10 | Alter Knacker
2 Monate später
Williams Sicht
Ich öffne die Tür zur Bar, hänge meine Lederjacke auf einen der Haken an der Garderobe. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal hier war, bin mir jedoch ziemlich sicher, dass es Ewigkeiten her sein muss. Ryan hatte darauf bestanden, dass ich komme und eine Absage würde nur gelten, wenn ich ihm anhand meines Schichtplans beweisen könnte, dass ich arbeiten muss.
Muss ich heute, an einem Freitagabend ausnahmsweise mal nicht. Ich habe sogar das ganze Wochenende frei und kann tun und lassen, was ich möchte. Auch das kommt ziemlich selten vor, weil ich meist die Rufbereitschaft annehme und eigentlich immer ins Krankenhaus gerufen werde.
»Hey«, begrüße ich Ryan und Cat, die bereits in einer der Nischen stehen und jeweils ein Glas in ihrer Hand halten. Wieso schaffe ich es eigentlich immer zu spät zu kommen?
»Ach, sieh an. Pünktlich wie eh und je«, grinst Cat und umarmt mich kurz, ehe ich mich neben sie in der Nische fallen lasse. »Willst du was trinken?«, fragt Ryan daraufhin.
»Ein Bier«, erwidere ich und mein bester Freund steht auf, um mir mein Getränk zu besorgen. Was für Gentlemen.
»Also – wie läuft es mit deiner schönen Assistenzärztin?«, fragt Cat und grinst mich gespannt an, was mich die Augen verdrehen lässt.
In den letzten zwei Monaten haben Eliza und ich es geschafft gut miteinander auszukommen und das beinhaltet keinen Körperkontakt. Die Knutscherei in meinem Büro ist nicht wieder aus der Themenschublade geholt worden. Was auch besser so ist. So kann niemand von uns beiden in Schwierigkeiten geraten.
»Es läuft gar nicht, weil es nichts gibt, was laufen sollte«, sage ich und hoffe, dass sie sich damit zufrieden gibt. Ich habe ehrlich gesagt keine Lust über Eliza zu sprechen und noch weniger mit Cat über sie zu sprechen. Die Frau ist schlimmer als meine beiden Schwestern und das will schon was heißen.
»Also?«
»Also was? Wir hatten Sex und das war es«, sage ich und zucke mit den Schultern.
»Bist du in sie verliebt?«
Ich reiße die Augen auf.
»Gott, nein. Ich weiß gar nicht mehr, wann das das letzte Mal der Fall war«, sage ich ehrlich und sie seufzt. Ich weiß, dass die baldige Verlobte meines besten Freundes eine hoffnungslose Romantikerin ist und sicherlich gerne weibliche Unterstützung an ihrer Seite hätte, doch ich bin mir nicht sicher, wann das jemals der Fall sein wird.
»Wirst du immer Junggeselle bleiben?«
»Ich vermute schon, wenn sich nichts Brauchbares auftut«, sage ich grinsend, weil ich weiß, dass ich sie damit auf die Palme bringen kann. Kurz darauf trifft mich ein böser Blick, der meine Vorahnung bestätigt. Ja, es bringt sie wirklich auf die Palme.
»Ich glaube, es würde dir gut tun, wenn du jemanden hast, der dir auch mal sagt, wann die Arbeit vorbei ist«, sagt sie und ich zucke mit den Schultern.
»Momentan klappt das noch ganz gut mit mir allein«, sage ich. Ryan kommt endlich wieder an den Tisch und ich grinse schief, als er mir mein Bier gibt.
»Ich weiß einfach nicht, wie du es aushältst abends allein in deiner Wohnung zu sitzen und einfach nur zu warten bis zu wieder zu Arbeit gehen kannst«, sagt sie und Ryan lacht.
»Und das macht ihr zwei also nicht?«, kontere ich und beide lachen laut auf.
»Nein, absolut nicht. Wir haben Sex. Viel Sex«, sagt Ryan und ich grinse schief, ehe wir einander abklatschen.
»Ryan? Unser Sexleben gehört uns allein!«
»Zu spät. Will weiß alles. Seit dem ersten Mal, Baby. Das hättest du vielleicht ein bisschen eher sagen sollen«, sagt er nur und ich lache, bevor ich mich umdrehe und meinen Blick durch die Bar gleiten lasse, bleibe jedoch an den blonden Locken einer Frau hängen, die mir nur allzu bekannt sind.
»Bin gleich wieder da«, sage ich und lasse die beiden ihre Ehekrise überwinden und das obwohl sie noch nicht verheiratet oder verlobt sind. Klasse.
Ich mustere Eliza von Weitem und mache keinen Rückzieher. Sie steht in einem engen Rock und einem etwas längeren Shirt an der Bar und nippt an ihrem Glas Bier. Normalerweise bin ich es von Frauen gewöhnt, dass sie irgendwelche eklig süßen Cocktails trinken, aber nicht Eliza.
Eliza ist anders. Anders, als ich es je gedacht habe.
»Hey«, sage ich und lehne mich an der Bar neben sie. Sie hustet, als sie mich ansieht und ich grinse schief.
»So sehr freust du dich mich zu sehen?«
»Ich hatte nicht gedacht, dass ich dich heute oder generell außerhalb der Arbeit noch einmal wiedersehe und wenn doch hatte ich gedacht, dass du mich nicht ansprechen würdest, weil... «
»Weil wir zwei nur Kollegen sind und kein Aufsehen erregen wollen?«, ergänze ich ihren Satz.
»Ganz genau«, sagt sie und ich seufze leise.
»Okay, vermutlich sollte ich genauso handeln, aber komischerweise will ich es gar nicht. Ich rede gerne mit dir und noch lieber – auch wenn das hier jetzt alles überschreitet, was wir uns in den letzten Wochen aufgebaut haben – noch lieber küsse ich dich.«
Ich sehe, dass sie schluckt und weiß, dass sie überrascht ist. Ich selbst kann mir nicht einmal erklären, wieso ich überhaupt wieder mit diesem Thema anfangen. Wenn ihr Vater Wind von der Sache bekommt, bin ich geliefert. Absolut geliefert. Es reicht ein falsches Bild von uns, eine falsche Begegnung mit einem Kollegen, ein falsches Ereignis zur falschen Zeit am falschen Ort.
Sie sieht mich an und in ihrer Mimik verändert sich etwas. Sie sieht amüsiert aus, weshalb ich fragend die Augenbrauen in die Höhe ziehe.
»Was ist? Ist das bei euch Frauen wirklich so, dass ihr innerhalb weniger Sekunde eure Launen ändert?«
Sie ignoriert meinen Kommentar und grinst. Okay, jetzt bin ich eindeutig verwirrt.
»Doktor Morrison, wie kommen Sie eigentlich darauf, dass ich mit einem Mann Ihres Alters genauso viel Spaß haben könnte wie mit einem durchtrainierten Prachtexemplar meines Alters?«
Ich lache laut auf.
»Ist das dein Ernst?«
Allein bei der Vorstellung, dass sie etwas mit einem anderen Kerl tat, obwohl sie das genauso gut mit mir machen konnte, sorgte dafür, dass ich am liebsten auf die Wand einschlagen wollte.
»Du wirst keinen finden, der an mich herankommt«, versuche ich sie zu überzeugen und tue so, dass mir diese Sprüchen nichts ausmachen. Doch das tun sie. Sie sorgen dafür, dass ich beginne an mir selbst zu zweifeln, so sehr verunsichern sie mich.
Sie lächelt mich wissend an und ich schüttele den Kopf.
»Es ist leicht jemanden zu finden. Bisher bin ich auch ohne dich noch oft genug zum Zuge gekommen. Immerhin bin ich ja nur an Partys, Fashion und Jungs interessiert und das trifft dann ja leider nicht auf dich zu. Du bist 35 Jahre, Will, und garantiert kein Junge, richtig?«, sagt sie und das Grinsen auf ihrem Gesicht breit. Breit genug, um mich auf die Palme zu bringen.
»Richtig. Ich bin ein Mann und somit aber genau das, was du willst, Eliza. Ich habe nie gesagt, dass du auf Jungs stehst. Ich habe das männliche Geschlecht bezeichnet und da wird beide schon einmal Sex hatten, gehe ich davon aus, dass sich etwas in dir sehr zu mir hingezogen fühlt«, sage ich und kessele sie mit meinen beiden Armen an der Bar ein.
Sie keucht kurz auf und sieht von meinen Augen zu meinen Lippen, doch dann schüttelt sie den Kopf.
»Das sagt rein gar nichts aus, Opa. Wenn ich gerade einmal fertig bin mit der Kinderplanung bist du längst impotent«, zischt sie und ich lache laut los.
»Falls ich dich daran erinnern darf, sind Männer länger fruchtbar. Ihr Frauen kommt ab 40 Jahren in die Bredouille, weil ihr eure Eizellen verbraucht habt. Ich kann dir also jederzeit ein Baby machen. Wenn du willst sogar gleich hier und jetzt«, erwidere ich leise.
Ihre Mundwinkel zucken verdächtig und sie zieht mich an meinem Shirt näher zu sich.
»Aber auch nur, solange deine Hoden vollkommen intakt sind. Die Spermienqualität nimmt mit der Zeit ab und es entstehen jegliche Risikofaktoren für ein Kind, wenn die Partnerin bereits spätgebärend ist. Das ist bei Männern im Alter nun mal so. Bis du abbaust sind es nur noch fünf Jahre, Will. Ab vierzig geht es bergab und das solltest du selbst am besten wissen. «, sagt sie und ich schüttele den Kopf.
»Okay, wie wäre es, wenn wir die Mediziner in uns kurz abschalten und endlich aussprechen, was uns beiden durch den Kopf geht?«
»Was geht mir denn durch den Kopf?«
»Du und ich – nackt. Am liebsten jetzt sofort. In meinem oder deinem Bett, aber meinetwegen auch an einem anderen Ort deiner Wahl«, erwidere ich und sehe sie an.
Eliza schluckt und ich grinse schief, ehe ich meine Hände an ihre Taille lege und unsere Körper aneinanderpresse. Ich beuge mich zu ihr herunter und will gerade meine Lippen auf ihre legen als ich plötzlich von ihr weggezogen werde.
»Eliza, was willst du denn mit so einem alten Knacker? Der ist bestimmt über vierzig!«
Mir bleibt die Luft im Hals stecken, als eine brünette Frau neben ihr stehen sehe. Mir klappt die Kinnlade herunter, als ich ihre Worte noch einmal in Gedanken abspiele. Denkt Eliza etwa wirklich so?
»Meine Freundin will nicht, dass Sie ihr Sugardaddy sind, verstanden?«, zischt sie, bevor sie Eliza mit sich hinaus zieht. Sie sieht mich nur grinsend an und zuckt mit den Schulter. Ganz offensichtlich werde ich gerade stehengelassen und das Objekt meiner Begierde genießt es in vollen Zügen.
Den Blick, den sie mir schenkt, sagt alles aus: Ich habe es dir doch gesagt!
Ich schüttele den Kopf als ich realisiere, was gerade passiert ist. Ich löse mich aus meiner Position und laufe zurück zu meinem Tisch, wo mich Cat und Ryan mit einem fetten Grinsen erwarten.
»Man, ich dachte echt, ihr bespringt euch gleich!«, entfährt es Cat und Ryan lacht laut los.
»Das dachte ich auch – zumindest solange, bis ihre Freundin klargestellt hat, dass Will nicht der nächste Sugardaddy sein wird.«
Ich werfe beiden einen genervten Blick zu, ehe ich einen großen Schluck von meinem Bier nehme und mich wieder neben Cat fallen lasse. Frustration macht sich in mir breit und mich überkommt das dringende Befinden, Eliza zu zeigen, dass ich viel besser bin als es einer dieser Möchtegern-Männer ihres Alters.
Sei es auch nur, um ein weiteres Mal mit ihr im Bett zu landen.
_______________
Naaaaa? Wie hat euch das Kapitel gefallen?
Interessante Themen, die die beiden besprochen haben, oder? 🤔😂
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro