12 | Ein Abend unter Freunden
Elizas Sicht
Der Tag entwickelt sich vermutlich doch noch zum Guten.
Nachdem ich mich in der Toilette eingeschlossen hatte, um wie ein kleines Baby zu heulen, habe ich Will geflissentlich ignoriert. In unseren Untersuchungen oder auch den restlichen Tag der Arbeit hat weder er noch ich ein Wort mehr als nötig gesprochen. Er hat auch nicht mehr versucht mich weich zu kochen, was auch besser so ist. Er darf ruhig merken, dass er sich nicht andauern so verhalten kann, wenn ihm mal etwas nicht passt. Nicht jeder springt nach seiner Nase und wenn er das mit seinen 35 Jahre noch immer nicht verstanden hat, wird es jetzt dringend Zeit.
Soll er doch irgendeine andere Krankenschwester vögeln, wenn sie ihn nicht doch für schwul halten. Als meine Schicht nachmittags endlich zu Ende ging, bin ich mit einem besseren Gefühl nach Hause gefahren und habe alles für Zoey vorbereitet. Dumm nur, dass sie erst dann abgesagt hatte, als alle Snacks bereits eingekauft und das Essen im Ofen war.
Kurzerhand habe ich meinen neuen Freunden Kyle und Lia von meinem miesen Tag erzählt und gefragt, ob die beiden vielleicht Lust auf eine fettige Lasagne und Wein hätten. Keiner von beiden hat eine Sekunde überlegt und direkt zugestimmt. Das ist auch der Grund, warum ich mittlerweile beschwipst und besser gelaunt bin. Die beiden verstehen etwas davon, mich aufzumuntern, wenn Dr. Sexy sich scheiße benimmt. Irgendwie ist Quinns Spitzname für Will in meinem Gehirn hängen geblieben, sodass er mir vor Kyle und Lia herausgerutscht ist. Seitdem nennt auch Lia ihn auch so.
»Und was hast du gemacht, als er einfach abgehauen ist?«
»Eine Runde geheult, mich übergeschminkt und meine Arbeit zu Ende gebracht, ohne ein Wort zu sagen, dass nicht zum medizinischen Kontext gehört«, sage ich und zucke mit den Schultern.
»Der hat vielleicht nerven. Erst heißmachen wollen in der Bar und jetzt so etwas. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass der gute Mann seine Tage hat«, sagt Lia und Kyle lacht.
»Männer haben keine Periode, Mädels. Glaubt mir, ich kann es bezeugen«, mischt Kyle sich ein, der meine und Lias Beine auf seinem Schoß liegen hat.
»Wieso verhält er sich dann wie ein Mädchen, hm?«
Kyle zuckt nur mit den Schultern.
»Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich verdammt viel Angst vor dem Tyrann habe«., sagt er und ich kichere.
Im selben Moment klingelt es an der Tür, sodass Lia und Kyle mich fragend ansehen.
»Erwartest du noch jemanden?«
»Nein, vielleicht ist es Zoey? Wobei ich mir das nicht vorstellen kann. Immerhin hat sie abgesagt«, sage ich und stelle mein Glas auf dem Tisch ab, ehe ich mich auf meine Beine stelle und zur Tür laufe.
Nichtahnend öffne ich diese und zucke zusammen, als Will davor steht und mich ansieht. Ich will gerade die Tür wieder schließen, als er schneller ist und seinen Fuß in der letzten Sekunde hindurch steckt, sodass ich sie ihm nicht vor der Nase zuschlagen kann.
»Verschwinde«, zische ich nur, doch Will schüttelt mit dem Kopf.
»Ich muss mit dir reden, Eliza«, sage ich, als ich höre, wie Kyle nach mir ruft. Kurz darauf taucht er im Flur auf und stockt als er Will sieht. Ich blicke zwischen beiden hin und her und die Situation muss wirklich eindeutig auf Will wirken.
»Sorry, wollte nicht stören«, sagt Kyle und verschwindet wieder im Wohnzimmer.
»So tröstest du dich also? Lädst dir gleich einen anderen Kerl ein, nur weil ich Mist gebaut habe?«
»Das geht dich gar nichts an, okay? Wie du es schon erkannt hast, hast du Mist gebaut, Will und ich bin nicht länger damit einverstanden, dass du mich so behandelst, okay? Deine Stimmungsschwankungen sind unerträglich und ich habe wirklich keine Lust mehr mit dir zu streiten. Lass mich das Praktikum hinter mich bringen und ich bereite dir keine Probleme mehr, kapiert?«
Will sieht mich mit großen Augen an, ehe sein Blick sich senkt.
»Es tut mir leid, dass ich manchmal so bin wie ich bin. Irgendwie... kann ich nicht anders bei dir«, sagt er und ich ziehe fragend die Augenbrauen in die Höhe.
»Ich bin also schuld daran, dass du mich immer dumm anmachst oder du sauer auf mich bist?«
»Ja... Nein, verdammt. Das ist nicht so leicht zu erklären. Jedenfalls konnte ich nicht länger warten und möchte mich entschuldigen. Vielleicht sollte ich besser gehen. Dein Date wird sich sicherlich fragen, was ich hier mache und ich habe wirklich kein Bock darauf, dass jemand erfährt, dass ich dich gefickt habe«, zischt er und ich rolle die Augen.
»Weißt du was? Fick du dich, Will. Du tust es schon wieder und ganz ehrlich? Kyle und Lia wissen Bescheid. Du hast also einen weiteren Grund mich anzuschreien!«
»Sie wissen... Gott, Eliza. Wieso tratscht du das weiter? Es muss keiner wissen, dass ich dich abgeschleppt habe, okay? Das ruiniert meinen Ruf!«
»Schon mal drüber nachgedacht, dass ich dich abgeschleppt haben könnte? Denkst du wirklich, ich stimme einfach zu, wenn jemand mir ein Drink spendiert, wenn er das Dartspiel gewinnt? Ich habe absichtlich so schlecht gespielt, weil ich genauso scharf auf dich war, wie du auf mich. Stell dich bloß nicht wie einen Sexgott dar – nicht einmal du bist so unwiderstehlich. Dein Charakter macht gerade vieles zunichte!«
Will sieht mich geschockt an und ich seufze.
»Also – ich würde gerne einen Abend mit meinen Freunden verbringen, weil ich wirklich einen Scheißtag hatte«, sage ich, weil ich wirklich keine Lust mehr habe mit ihm zu diskutieren. »Keine Sorge. Ich habe Kyle und Lia zur Verschwiegenheit verdonnert. Du kannst also ganz beruhigt um deinen tollen Ruf sein, Dr. Alle- halten-mich-für-schwul«, sage ich und im nächsten Augenblick klappt seine Kinnlade herunter.
»So etwas denkt man von mir?«
»Stell dir vor – nicht alle halten dich für einen heißen Arzt, okay? Viele sind der Überzeugung, dass du nicht auf Frauen stehst, sondern vom anderen Ufer bist«, sage ich und irgendwie gefällt es mir ihm das unter die Nase zu reiben.
»Bin ich nicht und das weißt du«, zischt er.
»Ich weiß, aber wieso soll ich es ausgerechnet richtig stellen? Du willst doch deinen guten Ruf wahren, nicht?«
Er muss nicht wissen, dass Lia und Kyle es ausgerechnet auf diese Weise erfahren haben. Damals ist es mir einfach herausgerutscht, als Lia mir von dem Gerücht erzählt hatte.
»Eliza, es tut mir leid, okay?«, sagt er nach einer Weile und ich zucke mit den Schultern.
»Ich habe gerade wirklich keine Lust weiter darüber zu sprechen. Lia, Kyle und eine weitere Flasche Wein warten auf mich, okay?«
»Kann ich deine Nummer haben?«, fragt er und ich sehe ihn perplex an.
Wenn ich ihm meine Nummer gebe, überqueren wir eine weitere Grenze. Eine Tat, die nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Wenn ich Will meine Nummer gebe, können wir jederzeit miteinander in Kontakt treten, auch außerhalb des Dienstes.
»Bitte. Ich will mich dir gegenüber erklären und finde, dass wir uns treffen sollten. Bei der Arbeit haben wir keine Gelegenheit ungestört zu reden ohne, dass jemand davon Wind bekommt. Gib mir deine Nummer und ich werde dir keinen Grund geben, dass du es bereuen wirst«, sagt er und ich seufze leise.
»Gib mir dein verdammtes Handy!«
Will lächelt mich an und ich kann Erleichterung in seiner Mimik erkennen, als er sein Handy aus seiner Hosentasche hervorzieht und das iPhone entsperrt. Dann tippt und wischt er ein paar Mal über das Display, ehe er mir ein neues Kontaktformular entgegenhält.
Ich tippe schnell meine Nummer ein, ehe ich ihm das Gerät zurückgebe.
»Bitte. Kannst du jetzt gehen?«
Will grinst nur leicht, ehe er vortritt und mir einen Kuss auf die Wange haucht.
Als seine Lippen auf meine erhitzte Haut treffen, schlucke ich und rege mich keinen Millimeter. Will entfernt sich wieder von mir und ich blicke ihn mit großen Augen an.
»Hab noch einen schönen Abend, Eliza«, sagt er und verschwindet mit einem Grinsen im Gesicht.
Ich brauche einige Sekunden, ehe ich mich dazu überwinden kann die Tür zu schließen. Kaum habe ich das getan, vibriert mein Handy in meiner Hosentasche. Ich ziehe es hervor und entdecke eine Nachricht von eine unbekannten Nummer.
Hallo, Süße.
Ich seufze leise und lehne mich an die Wand, bevor ich seine Nummer einspeichere und überlege, wie ich Will nennen könnte.
Ein Grinsen schleicht sich auf meine Lippen.
Dr. Sexy.
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Oh oh 🤪
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