Kapitel 3 - Klare Ansagen
Müde grummelnd wälzte sich Harry durch die Laken, bis er endlich sein klingelndes Handy auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Bett ertastet hat.
Niall Horan, erkannte er verschwommen durch seine müden Augen. Wie bereits zwei Mal diese Woche, lehnte er den Anruf seines ehemaligen Bandkollegens entschlossen ab.
Schnell warf er dann das Handy neben sich auf die Matratze, rollte auf Maryanas Seite des Bettes und zog sie in seine Arme.
»Guten Morgen, Schatz«, murmelte er und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe. »Ich hoffe, mein Handy hat dich nicht geweckt.«
»Es ist Mittag, Harry«, stellte Maryana lachend fest, obwohl sie gestehen musste, dass sie tatsächlich noch verdammt müde war. Zufrieden schloss sie wieder ihre Augen und kuschelte sich gegen Harrys nackte Brust, die sich so beruhigend gleichmäßig hob und senkte.
»Ich weiß, aber du bist gestern ziemlich spät nach Hause gekommen, oder? Ich hab's gar nicht mehr mitbekommen.«
»Ja, tut mir leid, ich bin etwas bei Edin versackt«, räumte Maryana ein. Ihr Plan, abends wieder bei Harry zu sein, war gestern nicht ganz aufgegangen.
Nach ihrem ernsten Start hatten sich die beiden Freunde stundenlang verquatscht und ehe sich Maryana versehen hatte, war es bereits Mitternacht gewesen.
»Schon gut. Wie war's bei Edin?«, fragte Harry und strich immer wieder sanft über Maryanas Oberarm.
Seufzend hielt Maryana ihre Augen geschlossen. Edin hatte gestern so viel losgetreten und genau jetzt hätte sie ehrlich zu Harry sein sollen, aber die Harmonie, die in diesen vier Wänden herrschte, war viel zu schön, um sie nun zu zerbrechen.
Die beiden waren wirkliche Meister des Verdrängens.
»Schön, er hat mir echt gefehlt«, antwortete Maryana ehrlich, sparte aber seine Ansprache über all die offenen Baustellen, die das Paar längst hätte angreifen sollen, aus. »Vielleicht lass' ich ihn bald doch mal vorbeikommen.«
»Klar, gerne.«
Einverstanden küsste Harry sie und ließ seine Hände über Maryanas Seiten wanderen. Langsam rollte er seinen Oberkörper über die Blondine und ließ seine Hand unter ihr schwarzes T-Shirt wandern.
»Schon Hunger, oder wollen wir noch etwas im Bett bleiben?«, fragte er schelmisch grinsend und sah auf Maryana hinab.
Lächelnd vergrub Maryana ihre Hände in seinen Haaren. »Wenn's schnell geht, können wir gerne noch etwas im Bett bleiben.«
Überrascht zog Harry die Augenbrauen nach oben.
»Wow, über die romantische Phase sind wir damit wohl offiziell hinaus«, seufzte er und deutete gerade an, sich von der jungen Frau abwenden zu wollen, als diese ihn lachend an seinen Armen festhielt und zurück zu sich zog.
»Sorry«, ruderte sie schmunzelnd zurück. »Ich muss nur bald los.«
Wieder stand Harry die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Berechtigterweise, immerhin hatte Maryana bis gestern gescheut, überhaupt einen Schritt aus Hidden Hills zu machen und heute wollte sie direkt wieder los.
»Wohin denn heute?«
»Zu John«, antwortete Maryana so kurz wie ehrlich.
»Aha«, nickte Harry vorerst nur und musterte Maryana nachdenklich. »Und weshalb?«
»Ich war ewig nicht dort und er hat ein paar Mal versucht, mich zu erreichen. Ich sollte mal nachhorchen, wie's um die Buchveröffentlichung steht.«
Unzufrieden rümpfte Harry die Nase.
Dass diese Buchveröffentlichung immerhin auch ihn selbst betraf, wusste der Sänger gekonnt zu übergehen.
Ihm gefiel nicht, dass Maryana schon wieder Pläne hatte, und schon gar nicht, dass sie Dinge in Angriff nahm, die er konsequent vor sich herschob.
»Du lässt mich also schon wieder alleine?«
»Nicht lange, versprochen«, versicherte Maryana ihm lächelnd und versuchte Harry mit einem Kuss zu beschwichtigen. Dieser wirkte wenig überzeugt, wollte aber offensichtlich auch nicht länger über John oder irgendetwas dergleichen sprechen, geschweige denn nachdenken.
»Das wird als Entschädigung nicht ausreichen, Babe«, grinste er Maryana stattdessen wieder an, mit deutlicher Lust im Blick.
Bereitwillig ließ sich diese kichernd auf seinen Schoß ziehen und beugte sich über ihn.
»Na schön, gibt Schlimmeres«, murmelte sie in seine fordernden Küsse, während ihre Hände langsam über seinen tätowierten Oberkörper wanderten.
Maryana hatte versuchte sich vor Harry nichts anmerken zu lassen, aber das spontane Treffen mit ihrem Verleger bereitete ihr mehr Bauchschmerzen, als sie sich eingestehen wollte. Zwar würde ihr John niemals einen Einlauf verpassen, wie es Edin gestern getan hatte, aber auch bei ihm hatte sich sicherlich Einiges aufgestaut. Er hatte sie bestimmt nicht grundlos einige Male angerufen.
Entsprechend gemischt waren ihre Emotionen, als sie nach einer gefühlten Ewigkeit wieder einmal vor dem Büro ihres alten Mentors stand.
John hatte so viel für sie getan, ihm verdankte sie, dass sie ihre Leidenschaft überhaupt zum Beruf machen konnte. Sie war es ihm schuldig, sein bisher größtes Projekt nun nicht auf den letzte Meter gegen die Wand zu fahren, nur weil sie vorgab im Funkloch zu leben und Angst vor allem, was auf sie zukommen mochte, hatte.
Edin hatte recht, irgendwann musste sie ihr Leben wieder in die Hand nehmen.
Zögerlich klopfte Maryana also an seine Tür. Sie sah schwerer und bedrohlicher aus, als sie die Jungautorin in Erinnerung hatte. Und auch die Stimme, die ihr aus dem Inneren entgegenschallte, hatte sie freundlicher in Erinnerung.
»Herein.«
Mit flauem Magen stieß Maryana die Tür auf und sah dort John hinter seinem Schreibtisch sitzen. Er hatte sie dank ihrer Mail offenbar schon erwartet, und das nicht freudig.
»Hi, John.«
»Da bist du ja. Bitte, setz' dich«, bot er Maryana direkt den Stuhl ihm gegenüber an.
Hier war sie damals versunken, als ihr John den Vertrag für Harrys Buch vorgelegt hat und war tausend Tode gestorben, als er, nachdem sie mit Harry geschlafen hatte, erwartet hatte, dass sie nochmal seine Studioaufnahmen begleiten sollte.
Auch dieses Mal versank sie wieder in dem Kissen des Stuhl. Der Grund war dieses Mal allerdings Johns ungewohnt strenger Gesichtsausdruck.
»Ich erreiche dich seit Wochen nicht, Maryana!«, legte er direkt los und sah ihr enttäuscht in die Augen. »Du hast mir in letzter Zeit ja einige unerwartete Überraschungen beschert, aber für so unzuverlässig hätte ich dich dann doch nicht gehalten! Du weißt doch selbst, wie sehr das Ganze auf der Kippe stand nach deinen - naja - Eskapaden.«
Maryana konnte nicht von John erwarten, dass er ihr Privatleben verstand.
Er hatte David gekannt und ihn geschätzt - und nun saß sie mit Harry Styles in einer Villa in Hidden Hills. Sie wusste, wie das von Außen aussah.
»Tut mir leid, John«, gab sich Maryana ehrlich schuldbewusst. »Ich hatte nach dem ganzen Stress keinen Kopf dafür. Und ja, ich weiß, wie dumm das klingt und auch war.«
John hatte sich gemeinsam mit Jeff darüber ärgern müssen, dass Harrys und Maryanas private Geschichte Harrys gesamtes Solo-Debüt überschattet hatte.
Die beiden hatten Schadensbegrenzung betrieben, Termine verschoben und penetrante Journalisten-Anfragen abgewehrt, während Harry und Maryana untergetaucht waren, um in Ruhe ihre Liebe zu genießen. Maryana konnte jeglichen Gräuel ihres Verlegers verstehen, zudem sogar im Gespräch war, das Projekt »Buch« völlig in den Wind zu schießen.
»Ich spar mir die Nerven, da überhaupt irgendetwas zu zu sagen«, brummte John schnippisch vor sich hin. »Kommen wir lieber direkt zum Geschäft, soweit dich das inzwischen doch wieder interessieren sollte.«
»Tut es«, warf Maryana bedauern ein, aber John überging sie.
»Azoff und das gesamte Fullstop Management rennt mir hier bald noch die Tür ein. Harrys Tour startet in nicht mal zwei Monaten, bis dahin soll das Buch längst auf dem Markt sein und mit dem Merch verkauft werden. Wir müssen in den Druck, es muss geshootet werden und vorallem sollten wir vorher nochmal die Werbetrommel rühren, dass das mal etwas positiver dasteht als jetzt! Kein Mensch kann sagen, wie sich diese ganze Hintergrundgeschichte auf den Verkauf auswirken wird. Fans hast du dadurch ganz bestimmt nicht gewonnen.«
»Ich weiß«, murmelte Maryana und spürte, ähnlich wie gestern bei Edin, schon wieder die Überforderung aufsteigen. »Und was kann ich gerade tun?«
»Ehrlich gesagt«, seufzte John und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ich weiß es noch nicht einmal, alles ist im Moment in der Schwebe. In erster Linie solltest du bei den Meetings dabei sein. Wir müssen uns überlegen, ob wir dich als Person und dich und Harry als Paar in die Werbung einbinden, oder das alles lieber strikt raushalten.«
»Okay, das krieg' ich hin«, nickte Maryana kleinlaut, aber John spricht mit lauter Stimme weiter.
»Und vor allem könntest du Harry auch mal wieder daran erinnern, dass er einen Job hat. Ich bin nicht sein Manager, aber Jeff würde bestimmt gerne mal was von ihm hören. Was ich so mitbekommen habe, sollte er längst für die Tour proben«, machte er Maryana klar. »Aber das lass' ich jetzt mal deren Sorge sein. Wir, oder besser gesagt du, solltest dir ganz andere Fragen stellen.«
Maryana ahnte, dass ihr nicht gefallen würde, was ihr John zu sagen hatte. Trotzdem wartete sie mit angehaltenem Atem auf das, was kommen würde.
»Ich sag's wie es ist, Maryana«, seufzte John und zuckte mit den Schultern. »Du solltest dir auch Gedanken machen, wie es mit dir beruflich weitergehen soll und vor allem kann.«
Darauf kannte Maryana ihre Antwort ohne nachzudenken. Sie hatte damals ihr Studium geschmissen, um sich dem Schreiben zu widmen und Menschen zu inspirieren, ihnen ihr Vertrauen ins Leben zurückzugeben und sie zu erinnern, respektvoll mit sich selbt umzugehen. Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen, ohne sich von der erfolgsgetriebenen Außenwelt beeinflussen zu lassen, war ihr Ziel gewesen.
»Ich will wieder zurück zu dem, was ich immer gemacht habe«, stellte Maryana also klar. »Dieses Buch über Harry war eine Ausnahme, John, das weißt du. Ich wollte es anfangs sowieso nicht schreiben, das war nie die Art von Autorin, die ich sein wollte.«
»Du willst also wieder über Lebensfragen philosophieren und den Menschen erklären, wie sie bescheiden leben und sich auf das Wesentliche besinnen sollen, anstatt leerem Erfolg und Besitz hinterherzujagen?«, fasste John fragend zusammen und musterte Maryana abwartend.
Er wartete, bis bei der Jungautorin selbst der Groschen fällt und langsam ahnte sie, worauf er hinauswollte.
»Du wirkst nach allem, was passiert ist und von dort, wo du jetzt stehst, völlig unauthentisch«, brachte es John endlich auf den Punkt.
Tatsächlich wirkt jemand, der sich bei der ersten Gelegenheit einen millionenschweren Teenie-Schwarm gekrallt, seinen langjährigen, bodenständigen Freund dafür sitzengelassen hat und seither in beeindruckenden Villen, Tür an Tür mit der weltweiten High Society lebt, äußerst unglaubwürdig, wenn er das einfache, glückliche Leben predigt.
»Aber ich -«, wollte sich Maryana gerade verteidigen, als ihr jedoch bewusst wurde, dass sie dem noch nicht einmal etwas entgegensetzen konnte.
Harry überschattete sie in allen Lebensbereichen, das war fakt. Und wieder wurde Maryana deutlich klar, weshalb sie sich am Liebsten ihr Leben lang in Hidden Hills verstecken wollte.
»Ich wollte das nur mal gesagt haben, damit du dir Gedanken machen kannst. Im Moment ist sowieso wenig planbar. Wir werden sehen, wie die Leute reagieren«, sagte John abschließend und schien zu wissen, dass er Maryana definitiv zum Nachdenken angeregt hatte.
Harry würde immer seine Fans haben, ganz egal was er tat. Vielleicht würde er ein paar davon verlieren, aber seine Welttournee war nach wie vor ausverkauft. Zwar würde er als Privatperson die Auswirkungen spüren und getroffen sein, wenn er all den Hass gegen Maryana las, aber seine Karriere würde wie gehabt weiterlaufen - ganz im Gegensatz zu Maryana, die ihr Autoren-Dasein vor Harry kaum als „Karriere" zu bezeichnen wagte.
Sie wusste nicht, wie sich all das, diese öffentliche Wahrnehmung, auf ihre Verkaufszahlen auswirken würde.
Das Einzige, das sie sicher sagen konnte, war dass ihr Harry mehr Steine in den Weg legte, als sie geahnt hatte - und dass sie jeden verstehen konnte, der sie seither für nicht authentisch hielt.
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