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Kapitel 5

„Geh?" Michael wirft ratlos die Arme in die Luft und dreht sich um die eigene Achse. „Ist das alles? Wohin soll ich gehen?"

Wie aus dem Nichts bricht ein Sturm auf der Klaviatur aus, die sanften Töne werden von einer markerschütternden Gewalt abgelöst.

Er zwingt sich, stehenzubleiben und bringt all seine Kraft auf, gegen den Impuls der Flucht anzukämpfen. Sich dem Unbekannten endlich zu stellen. Doch nicht nur deswegen; Michael kann sich dem Bann der Wut nicht entziehen, der Ausbruch kommt ihm erschreckend bekannt vor. Es ist wie ein Jucken in seinem Kopf, an das er nicht herankommt. Dann wird es ihm klar.

Ich kenne sie.

Es kristallisieren sich Muster heraus, vielerlei Melodien.

Das ist völlig unmöglich.

Allein sich daran zu erinnern, an einen beliebigen Augenblick aus der Vergangenheit, einer von vielen. Dort sitzt niemand, und dennoch sieht Michael sich selbst. Wie er voller Frust auf das Klavier einschlug, weil eine Liebe wie aus dem Nichts zum Zorn mutierte. Das ist der Schatten einer Zeit, die nur aus Perioden von Aufs und Abs bestand.

Der Raum wird in Stille getaucht, als das Durcheinander unversehens zu einem Ende findet. Es schweigt. Oder ist er es?

Urplötzlich dringt reines Licht durch die Fensterfront ein. Michael wendet sich ihr zu, kneift die Augen zusammen und schirmt sie mit der flachen Hand ab.

Das Tor.

Es gibt nur einen Schein dieser Art. Wie blau gleißendes Blut durch Adern verteilt es sich in den Fugen der Fenster, bis sich jedes in ein leuchtendes Rechteck verwandelt und verschwindet.

Ein eisiger Hauch lässt Michael erzittern. Es kommt von dort, dem Inneren des Tores, und die Luft vibriert in seiner Anwesenheit, so dröhnend, dass er sich die Handflächen auf die Ohren presst. Zugleich zieht seine Gravitation an ihm – als atme es, um sich alles Leben einzuverleiben.

Dann erstirbt das Strahlen und offenbart statt Michaels Ausblick auf die Stadt den endlos blauen Sternenhimmel. Wenige Meter trennen ihn vom Eintritt in die Unendlichkeit. Die Totenstille betont den Fall, den er sich unwillkürlich vorstellt.

Der Sog zieht ihn dorthin. Michael reißt sich fort, entzieht sich dem Reiz mit hastigen Schritten, und trotz der Distanz ist da ein sanfter Atem, der nach ihm zehrt.

„Fuck", keucht er und lacht ungläubig auf. „Das warst du? Die ganze Zeit?"

Keine Antwort.

„Das war's? Ich soll springen? Dafür den ganzen Hokuspokus? Vergiss es. Das mach' ich nicht! Ich will doch nur ..." Seine Stimme verwandelt sich in ein flehendes Flüstern. „Ich will doch nur, dass alles wieder normal wird. Gib mir meine Musik zurück."

Michael wartet, den Blick fest auf das Tor gerichtet. Keine Minute später muss er das Klavier nicht einmal mehr ansehen, um zu verstehen: Die drei Tasten von zuvor erklingen in genau derselben Reihenfolge.

„Geh."

Da ist keine Stimme, aus der er lesen kann. Es ist allein an ihm zu deuten, wie die Töne zu ihm dringen. Und das Einzige, was er versteht, ist: Folge mir. Folge meinem Willen.

Das hab ich hinter mir gelassen.

Er hat es sich geschworen.

„Du hast mir nichts zu befehlen", knurrt er.

Warum sollte er sich auf ein Spiel einlassen, dessen Regeln er nicht kennt?

Weil der Eindringling etwas hat, das dir gehört.

Und nach allem, was passiert ist, wird es sich kaum von seinem Ziel abbringen lassen, ihm den Weg zu weisen, den es für ihn vorgesehen hat. Auch, wenn dieser nach unten führt.

Habe ich eine andere Wahl?

Die Temperatur im Zimmer sinkt. Michael reibt sich die Oberarme und seufzt geschlagen, mit den Nerven am Ende und viel zu müde, um eine Antwort darauf zu finden oder Möglichkeiten abzuwägen.

„Du wirst mir gar nichts geben, wenn ich davonlaufe, oder?"

Er starrt in die Sterne. Ihre Friedlichkeit tröstet ihn und schenkt ihm den Mut, folgende Worte auszusprechen.

„Na gut. Führe mich, wohin du willst."

Michael wagt sich in den Strom des Tors. Langsam streckt er die klamme Hand aus, beobachtet, wie sie sich beim Kontakt mit der Sternenwand auflöst und nicht darin eintaucht, wie er es erwartet hat. Stattdessen umringt ihn das grelle Licht.

Das ist ein Trugbild.

Ein Spiegel dessen, was das Tor umgibt.

Als seine Hand bis zur Armbeuge darin verschwindet, breitet sich ein Kribbeln aus, das schon einmal Besitz von ihm ergriffen hat. Es kriecht seine Muskeln hinauf bis in die Schulter, erfasst Hals und Brust. Bevor es seine Schläfen erreicht, überwindet Michael das letzte bisschen Abstand, das zwischen ihm und dem Tor liegt und springt.


Die vibrierenden Wellen verlieren an Kraft. Für ein paar Sekunden verschwimmt Michael mit dem Gefühl der Schwerelosigkeit. Sein Geist klammert sich an seine Fragen, das Einzige, das ohne Reize von außen geblieben ist. Sie tauchen in Worten vor seinem geistigen Auge auf und verschwinden wieder. Er wird von Kopf bis Fuß durch die grelle Welt des Tors gewirbelt, unklar, was oben und unten ist.

Dann verklingt das Rauschen in seinen Ohren. Eine vertraute Melodie ertönt. Der nun milde Wind trägt sie zu ihm, gemeinsam mit dem Rascheln der Blätter – Vivaldis Frühling, federleicht und unbeschwert auf einem ungestimmten Klavier.

Michael vermutet es, sein Herz weiß es bereits und wird schwer – eine geheilt geglaubte Wunde öffnet sich.

Wie sehr ich es vermisst habe.

Die Eindrücke werden schärfer, vervielfältigen sich, obwohl er noch immer nichts sieht. Denn die Offenbarung gelangt über sein Gehör zu ihm – Schritt für Schritt, wie Vivaldis Jahreszeiten, kommt alles zu einer Vollendung.

Michaels Fall wird abgebremst, der Sturm legt sich. Der Duft von Gänseblümchen vermischt sich mit dem Brummen der Bienen. Grashalme nähern sich seinen nackten Füßen, umgarnen und kitzeln ihn zwischen den Zehen. Und schließlich ein altbekanntes, raues Lachen, das mit den holprigen Tönen des Klaviers verschmelzt und eine ferne, längst vergangene Szenerie bildet.

Michael öffnet seine Augen.

Oft hat er sich auf seinen Noten hierhertragen lassen, wie durch Milchglas wahrgenommen, was er vor Jahren in sich aufgesogen hat: eine Welt der Ruhe ohne Sturm.

Das muss ein Traum sein.

Zu schön, um wahr zu sein.

Sein Blick heftet sich zuerst auf das reich verzierte Windspiel, das vom Dach der Hütte baumelt, wandert an der dunkelbraunen Fassade hinunter und die Holzdielen der Veranda entlang. Die zwei Stühle stehen verlassen.

Michael findet sich auf einer saftigen Wiese wieder, geschmückt mit zahlreichen Gewächsen und Blumen. Der blaue Himmel ist grenzenlos, kein Vergleich zu jenem in der Stadt, der in einem Rahmen aus Häusern gefangen ist.

Er rührt sich nicht. Eine Symphonie tanzt um ihn herum, die seine Überraschung, sein Glück, auszudrücken vermag. Doch das Werkzeug fehlt, um sie festzuhalten.

Die heißen Tränen auf seinen Wangen wecken ihn auf. Er schafft es nicht, sie zu trocknen. Es macht diesen Ort, seine Freude darüber, ihn wiederzusehen, real. Sie vertreiben eine Wahrheit, die den Himmel grau färbt, die Luft bitter schmecken lässt und in Michaels Kehle kratzt.

Die Wunde in seinem Herzen pulsiert und brennt, als verteilen sich die züngelnden Flammen nicht in dem Haus, sondern in ihm.

Die alte Hütte ... gibt es nicht mehr.

Mehr und mehr Tränen kullern hinab. Als seine Sicht verschwimmt, wischt er sie mit der Hand davon.

Unzählige Male hat Michael sich gewünscht, dorthin zurückzukehren. Nicht zu dem kümmerlichen Rest einer vergangenen Zeit, sondern zu seinem Seelenort von früher, so, wie er in diesem Augenblick vor ihm liegt – friedvoll, fruchtbar und voller Leben. Es sollte leicht sein, hierzustehen und sich dem Traum anzunehmen, und doch ist es das schwierigste, das seit langer Zeit vor ihm liegt. Vielleicht, weil er erst jetzt realisiert, was für eine Macht ein lang gehegter Wunsch hat.

Dass ich eine Enttäuschung nicht vergessen kann.

Michael fürchtet diese Enttäuschung. Dass das Betreten des Hauses Dinge ins Licht zerrt, die er jahrelang zu vergessen versucht, nicht nur jene, die er um jeden Preis erhalten will.

Oder zurückerlangen.

Manche Erinnerungen schwinden mit der Zeit. Er konnte sie nie zurückholen, weil es schlicht keine Möglichkeit dazu gab. Doch jetzt ... Möglicherweise ist das eine einmalige Gelegenheit.

Eines darf er trotz allem nicht vergessen: Er ist nicht auf eigenen Wunsch hier. Jemand hat ihn hierhergebracht. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich der Eindringling zu erkennen gibt.

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