Kapitel 258 "Mein Gott, wie das hier müfft!"
~Levi POV~
,,Das hier ist dein Raum", sagte der Militärpolizist gelangweilt, welcher mich in eine der Zellen brachte.
,,Sogar ein Einzelzimmer?", hackte ich misstrauisch nach, woraufhin der Mann gleichgültig mit seinen Schultern zuckte.
,,Gab zu viele Tote."
Nicht gerade beruhigend, aber theoretisch könnte ich es mit so ziemlich allen hier aufnehmen. Die Betonung liegt hierbei auf theoretisch, denn ich hatte nicht vor sonderlich aufzufallen. Doch leider war das von Anfang an aussichtslos....
Haargenau sah ich mir die Zelle an, welche etwa zweieinhalb Meter breit und um die vier Meter lang war. Es stand ein recht ungemütliches Bett und ein Schreibtisch ohne Stuhl darin. Am Ende des „Zimmers" war oben kurz vor der Decke ein kleines, vergittertes Garagenfenster. Die Wände, Decke und Boden bestanden aus grauem, nassen Stein.
Ungehalten rümpfte ich die Nase, denn es war hier nicht sonderlich sauber. Um genau zu sein überhaupt nicht!
,,Frühstück gibt's um Sieben, Mittagessen um Zwei und wenn du dich gut benimmst noch Abendessen um Sechs. Von halb Acht bis morgens um Sieben bist du in der Zelle. Die restliche Zeit über kannst du im Gemeinschaftsraum oder draußen im Hof verbringen. Wenn du Scheiße baust bleibst du die ganze Zeit über in der Zelle oder wirst in den Kerker gesperrt. Verstanden?"
,,Huh....", murmelte ich bejahend. Der Idiot war wirklich zu dumm um überhaupt in angenehmen Sätzen zu sprechen! Der klang ja schon wie ein verdammtes Kleinkind.
,,Kann ich mich während den freien Zeiten über frei bewegen?"
Aus eiskalten Augen sah ich den Deppen an, welcher sich davon aber nicht sonderlich beeindrucken lies -was ich auch gar nicht vorgehabt hatte.
,,Ja, aber außer Zellen gibt es hier nich' viel. Es macht sich außerdem nicht gut, andauernd außer Sicht der Wärter zu sein. Sonst noch was?"
,,Ja. Wo sind hier Sachen zum putzen?"
Das brachte den Typen wohl völlig aus der Fassung, denn er sah mich nun an, als hätte ich von ihm verlangt, er solle sich in einen Titanen verwandeln.
,,Hä?"
,,Tch, hier ist es so dreckig, da bleib ich nicht. Also, wo ist der Putzschrank? Ihr Ferkel werdet sowas doch hoffentlich haben."
Er blinzelte, trat dann aber dennoch aus der Zelle hinaus.
,,Der ist zwei Gänge weiter....-"
,,Sehr gut. Tschüss."
Damit stürmte ich also an ihm vorbei und er rief mir noch irgendwas von ›ich solle stehen bleiben‹ nach, was ich aber gekonnt ignorierte. Meine nackten Füße tapsten auf dem glatten Boden, während ich mich auf den Weg machte.
Tatsächlich fand ich die Putzkammer relativ schnell, denn ein kleines Schild hing unverkennbar davor. Zwar war ihre Ausrüstung extrem schlecht, doch damit würde ich schon zurecht kommen, schließlich war ich auch schon mit weniger klargekommen.
Jedem anderen Menschen wären inzwischen wohl schon längst die Latschen abgefroren, so eiskalt war es dort. Aber da ich schon früher mal in so einer Situation gewesen war und es mir damals um einiges schlechter gegangen war als jetzt, konnte ich durchaus darüber hinwegsehen. Doch ich spürte durchaus, dass ich in den letzten Jahren stark verweichlicht war -jedenfalls in solchen Dingen.
Fast keine der Insassen lief momentan in diesem Trakt herum, entweder waren die momentan in einem anderen Bauteil oder draußen. Essenszeit war nämlich gerade nicht.
Etwas verärgert über die hiesige Putzkolonne, begann ich erst mal die Türe zu reinigen. Die bestand zwar quasi nur aus Eisengittern, doch die waren so uralt und verdreckt, dass ich die Klinke in hundert Jahren nicht angefasst hätte.
Danach entfernte ich den Staub auf und unter dem von der Wand hinunter geklappten Bett -was also nur eine Liege war- und das Gleiche tat ich dann auch noch bei dem Schreibtisch.
Vorsichtig fuhr ich über jede Kante und Seite des Holzes, in der Hoffnung irgendwas sinnvolles zu finden. Leider war alles zusammengesteckt worden, sodass es nicht mal die kleinste Schraube gab. Das war meine Hoffnung gewesen, denn früher war ich schon öfters von der Militärpolizei erwischt worden und konnte mich durch diesen Trick schon oftmals wieder selbst hinaus holen.
,,Vielleicht ja mit etwas Holz...."
Eine kleine Spane zeigte aus der Platte hinaus, welche ich vorsichtig anzog und letztendlich wegriss. Prüfend tapste ich zu der Türe und steckte das Ding das eigentlich eh schon offene Schloss.
Gespannt wie ein Flitzebogen drehte ich das braune Werkzeug um, welches leider sofort zerbrach. Es war einfach zu morsch dank dieser feuchten Luft.
Resigniert seufzte ich, bevor ich mich wieder ans Putzen machte. Genauso gründlich wie auch schon zuvor fegte ich den Boden und wischte die Wände mit einem geeigneten Lappen ab. Zwischen den Rillen gab es leider keine Dinge, die ein freundlicher Vorgänger hinterlassen hatte.
Das klingt wie aus einem Buch, doch im Untergrund war sowas Gang und Gebe. Schließlich wusste jeder, dass der nächste Insasse sich darüber freuen würde. Nur schienen die Leute hier oben nicht so sozial zu sein.
Letztendlich befestigte ich noch einen Putzwedel an dem Stiel eines Besens, da ich leider zu klein war um an die Decke zu kommen. Dort hingen nämlich unzählige Spinnweben und deren Besitzerinnen, wovon die Hälfte gerade noch ihre Männer verspeisten.
'Bin ich froh, dass ich keine Spinne bin. Wenn das Ally mit mir machen würde... urgs..... Ally....... Wie es ihr wohl gerade geht? Ich würde nur zu gerne wissen was sie momentan macht....'
Der Gedanke an meine Verlobte stimmte mich traurig, weshalb ich ihn einfach mal wegschob und mich auf das Hier und Jetzt konzentrierte.
Denn nun, da meine Zelle so sauber wie in diesem Umfeld nur möglich war, wusste ich nicht so recht was ich tun sollte. Denn die anderen Verbrecher wollte ich nicht unbedingt schon frühzeitig kennenlernen, schließlich würde mir der Ärger schon nachher genug Probleme bereiten.
Letztendlich entschied ich mich also dafür auch die Umgebung um meinem Gemach herum etwas auf Vordermann zu bringen. Gab es sonst eigentlich noch solche hobbylosen Wesen wie mich? Vermutlich nicht.
Jeder andere würde sich vermutlich nun den Kopf darüber zermartern, was nun als Nächstes geschehen könnte, warum er hier saß, wie er hier wieder rauskäme, und so weiter und sofort. Meine Wenigkeit hingegen brauchte das gar nicht zu machen.
Denn wenn ich nur an die Hälfte meiner begangenen Straftaten dachte, wurde mir sofort klar, dass ich hier niemals rauskommen würde. Für mich war das Endstation -so wie ein Altersheim oder Rollator. Das Einzige was mich noch retten konnte, war, wie viel die eigentlich überhaupt über mich wussten.
Denn schließlich gab es ja keine richtige Akte über mich -hoffte ich einfach mal. Je mehr sie aber über mich wussten, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass ich in der Gerichtsverhandlung keinen Anwalt bekam. Es war gang und gebe, dass Schwerverbrecher keinen gesetzlichen Vertreter bekamen oder gar haben durften.
Warum sie das taten? Weil sie mich ärgern wollten? Nein. Viel zu einfach. Aber vielleicht hatte ein Politiker ja noch eine Rechnung mit mir offen.
Wollte das Leben mir mal wieder den Mittelfinger zeigen und sagen: ›Schönes, normales, geruhsames Leben? Haha! Nicht für dich, Levi!‹?
Exakt.
War das hier ein kläglicher Versuch den Aufklärungstrupp zu zerschlagen? Schätzungsweise ja, denn es war ein offenes Geheimnis, dass die Regierung uns nicht haben wollte. Jeder mit etwas Grips bemerkte das sofort.
Die Sache war nämlich die, dass ich mir ziemlich sicher war, dass die geplante Expedition im April nicht stattfinden würde, sofern ich zu diesem Zeitpunkt nicht schon wieder frei war.
Erwin würde das bestimmt nicht machen, schließlich würde es die Soldaten ziemlich verunsichern, wenn der stärkste und eine sehr gute Soldatin ausfallen würden. Denn der Kommandant würde Ally bestimmt nicht mitnehmen, da er bedenken hätte, dass sie zu unkonzentriert wäre.
So gut konnte ich Erwin einschätzen, dass er das tuen würde. Und da schon einige Veteranen aufgrund des weiblichen Titans und den darauf folgenden Expeditionen schon gestorben waren und es nicht so viele andere gab, würde die Zahl immer weiter schrumpfen und die Kampfkraft des Aufklärungstrupp schwinden.
Es war wirklich überraschend, wie viel mein Verschwinden eigentlich auslöste. Falls ich „normal" sterben würde, wäre es eine ganz unproblematische Sache.
Hinzu kam ja auch noch, dass wenn meine Verbrechen bekannt werden würden, man natürlich -besonders Erwin- den Aufklärungstrupp dafür beschuldigen würde, so einen Kriminellen dort arbeiten zu lassen und ihn nicht zu melden.
Ihr seht schon, wir saßen momentan so richtig in der dampfenden Scheiße. Dadurch gab es also auch nichts, was ich tun konnte, sondern einfach auf mein Ende warten.
Frustriert schlug ich mit der Faust gegen die Wand neben mir, welche sofort anfing zu bröseln.
,,Scheiße!!"
Das ›Scheiße‹ galt nicht dem jetzt zerstörten Stein, sondern der gesamten Situation. Ich konnte verdammt noch mal absolut nichts ändern.
Resigniert seufzte ich mal wieder laut vor mich hin, bevor ich den Raum direkt neben mir betrat und dort dann das Putzzeugs abstellte.
Meine kleine Säuberungsaktion hatte auch noch den Vorteil gehabt, dass ich mir die nähere Umgebung genauer ansehen hatte können. Denn es wunderte mich extrem, dass man sich hier angeblich so frei bewegen konnte. Das roch schon förmlich nach einer falschen, oder mehreren fehlenden Informationen.
Den Keller -der eher aussah wie ein Kerker, was er vermutlich auch war- hatte ich dann doch nicht mehr betreten, denn allein schon der Abgang darunter sah so aus, als dürfte man nicht dahin.
Möglichst auf leisen Sohlen schlich in den nächsten Trakt, in dem sich einfach weiterhin Zellen befanden. So wie es dort wirkte lebten da durchaus Insassen drin, doch die waren offensichtlich nicht da.
Hier sah alles so wahnsinnig gleich aus, dass ich schon Bedenken bekam, nicht mehr so richtig zurückzufinden.
,,Das wird schon irgendwie. Ach, was haben wir denn da?"
Das Glück war auf meiner Seite, denn schon nach ein paar wenigen dieser hässlichen Gänge sah ich einen Plan des Gebäudes -oder jedenfalls dieses Stockwerks- an der Wand hängen.
War das nicht irgendwie zu gefährlich? Schließlich war das ja dann wie eine Bedienungsanleitung fürs Ausbrechen.
'An dieser ganzen Sache stimmt doch irgendetwas gewaltig nicht.... Oder bin ich einfach nur etwas paranoid? Kann auch sein..... Ich sollte jetzt jedenfalls erst mal schauen, dass ich den Speisesaal finde, denn in zehn Minuten muss ich schon da sein.'
Die Lust darauf, am ersten Tag gleich als unpünktlicher Typ aufzufallen, hielt sich durchaus in Grenzen. Somit merkte ich mir also die Abzweigungen -jedenfalls so mehr oder weniger- und machte mich auf den Rückweg.
Noch immer begegnete mir niemand. Wo zum Fick waren die denn?! Sorry, dass ich jetzt geflucht hab.
Je näher ich dem gesuchten Raum kam, desto lauter wurde das Stimmengewirr. Anscheinend hielten sich dort schon viele auf. Zu spät war ich nicht, das verriet mir ein Blick auf eine an der Wand hängende Uhr.
Schon von Weitem konnte ich eine Doppeltür sehen, welche nur angelehnt war. Die Geräusche kamen eindeutig daher, also war das mit hoher Wahrscheinlichkeit mein Zielort.
Ohne noch mal tief Luft zu holen legte ich meine beiden Hände an die zwei Türen mit den kleinen Fenstern oben dran und betrat den Essensaal.
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Ihr wollt gar nicht wissen, wie lange ich zum Korrigieren gebraucht hab.... Ich hab Probleme mit Neurodermitis, deswegen muss ich meine Hände fett eincremen und Baumwollhandschuhe tragen😫
Ich habe für diesen Text locker 5min gebraucht ;-;...
Lg, eure Kaori💖
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