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Zurück bei Julia
Es ist dunkel. Die Laternen am Straßenrand geben vereinzelt ein wenig Licht ab. Außer mir ist keiner unterwegs. Die Straßen sind vollkommen leer. Kein Auto, kein Mensch. Ich bin hier mutterseelenallein. Mittlerweile bin ich fast beim Krankenhaus angekommen. Irgendwie habe ich Angst dort hinzugehen. Angst davor zu hören, was passiert ist. Angst davor, dass es schlimm war. Angst, vor diesem einen bestimmten Satz. Was ist, wenn die Leute im Krankenhaus nichts mehr tun konnten? Bei dem Gedanken kommen mir die Tränen. "Julia, sowas darfst du jetzt nicht denken",ermahnt mein Unterbewusstsein mich. Ich meine es hat Recht. In der Ferne sehe ich jetzt auch die Umrisse des Krankenhauses, welches in der Dunkelheit hervorsticht.
Okay, noch einmal tief, tief durchatmen.
Ich bin mittlerweile beim Krankenhaus angekommen und stehe jetzt vor der Tür. Irgendwie will ich hinein gehen, irgendwie aber auch nicht. Ich muss aber.
Mit dem letzten Gedanken mache ich einen Schritt auf die Tür zu, die somit aufgeht und mir den Eintritt gewährleistet.
„Julia". Sofort drehe ich mich um und sehe Noah auf mich zulaufen.
„Noah",rufe ich zurück und stürme auf meinen kleine Bruder zu.
„Julia, was machst du hier?", fragt er mich vollkommen verdattet.
„Ich bin hierher gekommen wegen Papa.
Hat Mama dir das nicht gesagt?"
„Muss sie in der ganzen Hektik wohl vergessen haben"
„Kann. Jetzt bin ich ja hier. Wo ist Papa?"
„Noch auf der Intensivstation. Nur Mama darf zu ihm. Deswegen muss ich hier auch warten."
„Oh. Was ist denn passiert?"
„Also",beginnt Noah mir die ganze Story zu erzählen,„Papa wollte heute Abend noch einmal schnell zum Supermarkt. Irgendwas besorgen. Keine Ahnung was, ist ja auch nicht wichtig. Auf jeden Fall hat dann eine Frau bei uns Zuhause angerufen, dass Papa wohl einen Unfall hatte. Mama hat mich sofort ins Auto gesteckt und weg sind wir. Wir haben uns zuerst nichts dabei gedacht. Ehrlich gesagt sind wir davon ausgegangen, dass es kein schlimmer Unfall war, sondern dass wir einfach nur hinfahren, damit wir Papa abholen, aber falsch gedacht. Als wir ankamen, sahen wir schon unser Auto. Naja, das, was davon noch übrig war. Ein kompletter Totalschaden. Papa hat zum Glück keine Schäden oder so am Kopf abbekommen, jedoch sind beide Beine gebrochen und das ist nur das, was die Sanitäter am Unfallort feststellen konnten. Dann sind wir auf jeden Fall hier her und seitdem warte ich hier."
Niedergeschlagen schaue ich meinen Bruder an. So gar nichts zu wissen, obwohl man könnte, tut Natürlich weh.
„Wie hast du es eigentlich geschafft, so schnell hier zu sein?",fragt mein Bruder nach einer Weile nach.
„Habe zum Glück noch den letzen Zug bekommen",seufze ich und fahre mir durch meine blonden Haare.
„Respekt",lacht mein Bruder mehr oder weniger anerkennend und lockert die Stimmung ein wenig auf.
Darauf muss ich anfangen zu grinsen, obwohl es ziemlich unangebracht ist.
Mittlerweile ist es schon 1.30 Uhr und so langsam könnten auch Mal neue Nachrichten kommen.
„Auch müde?",gähnt Noah.
„Schon etwas",gebe ich zu und halte mir ebenfalls die Hand vor den Mund.
Da es mitten in der Nacht ist, ist das Krankenhaus nicht groß besucht, was zur Folge hat, dass wir die plötzlich auftauchenden Schritte sofort hören.
Reflexartig drehen mein Bruder und ich uns um, in der Hoffnung, dass meine Mutter auf uns zukommt und tatsächlich; Mama kommt angelaufen. Kreidebleich, aber trotzdem mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht.
„Julia",ruft sie und drückt mich einmal fest an sich. „Mama. Endlich. Noah und ich haben uns schon Sorgen gemacht. Wie geht's dir? Wie steht's um Papa?" Die Fragen rasseln nur so aus mir heraus.
„Mir geht es soweit gut. Ich bin nur totmüde. Papa Nunja..."
„Was Nunja", fragt Noah sofort nach und auch in meinem Kopf beginnen die Alamanlagen zu Leuten.
„Er wird höchstwahrscheinlich durchkommen", spricht meine Mutter endlich die Worte aus".
Von Noah und mir hört man nur ein erleichtertes Ausatmen.
„Ich weiß, dass ihr euch jetzt freut, aber ich sagte nur höchstwahrscheinlich", seufzt meine Mutter.
„Komm Mama. Positiv denken",Versuche ich sie aufzuheitern.
Sie schenkt mir ein kleines Lächeln und schiebt dann hinterher:„ Lass uns jetzt nach Hause gehen. Wir können morgen Mittag oder schon am Vormittag wiederkommen."
Irgendwie bin ich froh, dass sie das gesagt hat. Ich bin hundemüde und will am liebsten nur noch schlafen.
„Gute Idee", stimmt Noah meinem Gedankengang zu.
Mehr oder weniger schweigend gehen wir nach draußen auf den menschenleeren Parkplatz. Unser Auto ist natürlich schnell gefunden. Ich lasse mich mit meinem Rucksack auf der Rückbank nieder.
Eine halbe Stunde später sind wir endlich wieder Zuhause. Es tut wirklich gut, Mal wieder hier zu sein. Auch wenn es unter anderen Umständen natürlich schöner gewesen wäre.
Sobald ich in meinem vertrauten Schlafzimmer stehe, lasse ich mich auf mein Bett fallen.
Tut das gut, Mal wieder hier liegen zu dürfen. Ohne, dass ich noch lange wach bleibe, falle ich auch schon in meinen verdienten Schlaf.
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