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(Triggerwarning)
Ich liege auf meinem Himmelbett im Jungsschlafsaal und höre Musik von Muggelsängern. Ein paar Tage sind seit Nicos Tod vergangen, heute ist der 31. Dezember. Ein neues Lied beginnt: "Hello, hello. I'm not where I'm supposed to be, I hope that you're missing me. 'Cause it makes me feel young" Eine einzelne Träne läuft aus meinem Auge. Das Lied heißt 'Sober Up' und war Nicos Lieblingslied. Eine vergessene Erinnerung taucht vor meinem inneren Auge auf:
Ich liege, wie heute, auf meinem Bett neben Nico. Über seine Musikbox hören wir verschiedene Lieder, hauptsächlich von Muggeln, weil Nico als einer gelebt hat. Genau wie heute erschallt 'Sober Up' von AJR. Nico und ich singen aus voller Kehle mit, wir beide lieben dieses Lied. Als es fertig ist sehen wir uns an und müssen aus irgendeinem Grund loslachen und können nicht mehr aufhören. Als mir schon der Bauch wehtut, klopft es an der Tür. Ich schalte die Musik aus und mühsam versuchen wir uns etwas zu beruhigen.
"Sam?", die Erinnerung wird von Draco unterbrochen, der mich aus meinen Gedanken reißt, "Alles ok?" "Ja, geht schon", antworte ich, "Es ist nur: Er hat dieses Lied geliebt." Mein Freund, mit dem ich mich wieder vertragen habe, versteht sofort, wen ich meine. In den letzten paar Tagen habe ich fast die ganze Zeit in meinem Bett gelegen, ohne Motivation etwas zu essen, mich für den Tag herzurichten oder auch nur aufzustehen. Es ist, als ob Nico meine all Freude mitgenommen und mich leer und einsam zurückgelassen hätte. Ich spüre zwei Arme, die mich festhalten und ich klammere mich an diesen Halt wie ein Ertrinkender. Tränen laufen mal wieder über mein Gesicht und ich hasse mich dafür, dass ich so oft weine, so schwach bin. Ich weiß, Nico hätte es nicht so gewollt, hätte es gehasst, dass ich nur in meinem Zimmer liege, weder esse noch mit anderen rede, keine Vergeltung plane. Doch wie soll ich glücklich sein ohne ihn? Ohne meinem besten Freund, der mir mehr als nur ein Mal aus der Patsche geholfen hat, dem ich mein Leben ohne weiteres anvertrauen würde? Ich habe keine Ahnung. Nach einiger Zeit lässt Draco von mir ab und hält mich an den Schultern von sich weg. "Du musst wieder auf die Beine kommen Sam!", sagt er sanft, aber eindringlich, "Heute ist Silvester, komm doch mit hinaus und feiere mit mir!" Weil ich weiß, dass er nicht aufgeben wird, stimme ich zu. "Gut, dann wollen wir dich mal herrichten!" Mit meiner Meinung nach zu viel Euphorie zieht er mich auf die Beine.
(Warning over, lol)
Nach ewigem Wühlen in meinem Koffer und langem Überlegen haben wir uns für eine schwarze, mit Stickereien verzierte Hose, ein hellgraues Oberteil und einen Umhang in einem dunklen Blau entschieden, sodass mein Outfit zu meinen Augen passt. Meine kurzen weiß-blonden Haare habe ich mit etwas Gel nach oben gestylt, sodass es nicht zu vornehm wirkt. "Ist das nicht zu extravagant? Ich meine, es ist ja nur Silvester!", werfe ich unsicher ein, als ich vor dem Spiegel stehe und mich betrachte. Hinter mir steht Draco schon in seinem smaragdgrünen Umhang, der mir silbernen Ornamenten an den Rändern verziert ist. Er sieht ganz klar aus wie ein Slytherin, während man bei mir auch Ravenclaw vermuten könnte. "Nein nein, das passt schon, du siehst gut aus!", dann fügt er amüsiert noch hinzu, "Ich bin schwul, ich kann das beurteilen." Ich muss grinsen. "Ja, das kannst du wohl." "So, und jetzt auf geht's, sonst sind wir noch die Letzten." "Ich dachte, wir feiern allein?!" "Naja, allein nicht wirklich. In der Großen Halle ist ein kleines Fest veranstaltet." Empört sehe ich ihn an, dann sage ich noch sarkastisch: "Oh nein, wie schrecklich. Ich glaube, jetzt kann ich nicht mehr mitkommen." Draco grinst nur und hält mir seinen Arm hin. Seufzend hake ich mich bei ihm ein und zusammen verlassen wir den Schlafraum. In der Großen Halle angekommen holen wir uns erstmal etwas zu trinken. Mit einem Glas Kürbissaft lassen wir uns an einem kleinen Tisch nieder. Es spielt langsame Musik. "Da schläft man ja ein!", meine ich und kann dabei kaum ein Gähnen unterdrücken. Wie soll ich das denn bis Mitternacht aushalten? Mir ist jetzt schon langweilig. Draco lacht leicht und sagt halb im Scherz: "Wir könnten tanzen." "Klar, weil wir das ja so gut können", erwidere ich sarkastisch. "Ich kanns dir beibringen", schlägt mein Gegenüber vor. Skeptisch sehe ich ihn an, willige aber ein. "Aber wir warten, bis ein neues Lied beginnt, das mag ich nicht", sage ich. Draco nickt und so warten wir einige Minuten. Offensichtlich sind wir nicht die Einzigen mit der Idee, denn andere Schüler und auch Lehrer betreten jetzt die Tanzfläche. Gut für mich, denn ich habe keine Ahnung, was ich tun soll, aber so fällt das nicht mehr auf. Nach etwas Übung kriegen Draco und ich es aber einigermaßen hin, ohne dass ich auf seine Füße trete oder stolpere. "Das macht ja Spaß", stelle ich überrascht fest. "Wieso sonst sollten Leute es sonst tun?", fragt mein Gegenüber amüsiert. Ich zucke darauf hin nur mit den Schultern. Das schnellere Lied endet und nun kommt wieder ein langsames. Draco und ich rücken etwas näher aneinander und eng umschlungen tanzen wir durch die Menge. Ich verliere mich in seinen blauen Augen und erst jetzt fällt mir auf, wie schön diese eigentlich sind. Ein helles blau-grau, umrandet von einem dunkleren Streifen. Sie scheinen zu strahlen und fasziniert sehe ich ihn an. Erst als auch dieses Lied endet, fällt mir auf, wie nahe wir uns eigentlich sind. Unsere Nasen berühren sich fast und ich spüre, wie sein Herz in seiner Brust schlägt. Jetzt scheint auch er unsere Situation zu bemerken und räuspert sich peinlich berührt. Der Augenkontakt wird abgebrochen und wir rücken auseinander. Ohne seine Nähe kommt mir die Halle ein bisschen kälter vor, egal wie bescheuert das klingt. Schüchtern lächle ich ihn an und er erwidert es. "Wollen wir rausgehen?", schlage ich vor. Draco stimmt zu und hält mir wieder seinen Arm hin. Draußen vor der Burg setzen wir uns unter einen Baum mit ausladenden Ästen. Schulter an Schulter verweilen wir dort, in ein angenehmes Schweigen gehüllt. Ich hänge meinen Gedanken nach, als das Geräusch von Feuerwerken ertönt. "Ich habe gar nicht gemerkt, dass es schon so spät ist...", murmle ich und sehe zu Draco. Dieser nickt nur und schon wieder verliere ich mich in seinen Augen. Ich bemerke, wie sein Blick langsam zu meinen Lippen wandert. Will er mich etwa küssen? Aber dann werden auch meine Augen von seinem Mund angezogen und die Gedanken verschwinden aus meinem Kopf. Unsere Gesichter nähern uns und langsam legen sich seine Lippen auf die meinen. Ein Feuerwerk, das nichts mit Silvester zu tun hat, explodiert in meinem Körper und sanft fahre ich mit meinen Händen durch seine weichen Haare. Ich spüre, wie die seinen ihren Platz an meiner Hüfte finden und mich näher zu ihm ziehen. Nach einiger Zeit lösen wir uns von einander, bleiben uns aber immer noch sehr nahe. Ich lehne meine Stirn an die seine und ein leises "Wow" entfährt mir. Draco schmunzelt leicht. "Ich liebe dich", gesteht er mir in die Augen blickend. Kurz überlege ich. Liebe ich ihn auch? Ja, ich denke, das tue ich. Wer sonst würde so ein Gefühl in mir auslösen? "Ich liebe dich auch." Glücklich küssen wir uns nochmal. "Dann sind wir jetzt Freund und Freund? Oder, naja, Freund und Freundin.", fragt Draco und schmunzelnd stimme ich zu. "Na dann, Freund, lass uns wieder eingehen", meine ich in einer Mischung aus glücklich und sarkastisch. "Auf geht's!", erwidert er und ich kann irgendwie kaum fassen, dass wir jetzt zusammen sind.
In der Großen Halle ist niemand mehr, aber eine langsame Melodie erschallt trotzdem noch. "Darf ich um einen Tanz bitten, Partner?", fragt Draco übertrieben vornehm und hält mir mit einer Verbeugung seine Hand hin. Kichernd nehme ich sie und lasse mich von ihm auf die Tanzfläche führen. Wie schon zuvor bewegen wir uns eng umschlungen durch die Halle, nur sind wir diesmal alleine und so kann ich mich voll und ganz auf mein Gegenüber konzentrieren. Wir schauen einander tief in die Augen. Das Lied wendet sich langsam dem Ende zu und als die letzten Töne erklingen, beuge ich mich ein paar Zentimeter hinab und lege meine Lippen auf die seinen. Nach einigen Sekunden lösen wir uns wieder. "Wollen wir hinauf gehen? Langsam werde ich dann doch müde", meint Draco und da kann ich ihm nur zustimmen. Er nimmt meine Hand und mit verschränkten Fingern gehen wir in die Kerker.
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