VIII
~Mary~
"Sie sehen atemberaubend aus. Sind Sie sicher, dass wir uns noch nie begegnet sind?"
Genervt verdrehte ich die Augen und überlegte fieberhaft wie ich diesen schmierigen Typen würde loswerden können. Ich hatte keine wirkliche Ahnung wo die anderen abgeblieben waren, doch ich hatte mich irgendwann mitten auf einem Ball der Reichen wieder gefunden - in einem rosafarbenen Kleid steckend, welches in mir einen wahren Würgereiz hervor rief. Ich hasste Kleider und dementsprechend lächerlich sah ich auch in ihnen aus. Der Typ fuhr sich mit seiner fetten, prankigen Hand über die letzten drei Haare die ihm noch geblieben waren. Er schien zu schwitzen wie ein Schwein -, sein Gesicht war bereits ganz rot angelaufen und immer wieder tupfte er sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. Aufseufzend versuchte ich erneut von ihm abzurücken, doch der Fettsack rutschte mir gleich wieder auf die Pelle. "Hey Speckschwarte, lassen Sie doch bitte die Lady in pink zufrieden. Danke.", rettete mir da eine allbekannte Männerstimme den Hintern und Dean harkte sich bei mir unter, um mich von dem Ekel weg zuziehen. "Alles klar?", fragte er mich, die sonst so makellose Stirn in ernste Falten gelegt. Ihm leise dankend nickte ich und Dean schien sich irgendwie zu entspannen - vielleicht bildete ich mir das in diesem Moment aber auch bloß ein. Die Atmosphäre hier war genauso wie man es von einer Party der Reichen erwartete - es wurde ruhige Musik gespielt und in dem Marmorfußboden sah man schon beinahe sein Spiegelbild. An der Seite reihte sich ein edel wirkendes Buffett auf und die Gäste waren nobel gekleidet - manche von ihnen sahen trotz dem hohem Preis ihres Kostüms jedoch einfach nur lächerlich aus. "Entschuldigen Sie, Sir?" Aus den Gedanken gerissen sah ich Dean an, welcher nun einen dieser Schnösel gewagt hatte anzusprechen. Abwartend zog dieser seine linke Augenbraue hoch, während er uns musterte. Ich verschränkte verlegen die Arme vor der Brust, als ich bemerkte dass sein Blick länger als nötig auf meinem Dekolleté verweilte. Hätte Gabriel mich nicht etwas weniger freizügig und dafür etwas mehr gesundheitlich angebracht einkleiden können? In diesem Teil konnte man ja nicht mal richtig atmen ohne sich zu fühlen wie ein jeden Moment aufplatzendes Würstchen. "Wer finanziert dieses Schiff?", fragte Dean da und der ältere Herr blickte sich in alle Richtungen um, ehe er meinem Begleiter antwortete.
"Niemand weiß es genau. Man munkelt aber, dass es der König von Corny ist."
"Corny?", echote ich verwirrt und der Mann nickte, ehe er einen Müsliriegel aus der Tasche seines Jackets zog und ihn Dean in die Hand drückte. Verwundert sahen er und ich die Süßigkeit an, auf welcher funkelnden Verpackung in Großbuchstaben Corny stand. "Das soll wohl ein Scherz sein.", knurrte der ältere der Winchesters neben mir und wollte sich wieder an den reichen Vollpfosten wenden, doch dieser war im Gedränge verschwunden. "Okay du wartest hier, wenn was ist, schrei einfach. Ich gehe unseren Witzbold suchen.", sagte Dean da und verwundert blinzelte ich, irgendwie leicht aus dem Konzept gebracht. "Was soll ich denn schreien?", fragte ich perplex und der Blonde warf mir ein kokettes Zwinkern zu. "Meinen Namen - ich erinnere mich wage an eine Nacht in der dir das wirklich nicht schwer gefallen ist." Mit diesen Worten verschwand er zwischen der Menge von reichen Arschlöchern und ließ mich mit glühenden Wangen und rasant rasendem Herzen zurück. Dean hatte kein einziges Wort mehr über unsere gemeinsame Nacht verloren und jetzt - wo es wirklich wichtig war Vernunft walten zu lassen - kam er darauf zurück und warf meine Gedanken total durcheinander. "Pass auf Liebes. Du starrst ihm etwas auffälig auf den Arsch." Erschrocken zuckte ich zusammen und sah Balthazar an, welcher neben mir aufgetaucht war und an einem Käse-Oliven Spieß knabberte. Frech grinste er mich an und ich schluckte schwer und versuchte meinen schnell gehenden Atem wieder einigermaßen unter Kontrolle zu bringen. "Du hast nichts gesehen.", sagte ich dann so bedrohlich wie es mir als verknalltes Schaf möglich war. "Natürlich nicht, Süße." Mit diesen Worten aß er den letzten kleinen Käsewürfel an dem Holzstäbchen und verzog dann gequält das Gesicht, als Celine Dion begann aus den Lautsprechern zu dröhnen. "Mein Gott, ich glaub ich kotz gleich auf diesen hässlichen Fließenboden."
~ Mia ~
Mit weiter Latzhose mit ausgewaschener Jeansfarbe und einem rot-blau kariertem Hemd spazierte ich über das Deck der Mittelklasse und stibitzte einem kleinem Mann seine beige Baskenmütze. In den Salon hatte ich einen kurzen Blick erhaschen können und hatte gesehen, dass Mary einen Traum von Rosa trug- und ich wusste, dass sie das als Horror empfinden musste. Einen Moment noch hatte ich gedacht, dass Gabriel sanft mit mir umgehen würde. Aber da sah ich ihn. Nicht den Erzengel, für den ich dank den Büchern ein wenig was übrig hatte, sondern der jüngere Winchester, der mich schon in seinen Bann gezogen hatte und nicht wieder losließ. Er trug ein weites, weißes Hemd mit sichtbaren Schweiß- und Drecksspuren, dass seinen Körper unheimlich gut betonte, sodass mein Herz zu flattern begann bei dem Anblick seiner großen und muskulösen Figur. Sein von mir schon als perfekt bezeichnetes Haar umspielte getragen vom Seewind sein hübsches Gesicht, das ebenfalls einige Ölspuren auf der Stirn nachwies. Er gab sich also als Unterklasse Matrose aus, nicht schlecht. Vor allem während Mary drinnen die Reichen abcheckte. Wir hatten Dean als Reichen losgeschickt und ich hatte mich für die Normalen entschieden, passte irgendwie besser. Bevor Sam mich hätte erwischen können, war ich allerdings schon durch eine Tür durch die Treppen hinunter in die Abteilung der Mittel- bis Unterklasse gelangt. Dort begann ich systematisch jede Tür aufzuziehen, nach einem Zeichen oder Ähnlichem suchend. Nach einer gewissen Weile kam ich ganz unten im Maschinenbereich an, dort holte ich mir dann auch einige Gebrauchsspuren ab, während ich vor Anderen flüchtete, die mich wieder an Deck scheuchen wollten. Kratzer, Ölflecken, auch kam ich bei dieser Hitze hier unten ins Schwitzen- bis ich in den Lagerraum flüchtete, hinter mir die Tür zuzog und mich eine angenehm kühle Atmosphäre begrüßte. Ich begann mich langsam und leise umzusehen. Es war ziemlich dunkel und der Raum war eher eine riesige Halle, wenn man die Größe dieses Schiffs betrachtete. Hier wurden sämtliche Kisten, ganze Container, Statuen und sogar Kutschen für die Fahrt zwischengelagert, alles Gepäck der Reichen. Alles Gepäck, was ihnen nichts nützen wird, um diesen Trip zu überleben. Ich seufzte leise. Ein kleines Licht lockte mich zu eine der Kutschen weiter hinten im Lager und ich schlich zügig näher heran. Am verdächtig glänzenden Ziel angekommen und die Tür aufgerissen, überraschte ich einen gleichsam leisen, gleichsam die andere Tür aufreißenden Sam Winchester, der mich erstaunt, wie ich auch ihn anstarrte. ,,Na toll... Warst du das mit der Taschenlampe?", fragte ich ihn seufzend und er schüttelte verwirrt den Kopf. ,,Nein...? Du also auch nicht?" Ich schüttelte gleichsam den Kopf. ,,Gabriel also... Was soll das? Warum lockt er uns zusammen hier her?", fragte Sam und ich zuckte mit den Achseln, stieg langsam in die Kutsche und schloss die Tür hinter mir. ,,Vielleicht war er es auch gar nicht und wir beide hatten einfach den selben Einfall", schlug ich vor und er nickte nachdenklich, ehe er ebenfalls die Stufe hoch trat und sich mir gegenüber setzte, nachdem er die Tür geschlossen hatte. Die Kutsche war nicht sonderlich groß, sodass Sams und meine Knie sich berührten, wenn wir uns genau gegenüber setzten. ,,Ich muss jetzt glaube ich nicht erwähnen, an was für eine bestimmte Szene aus einem bestimmten Film mich das hier gerade erinnert, oder?", hauchte ich und Sams sanfte Augen wurden groß, ehe ihm ein bescheuertes Lächeln über die Lippen wanderte. ,,Ich fand die Szene immer echt überflüssig", bemerkte er und ich nickte zustimmend. ,,Oh ja, ich auch!" Einen Moment grinsten wir uns noch an, dann hörten wir allerdings gleichsam auch wieder damit auf und sahen uns einfach nur an. ,,Naja...", murmelte er nachdenklich und ich hatte mich schon ein wenig voran gelehnt. ,,Naja was?", flüsterte ich und sein Blick, der meinen so intensiv festhielt, löste in mir eine Flutwelle aus Glücks-und Liebeshormonen aus, dass ich ihn doch zu gerne an mich herangezogen hätte, um zu spüren, wie unsere Lippen sich berührten, sich auf einander bewegten... Doch er seufzte nur und wandte seinen Blick betrübt von mir ab, strich mir nur einmal sanft über die Wange, öffnete die Tür und stieg aus. Ich unterdrückte aufkommende Tränen und sprang ebenfalls aus der Kutsche, die Tür hinter mir zuknallend und trotzig-betroffen mit verschränkten Armen vor der Brust stehen bleibend.
,,Sam, ich... Was auch immer ich falsch mache, es... Tut mir Leid..." Er blieb stehen und drehte sich wieder zu mir um. ,,Was?", fragte er und trat einige langsame Schritte näher, während ich verzweifelt nach den richtigen Worten suchte. ,,Ich sagte, es..." ,,Nein, ich hab's schon verstanden, aber... Du hast nichts falsch gemacht, dir braucht nichts Leid tun" Ich wusste gar nicht wieso, aber mir kamen die Tränen, die er mir allerdings behutsam von meinen Wangen wischte. ,,Aber warum...?", setzte ich heiser an und er strich mir mit seinem Zeigefinger über die Lippen, sodass ich sie schloss und ihn fragend, flehend gar ansah. ,,Ich will dir nicht wehtun, Mia. Ich hab Angst, dich zu verlieren", flüsterte er und strich mir meine Haarsträhnen hinter die Ohren, bevor er noch einmal seine warmen Hände an meine Wangen legte. Ich stellte mich einen Moment auf Zehenspitzen, legte meine Hände auf seine breiten Schultern um meine Stirn an die seine legen zu können, seine Nase an meiner spüren zu können, einen Moment die Augen zu schließen und ihm wohl für ein letztes Mal so nahe zu sein. Dann seufzte ich leise und stellte mich wieder normal hin, entfernte mich von ihm. ,,Ich will auch nicht, dass dir wegen mir etwas zustößt, Sam. Oder dass dir überhaupt noch irgendetwas schlimmes widerfährt. Aber ich kann nicht... Ich kann nicht bei dir sein und dich beschützen, dafür liebe ich dich wohl zu sehr. Naja und nicht bei dir zu sein, das fühlt sich genauso falsch an. Man, ich klinge schon so wie eine dieser Weiber in den Filmen...-" Ich hörte abrupt auf zu reden, als er auf einmal meine kleinen Schultern mit seinen kräftigen Händen packte und mich sachte gegen die Kutsche lotste. Die Wand im Rücken sah ich erwartungsvoll zu ihm auf, den Blick, mit dem er mich ansah, würde ich niemals vergessen- genauso wenig wie das, was darauf folgte. Seine rechte Hand strich meinen Hals hinauf, bis sie meinen Hinterkopf erreichte, den sie sachte festhielt, ehe er den Kopf neigte und sich mir langsam näherte, den Moment weiter heraus zu zögern, zu verlängern, doppelt intensiv zu gestalten. Seine Augen begutachteten jeden Zentimeter meines Gesichtes, als scannten sie es, um es niemals wieder zu vergessen, ehe sie an meinen Lippen ihre Betrachtung einstellten. ,,Für gut befunden?", wisperte ich und ein erneutes Mal fixierten seine undefinierbaren, sanften Augen die meinen. ,,Hm, für sehr gut", hauchte er noch, bis wir unseren Sicherheitsabstand aufgaben und seine Lippen sich zärtlich auf die meinen drückten. Ich könnte kaum beschreiben, was in diesem Moment in mir abging, viel zu viel auf einmal und es wurde auch noch besser. Mein Verlangen steigerte sich um ein vielfaches bei jedem neuen, intensiveren Kuss. Er hatte mich so nahe an sich gezogen wie es ging und ich spürte seinen bebenden Körper an meinem kleinen, zierlichen. Trotz unseres kleinen Größenunterschieds kam ich doch auf den Schluss, dass es gar nicht so umständlich war. Ich fuhr ihm durchs Haar, krallte mich regelrecht darin fest, während seine warmen Hände sich um meinen Körper schlangen und mich bei einer kleinen Kusspause anhoben, sodass ich meine Schenkel um seine Hüfte schloss und er mit mir in die kleine Kutsche stolperte. Ich blieb auf seinem Schoß sitzen und wir zogen uns gegenseitig die Oberteile aus, kicherten vergnügt, wenn wir uns irgendwie mal verhangen. Ich hielt einen Moment inne, wir schnauften Nebelwölkchen in die kalte Luft und ich strich ihm alle Haarsträhnen aus dem Gesicht, um ihn genau betrachten zu können, mit meinen Fingern seine Gesichtspartien nachzufahren und mich heimlich still und leise zu fragen, warum man diesem heldenhaften, jungen Mann all den Schmerz, der ihm schon zugefügt worden ist, beim besten Willen nicht ansehen konnte. Doch ich lächelte nur, ehe ich meine Lippen wieder auf seine legte. ,,Hey, du solltest wissen, dass ich dich auch liebe. Und egal was ist, ich werde dich...-" Ich unterbrach ihn und legte ihm meinen Finger auf die Lippen, ehe ich ihn unter mir in die Polster drückte. ,,Ich weiß, Sam... Ich weiß..."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro