~Erzähler~

Am Abend des nächsten Tages hatten sich alle Soldaten des Aufklärungstrupp im Speisesaal des Hauptquartiers versammelt. Aus dem einfachen Grund, dass da jeder Platz hatte und man verstand, was gesagt wurde.

Erst vor etwa einer Stunde waren die Vier aus der inneren Mauer wieder zurückgekehrt, hatten jedoch noch nicht mit jemandem geredet.

Somit also auch nicht Ally und Levi, welche sich zwar kurz zugewinkt hatten, aber dennoch noch keine Worte ausgetauscht hatten.

Raunen durchzog den großen Raum, denn jeder wartete nun auf die Verkündung. Niemand wusste wie die Verhandlung ausgegangen war, mit der Ausnahme von Ally, Hanji, Lisbeth und Erwin.

Letzterer sollte nun gleich das Wort ergreifen, weshalb die oben genannten bei dem Tisch der Veteranen standen. Die restliche Truppe davon saß schon. Vereinzelte Leute -wie eine gewisse Dame mit rotbraunen Haaren- hatten schon angefangen zu essen, doch die Meisten hockten einfach nur nervös vor ihren Tabletts.

Die letzten Dinge tauschten die drei Soldaten noch aus, während das Kind bei den Absolventen der 104ten Trainingseinheit saß. Sie war zu absolutem Stillschweigen verdonnert worden.

Natürlich von Ally, die wollte die Spannung aufrecht erhalten.

,,Oi, Erwin! Fang endlich an, ansonsten geht dir die Meute noch an die Gurgel!", maulte Levi von seinem Platz aus. Doch anstatt irgendwas zu erwidern lächelte der Große einfach bloß.

Noch schnell flüsterte er etwas Hanji und Ally zu, bevor der Blonde ein paar Schritte nach vorne trat, das Gesicht zu seinen Untertanen gewendet. Innerhalb von weniger als fünf Sekunden trat eine Totenstille ein. Alle Augen waren auf den Kommandanten gerichtet, welcher nun anfing mit fester Stimme zu sprechen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt:

,,Wie ihr ja alle mitbekommen habt, waren Abteilungsleiterin Hanji, Unteroffizierin Ackermann sowie meine Wenigkeit gestern in Stohess, um dort mit Darius Zackley -dem obersten Befehlshaber des Militärs- sowie dem Sponsor Harris zu verhandeln. Die Idee, in den Norden zu reiten und dort übrig gebliebenes Vieh in die Mauern zu treiben, stammt von Unteroffizier Ackermann, welche dieses Projekt auch vortrug..."

Die Stimmung war zum Zerreißen gespannt, besonders, weil Erwins Blick todernst war.

,,...Die nächste Expedition findet am 18ten November dieses Jahres statt!"

Und schon begann das Getöse. Laute Jubelrufe wurden von überall vernommen, manche Soldaten sprangen vor Euphorie sogar von ihren Bänken auf. Der Großteil klatschte jedoch nur.

Zwar lächelten die meisten von der 104ten Ally klatschend an, doch das fetteste Grinsen hatte mit Abstand noch immer Eren. Dicht gefolgt von Sasha, obwohl sich die Ackermann unsicher war, ob es sich mehr auf die Expedition oder das daraus entstehende Fleisch bezog....

Noch während die Veteranen vollkommen überrumpelt an Emotionen da standen, erhob sich der einzig männliche Ackermann von seinem Stuhl und strich seiner Ehefrau zärtlich das Haar hinters Ohr.

,,Das hast du toll gemacht", murmelte er gerade so laut, dass die Schwarzhaarige ihn hören konnte.
,,Wie immer!"

Nur sehr kurz -aber immerhin- legte der Hauptgefreiter seine Lippen auf die der Unteroffizieren, seine Rechte Hand lag an ihrer Taille, ihre linke an seiner Brust. Mann, wie kitschig.

,,So, aber jetzt muss ich mal ganz kurz los, also so wie Eren mich ansieht möchte der mir gleich vor Freude um den Hals springen!", lachte Ally überglücklich, noch während sie sich von ihrem Gatten löste. Welcher übrigens nur leicht grinsend -aber wirklich nur seeeehr leicht- seinen Kopf schüttelte.

Natürlich lies er die Anfang 20jährige gehen, wäre ja seltsam gewesen wenn nicht. Die hüpfte nämlich mit federnden Schritten durch die Reihen der Soldaten, welche ihr oftmals die Hand gaben, auf die Schulter klopften oder ähnliches.

War es nicht eigentlich seltsam, dass der Aufklärungstrupp feierte, dass das eventuelle Datum ihres Todes gerade besiegelt wurde? Nein? Nur ich? Okay, wollte ich nur mal so anmerken...

Kaum kam die Ackermann an dem gewünschten Tisch an, schon sprangen einige der Sitzenden auf. Wie zu erwarten war Eren einer der Ersten, welcher sie sogleich in den Arm nahm.

,,Ich hab doch gesagt, dass du das schaffst!", rief Jean überglücklich. Auch andere stimmten mit ihm ein.
,,Na endlich dürfen wir wieder raus!"
,,Ich bin stolz auf dich, Ally."
,,Herzlichen Glückwunsch!"

So sehr die Kleine die Glückwünsche auch freute, war es ihr dennoch etwas unangenehm, so von Komplimenten überhäuft zu werden.

,,Jetzt übertreibt mal nicht.", widersprach die Frau nachdem sie sich von dem Titanenwandler gelöst hatte, ,,Schließlich war ich ja nicht alleine. Hanji, Erwin UND Lisbeth haben mir sehr stark geholfen. Und auch der ganze Rest an Leuten..."

,,Trotzdem, die Idee stammte von dir", lächelte Mikasa ihrer Verwandten zu.

,,Ja aber-.....schon...."
,,Jetzt lasst uns doch erstmal einen heben. Auf Ally!"
,,Reiner hat recht. Hier, kannst meinen haben."

Dankend nahm die Unteroffizierin Armins Krug an. Ein schlechtes Gewissen hatte sie dabei nicht wirklich, denn die Alkoholverträglichkeit des Blonden lies deutlich zu wünschen übrig.

,,Auf Ally!"
,,Auf Ally", erklang es im Chor.
,,Auf mich!"

In einem Kreis stehend rumpelte die Truppe ihre Gefäße aneinander, um sie -teilweise- im Anschluss zu exen. Dementsprechend laut waren die darauf folgenden Rülpser.

,,Whoa, nicht schlecht, Jean!"
,,Du hättest mal meinen hören sollen!", widersprach Eren fast schon stolz.
,,Moment...Moment...er kommt gleich....", kündigte Reiner spannend an.

Alle warteten wie gebannt und just in dem Moment kam der Rülpser des Tages. Doch nicht von Reiner, sondern von Mikasa.

Mit offenen Mündern starrte die Truppe die Schwarzhaarige an, nicht richtig fassend was da gerade bitte abging. Die sonst so stille, zurückhaltende Mikasa hatte gerade einen SEHR lauten Koperer rausgelassen.

,,Wahnsinn...."
Sasha konnte man nur zustimmen, weshalb die restlichen Soldaten anfingen zu klatschen und zu johlen. Sogar ein kleines Lächeln schlich sich auf die Lippen der Schalträgerin.

,,Aaawww, Mikasa hat rote Wangen!"
,,Halt die Klappe, Ally! Gar nicht wahr!!"
,,Also eigentlich hat sie ja schon recht...."

Enttäuscht sah die Ackermann Christa an, dass sogar diese ihr nicht zur Seite stand. Letztendlich murmelte sie dann noch irgendwas unverständliches bevor die junge Frau einen weiteren Schluck aus ihrem Krug nahm.

,,Miss Ally! Miss Ally!"
Mehr oder weniger überrascht drehte die Angesprochene sich um. Hinter ihr kam ein ganz aufgewühlter Tahir auf sie zugestürmt. Doch nicht im negativen Sinne, oh nein, wohl eher glühten seine Ohren voller Elan, sodass fast schon Dampf aus ihnen empor stieg.

,,Ach, guten Abend Tahir."
,,Ich möchte mich im Namen meiner Kameraden bedanken, dass Sie sich so viel Mühe gemacht haben und dank Ihnen uns die nächste Mission nun möglich ist!"

Schon wollte die Schwarzhaarige etwas sagen, doch bevor das passieren konnte kamen hinter dem Größeren noch weitere Teenager angerannt, die die Frau förmlich umringten. Ein regelrechter Hagel an Fragen und Danksagungen kam über sie, aus dem Alex definitiv in den nächsten zehn Minuten nicht entfliehen könne.

Während die verheiratete Frau also umringt von Leuten war, zog ihr Mann sich aus dem Getümmel heraus. Einerseits, weil er von sowas nicht gerade ein Fan war, andererseits weil ihm etwas auffiel.

Wohl eher fiel ihm etwas auf, dass es nicht da war. Und das war Lisbeth, die nämlich einfach so weg war. Okay, nicht einfach so, aber die Kleine hatte sich halt unbemerkt aus dem Raum geschlichen, sodass es keiner mitbekommen hatte.

Seine graublauen Augen hatten gefühlt jeden Zentimeter abgesucht, doch Levi konnte das Mädchen nirgends erkennen. Wohlwissend, dass wenn Ally herausbekäme, er hatte sie verloren, einen Kopf kürzer zu werden, entschied der Schwarzhaarige sich dazu sein Bier Bier sein zu lassen.

Nicht mal einen großen letzten Schluck nahm er, bevor der Mann seinen Krug auf einem Tisch abstellte und schnurstracks auf den Ausgang zulief. Glücklicherweise war der Tumult so groß, dass niemand so richtig auf den Hauptgefreiten achtete.

Kaum verließ er den großen Saal, erklang das laute Echo seiner Sohlen und das Zuschlagen der Flügeltüre. Natürlich konnte man noch das Stimmengewirr hören, doch mit jedem Schritt, mit dem man sich von diesem Ort entfernte, wurde es leiser.

Mehrere Treppenstufen ging der Mann hinauf, die Hand auf dem Geländer abgelegt, das Gesicht monoton wie immer. Alles war dunkel, Kerzen brannten keine, da der heutige Dienst wohl mehr mit Festivitäten beschäftigt war. Schlimm war das für Levi nicht, schließlich war er ja schon blind durch diese Gänge gerannt.

Vor einer hölzernen Türe -ach welch Überraschung wenn es nur Holztüren gab- blieb der Schwarzhaarige stehen und klopfte kurz an. Keinerlei Antwort erklang von drinnen, doch das ignorierte der 29 Jährige einfach mal und öffnete langsam die Türe.

Zuerst steckte er den Kopf in das komplett dunkle Zimmer, um dann ganz einzutreten. Das Räumchen war nicht sonderlich groß, drei Meter breit und etwa vier Meter lang. Wenn überhaupt.

Gegenüber der Tür war ein Fenster, an der linken Wand stand ein Bett und rechts befand sich ein Schreibtisch sowie ein kleiner Kleiderschrank.

Ohne etwas zu sagen trat der Mann einfach ein, er sah durch das silberne Mondlicht genug, um sich vor das Bett auf dem Boden neben dem Kind hinzusetzen.

,,Willst du reden?", fragte er das schluchzende Mädchen ohne es auch nur anzusehen. Das tat sie übrigens auch nicht.

Ihre Beine lagen ausgestreckt am Boden, der Rücken ans Bett gelehnt. Auch Levi hatte eine ähnliche Pose, nur waren seine Fußsohlen auf dem Parkett, wodurch seine Beine nach oben angewinkelt waren. Die Arme hatte er locker auf den Knien abgelegt.

Vorsichtig zuckte die Blonde mit ihren Schultern als Antwort.
,,Soll ich gehen?"

Daraufhin schüttelte sie jedoch nur heftigst ihren Kopf. Für ein paar Sekunden trat Stille ein. Naja, mehr oder weniger, denn das Kind schluchzte leise vor sich hin.

,,Ich habe Angst....", gab sie nach mehreren Minuten piepsig hervor.
,,Angst?", wiederholte der erwachsene Mann, den Kopf schräg zur Seite gelegt, die Augen zu ihr gewandt.

,,Mhm. Angst."
,,Uns wovor hast du Angst?"
,,Ich.... Vor der Zukunft..."

,,Vor der Zukunft?", ungläubig hob der Veteran eine Augenbraue, ,,In deinem Alter solltest du dir darüber noch wirklich keine Sorgen machen."

,,Ne, so meine ich das gar nicht. Es ist nur so, dass ich nicht weiß, was jetzt kommt.... Eigentlich will ich nur, dass alles so wird wie vorher...."

Na toll, jetzt fing sie heftiger an zu heulen. Einen kurzen Moment verharrte Levi, den Blick nach vorne zum Schrank gerichtet.

,,Wahrscheinlich wirst du mir das nicht richtig glauben, aber ich weiß, wie du dich fühlst. Echt jetzt, brauchst mich nicht so ungläubig anzusehen."
,,'Tschuldigung..."

,,Als ich ein Jahr älter war als du habe ich auch meine Mutter verloren, meinen Vater kenne ich bis heute nicht.", betrübte sich das Gesicht des Soldaten, ,,Daher verstehe ich dich. Du fühlst dich alleine, verlassen, weil jeder, den du lieb gehabt hast jetzt weg ist. Und dieses Gefühl wird lange bleiben, sehr lange.-"

,,Na toll....", weinte die Blondine heftigst. Immer wieder wischte sie sich die Tränen weg, welche aus ihren Augen liefen.

,,Aber du hast einen Vorteil."
Ungläubig schaute sie zu ihm hoch.
,,Du hast Ally und mich. Und Miss Evergarden. Und die ganzen ehemaligen Angestellten. Klar, wir unterstützen dich und so, aber dein großer Vorsprung ist, dass du hier lebst. Hier oben. Ich hatte nicht das Glück, die Hoffnung auf eine angenehme Zukunft zu bekommen."

,,Am liebsten würde ich hier bleiben, bei euch..."
,,Ich weiß. Ich weiß aber auch, dass dir klar ist, dass das hier nicht der richtige Ort für dich wäre. Ja, wir werden dich in ein Heim schicken, aber ich verspreche dir ganz hoch und heilig, dass wir darauf achten werden, dass du dich dort wohlfühlen wirst. Und bevor du adoptiert werden wirst, werden Ally und ich persönlich uns davon überzeugen, dass es Eltern werden, die dich lieben. Und dass du eine Schulbildung bekommst, dass du eines Tages das machen kannst, was du möchtest."

Mit großen Augen sah Lisbeth zu Levi hoch. Mit ihrer rechten Hand hielt sie ihm ihren kleinen Finger entgegen.

,,Großes Indianer Ehrenwort?"
Laut seufzte der Veteran.
,,Großes Indianer Ehrenwort. Was auch immer das schon wieder bedeuten soll...."

,,Das hat Ally mir beigebracht!", lachte das Kind noch unter den Tränen von vor ein paar Sekunden.

,,Warum wundert mich das nicht...."

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Ist es bedenklich, dass seit 323 Kapiteln zum ersten Mal das nächste noch gar nicht geschrieben ist....?

Ja, Autor-Chan ist faul. Don't @ me....

Jedenfalls wünsche ich euch noch mal ein frohes neues Jahr!🎇🥂

LG, eure Kaori :*💖