32 | Wolke 7 oder knallharte Erkenntnis?
Wills Sicht
Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Mein Herz rast, als ich mit dem Auto auf dem Weg zu Drakes Hotel bin, während er sich auf den Prozess vorbereitet, der in wenigen Tagen ansteht. Ich weiß, dass Eliza und ich dringend noch einmal reden müssen, aber Drakes Nachricht klang dringend. Nur das ist der Grund, warum ich sie stehen gelassen habe. Mich zu begleiten hat ihr ja auch nicht gepasst.
Zuerst muss ich wissen, was Drake so dringend zu besprechen hat, bevor ich mich meinem Liebesleben widmen kann. Fest steht – so wie es momentan ist, kann es nicht weitergehen. Eliza bedeutet mir nach wie vor etwas, doch wenn ich ehrlich bin, kriege ich Avery einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Es fühlt sich an, wie ein Schalter der in meinem Kopf umgelegt wurde. Oder ein Vorhang, der mir die Sicht versperrt hat. Es ist merkwürdig, weil ich plötzlich die Gefühle sehe, die ich Avery gegenüber empfinde. Als wären sie schon immer in mir gewesen und nur an die Oberfläche gekommen, wenn sie ihr okay gegeben hat. Ich wusste schon immer, dass Avery eine tolle Frau ist und sie damals einmal an mir interessiert war. Ich hätte ihr nicht ihr erstes Mal geschenkt, wenn ich keine Interesse gehabt hätte. Doch damals - es war ein scheiß Zeitpunkt. Sie war auf der High School und ich längst auf dem College und nur noch selten Zuhause. Wir beide hatten andere Verpflichtungen, weshalb es bei diesem einen Mal geblieben ist, das seitdem todgeschwiegen wurde.
Und jetzt, wo sie mir ihre Gefühle offenbart hat, stehen wir schon wieder an einem Zeitpunkt, der nicht richtig ist.
Ich habe eine Freundin, die ich bis dato auch immer noch mag, aber ich weiß einfach nicht, wie es zwischen uns weitergehen soll. In den zwei Monaten lief es ganz gut zwischen uns. Wir haben gearbeitet, hatten Sex, sind schlafen gegangen und dann wieder gemeinsam zur Arbeit gegangen. Ich kann mir vorstellen, dass sie glücklich war, wie es nun mal gewesen ist und immerhin wissen wir beide wie es ist - das Leben als Arzt. Ich hatte vorher schon wenig Zeit mit meinen Freunden und insbesondere meiner Familie verbringen können, weil ich lange Schichten geschoben und mir zu wenig Freizeit genommen habe. Eliza hat mir zwar gezeigt, dass es wichtig ist, sich Auszeiten zu nehmen und darüber bin ich auch sehr froh, aber ich kann mich nicht dazu zwingen ihr zu sagen, dass ich sie auch liebe. Nach zwei Monaten weiß ich einfach nicht, ob ich so etwas wie Liebe schon empfinden kann.
In meinen vorherigen Beziehungen zur meinen Collegezeiten war das auch schon so. Ich habe immer ewig gebraucht, um auch wirklich sicherzugehen, ob ich eine Frau liebe und das war bisher nur einmal der Fall. Zwei Jahre waren wir ein Paar, bis sie mich irgendwann verlassen hat, weil sie mit einem 50 Jahre alten Millionär in der Kiste gelandet ist, den sie am Strand kennengelernt hat. Bis dato weiß ich noch immer nicht, wie ich mich so sehr in einem Menschen täuschen konnte.
Ich bemerke gar nicht, wie die Straßen an mir vorbeiziehen. Erst als ich den Wagen wie automatisch in einer Parklücke abstelle wird mir bewusst, dass ich schon am Ziel angekommen bin. Ich verwerfe die Gedanken und Zweifel an diese Beziehung in die hinterste Ecke meines Verstandes und steige aus dem Wagen. Diesen sperre ich noch schnell ab, bevor ich mich mit schnellen Schritten auf den Weg ins Hotel mache. Er hat geschrieben, dass er im Restaurant auf mich wartet.
Ich muss nicht erst nach Drake suchen. Mit einer kleineren Gruppe sitzt er in einer der hinteren Ecken im Restaurant. Ich ziehe verwirrt die Augenbrauen hoch, weil ich gedacht hatte, dass wir uns allein treffen werden. Immerhin will ich nicht, dass noch mehr Wind um diese Sache gemacht wird.
Ich laufe weiter auf den Tisch zu, als ich plötzlich erkenne, wer mit Drake an einem Tisch sitzt. Das kann doch nur ein schlechter Scherz sein, oder?
»Drake? Was macht sie hier?«, zische ich, als ich endlich am Tisch ankomme. Ich lasse einen bösen Blick zu Mrs. King herüberschnellen, bevor ich mich Drake widme.
»Gut, dass du da bist. Vielleicht setzt du dich erstmal«, erwidert er nur und deutet auf dem Stuhl neben sich. Ich sehe ihn fassungslos an und will geraden den Kopf schütteln, als mir sein flehender Blick bewusst wird. Ich muss mich wirklich zusammenreißen, um ihr nicht ihre Fake-Nägel eigenhändig abzureißen. Alles an ihr schreit nach Fake und ich ekele mich vor ihr. Nur wegen ihren sexuellen Nöten sitze ich in der Scheiße und jetzt soll ich mich auch noch mit ihr an einen Tisch setzen, um mir weitere Vorwürfe machen zu lassen? Und wieso unterstützt Drake so etwas auch noch?
»Mrs. King ist heute mit ihrem Anwalt und ihrem Ehemann zu mir gekommen. Sie haben um ein Treffen mit dir gebeten und ich bin gespannt, was sie uns zusagen haben«, sagt Drake und ich nicke leicht, bevor ich sie abwartend ansehe.
Mrs. King weicht jedoch meinem Blick aus und sieht auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoß liegen hat. Ihr Mann haut ihr einen Ellenbogen in die Seite und sie zuckt zusammen.
»Bree. Wir warten alle auf eine Erklärung«, sagt dieser und sein Ton ist alles andere als liebevoll. Vielmehr klingt er wütend.
Mrs. King sieht auf, sieht mir jedoch noch immer nicht in die Augen. Stattdessen blickt sie Drake an und beginnt zu erzählen:
»Ich wollte wirklich nicht, dass das so weit kommt. Ich habe mich nicht mehr wohlgefühlt und wollte unbedingt ein Kind. Dr. Morrison, es tut mir wirklich leid. Ich habe sie belästigt und nicht umgekehrt. Ich war verzweifelt. Mein Mann und ich haben uns so sehr gewünscht, endlich Eltern zu werden. Sie wissen ja, dass wir es seit einigen Jahren bereits versuchen und vor ein paar Wochen habe ich einfach rot gesehen und sie um diese... Dinge gebeten. Ihre Reaktion hätte jeder Mensch verstanden, nur ich nicht. Ich wollte mich an ihnen rächen, dass sie mir meinen Wunsch nicht erfüllen wollten und d-deswegen habe ich meinem Mann erzählt, dass sie mich belästigt hätten«, schluchzt sie.
Ich brauche ewig, um ihre Worte verstehen zu können. Allerdings weiß ich nicht, ob ich das jemals kann. Aus Verzweiflung einem Menschen das Leben versauen, weil das eigene Glück nicht aufgeht, kommt für mich einfach nicht zusammen. Es klingt nicht einmal ansatzweise logisch.
Verdammt, ich kann wirklich nachvollziehen, dass sie sich ein Kind gewünscht hat, aber dann soll sie dies doch bitte mit ihrem Mann ausmachen. Kinderwünsche bleiben leider manchmal offen und auch, wenn es mir leidtut, kann ich ihre Entscheidung solche Lügen in die Welt zu setzen einfach nicht nachvollziehen.
»Ist Ihnen eigentlich klar, dass sie mein Leben fast ruiniert hätten? Ich wäre ziemlich sicher in der Hölle gelandet. Ich hätte meine Zulassung verloren und mein Leben wäre ruiniert gewesen. Und das nur, weil sie Rache wollten, dass ich Ihnen kein Kind machen wollte? Als ihr behandelnder Arzt? Merken Sie, wie falsch sich diese Worte schon anhören?«, erwidere ich und bin erstaunt, wie ruhig ich gerade sprechen kann. Eigentlich müsste ich doch vor Wut platzen, oder nicht?
Ich reibe mir einmal durchs Gesicht.
»Wir haben bereits ein Schreiben losgeschickt und geben Ihnen noch eine Kopie mit Unterschrift, dass wir die Klage zurückziehen. Ich habe mich bereits mit ihrem Arbeitgeber auseinander gesetzt, sodass dieser auch im Bilde ist. Er wird mit der Ärztekammer sprechen. Ihrer beruflichen Zukunft sollte also nichts weiter im Wege stehen«, erklärt ihr Anwalt und ich nicke langsam.
In mir macht sich Erleichterung breit und dennoch weiß ich nicht, was ich jetzt tun soll. Die letzte Woche war die schlimmste meines Leben. Noch nie habe ich mich schrecklicher gefühlt – Dads Tod lasse ich dabei außenvor.
»Mr. Cooper«, schaltet sich nun Mr. King ein. Sein Gesicht ist wutverzerrt und er hat die Hände zu Fäusten geballt. »Ich habe gehört, dass Sie ein ausgezeichneter Anwalt sein sollen. Würden Sie mich im Zuge meiner Scheidung vertreten?«
Mrs. Kings Blick schießt nach oben.
»Nein, b-bitte nicht, Schatz. Ich habe einen riesigen Fehler gemacht, aber du kannst doch nicht wirklich die Scheidung wollen«, schluchzt sie und greift nach seiner Hand, als er aufsteht und seinen Stuhl hörbar zurückzieht.
»Du kannst doch nicht wirklich denken, dass ich nach so einer riesigen Lüge noch ernsthaft in Erwägung ziehe eine Sekunde länger mit dir eine Familie gründen zu wollen oder dein Ehemann zu sein. Ich würde dir raten eine Therapie zu besuchen. Vielleicht kommst du dadurch wieder auf die Sprünge, aber auf mich kannst du nicht mehr zählen. Das hast du dir deutlich versaut«, erwidert er. »Mr. Cooper – ich setze mich mit Ihnen auseinander«, sagt er nur, bevor er sein teures Jackett von seinem Stuhl zieht und verschwindet.
Mrs. King steht schluchzend auf, bevor sie ihm hinterher läuft und nach ihm ruft. Doch er reagiert nicht einmal ansatzweise darauf.
Ich blicke Drake an und schüttele den Kopf.
»Es ist vorbei?«, frage ich leise und er nickt mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Ich lache ungläubig und ziehe ihn in meine Arme.
»Jetzt hast du dir den Platz als Bruder Nummer 2 erspielt, Kleiner«, sage ich, als wir uns voneinander lösen. Drake grinst und streckt siegessicher seine Hand in die Luft.
»Endlich!«, entfährt es ihm, was mich zum Lachen bringt. Drake wendet sich daraufhin dem anderen Anwalt zu und klärt mit ihm die letzten Dinge ab, ehe ich mein Handy herausziehe und Averys Chat öffne:
Die Klage wurde zurückgezogen. Melde mich später.
***
Ich will gerade die Klingel zu Elizas Wohnung drücken, als mir die Tür geöffnet wird.
Kyle läuft mir in die Arme und hinter ihm steht ein anderer Mann, der mich genauso überrascht anblickt wie Kyle es tut.
»Was machst du denn hier?«
»Ich muss mit Eliza reden. Ist sie da?«
»Ich denke schon. Geh ruhig rein. Wir sind nur kurz hier gewesen, weil Kendrick sein Handy vergessen hat«, meint er und ich nicke. Kyle tritt heraus und seine Begleitung folgt ihm, ehe sie im Treppenhaus verschwinden und mich allein lassen.
Ich atme einmal tief ein und aus, bevor ich ihre Wohnung betrete und die Tür hinter mir schließe. Im Flur brennt Licht und alle Türen stehe offen, nur ihre nicht.
»Eliza?«, rufe ich, doch ich bekomme keine Antwort. Ich laufe auf ihre Tür zu und klopfe einmal, bevor ich die Klinke herunterdrücke.
In ihrem Zimmer ist das Licht ausgeschaltet. Kerzenschein sorgt jedoch dafür, dass das Zimmer dennoch leicht erhellt ist. Ich stoße die Tür weiter auf und erhalte freie Sicht auf ihr Bett, weshalb mir augenblicklich die Luft im Hals stecken bleibt.
Eliza ist nackt, genauso wie der Mann unter ihr. Eine Decke ist um sie ihren Hinter gelegt, sodass nur ihr oberer Rücken frei zu sehen ist. Ihre Hüften bewegen sich vielsagend auf und ab und das Stöhnen von beiden, insbesondere jedoch das von Eliza, gibt mir den Rest.
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Dam, dam, daaaasaam! 😂
Soll ich mich verstecken?
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