Windstärke 18 | Sky
Mein Handy quillt über vor Benachrichtigungen.
»Hey Spätzchen, Julian und ich sind unterwegs nach Anchorage. Der Flug nach Kodiak geht morgen früh, wir haben einen Mietwagen gefunden und kommen im Gästehaus auf der Basis unter.« Die Sprachnachricht ist von meiner Mutter. Ihre Worte ertrinken beinahe in einem Wirrwarr aus Stimmen und Straßengeräuschen. »Ich weiß, dass du gerade niemanden sehen willst, aber du bist nicht allein. Wir kümmern uns um Xans Beisetzung, alles, was du brauchst«, fährt sie mit fester Stimme fort. Dabei kann ich mich noch genau an das Klacken in der Leitung erinnern, nachdem ich ihr vor zwei Tagen am Telefon die schreckliche Nachricht überbracht hatte.
»Es tut mir so unfassbar leid«, wisperte sie heiser. »Bleib ganz kurz dran, ja?«
Ganze fünf Minuten hat Mom den Anruf unterbrochen – und nahm dann unser Gespräch wieder auf, als hätte sie nicht gerade vom Tod ihrer Jugendliebe erfahren. Als hätte sie den Vater ihrer Tochter nicht verloren, den sie in einer verborgenen Kammer ihres Herzens noch immer liebt. Egal, wie lange die Ehe der beiden zurückliegt.
Sie bleibt stark, damit ich schwach sein kann. Das war schon immer so.
»Warum bist du nicht traurig, Mommy?«, fragte ich sie vor vielen Jahren am Tag ihrer Scheidung, nachdem sie mich zugedeckt und mir aus Dr. Seuss' Schlummerbuch vorgelesen hatte. Das Licht war aus, ihr Brustkorb hob und senkte sich dreimal schneller als sonst neben mir.
»Du irrst dich«, flüsterte sie in die Dunkelheit. »Die Trennung war ein schwieriger Schritt für uns beide. Dein Vater und ich haben uns sehr gern, auch wenn wir uns oft streiten.« Sie nahm einen zittrigen Atemzug. »Aber für dich da zu sein, gibt mir eine Bestimmung, es lässt mich weitermachen, Sky. Du bist das größte Glück in meinem Leben.«
Und das hat sich bis heute nicht geändert – auf meine Mom kann ich immer zählen.
Ich verlasse die Unterhaltung mit ihr und wie vorhin schon schwebt mein Daumen erneut über der grünen Vier neben Rockys Namen. Doch auch dieses Mal wollen meine Finger nicht gehorchen. Oder ist es mein Herz?
Wenn ich an Rocky denke, denke ich daran, dass ich ihn fast verloren hätte – und an alles, was ich verloren habe.
Das Handy gleitet mir aus der Hand, bevor es mit einem steifen Rascheln in der Blätterkrone meiner Grünlilie landet. Ich verstehe nicht, warum mein Vater sterben musste. Scheiße, ich habe noch nicht einmal verstanden, dass er nicht mehr hier ist.
Mein ganz persönlicher sanfter Riese. Der Mann, auf dessen Füßen ich zu bescheuerten Kinderlidern durch mein azurblaues Zimmer tanzte. Mein Zimmer, das sich mit ihm darin wie eine Streichholzschachtel anfühlte.
Seine Präsenz füllte jeden Raum, obwohl – oder gerade weil – er der Welt seine eiserne Maske präsentierte, die er nur für mich mit einer minimalen Aufwärtsbewegung seiner Mundwinkel oder einem Zwinkern aufbrach. So als wäre der Himmel den ganzen Tag dunkelgrau gewesen. Als hätte sich die Sonne ein einziges Mal gezeigt – und nur ich hätte es gesehen.
Ich brauche dich, Daddy. Bitte komm zurück und versprich mir, dass alles gut werden wird.
Tue es in meinen Träumen. Mach mir was vor. Aber bitte komm zurück.
Die Wucht tiefer Schluchzer lässt jeden Millimeter meines Körpers beben, sodass ich die Hände auf dem Fensterbrett abstützen muss. Tränen rinnen mir die Wangen hinunter wie Sturzbäche, die vom Schmelzwasser des vergangenen Winters auf die doppelte Breite angeschwollen sind. Ich schmecke Unmengen Salz und obwohl ich die Welt wie durch einen Schleier betrachte, entdecke ich Camerons schlanke Gestalt auf meiner Veranda, als ich den Blick nach draußen schweifen lasse. Bestimmt wringt der alte Mann seine zerfledderte Schirmmütze in den Händen.
Mir fehlt Camerons warme Stimme, seine rauen Seemannshände auf meinen Wangen und die Augen eines Mannes, der zu viel gesehen hat – oder nicht genug. Ich weiß, dass er leidet.
Unter dem Tod seines engen Freundes.
Und unter meinem Schweigen.
Mein Vater hat ihm viel bedeutet, er versteht meinen Schmerz, aber genau das kann ich momentan nicht verkraften.
Wenn Katzen den Tod in sich spüren, verkriechen sie sich an einem einsamen Ort, an dem sie in Frieden sterben können. Offenbar gehöre ich zu der Art von Menschen, die Verluste mit sich allein ausmachen müssen, auch wenn sie andere damit verletzen.
Ich kann und will gerade nicht sein, wen mein Umfeld zu sehen hofft. Jene Sky, die eine tapfere Miene aufsetzt und Beileidsbekundungen entgegennimmt. Jene Sky, die sich mit der Trauer anderer auseinandersetzt, statt nur an sich zu denken. Und jene Sky, die selbst gemachte Aufläufe und Obstsalate besorgter Nachbarn an der Tür entgegennimmt, statt sie heimlich ins Haus zu ziehen, sobald der enttäuschte Überbringer gegangen ist. Einen ausgekugelten Arm kann man nicht belasten, bevor er wieder eingerenkt wurde.
Cameron sagte mir einmal: »Der schwerste Teil ist, zu akzeptieren, dass man den Rest seines Lebens ohne diesen einen geliebten Menschen auskommen muss. Und keiner sagt einem wie.«
Er wird verstehen, warum ich die Tür nicht öffne.
Etwas ist von ihm auf mich und von mir auf ihn übergesprungen, als wir vor zwei Jahren nebeneinander in diesem Rettungshelikopter saßen, nachdem Andrew Heynes für verschollen und die Suche nach ihm für beendet erklärt worden war.
Es klopft dreimal – ganz leise. Ich wische mir mit meinem Ärmel über die Augen und schaffe es damit, mein Sichtfeld scharfzustellen.
Meine Augen wandern zur rauen adrigen Hand an meinem Stubenfenster, zum Zeigefinger, der sacht dagegen tippt, um mich in den Moment zurückzuholen, ohne mich aufzuschrecken. Zumindest glaube ich das.
In meiner Vorstellung hat mein guter Freund eingesehen, dass ich allein sein möchte und ist längst abgezogen. Doch in Wahrheit hat Cameron mein Haus umrundet und mich auf der anderen Seite des Stubenfensters erspäht. Konserviert hinter Glas wie ein tropischer Schmetterling. Kaltes Metall durchbohrt meine Brust, der Nagel hält fest, wer ich war, bevor mein altes Leben endete. Diese Sky, diese Version von mir, wird nie zurückkehren.
Cam ist so nah, dass sein Atem die Fensterscheibe beschlagen lässt. Sogar die kleine Kerbe am Ansatz seiner leicht nach links gebogenen Nase kann ich ausmachen. Unsere Augen treffen sich, es schwimmt Trauer in seinen – die Tränen eines Leuchtturmwärters, eines Vaters und Freundes.
Ich sinke auf die Knie. Schmerz umschlingt meinen Körper wie ein Leistenkrokodil, um mich mit einer Todesrolle unter die Wasseroberfläche zu ziehen – und ich lasse ihn.
• | • | •
Rhythmisches Piepen bringt mich tröpfchenweise ins Land der Lebenden zurück. Es frisst sich ein chemischer Geruch in meine Nasenschleimhäute – alkoholisch irgendwie –
und das beunruhigt mich.
Ich versuche, die Augen zu öffnen, doch es kommt mir vor, als wären meine Lider zusammengetackert worden.
»Du bist im Krankenhaus«, höre ich jemanden sagen, dessen Stimme mir zu gleichen Teilen fremd und vertraut vorkommt.
Es ist ein Mann, entscheide ich.
Denke ich.
»Wo–« Meine Kehle verkrampft sich schon bei der ersten Silbe. Wie ein Lachs auf dem Trockenen japse ich nach Luft, mein Mund geht auf und zu.
»Warte«, brummt dieselbe Stimme von eben, »trink einen Schluck. Du hängst zwar an der Infusion, aber es kann trotzdem sein, dass sich deine Mundschleimhaut staubtrocken anfühlt. Ich stelle das Kopfteil hoch.«
Mit einem mechanischen Surren bewegt es sich, bis ich beinahe aufrecht sitze. Dann legt sich ein leichter Druck auf die Kerbe in meiner Unterlippe und ich zwinge meine Kiefer auseinander, bis sich irgendwas hineinschiebt, das meinen wenigen Speichel nach Pappe schmecken lässt.
Ist das ekelhaft.
»Saug daran«, befiehlt der vertraute Unbekannte sanft. »Es ist nur Wasser.«
Ich gehorche und genieße die angebotene Erfrischung gierig, wenn auch schluckweise.
»M-mehr«, protestiere ich, als sich der Papptrinkhalm zurückzieht und schon rutscht er wieder tiefer in meine Mundhöhle.
Ich sauge erneut, hastiger diesmal, wofür mich mein Körper mit akuten Hustenreiz bestraft. Das war keine gewinnbringende Idee.
»Geht's wieder?«, erkundigt sich mein Helfer, aber ich bin so sehr damit beschäftigt, nicht abzukratzen, dass ich mir eine Antwort spare. »Gut, dann kümmern wir uns erstmal um deine Augen. Durch angetrocknete Tränen und Sekrete haben sich deine Wimpern verklebt.« Neben meinem Kopf klimpert es metallisch. »Ich habe destilliertes Wasser in eine Nierenschale gefüllt und sterile Tupfer darin getränkt. Die werde ich benutzen, um erst dein linkes und dann dein rechtes Auge von außen nach innen zur Nase hin zu reinigen, in Ordnung?« Aus Sorge, meine Stimme könnte versagen, nicke ich. »Okay, dann geht es jetzt los.«
Ich lausche konzentriert und habe dabei plötzlich tiefbraune schulterlange Haare vor Augen. Der Nebel in meinem Verstand verzieht sich und langsam erinnere ich mich.
»Bist du das, Munroe?«, will ich von meinem Gegenüber wissen, der seelenruhig die Reinigung meiner Augen fortsetzt. In mir kommen Zweifel auf, ob ich tatsächlich gesprochen habe.
»Der Kandidat hat hundert Punkte – ding, ding, ding«, durchbricht Munroe sein Schweigen dann doch und ich meine, einen bissigen Unterton herauszuhören. »Kaum zu glauben, dass du es bei deinem Level an Intelligenz nicht auf die Reihe bekommen hast, ein Wasserglas in die Hand zu nehmen und was zu essen – für vierundzwanzig Stunden oder länger. Unfassbar bescheuert, echt.«
Jap, definitiv ein bissiger Unterton.
Er wendet sich gerade ab, als ich die Augen aufzwinge und es mir endlich gelingt.
Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, pfeffert Munroe die komplette Nierenschale samt Wasser und Tupfern auf einen Verbandswagen aus Metall zurück, wodurch Spritzer des destillierten Wassers auf der beigefarbenen Tapete landen.
Mir ploppen beinahe die Augäpfel aus dem Schädel.
»Darfst du so mit deinen Patienten reden?«
Er schüttelt den Kopf. Seine Haare wippen mit jeder Bewegung.
»Nur mit den unglaublich bescheuerten. Die Crème de la Crème der Idioten, wenn du so willst.« Munroe fährt herum und ersticht die Luft zwischen uns mit seinem Zeigefinger, der anklagend auf mich gerichtet ist. »Dein alter Herr wäre tieftraurig, wenn er dich so sehen müsste und im Sinne deiner besorgten Mitmenschen, zu denen ich mich übrigens auch zähle, bitte ich dich ...« Wie Jesus drückt er vor der Brust seine flachen Handflächen gegeneinander. »Reiß dich am Riemen, Matthews! Trotz allem.« Zum Ende hin wird er sanfter und langsam verstehe ich seine Wut – dieser Mann hat um das Leben meines Vaters gekämpft, um ihn am Ende nicht bloß sterben zu sehen, sondern das Todesurteil selbst verkünden zu müssen.
»Entschuldige, ich hab' nicht–« Keine Ahnung, was ich sagen möchte. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, meine eigene Selbsterhaltung außer Gefecht gesetzt zu haben.
»Ich will deine Entschuldigung nicht. Dein bester Freund und der alte Mann da draußen ebenso wenig.«
Er stöhnt angestrengt.
»Keiner möchte deine mumifizierte Leiche auf den Fliesen deiner Küche vorfinden.« Er seufzt. »Ich weiß, wie sich Verlust anfühlt.« Derselbe Zeigefinger von vorhin sticht jetzt auf sein eigenes Brustbein ein. »Hier drin. Ich weiß es, okay? Und trotzdem sage ich dir: Bitte, bitte, bitte reiß dich zusammen.«
Ich blinzle zweimal, bevor ich ansatzweise zu einer Antwort imstande bin.
»Cameron und Levi warten draußen auf mich?«, krächze ich und beobachte, wie sich Munroes Gesichtsmuskeln lockern. Die Kerbe zwischen den Augenbrauen des junge Arztes verschwindet und auch den Anflug eines Lächelns kann er nicht vor mir verstecken.
»Ich schick sie rein«, höre ich ihn sagen, als er mir den Rücken zudreht.
In drei schnellen Schritten ist Munroe bei der Tür und drückt die Klinke nach unten. Dann hält er inne. Die Klinke schnipst geräuschvoll wieder hoch, aber seine Vorderseite bekomme ich nicht nochmal zu sehen.
»Vielleicht solltest du dir überlegen, ob es klug ist, allein mit so einem Schicksalsschlag fertig werden zu wollen. Deine beiden Besucher scheinen dich besser zu kennen. Denk drüber nach, bevor du den Menschen, die dich lieben, die Türe ins Gesicht schlägst. Und sobald du morgen entlassen wirst, will ich dich nur noch in freier Wildbahn antreffen, nicht als Patientin. Verstehen wir uns?«
Definitiv. Selbst die Tür würde salutieren, wenn sie Hände hätte. Er wartet meine Antwort nicht ab, bevor er aus meinem Blickfeld verschwindet.
Heilige Scheiße.
Ich habe gerade den Anschiss meines Lebens bezogen. Munroes imaginärer Handabdruck glüht auf meiner Arschbacke – und nicht auf die gute Art.
Fakt ist, dass mich seine Worte wachgerüttelt haben.
Ich brauche Hilfe und das ist okay.
• | • | •
»Mach das bitte nie wieder, Kaulquappe«, presst mein bester Freund hervor. »Ich dachte ja, Cam übertreibt und du brauchst bloß Freiraum.« Sein warmer Pfefferminzatem trifft mich im Gesicht, als sich Levi mir zuwendet, ohne den Kopf von meinem Kopfkissen zu erheben. »Aber damit habe ich nicht gerechnet. Am liebsten würde ich direkt bei dir einziehen.«
Mit überkreuzten Knöcheln hat er sich in mein Krankenbett geworfen, in das wir beide geradeso nebeneinander hineinpassen. Cam hat sich den bequemen Polsterstuhl vom Ecktisch geschnappt und so nah an mein Bett gerückt, dass auch seine Füße auf Matratze ruhen.
»Sehe ich auch so«, brummt der alte Mann.« Er räuspert sich. »Ich verstehe ja, wie es dir geht und glaub mir bitte eins, meine Kleine, es frisst mich innerlich auf, dass Xan wegen meiner Dummheit einen Einsatz fliegen musste. Ich war nicht bereit, meinen Freund zu verlieren. Das ist man ja nie. Was ich aber nicht verstehe, ist, dass du deine Gesundheit riskierst, dein Leben.« Er schüttelt den Kopf. »Ich wünsche mir, dass–«
»Ich weiß«, unterbreche ich ihn sanft. Irgendwo im Verlauf seiner Ansprache habe ich die Augen geschlossen. Ich habe diesen Männern Leid zugefügt und jetzt nagt das schlechte Gewissen an mir. »Es tut mir leid, dass ihr das mit ansehen musstet. Es kommt nicht wieder vor.« Nach einer kurzen Pause füge ich hinzu: »Wie seid ihr eigentlich ins Haus gekommen. Ich hab doch abgeschlossen.«
Levi gibt ein kurzes Schnauben von sich.
»Hast du nicht – ich musste bloß meine Kreditkarte zwischen das Schloss und den Türrahmen schieben und sie sprang auf. Dass dich noch keiner weggeklaut hat, ist ein Wunder.«
Ich zucke mit der Schulter, soweit es meine liegende Position zulässt.
»War vielleicht auch so, aber derjenige hat mich rechtzeitig zum Morgengrauen zurückgebracht, weil ich schon im Schlaf genervt habe.«
Hinter vorgehaltener Hand kichert Cam kaum hörbar, während Levi gar nicht erst versucht, sein Lachen zu verbergen.
»Jetzt werd' bloß nicht niedlich, wir sind immer noch sauer auf dich, oder Cam?«, wendet sich Levi an den alten Mann.
Der zwirbelt sich ein Ende seines weißgrauen Schnurrbarts um den Finger.
»Ja, natürlich«, sagt er. Schade nur, dass ich ihm die strenge Nummer nicht ansatzweise abkaufe. »Wir haben dich zwei Tage in Ruhe gelassen, aber damit ist jetzt Schluss. Uns wirst du nicht so schnell wieder los.« Camerons Brustkorb fällt förmlich in sich zusammen, als er lange ausatmet. »Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber seit Xans Tod gleicht mein Gefühlsleben einer Achterbahnfahrt. Hoch, runter, weiter runter, ganz weit runter. Dann kommt ein kleines Hoch und das geht dann fließend in ein Meer aus Tränen über.« Seine Augen werden gläsern. Ich weiß genau, was er meint. »Der Punkt ist aber, dass wir voreinander alles zulassen können und dadurch vielleicht etwas weniger unglücklich sind.«
»Was Cam sagen will, ist: Wir verstehen, wenn du lieber allein trauerst. Aber das bedeutet nicht, dass du auch einsam sein musst«, sagt er. »Deine Bude ist groß genug, dass wir nicht permanent aufeinander hocken müssen und trotzdem ist immer einer für dich da. Wie ein Wolfsrudel. Arrrrooo!«
»Also?«, will Cameron wissen, stellt die Füße auf den Boden und stützt seine Unterarme auf den Knien ab. »Was sagst du? Machen wir eine temporäre Trauer-WG auf?«
Ich versuche, den Kloß in meiner Kehle wegzuschlucken.
»Okay. Lasst uns einen Versuch starten«, sage ich.
Levi dreht sich auf die Seite und stützt den Kopf auf seiner Handfläche ab.
»Für eine vierte Person wäre mit Sicherheit auch noch irgendwo platz. In deinem Bett zum Beispiel – Just saying.«
Meine Brauen schießen nach oben und küssen meinen Haaransatz. Er meint doch nicht etwa ... Ich stelle mich dumm.
»Drei reicht! Oder hast du jemanden kennengelernt?«
Jetzt ist es Levi, der mit der Schulter zuckt.
»Jap, aber den meine ich nicht.«
Meine Augen werden groß.
»Ernsthaft? Wer ist es? Kenne ich den?«
Levis Lider flattern nach unten, bis die dichten schwarzen Wimpern des Bordmechanikers auf dem Ansatz seiner Wangen Schatten werfen.
»Es ist noch zu frisch, um das zu verraten«, erwidert Levi. »Aber darum geht es gerade auch gar nicht.« Sein rechter Mundwinkel wölbt sich leicht nach oben. Im selben Moment trifft mich sein Blick, als wäre mein Gesicht gegen eine Glasscheibe geprallt. »Irgendwas läuft zwischen dir und dem neuen Piloten, das war offensichtlich, als wir auf dem Rollfeld standen. Und eine starke Schulter zum Anlehnen macht alles besser.«
Cameron nickt zustimmend neben uns.
»Schön, dass du meinem Rat gefolgt bist. Der Bursche kam mir gleich sympathisch vor«, sagt er. »Und ich war froh, dass er den Einsatz geleitet hat. Lieutenant Byrne hat mir definitiv geholfen, den Ernst meiner Lage zu erkennen. Meiner Meinung nach verdanke ich ihm mein Leben.« Cameron schüttelt den Kopf. »Keine Ahnung, warum die Wetterlage so heftig absacken musste. Ganz ehrlich, er hatte keine Chance, den Vogel oben zu halten.«
Ich drücke die Fingernägel in meine Handballen. Es tut weh, das zu hören. Ich will nicht an diesen Tag zurückdenken.
»Hast du von ihm gehört?«, erkundigt sich Levi mit leiser Stimme.
Ich senke die Lider.
»Am Tag des Unfalls habe ich ihm eine Sprachnachricht geschickt, aber nach Dads Tod habe ich gar nichts mehr auf die Reihe gekriegt.«
Cam und Levi werfen sich einen langen Blick zu, als ich durch meine Wimpern zu ihnen hoch schiele.
»Du solltest ihn anrufen, dich mit ihm treffen. Aber erstmal sehen wir zu, dass du wieder zu Kräften kommst«, meint Cameron, bevor er mich schief anlächelt. Er hat keine Ahnung, dass ich das längst versucht habe und es noch nichtmal geschafft habe, Rockys Nachrichten zu öffnen.
Hello und happy Sunday ❤
In diesem Kapitel hab ich hundertpro ein paar Zeitformen durcheinander gehauen. Hoffentlich zwickt es nicht allzu sehr. 👀
Übrigens war ich gestern schwimmen. Dabei hat mich allein meine Recherche für diese Geschichte dazu befähigt, aus dem Stegreif 6 Meter am Grund entlang zu tauchen. Ich war mega begeistert. Sonst hat mich das Wasser immer zur Oberfläche zurückgedrückt wie ein Fettauge in der Gemüsebrühe.🙄
Ich wünsche euch ein schönes restliches Wochenende 🫶
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