Kapitel 310 "Was für ein hässliches Kind!"
~Erzähler~
,,Das ist einer deiner beschissensten Ideen seit langem."
Leicht genervt verdrehte Ally ihre Augen bei der Aussage ihres Mannes, der von dem Vorschlag, eine Nacht auf ein Baby aufzupassen, immer noch nicht begeistert war. Eigentlich sogar dagegen.
,,Mimimimi."
,,Ich kann doch nicht mit einem Baby umgehen!"
,,Musst du ja auch nicht, ich mach's."
Verzweifelt zog der Größere seine Augenbrauen nach oben zusammen. Laut seufzte er einmal.
,,Ally, dann schläfst du ja gar nicht. Ich kann dich doch nicht mit dem Auftrag alleine lassen und seelenruhig pennen!"
,,Natürlich.", überrascht und selbstverständlich sah die Schwarzhaarige Levi an, ,,War ja wie du schon gesagt hast ›meine beschissene Idee‹."
,,Arrgh, jetzt hörst du dich auch noch sauer an. Urgh...."
Schwer ließ sich der Soldat nach hinten auf das Doppelbett fallen, in welchem die beiden in der Nacht schlafen sollten. Wenn Sie überhaupt dazu kommen würden.
Gerade trug die junge Frau Alexander auf ihrem Arm und wog ihn leicht hin und her, da er wirklich dauernd kurz vor dem Losheulen war. Da er ja erst wenige Wochen alt war, konnte man noch nicht wirklich sagen, welchem Elternteil oder ob er überhaupt einem ähnlich sah.
Ein Leichtgewicht war der Sprössling nicht, neun Pfund hatte er gewogen, als er zur Welt gekommen war. Und natürlich hatte der Wonneproppen in der Zwischenzeit nicht abgenommen. Eher das Gegenteil...
,,Du hast sie vorher angelogen."
,,Huh? Was meinst du?"
Leicht drehte Levi seinen Kopf nach von ihm aus links, um seiner Frau ins Gesicht sehen zu können.
,,Als du gesagt hast, es sei süß und hübsch. Das Kind. Das Ding ist echt hässlich."
,,Levi!", lachte die Ackermann laut los, konnte ihm aber dennoch nicht widersprechen, ,,Keine Sorge, kleiner Alex. Die Pubertät wird schon alles richten. Hat bei mir ja auch geklappt."
,,Hat es?"
Endlich setzte sich der ältere Mann auf und lehnte sich mit seinen Handflächen nach hinten und ausgestreckten Ellenbogen auf die weiche Matratze.
,,Aber sowas von. Davor war ich unförmig wie sonst noch was. Zu kurze Beine, dicke Backen, lange Füße, das ganze Programm. Du?"
,,Keine Ahnung. Weiß nicht mehr, hab nicht so oft in den Spiegel geschaut."
,,Stimmt, da hatte ich es mit meinem Zwilling schon einfacher. Anscheinen trifft sie sich wohl gerade mit einem Kollegen aus dem Restaurant, in dem sie arbeitet. Behauptet jedenfalls Kara."
,,Oh Gott, der Arme."
,,Und wie!"
Zärtlich strich die Frau mit einem Finger über die faltige Backe des Kleinen. Nur eine Kerze brannte in dem plus minus geräumigen Zimmer, die Sonne war inzwischen schon längst untergegangen.
,,Hat Vivienne nicht eigentlich in einer Bäckerei gearbeitet?", verwirrt zog der Mann seine Augenbrauen zusammen, als könne er seinen eigenen Erinnerungen nicht mehr trauen.
,,Berechtigte Frage. Ja, hat sie. Betonung liegt auf ›hat‹. Sie war zu unhöflich und wurde deswegen gefeuert. Ist eigentlich eine witzige Geschichte, wie es dazu gekommen ist."
,,Erzähl."
Zwar quatschte Ally mit ihrem Gatten, doch sie würdigte ihn keines Blickes. Stattdessen galten ihre Augen nur dem kleinen Säugling auf ihrem Arm, welchen sie sanft mit dem ganzen Körper hin und her wiegte.
,,Letztens war irgendein hoher Politiker bei ihr in der Nähe -anscheinend ein Familienbesuch oder so. Keine Ahnung, ist ja auch nicht wichtig. Jedenfalls kam der mal zum einkaufen zu ihr und hat wegen irgendeiner Kleinigkeit angefangen rumzuzipfeln, weshalb sie ihm -wörtlich- gesagt hat, er solle seine verschissen hässliche Hackfresse halten und seinen viel zu fetten Politikerarsch gefälligst aus dem Laden rollen."
Nur ein lautes Klatschen ertönte im Raum. Reflexartig hatte sich der Ältere seine rechte Handfläche vollekanne gegen die Stirn gehauen.
,,Au Backe...."
,,Willst du den Kleinen nicht auch mal halten?", wechselte Alexandra spontan das Thema und kam auf Levi zu, welcher sofort verängstigt auf dem Doppelbett nach hinten an die Wand rutschte, die Hände abwehrend gehoben.
,,Nein, nein, nein, nein!"
,,Wieso denn nicht?"
,,Ich bin viel zu grob für sowas winziges!"
,,Quatsch, halt's Maul."
,,Ally, b-bitte nicht, ich trau' mich das echt nicht!"
Zuversichtlich schenkte ihm die Schwarzhaarige ein Lächeln, welchem er niemals hätte widerstehen können. Vorsichtig überreichte sie ihm das Baby, nachdem auch sie sich auf die Matratze hatte heruntergelassen.
,,Na komm schon. Ich passe ja auf, ihm und Dir passiert nichts. Versprochen."
,,Alex, ich kann-"
,,Du musst es aber können, falls ich-.... Ach, mach einfach."
,,Nein, erst, wenn du den Satz vollendest."
,,Nun mach schon!"
Doch der Ackermann blieb stur. So ein verdammter Dickkopf... Laut seufzte Ally einmal und blickte traurig nach unten auf das Bettlaken.
,,Weil du es können musst, falls ich bei einer Geburt sterben sollte."
Zack, ehrliche Antwort. Kurz blieb es still, Levi wusste nicht so recht, was er dazu sagen sollte. Denn es stimmte, die meisten Frauen starben im Kindbett, meistens die Kleinen dabei auch noch.
,,....Wünschst du dir so sehr ein Baby, Ally?"
Mit Tränen in den Augen nickte sie.
,,K-Keine Ahnung warum, aber ich glaube, ich habe mir das schon ziemlich lange erhofft. Aber, als-als ich mit dir darüber... naja... geredet habe, ist es mir glaube ich erst selbst so richtig bewusst geworden."
Erneut trat Stille ein, bis auf den kleinen Alexander, der leise Winsellaute von sich gab.
,,Das wird schon noch, du wirst sehen."
,,Aber was wenn nicht?!", verzweifelt blickte Ally Levi direkt ins Gesicht, welches er mitleidig verzog, ,,Wir hatten schon so oft Sex. Warum-Warum haben wir dann noch kein Kind, wenn es doch möglich wäre?!"
,,Ich... weiß es nicht.... Aber selbst wenn es so seien sollte, gibt es ja auch noch andere Möglichkeiten."
,,Also den Abraham-Move machst du mir bestimmt nicht."
,,Den was?"
,,Der hat seine Angestellte gebumst, weil seine Frau keine Kinder gebären konnte. Steht in der Tora und Bibel."
,,Keine Sorge, das meinte ich nicht.", lachte der Schwarzhaarige leicht, ,,Nein. Ich meinte eher, dass wir auch ein Kind adoptieren könnten."
,,Ist ja nicht wirklich das Gleiche..."
,,Besser als nichts, oder? Außerdem, hätten wir jetzt schon einen Nachkommen, hätte uns das wahnsinnig Ärger bereitet. Bin ja selber ein uneheliches Kind, also weiß ich wovon ich spreche. Setz dich nicht unter Druck, ja? Mit Zeit kommt Rat."
,,Angeber."
Schnell wischte sich die Frau die restlichen Tränen mit einem Schniefen von der Wange. Kurz zögerte ihr Ehemann, gab sich dann aber doch noch selbst einen Ruck.
,,Und... wie hält man den jetzt?"
Kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen, erhellte sich ihr Gesichtsausdruck schlagartig von einer Sekunde auf die andere.
,,Leg ihn einfach vorsichtig in deine Armbeuge. Stütze immer seinen Kopf, er hat noch nicht genügend Muskeln im Nacken, um ihn selber zu halten. Brauchst ihn nicht zu fest an deinen Oberkörper zu pressen, nimm am besten deinen linken Arm, dann kannst du ihn mit dem rechten auch noch stützen."
Man musste keine Hebamme sein, um zu erkennen, wie nervös Levi war. Vorsichtig nahm er das Kind entgegen, besonders darauf bedacht, es nicht fallen zu lassen oder von seinem Nacken loszulassen.
Völlig überrascht riss er seine Augen leicht auf, kaum hatte er den kleinen Alexander auf seinen Armen liegen.
,,Was ist?"
,,Er ist so... winzig."
,,Dabei hat er noch Normalgröße. Stell dir vor, wie klein wir zwei als Babys waren."
,,Vermutlich kaum größer als ein Staubkorn!"
Plötzlich fing der Gersmann an leise zu weinen, was nicht wirklich förderlich für das Selbstbewusstsein des Heichous war.
,,A-A-Ally! W-w-w-was mache ich denn jetzt?!!"
,,Schaukle ihn ganz sanft hin und her. Und keine Panik kriegen, ist ja alles in Ordnung."
Steif bewegte der Ackermann seinen Oberkörper von rechts nach links, als würde er gleich verprügelt werden, würde das Baby anfangen zu schreien.
,,Bleib ganz locker. Einfach sanft hin und her wiegen, wie die Wellen auf einem See."
Anscheinend konnte der Herr nicht so wirklich mit Metaphern, es wurde erst besser, als seine Frau sanft mit einem Finger über die Backe des Jüngsten strich und dieser wieder komplett still seine Augen öffnete.
,,Du bist wirklich gut im Umgang mit kleinen Kindern", stellte der Soldat ehrlich fest.
,,Meine Großmutter war Hebamme, sie ist verstorben, kurz nachdem ich vierzehn geworden bin. Also wir. Wie auch immer - weil sie eben eine der wenigen war, die das gemacht hat, habe ich ihr oft zugeschaut. Außerdem bin ich die zweitälteste einer Großfamilie. Da können zwei Eltern alleine nicht auf so viele aufpassen, also ist die Arbeit an mir hängen geblieben."
,,Stimmt, du hattest ja noch einen älteren Bruder", noch während er sprach, schien der Hauptgefreite völlig zu vergessen, was für einen Schiss er bis gerade eben noch gehabt hatte.
Doch noch als er nicht mal mit seinem Satz fertig war, weiteten sich seine Augen.
,,Warum wurdest du eigentlich für die Arbeit als Wächterin ausgesucht?"
,,Was meinst du?"
Verwirrt blinzelte die Ackermann, nicht ganz verstehend.
,,Wie schon gesagt hattest du ja einen älteren Bruder. Wieso hat er nicht den Job bekommen? Wäre doch viel sinnvoller gewesen, schließlich war er schon älter."
,,Ach so, jetzt weiß ich, was du meinst. Nein, er hätte das niemals machen können, weil er eine Behinderung hatte. Kam schon damit auf die Welt, konnte kaum laufen, weil er sein linkes Knie nicht bewegen konnte. Außerdem hatte er noch eine leichte geistige Behinderung, weshalb es für ihn unmöglich gewesen wäre, sich die ganzen unterirdischen Tunnel zu merken oder so."
,,Davon wusste ich ja gar nichts..."
,,Nicht?"
,,Nein, schließlich hast du mir nie viel von deinen Geschwistern erzählt."
,,Auch wieder wahr...", leicht grübelnd fasste sich Ally ans Kinn, ,,Wie dem auch sei, der kleine Alex muss so langsam ins Bett, ansonsten gewöhnen wir ihm noch eine falsche Zeit an. Geht bei kleinen Kindern tatsächlich, wenn du sie nur einmal zu lange aufbleiben lässt."
Nun nahm die Kleinere wieder Gersmann Junior auf ihre Arme, um ihn zu der extra hereingebrachten Wiege zu bringen. Das wäre für Levi dann doch wohl noch eine Nummer zu groß gewesen.
Zärtlich legte die junge Frau das Kind hinein und deckte es mit einem weißen Tuch zu und wiegte das Kleine sanft hin und her, als sie sachte anfing zu singen.
Es war eher tief und hatte einen recht seltsamen klang, den Levi zuvor noch nie richtig gehört hatte. Eigentlich vermutete er, dass es etwas aus ihrer Familie war, doch die Sprache schien ihm völlig fremd.
,,Das war jetzt aber nicht französisch", haute er heraus, kaum war Ally mit der ersten Strophe fertig geworden.
,,M-mh. Da hast du recht. Es ist arabisch. Unsere Nachbarn haben es gesprochen -sie waren die Einzigen- und weil ich es lernen musste, habe ich mich ziemlich früh mit ihrer Tochter angefreundet, die hat's mir beigebracht. Wir kamen damals sehr gut miteinander aus, an sich schon, weil wir die einzigen Mädchen mit Kopftuch waren."
,,Du hast früher ein Kopftuch getragen? Alexandra Ackermann, was werde ich denn noch alles über dich erfahren, was ich bisher noch gar nicht wusste?"
,,Haha, keine Ahnung. Sie hat es aus religiösen Gründen getragen -weiß leider nicht mehr so genau warum, ist zu lange her- und bei mir in der Familie war es eine alte Tradition, die ich wieder aufgegriffen habe."
,,Aber seitdem wir uns kennen hast du nie eines getragen."
,,Ja, weil ich plötzlich gemerkt habe, dass es kein anderer macht. Und auffallen wollte ich nicht, deswegen hab ich's ab da unterlassen. Oh, sieh mal, der Kleine schläft, na endlich."
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Können wir mal festhalten, dass Ally ein absoluter Profi (nicht) im Themawechel bei Gesprächen ist? Nein? Ok...
Gibt es noch was wichtiges zu sagen? Oh, ich mache dieses Jahr am offiziellen Inktober mit, falls ihr also meine Zeichnungen (die vor allem aus Ally bestehen werden) sehen wollt, dann schaut doch mal auf meinem Insta Account nach (kaori_mizora)😊#IchBinSuperInSchleichwerbung
Lg, eure Kaori :*💖
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