13
Mittlerweile ist ungefähr die hälfte der Sommerferien vergangen. Ich habe glücklich festgestellt, dass die Traumverbindung mit Nico nicht unterbrochen wurde und so üben wir fleißig weiter, um Animagi zu werden. Stolz bemerke ich, dass wir relativ große Fortschritte machen: Mir sind ein schwarzer Katzenschwanz und Ohren gewachsen und Nico Rabenflügel. Damit währen die Tiere, in die wir uns verwandeln, klar. Auch, wenn ich noch nicht weiß, welche Art, werde ich eine Katze. Ich habe auch einmal probiert, mich im echten Leben zu verwandeln. Ich war ein bisschen überrascht, dass das geklappt hat, irgendwie hatte ich erwartet, dass es schwerer sein würde.
Zur Zeit ist Snape zu Besuch. Mich stört das nicht unbedingt, wie begegnen uns ja neben dem Essen selten. Manchmal sehe ich ihn in der Bibliothek hinter einem Buch, aber solange er weder meine Ruhe stört, noch mir meinen geliebten Platz auf dem Balkon stielt, ist es mir egal. Mit Paps schreibe ich immer noch relativ oft, denn vor den Sommerferien habe ich in Hogsmeade Nachschub von der besonderen Tinte besorgt. Ich bin sicher, Dad würde es auch hinkriegen, ein normales Tintenfass auf diese Weise zu verzaubern, aber er soll es ja nicht mitbekommen. Plötzlich fällt mir was ein und schnell hole ich das Tagebuch heraus. "Ist dieser seltsame Angreifer schon gekommen?", schreibe ich auf eine neue Seite. Diesmal braucht es ein bisschen, bis eine Antwort kommt. Vermutlich isst er gerade zu Mittag. "Noch nicht", kommt es dann endlich zurück. Irgendwie bin ich erleichtert, aber auch besorgt, weil es ihm noch bevor steht. Vielleicht läuft es jetzt anders ab, weil ich ihn gewarnt habe, dann fällt mir ein Satz ein, den Paps im Traum gesagt hat: "Ich habe mich schon gefragt, wann du kommst." Hat er das gesagt, weil er den Angreifer erwartet, da ich ihn vorgewarnt habe? Ich schüttle den Kopf, um diese Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben. Vielleicht stimmt es, vielleicht auch nicht, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass ich Paps nicht helfen kann.
Vor mir taucht eine schwarze Gestalt auf. Als ich mich umschaue, bemerke ich, dass ich mich in Nurmengard befinde. Fängt jetzt etwa wieder dieser Traum an? Nachdem ich die ewigen Treppen hinaufgestiegen bin, warte ich kurz, bis die Person die Zellentür mit dem übergroßen Schlüssel aufschließt und mit der Schulter öffnet. Paps sitzt auf seinem Stuhl mit dem Gesicht zur Wand gedreht ruhig da. "Ich habe mich schon gefragt, wann du kommst." Es schmerzt etwas, seine Stimme nach so langer Zeit wieder zu hören, aber schlimmer ist es, zu wissen, was jetzt kommt, ohne etwas unternehmen zu können. "Ja, es hat einiges an Zeit gebraucht, damit ich wusste, wie ich diese Sicherheitsvorkehrungen umgehen kann, aber jetzt bin ich ja hier." Ein Schauer läuft mir über den Rücken, als ich diese tiefe Stimme zum ersten Mal seit so langer Zeit wieder höre. Paps hebt den Kopf und steht auf. Ich runzle verwundert die Stirn, denn das ist neu. Vielleicht schafft er es jetzt, sich zu wehren! Hoffnung keimt in mir auf, als Paps einen Schritt auf den Fremden zumacht. "Wollen wir es nicht endlich hinter uns bringen?", fragt er, aber diesmal nicht mit einer hoffnungslosen Akzeptanz, nein, Paps provoziert seinen Gegner schon fast. Ohne Vorwarnung schlägt er dem Unbekannten mit der Faust hart ins Gesicht. Überrascht wankt dieser einen Schritt zurück und sein Zauberstab fällt auf den Boden, aber er fängt sich gleich wieder und nimmt eine Kampfhaltung ein. Schlag um Schlag wird ausgetauscht und ich bin wirklich überrascht, wie gut Paps sich hält, obwohl er so lange in der Zelle saß. Vielleicht hat er ja trainiert seit meinem Besuch, das würde seine Kraft erklären. Die schwarze Gestalt scheint wohl vergessen zu haben, dass sie einen Zauberstab besitzt, oder sie hat Paps unterschätzt und wollte ihn mit seinen bloßen Händen verprügeln. Das wird ihm jetzt zum Verhängnis, denn dieser bemerkt jetzt den am Boden liegenden Zauberstab und stürzt sich darauf. Auch wenn es nicht sein eigener ist, Paps hat jetzt einen großen Vorteil gegenüber dem Fremden. Mit einem Ganzkörperklammer-Fluch fesselt er seinen Gegner, der ihm jetzt hilflos ausgeliefert ist. Seine Überlegenheit auskostend schlendert Paps zu ihm hinüber und hockt sich ihn. Er durchsucht die Taschen des Fremden, bis er den Schlüssel findet. "Ich werde den Petrificus Totalus-Fluch jetzt aufheben und du wirst mir einige Fragen beantworten. Solltest du versuchen, mich anzugreifen, wirst du es bitter bereuen!", droht er und schwingt den Zauberstab.
Der Traum wird ruckartig unterbrochen von einem Geräusch, das sich mehrmals wiederholt. Bis ich ganz aufwache, dauert es ein paar Sekunden, dann geht mir auf, dass das Geräusch ein Klopfen an der Tür ist. "Sam?", kommt es von außerhalb meines Zimmers. "Was?", frage ich genervt. Ich hasse es einfach, wenn man mich so weckt, aber vor allem wurde der Traum unterbrochen. Wenigstens weiß ich jetzt, dass Paps einigermaßen heil ist. Oder habe ich wieder die Zukunft gesehen? Ich beschließe, ihn danach zu fragen. "Albus fragt nach dir, du sollst runter kommen", reißt mich die Stimme aus meinen Gedanken. "Sag ihm, ich komme gleich!", rufe ich zurück. Mit der Zeit habe ich angefangen, Severus zu duzen, wir sind ja nicht im Unterricht und momentan ist er einfach nur der neue Freund meines Vaters, der zufällig einiges über Zaubertränke und dunkle Künste weiß. Ich setze mich auf und gähne erstmal herzhaft. Nachdem ich mich fertig gemacht habe, gehe ich hinunter ins Esszimmer. Am Tisch sitzen schon Dad und Severus, die wohl auf mich warten. Ich lasse mich auf meinen Platz fallen und bestreiche mir einen Toast mit Marmelade. "Was gibt's?", frage ich, bevor ich anfange, zu essen. "Es geht um Gellert", beginnt Dad erschreckend ernst, "Ich habe gerade einen Brief von Nurmengard erhalten. Er ist ausgebrochen." Meine Hand mit dem Toast stoppt auf halben Weg in der Luft. Paps hat es also geschafft. Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Einerseits ist er mein Vater, mit dem ich im letzten halben Jahr so oft geschrieben habe, der so oft für mich da war. Andererseits hat es einen Grund, dass er im Gefängnis saß. Ich beschließe, erstmal von meinem Toast abzubeißen, sonst tropft die Marmelade noch runter. "Ich und Albus haben uns gedacht, dass wir uns auf den Weg machen und versuchen, ihn einzufangen", meldet sich jetzt Severus zu Wort, "Dafür wärst du für einige Wochen alleine. Macht dir das was aus?" Ich überlege kurz. "Die meiste Zeit verbringe ich sowieso lesend. Und es sind ja auch noch die Hauselfen da. Ein paar Wochen werde ich es wohl aushalten." Erfreut und dankbar schaut Dad mich an. "Wann brecht ihr auf?" "So bald wie möglich. Je früher Gellert wieder eingefangen wird, desto besser" Darauf hin nicke ich nur, aber insgeheim will ich ihn wieder treffen, ihn sehen, und das nicht nur im Traum. "Alles ok bei dir? Du wirkst so zerstreut. Ist es wegen Paps?", fragt Dad besorgt. "Nein, das kommt nur davon, dass jemand", bei diesem Wort schaue ich Severus gespielt vorwurfsvoll an, "mich geweckt hat, während ich geträumt habe." Ein kleines Lächeln huscht über das Gesicht des sonst sehr ernsten Schwarzhaarigen und auch Dad grinst und meint sarkastisch: "Wie außerordentlich dramatisch!"
Ich sitze auf meinem Bett und habe, wie so oft, mein magisches Tagebuch in der Hand. "Wie geht es dir?", schreibe ich nach einigem Überlegen. Auf die Antwort muss ich so lange warten, dass ich schon überzeugt bin, Paps hätte das Buch in der Zelle liegen lassen. "Gut. Schreiben geht grad nicht. Später?" Ich schreibe ein knappes "Ok" zurück und schließe das Tagebuch wieder. Dad und Severus sind vor zwei Stunden abgereist. Als ich den Schwarzhaarigen zum Abschied umarmt habe, war dieser ziemlich überrascht. Körperkontakt ist normalerweise auch nicht so meins, aber sonst wäre es aufgefallen, dass ich ihm etwas ins Ohr geflüstert habe: "Pass auf Dad auf!" Auch wenn es vermutlich nicht nötig ist, weil er sehr mächtig ist, mache ich mir Sorgen. Severus hat ein "Versprochen", zurück gehaucht und mich damit etwas beruhigt. Ich gehe in die Bibliothek, um mich mit einem Buch abzulenken, aber ich kann mich einfach nicht auf die geschriebenen Zeilen konzentrieren.
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