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Kapitel 1

Das beste Mittel gegen Lampenfieber ist die Gewissheit des Erfolges. Michael ist nicht nervös, seit Jahren nicht mehr.

Er hebt das Kinn, schreitet hinaus und lauscht, wie das Raunen seinen klackenden Absätzen auf dem Parkett weicht. Die gesichtslose Menge horcht auf, begutachtet ihn – wartet auf den Beweis, dass er hierhergehört.

Er wird ihn liefern, ein weiteres Mal.

Das Licht brennt auf ihn herab, nahezu vertrauter als die Strahlen der Sommersonne. Michael beugt das Haupt, der warme Stoff des schwarzen Anzugs schmiegt sich an seinen Rücken.

Der Schatten im Rampenlicht.

Geschwind dreht er sich um, seine hochgewachsene Gestalt braucht nur wenige Schritte zu seinem Verbündeten. Michael lässt sich auf den Hocker nieder und spürt der Erfahrung nach, vollständig zu sein. Denn wer wäre er ohne den Flügel, und was wäre der Flügel ohne jene Person, die ihn spielt?

Seine Finger berühren die Tasten, weiß sowie schwarz, glatt und makellos.

Ein letzter Atemzug, bevor Michael den ersten Akkord erklingen lässt und mit ihm in den Noten versinkt. Es ist ein Rausch ohne Zeit und Raum, aus dem er erst erwacht, wenn der letzte Ton verklungen ist. Ein paar Minuten hat er die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer in der Hand. Der Traum endet so schnell, wie er begonnen hat, und jedes Mal ist es, als zerplatze eine Blase des Schweigens, in der sie alle eingeschlossen sind. Und dann ...

Michael atmet wieder. Tosender Applaus.

Er hebt den Blick, steht auf und begibt sich nach vorn, um die Aufmerksamkeit seines Publikums mit einer Verbeugung zu würdigen. Blumen, Dank und Glückwünsche sind die Erwiderung seiner Demut. Er lässt es über sich ergehen und verlässt die Bühne, sobald sie ihn lassen, durchquert Gänge und Türen zur Garderobe. Dort findet er Wertsachen und Mantel, packt alles zusammen und schleicht sich davon, bevor Gray ihn entdeckt.


Die Novembernacht weht ihm in einem eisigen Zug um die Nase. Michael hebt den Blick und beobachtet wuchtige Wolkenfetzen, die der Wind quer durch den Himmel trägt. Ihre Konturen stechen durch gleißendes Licht hervor.

Er vermutet den Mond dahinter, bis es sich durch einen unnatürlich blauen Schimmer enttarnt. Ein Schauer kriselt ihm ein über den Rücken, und die Luft scheint gerade noch kälter geworden zu sein.

Das Tor.

Es ist also hier. Michael hat bis zu diesem Augenblick nicht an die Existenz des Phänomens geglaubt, doch jetzt bleibt ihm wohl nichts anderes übrig. Gerüchte sind ihm zu Ohren gekommen, von seinen verschiedenen Formen und Farben, je nachdem, wer es betrachtet. In seinem Fall ragt eine gewaltige Spitze hinter den Wolken hervor.

Michael schüttelt den Kopf. Absurd. Absolut lächerlich. Was das Tor auch ist: Irgendwann wird es verschwinden und vergessen.

Er kehrt der übergroßen Erscheinung den Rücken und marschiert durch das Straßenlabyrinth der Stadt. Den Nachthimmel liebt er, hat er schon immer. Schlaflosigkeit wird unter ihm zu etwas Schönem, und Komponieren magisch. Nur er, die Sterne und der Mond – ein Augenblick zwischen Michael und der Unendlichkeit, da Stunden sich in Sekunden verwandeln.

Aber mit diesem Ding ist es einfach nicht dasselbe.


Als Michael vor dem Wohngebäude steht, fasst er sich ein Herz, klemmt das Bouquet unter seinen Arm und entlastet den vollgestopften Briefkasten. Prompt fallen ihm etliche Zeitungen, Prospekte und Flyer entgegen. Lediglich ein weißer Umschlag kommt ihm abhanden und segelt auf den Boden. Er verdreht die Augen, faltet den Stapel ordentlich zusammen und bückt sich, um ihn aufzuheben. Mitten in der Bewegung hält er inne. Er richtet sich auf, entfernt sich einen Schritt, als schnappe der Brief jeden Augenblick nach ihm. Nichts passiert, natürlich nicht, doch das macht ihn nicht weniger gefährlich.

Michael schürzt die Lippen. Die handgeschriebenen Wörter lassen nur einen Schluss zu, doch er will es nicht glauben, kann es nicht. Dessen ungeachtet muss er sich vergewissern. Vielleicht irrt er sich. Ja. Das muss ein Irrtum sein.

Mit spitzen Fingern hebt Michael den Brief auf und begutachtet seine Adresse. Schwarzer Kugelschreiber. Gerade und säuberlich ausgeführte Buchstaben. Unnötigerweise prüft er auch den Absender. Seine Hand versteift sich, bis das Papier unter dem Druck seines Griffes zerknittert. Michaels Magen verwandelt sich in einen kleinen, brennenden Klumpen und er glaubt, sich gleich zu übergeben.

Das darf nicht wahr sein.

Je länger sich dieser Moment zieht, desto größer schwappen die Wellen der Erinnerungen über ihn hinweg und rauben ihm die Luft zum Atmen – und die alles überwiegende Frage: Wie zum Teufel hat sie ihn gefunden?

Als Michael endlich die Augen von seinem eigenen Namen löst, fokussiert er die Mülltonnen an der Straße. Es wäre ein leichtes, das Schriftstück loszuwerden. Und so zu tun, als sei es nie bei ihm angekommen, könnte vielleicht auch das Wissen darum vertreiben.

Aber woher weiß er, dass es ihn nicht verfolgen wird? Was wenn ...

Nicht jetzt.

Das ist weder der geeignete Ort noch der richtige Zeitpunkt, um diese Entscheidung zu treffen. Den Blumenstrauß unter dem linken Arm, klemmt er sich den Stapel Papiere unter den rechten, schließt die Tür des Wohnhauses auf und verschwindet im Treppenhaus. Es ist genauso düster, wie er selbst angezogen ist. Die Vorstellung entlockt ihm ein bitteres Schmunzeln.

Der Schatten kehrt in seine Schattenwelt zurück.

So, wie sie alle immer gesagt haben.

Kaum ist Michael in seiner Wohnung angekommen, sinkt er mit den Rücken gegen die Wohnungstür und verharrt dort für ein paar Minuten. Lässt die Zeitungen mitsamt Brief auf den Flur fallen und streicht sich die gewellten Strähnen aus der Stirn. Ein tiefer Atemzug bringt ihm den beruhigenden Geruch seines neuen Zuhauses näher.

Das Licht schaltet er gar nicht erst an. Den bunt zusammengewürfelten Blumenstrauß wirft er ins Waschbecken in der Küche. Dann legt er seine zweite, von Schweiß durchtränkte Haut ab, verteilt die Kleidung hemmungslos in der Wohnung. Was von Michael übrig bleibt, ist eine bleichhäutige, dürre Silhouette, die durch nächtliche Stille schreitet. Die Fensterfront im Wohnzimmer bietet einen ausgezeichneten Blick auf den wolkenverhangenen Himmel – und das leuchtende Tor. Dahinter muss sich der Mond verstecken, unbeachtet und fahl im Vergleich zu diesem Phänomen.

Michael erkennt, dass der Mond nun nicht mehr der einzige Star des Nachthimmels ist. Es hat ihm das Rampenlicht gestohlen. In den nächsten Jahren werden Künstler wie er, Komponisten, Maler, Filmemacher und Schriftsteller von diesem fremdartigen Ding inspiriert sein – und den altbekannten Freund vergessen.

Ehe Michael in weiteren Überlegungen versinkt, erkennt er den Augenblick an, loszulassen. Sich von all den Gedanken abzuwenden und dem nahezukommen, weswegen er hier ist: seine Melancholie in etwas verwandeln, das wahrnehmbar ist. Er genießt das Gefühl der spiegelglatten Fläche seines Klaviers unter der Haut und nimmt auf dem Hocker Platz. Dann schließt er die Kopfhörer an und setzt sie sich auf. Unter der Abdeckung wartet bereits die ihm vertraute Reihe weißer und schwarzer Tasten.

Er schließt die Augen, als der Klang des ersten Tons seinen Ohren schmeichelt. Ein zweiter, ein dritter, Herz und Seele beruhigt sich und ermöglicht die Flucht an einen Ort, den es nur noch in seiner Erinnerung gibt. Und wenn er spielt, ist er dieser am nächsten, kann den Wind spüren und die Blumen riechen.

Seine Finger fliegen regelrecht über die Tasten, und ist das Stück vorbei, fügt er einen Takt hinzu, dann noch einen und noch einen, bis auch er selbst für das Ende bereit ist. Meist geschieht das nicht, bevor ihm die Augen zufallen, er ins Bett schlurft oder die Sonne den Tag einläutet. Wenn die Welt laut und zu hell ist, um zu sein.

Und dennoch ... ist alles anders als sonst. Die Musik dringt nicht zu ihm durch.

Michael spielt unbewegt weiter, öffnet die Augen. Sein Traum schwindet. Er sitzt im Licht des Tors. Ist es diese ungewohnte Präsenz, die sein Spiel verändert?

Nein.

Ein Schatten, dünn wie ein seidener Schleier, legt sich über ihn, verschwindet wieder. Er scheint sich stets dort zu intensivieren, wo es ihm verborgen ist. Egal, welche Ecke des Zimmers er betrachtet – es schleicht im toten Winkel.

Seine Hände spielen von allein, hoch und tief. Schneller, immer schneller, und erschlaffen zugleich.

Der Schatten lähmt ihn.

Der Stoff, aus dem Albträume sind.

Trotzdem kann er nicht aufhören, als verliere er die Kontrolle über sein eigenes Spiel.

Das kann nicht real sein, sagt er sich. Ein simpler Schrecken soll ihn bloß verängstigen. Der Schrecken des Briefs, des Tors oder sonst wem. Michael will sich nicht darauf einlassen. Also spielt er weiter unter dem bedrückenden Gefühl, nicht allein und doch blind dafür zu sein. Bis er in das dunkle Loch, das ihn umgibt, hineinfällt und seine Augen sich schließen.

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