sich nicht nur so anfühlte, sondern auch so passierte.
Mit seiner widerlichen Stimme sprach der junge Mann weiter, während er eine Hand zwischen die kalte Steinmauer hinter mir und meinen Hintern schob.
,,Mir ist aufgefallen, dass der Captain ja immer noch die zwei kleinen Schnittwunden im Gesicht von mir hat. Man sieht die Narben erst, wenn man genau auf sie achtet. Sie werden ihn immer daran erinnern, dass du mir gehörst und er gefälligst seine Hände von dir lassen soll."
Plötzlich legte der Mann seine Lippen ungeschickt auf die meinen und während er mit seiner anderen Hand auch noch begann meine linke Brust zu berühren, versuchte ich ihn wie wild wegzudrücken, zu treten, in jeglicher Art und Weise von mir fern zu halten.
,,Ally, ich möchte ein Kind von dir, hier und jetzt."
Er legte seine widerlichen Lippen nun auf meinen Hals und ich fühlte mich so unendlich schwach und verängstigt.
'Bitte! Helft mir! Irgendjemand....'
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Haaaach, ich liebe es, alte Charaktere wieder aufkreuzen zu lassen😌 Ist irgendwie eines meiner Markenzeichen...
Irgendwie tut mir Ally gerade ziemlich leid..... Dabei bin ich es ja, die ihr das antut😩 Und es sieht ja nicht gerade danach aus, als würde es demnächst besser werden....
Also dann, ich verabschiede mich mal :D
Lg, eure Kaori :*💖
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