Kapitel 166 "I had no one"
~Erzähler~
Weitere Tage verstrichen und nichts änderte sich zum Guten. Levi war mit seinen Nerven komplett am Ende und hatte selbst keine Ahnung mehr, wie lange er das überhaupt noch durchstehen würde.
Er fühlte sich so alleine, verlassen und traurig, dass er das Gefühl hatte, alles, was ihm jemals etwas bedeutet hatte, wurde ihm langsam und qualvoll entrissen.
Schon seit Stunden saß er nun zusammengekauert auf dem Sofa in seinem Eingangszimmer und starrte betrübt über den Balkon in das Freie.
Seit dem Mittagessen hatte er sich nicht vom Fleck bewegt, inzwischen war die Sonne schon fast komplett hinter dem Horizont verschwunden.
'So kann es nicht weiter gehen...', dachte der Schwarzhaarige und stand auf 'Ich sollte mich irgendwie ablenken.... zu Hanji muss ich ja auch noch....'
Kurzentschlossen verließ er sein Appartement und schritt durch die dicht belaufenden Gänge. Meistens liefen zwei oder mehr Soldaten nebeneinander und sprachen angeheitert miteinander.
Levi hatte darauf weder Lust, noch konnte er sich dazu überwinden.
Seit dem Umbau hatte die brünette Veteranin auch endlich ein eigenes Büro in einem der oberen Stockwerk, was somit gleich viel heller und freundlicher war.
Davor angekommen klopfte der Hauptgefeite ein paar mal. Nichts. Auch beim dritten Anlauf kam keine Antwort und er trat einfach ein.
Tatsächlich war wie zu erwarten keine Menschenseele anwesend, und eigentlich hatte er schon vor wieder zu gehen, als er eine Flasche mit einem Zettel daneben auf der Schreibtischplatte stehen sah.
Interessiert schloss der Soldat die Türe hinter sich und lief auf besagte Stelle zu. Mir gerunzelter Stirn hob er das beschriftete Papier vor sein Gesicht und erkannte sofort Hanjis Schrift:
,,›Levi; unauffällig in Tee schütten; Wirkung beachten‹.", kopfschüttelnd legte der Mann den Zettel wieder zurück.
'Warum eigentlich nicht....?'
Ohne im geringsten darüber nachzudenken packte er die Flasche an ihrem Hals, zog den Korken heraus und nahm einem kräftigen Schluck.
,,Gar nicht mal so schlecht....."
Es hatte schon jetzt eine berauschende Wirkung auf ihn und das war genau das, was er jetzt brauchte. Einfach mal aus seinem eigenen Leben abhauen.
Innerhalb einer halben Minute verschwand auf wundersame Weise die Flüssigkeit und Levi stand nun so neben sich, dass er sich gerade noch am Tisch abstützen konnte, um sich auf den Schreibtischstuhl plumpsen zu lassen.
Sinnierend starrte er an die Decke an und just in dem Moment kam die Besitzerin des Raumes hinein. Offenkundig verwirrt blieb sie stehen und sah den Mann an, welcher leicht betrunken mit seinem Kopf hin und her wackelte.
,,Levi?"
,,So der Name.", zu seiner eigenen Verwunderung veränderte sich seine Aussprache kein bisschen.
,,Ist was los?"
,,Nein, alles perfekt. Ally liegt ja nur im Koma und ich werde sie nie wieder sehen, aber alles im grünen Bereich."
Seufzend ging die Frau ein paar Schritte vor und nahm prüfend die inzwischen leere Flasche hoch.
,,Jetzt hast du mir ja schon meinen Job weggenommen... Warte! Hast du die ganze ausgetrunken?!"
,,In einem Zug!"
,,Das klang mir jetzt ein bisschen zu stolz.... aber was wäre gewesen, wenn die Dosierung zu hoch gewesen wäre? Du hättest dabei draufgehen können!"
Gleichgültig zuckte er mit seinen Schultern und bestätigte somit genau das, was Hanji befürchtet hatte. Es war ihm vollkommen egal, ob er am Leben war oder nicht.
,,Levi, wir brauchen dich doch! Der Aufklärungstrupp braucht dich, Erwin braucht dich, ich brauche dich! Also geh doch bitte nicht so leichtsinnig mit deinem Leben um."
Erneut die gleiche Geste:
,,Ich wollte schon so oft springen... vom Dach dieses Gebäudes oder gleich von der Mauer... ich hab schon versucht mir ein Messer in den Bauch zu rammen, meine Hauptschlagader durchzutrennen oder beim Training einfach mit dem 3D Manöver gegen einen Baum zu knallen. Aber ich konnte es nicht... und weißt du wieso?"
Hanjis Augen hatten sich geweitet und ihr Herz schlug rasend.
,,Wieso, Levi?"
,,An dem Abend, als es passierte, drückte Ally mich gegen eine Wand und schützte mich somit vor einem Kugelhagel. Sie schenkte mir das Leben, indem sie ihres opferte. Ich weiß noch genau, was sie zu mir gesagt hat: ›Du hast mir alles bedeutet, Levi, danke.‹"
,,Oh mein Gott...", das war das Einzige, was die Brünette gerade herausbringen konnte.
,,Dieser Satz verfolgt mich die ganze Zeit. Hanji, ich habe die größte Sünde überhaupt begangen. Ich habe mich verliebt und es nicht aufgehalten. Wäre ich nicht so schwach gewesen und hätte nicht für jemanden Gefühle entwickelt, wäre es nie so weit gekommen..."
Tränen quollen nun aus seinen Augen und er konnte es nicht mal aus eigener Willenskraft aufhalten. Es machte ja alles doch keinen Unterschied.
Sogleich widersprach die Frau:
,,Aber so etwas ist doch vollkommen normal und nicht verkehrt."
,,Dann wäre sie jetzt aber noch am Leben!", fuhr er barsch dazwischen.
,,Es ist noch nichts entschieden, es könnte immer noch-"
,,Du hast sie doch gesehen. Sie ist jetzt schon nicht mehr unter uns. Mir ist doch seit Anfang an klar, dass sie das nicht schaffen wird. Und genau das macht mir solche Angst. Die wichtigste Person in meinem Leben wird mir einfach genommen.... Und das ohne, dass ich irgendetwas unternehmen kann. Hanji, ich liebe Ally so sehr... so unendlich..."
Es brach ihr das Herz, Levi so leiden zu sehen. Zwar hatte sie schon die Wochen zuvor gemerkt, dass es ihm nicht sonderlich gut ging, doch dass er sogar versucht hatte sich selbst umzubringen, war auch ihr neu. Irgendwie musste sie nun einen Trost finden, ansonsten würde noch wer weiß was passieren...
,,Es wird alles gut werden, wir finden eine Lösung. Außerdem hätte sie nicht gewollt, dass du dein Leben frühzeitig beendest oder dich im Kummer vergräbst."
Verbittert lachte Levi auf:
,,Nein... das... bestimmt nicht... sie hat zu mir mal gesagt: ›Egal was auch immer passiert, sieh' nie nach unten oder hinten. Richte deinen Blick nach vorne in den Osten, denn was auch geschieht, es wird immer wieder eine neue Sonne für dich da sein und aufgehen.‹ Ich habe es ihr versprochen mich daran zu halten, aber... ich kann es nicht...", seine Stimme versagte in einem Schluchzen, ,,Hanji, ich kann es einfach nicht..."
Sanft sprach die Angesprochene:
,,Hey, sie weiß doch wie du für sie empfindest, du hast es ihr ja bestimmt gesagt."
Sie blickte zu dem Schwarzhaarigen, welcher plötzlich seinen Kopf direkt zu ihr hochgerissen hatte. Die Augen waren weit geöffnet und sie spiegelten Trauer und Bereuen wider.
,,...oder etwa nicht?"
Weitere Tränenflüssigkeit lief über seine Wangen.
,,Oh Gott, scheiße... Sie hat es dir gesagt aber du nicht ihr. Levi, sie ist ein kluges junges Mädchen, sie braucht keine Worte um andere zu verstehen."
,,Aber ich vermisse sie... ich vermisse sie so sehr..."
,,Aber das tun wir doch alle.-"
,,Aber noch so wie ich! An dem Abend bevor sie so schwer verletzt wurde, hatten wir zügelfreien Se-."
,,Halt Stopp, das will ich gar nicht wissen!"
Jetzt verwirrte sie ihn. Überrascht sah Levi zu der Brillenträgerin.
,,Wer sind Sie und was haben sie mit Hanji Zoe gemacht?"
,,Urgh, ich bin es wirklich, aber wenn du mir das jetzt erzählen würdest, würde ich mich wirklich schlecht fühlen."
Levi verstand wohl noch immer nicht so recht, weshalb sie sich mit einem Seufzen auf den Stuhl gegenüber von ihm setzte.
,,Vermutlich kannst du dich nach deinem Rausch an überhaupt nichts mehr erinnern und wenn doch wird es dir schrecklich unangenehm sein."
Er konnte es kaum fassen. Was war denn bitte mit der los?
,,Irgendwas stimmt doch mit dir heute nicht."
,,Ich hab nur ein schlechtes Gewissen, mehr nicht."
,,Aha."
Völlig verzweifelt von der ganzen Situation lies Levi seinen Kopf auf seine verschränkten Arme fallen, welche wiederum auf dem Tisch lagen.
,,Aber eine Frage hätte ich da noch..."
,,Hm?"
,,War sie gut im Bett?"
,,Eine echte Bombe."
,,Du meinst wohl Rakete."
,,Das war dann wohl eher ich..."
Der Frau klappte die Kinnlade zu Boden.
,,Ich fass es nicht... sowas ausgerechnet aus deinem Mund...."
,,Ich kann's dir nicht erklären, aber im Moment könnte ich dich nicht mal ansatzweise anlügen."
,,Merkt man. Aber Levi, bitte gib nicht auf, ja? Momentan steht noch nichts fest."
,,Und wie soll ich das bitte anstellen?", und schon wieder begann er zu weinen, ,,Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel für einen Menschen verspürt wie für Ally... das kann ich dich nicht einfach verdrängen..."
,,Natürlich nicht, aber falls sie tatsächlich sterben sollte, dann muss du auch Abschied nehmen können. Ich sage nicht, dass du sie vergessen sollst, doch sie würde es niemals wollen, dass du dich den Rest deines Lebens in einem Zimmer verschanzt. Du wolltest doch immer nur das Beste für sie, richtig?"
Der Schwarzhaarige nickte.
,,Und genau umgekehrt war es doch auch so. Ich bin mir sicher, dass sie sich auch das Ziel gesetzt hat, die Menschheit von den Titanen zu befreien und wenn das ihr Wunsch war, dann sollten wir ihn erst recht erfüllen."
Levi fühlte sich nun so schlecht und machtlos, doch gleichzeitig auch verpflichtet weiter zu kämpfen. Obwohl er es eigentlich nicht mehr konnte. Aber er musste es, allein schon für seine Freundin.
,,Sie wollte die Leute beschützen die ihr wichtig waren, besonders dich. Die Freiheit lauert da hinten, hinter den Mauern und wartet nur darauf, dass wir sie uns erkämpfen! Niemand darf jetzt schlapp machen, egal was passiert. Eines Tages wirst du sie wiedersehen, doch bis dahin solltest du ihren Traum erfüllen. Verstehst du, was ich meine?"
Sein Gesicht war schon ganz nass vor Tränen und er nickte schwach. Hanji hatte recht, er hatte eine Pflicht gegenüber seinen Kammeraden und Ally.
,,Ich bin ihr so dankbar.... bevor sie aufgetaucht ist haben mich alle nur als Monster angesehen und hatten Angst. Sie war die erste Person hier im Aufklärungstrupp, die mich als normalen Menschen gesehen und auch so behandelt hat. Ich weiß nicht, wie ich es ihr beweisen kann, wie viel sie mir bedeutet......"
,,Du liebst sie wirklich, oder?", sagte Hanji mit weicher Stimme.
,,Aber natürlich tue ich das! Ich liebe sie von ganzem Herzen und werde es auch für immer, nur..... nur habe ich es..... habe ich es ihr nie gesagt....."
Seine letzten Worten versiegten fast und ein weiteres Schluchzen durchzog den Raum. Jetzt hielt es die Brillenträgerin nicht mehr aus, stand auf, ging um ihren Schreibtisch herum und kniete sich auf den Boden. Zärtlich nahm sie den Kleineren in die Arme, welcher nun dankbar in ihre Schulter weinte.
,,Schhhh... es ist alles gut, Levi.... du wirst schon sehen..... alles wird gut....."
,,Weiß du was- Ally mal zu mir- gesagt hat?", es fiel ihm doch etwas schwer während dem Heulen zu sprechen.
,,Was?"
,,›Am Ende wird alles gut. Und wenn noch nicht alles gut ist, ist es auch noch nicht das Ende.‹"
,,Siehst du? Hab ich doch gesagt...."
,,Aber.... es gibt da noch eine Sache, die ich dir nicht erzählt habe...."
,,Was ist es, Levi?"
,,Am Abend des Anschlags hatte ich etwas vor. Ich wollte ihr einen Antrag machen, doch gerade als ich sie fragen wollte, war die erste Explosion und ein Schuss fiel. Im ersten Moment dachte ich, jemand hätte Ally erschossen, doch es war nur eine der Wachen gewesen. Ich hätte es schon fiel früher machen sollen...."
In ihrem ganzen Leben hatte Hanji noch nie jemanden so verbittert weinen gehört und erlebt. Es war so grausam, als sie nun hörte, wie durch eine einzige Sache eine komplette Zukunft zunichte gemacht werden konnte.
,,Heyy, Levi, ganz ruhig. Sag mal, darf ich vielleicht die Ringe sehen?", die Brünette war einfach zu neugierig, um sich das zu verkneifen. Doch zu ihrem Verwundern verstummte der Mann und löste sich verwirrt von ihr.
,,Was für Ringe?"
,,Verlobungsringe? Sag mir nicht du wolltest ihr einen Antrag ohne Ringe machen...."
,,Äh, doch, klar. Den gibt's doch erst bei der Hochzeit, nicht?"
Mit einem lauten Klatschen knallte die flache Hand der Frau auf ihre Stirn.
Das durfte doch jetzt nicht wahr sein!
,,Nein! Du solltest ihr schon etwas romantisches bieten damit sie annimmt! Das einzig Gute an der jetzigen Situation ist, dass ich Zeit habe dir das alles noch mal zu erklären...."
Traurig blickte Levi zu Boden.
,,Ich weiß nicht mal wie ich überhaupt auf die Idee kam, dass ich so ein Leben verdient hätte.... Ich habe es ja schon vor so vielen Jahren versaut...."
Unwissend zog die Wissenschaftlerin ihre Augenbrauen zusammen.
,,Wie kommst du denn darauf? Du bist die Hoffnung der Menschheit und dazu einer der besten menschlichen Wesen die mir jemals bege-"
,,Du kennst doch auch nur die halbe Wahrheit...."
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Ihr merkt schon, in dieser Geschichte wird so einiges schon im Voraus gespoilert und das laaaange bevor etwas passiert 😅(zB Kapitel 90 ist da ein großer Vorreiter) Aber allgemein findet man andauert irgendwelche Andeutungen, manche offensichtlicher, manche nur in kleinen Formulierungen versteckt (kleiner Hinweis an dieser Stelle😉)
Kurz: Ich wusste vom Prolog an, dass ihr mich hassen werden würdet😁
Hatte/Habe ich ein schlechtes Gewissen?
Ein bisschen. Aber nur ein klein wenig, schließlich gebe ich ja mein mögliches das Beste aus dieser Story zu holen😅
Und ihr sehr ja jetzt auch, dass es nun endlich anfängt, dass sich einige Rätsel lösen/dass Sachen oder Aussagen an Bedeutung gewinnen.
Es würde mich mal interessieren, wie viel ihr noch spontan erkannt habt (also was da genau passiert ist) und was für Theorien ihr momentan habt? :D
Also dann, ich wünsche euch einen frohen Karneval (Ka ob man das wünscht lmao) und eine schöne Zeit!
Lg, eure Kaori :* 💖
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