XXIII
Mia
Es war nicht meine Art, aber ich sackte bitterlich weinend in mich zusammen, schlang zitternd meine blassen Arme um meinen Körper, biss schluchzend die Zähne aufeinander und mir wurde übler und übler. Das war er also gewesen. Kein anderer als Lucifer höchst persönlich. Aber warum?! Warum hatte er sich bitte darauf hinabgelassen, gerade mich zu nehmen?! Beziehungsweise wieso zur Hölle hatte er mein Leben nun... Zur Hölle gemacht?! Oder... War es wegen Sam? Wimmernd rutschte ich in die Badewanne, drehte die Riegel weit auf. Ich fühlte mich so dreckig und unrein... Sehr unrein. Biblisch unrein. Jetzt war ich verdammt. Der Platz in der Hölle hatte ich mir nun sicher. Das hatte mir der Teufel nun persönlich prophezeit. Wie hatte ich mich nur so verführen lassen können?! Alles hatte ich mir damit verdorben. Das mit Sam, den Rest meines Lebens... Die Kugel sollte ich mir geben! Dem ganzen jetzt schon ein Ende bereiten, weil ich verflucht war. Es schlimmer machen würde, davon war ich überzeugt. Ich war Abschaum, hatte es nicht mehr verdient, weder meine Schwester, noch Sam... Wie hatte ich mir nur denken können, dass ich alles im Griff hatte?! Bibbernd saß ich in Klamotten im eiskalten Wasser, das ich in die Badewanne hatte laufen lassen. Ich streckte mich schluchzend nach meinem Handy, welches ich draußen auf den Fliesen hatte liegen lassen. Mit verschwommenem Blick suchte ich in meinen Kontakten nach Mary, wählte durch und wimmerte, als nur die Mailbox anging. Ich legte auf und starrte das Display an. Sollte ich...? Ja. Denn nur er könnte mich vielleicht noch trösten... Retten, wenn seine liebliche Stimme nun an dem Hörer ertönen würde... Aber verzeihen, was ich getan hatte... Das würde er mir keineswegs. ,,Sam?", wisperte ich und zuckte zusammen, als ich feststellte, dass es ebenfalls die Mailbox war. Trotzdem sprach ich ihm drauf, mein Herz schmerzte zu sehr, als dass ich es lassen könnte... ,,Sam? Sammy, ich... Ich hab ganz schönen Mist gebaut", begann ich, schluckte und zwinkerte neue Tränen weg. ,,Ich glaube, ich pack das hier nicht mehr weiter... Ich... Ich wollte nur noch mal leb wohl sagen und... Und dass ich dich... Pass einfach auf dich auf, ja?" Ich ließ das Handy auf die Fliesen fallen, nachdem ich aufgelegt hatte und mein Blick flog auf mein kleines Beauty Case, in dem ich noch eine Schachtel Tabletten ausmachen konnte. Als wäre es ein Zeichen. Schluchzend rutschte ich zum Ende der Wanne und streckte mich danach, schmiss das Case zu Boden, hatte aber die Schachtel ergriffen und ließ mich zurück ins Wasser gleiten, riss die Verpackung auf und drückte alle Pillen der noch übrigen vollen Reihe zitternd in meine Hand, starrte noch einen Moment schluckend auf meine Hand, bevor ich sie an meine spröden Lippen führte, die Medikamente runterstürzte. Mein Atem wurde langsamer und langsamer, mein Blick wurde dunkler und dunkler, ich hörte mein Herz nur noch teilweise, es wurde leiser. Meinen letzten Gedanken galten Mary und Sam, ich flehte falls es einen Gott gab, dass er sich zumindest um die beiden kümmerte, wenn ich schon verloren war... Schließlich lehnte ich mich zurück in die Kälte, die ich kaum noch bemerkte, da mein Körper schon so betäubt war, schloss die Augen und atmete tief aus...
Sam
Ich hätte sie viel eher abhören sollen. Viel zu spät hatte ich Mias Nachricht auf meiner Mailbox entdeckt und war sofort in eines der Autos in der Tiefgarage gestiegen, wie ein wahnsinniger auf den Highway gerast und die Zeit spielte gegen mich - das wusste ich. Und niemals konnte ich es mir verzeihen, wenn ich jetzt zu spät kam und Mia tot vorfand. Ich warf einen nervösen Blick auf die Uhr - dass ich die Nachricht angehört hatte, war bereits zwanzig Minuten her. Zwanzig Minuten, in welchen alles passieren konnte. Ich beschleunigte den veralteten Volvo noch weiter, hatte das Radiounter gedreht, weil mich die Musik zusätzlich in den Wahnsinn getrieben hatte. Immer wieder musste ich dicke Tränen weg blinzeln - wieso hatte ich sie ziehen lassen, obwohl ich wusste wie viel Mia für mich war und ich mich dazu verpflichtet fühlte, sie zu beschützen? Ich hätte sie nie, niemals gehen lassen sollen. Es regnete in Strömen und die Tropfen prasselten lautstark aufs Autodach ein, brachten mein panisch rasendes Herz nur noch weiter dazu, sich zu verschnellern. Die nächste Kurve nahm ich viel zu scharf und wäre beinahe noch von der Straße abgekommen, fluchte unterdrückt und raste zum Motel weiter. Ich sprang aus dem Wagen, kurz nachdem ich ihn auf dem Motelparkplatz gehalten hatte und ich rannte verzweifelt durch den Regen, die abgeranzten Verandastufen des wirklich stark herunter gekommenen Motels hinauf, stolperte beinahe über meine eigenen Füße und brach blindlinks die erste Tür auf, die mir ins Auge fiel, sah mich panisch nach Mia um, nach ihren glänzend roten Haaren, riss noch die angrenzende Badezimmertür auf und sah den alten Herren entschuldigend an, welchen ich gerade beim Duschen störte. Hastig stürzte ich den Gang weiter runter, brach noch drei weitere Zimmertüren auf, bis ich bei der Dritten und Letzten schlussendlich Glück hatte und geschockt knickten mir die Beine weg, als ich Mia bewusstlos in der Badewanne liegen sah - die Lippen bläulich angelaufen und ich langte verzweifelt nach der Tablettenschachtel, um nachzusehen was genau sie genommen hatte. Schlaftabletten - ziemlich stark dosiert, weil sie damit laut Mary schon lange Probleme gehabt hatte. Verzweifelt rappelte ich mich auf, um die ausgemerkelt wirkende Schönheit aus der Badewanne zu ziehen. Das Wasser war eisigkalt, was auch nicht sehr dazu beitrug, dass ich sie noch retten konnte... Und ich würde mich dafür hassen, wenn ich es nicht schaffte. Leise schluchzend zog ich ihren schlaffen Körper auf meinen Schoß. Ihr Gesicht war kreidebleich und ich strich ihr wimmernd über die kühlen Wangen - meiner Meinung nach viel zu kühl. ,,Warum hast du das getan? Was ist passiert?" Ich legte mein Gesicht wimmernd auf ihrer Brust ab - sie roch immer noch nach Mia, was mein Herz kurz erwärmte und ich hob den Kopf wieder, suchte verzweifelt nach Anzeichen, dass sie wieder aufwachte und ihre strahlend blauen Augen wieder in meine sahen, so wie sie es vor einer Woche das letzte Mal unendlich traurig, aber doch voller Zärtlichkeit getan hatten. ,,Mia...", wisperte ich und meine Stimme brach - nie hatte ich ihr gesagt, dass ich sie liebte. Und wenn ich sie jetzt nicht gerettet bekam... dann würde ich es auch niemals tun können. Sie würde es niemals erfahren, obwohl sie verdiente es zu wissen. Wieso war ich damals nur so feige gewesen? Ich hätte sie haben können, hätte alles von ihr haben können und wenn ich nicht so sehr den Arsch zusammen gekniffen hätte, dann wäre es niemals soweit gekommen. Ich strich mir die Tränenspuren von den Wangen und umklammerte ihren zierlichen Körper noch ein wenig fester, senkte mein Ohr über ihre zarten Lippen und mein Herz brach in tausende blutige Scherben, die mich innerlich aufschnitten und damit in Stücke rissen. Mia atmete nicht mehr.
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