Ein paar Tage vergingen in denen ich mich in meinem Büro verkroch und versuchte Antworten zu finden. Jeden Tag ging ich zu den Gräbern und legte frische Blumen darauf. Jamie hat für die beiden wunderschöne Grabsteine angefertigt die ihr Andenken würdigten "Es tut mir leid Kate... ich habe immer noch nicht herausgefunden was mit euch passiert ist", "Sie reden mit den Toten?" hörte ich jemanden hinter mir fragen, ich drehte mich um und sah Emma "Was... machst du hier?" fragte ich erschrocken "Das selbe wie sie. Ich sehe nach ob die Pflanzen an Nicks Grab noch in Ordnung sind", "Sicher doch... tut mir leid das ich gefragt habe" entschuldigte ich mich für meine dumme frage "Wie geht es dir Emma?" sie überlegte "So weit ich das beurteilen kann... geht es mir gut" sagte sie dann "Das... freut mich" sie nickte und wollte an mir vorbei gehen "Hey... ich hab dich in letzter Zeit öfter mit meinem Sohn Henry gesehen... gibt es da etwas das ich wissen müsste?" fragte ich ungeschickt.

Emma sah mich nun verwirrt an "Meine Beziehung zu ihrem Sohn befindet sich derzeit noch auf einer rein Freundschaftlichen Basis" erklärte sie direkt "Ah... ok.... noch?" stotterte ich mehr, wieder überlegte sie "Sollte er eine Steigerung der Beziehung vor haben, wäre ich nicht abgeneigt, wenn das ihre Merkwürdige Frage beantwortet" ich wusste wirklich nicht wie ich darauf antworten sollte, ich sah sie nur entgeistert und verwirrt an "Und nun zurück zu meiner Frage. Warum sprechen sie mit Menschen die Tod sind?", "Oh... das macht man manchmal so, wenn man jemanden Vermisst der nicht mehr da ist... man tut so als währe die Person noch ein Teil von einem" erklärte ich wieder in halbwegs ganzen Sätzen "Blockiert das nicht den Heilungsprozess?" fragte Emma nun und ich hatte das Gefühl das sie nicht anders konnte als mich zu verwirren "Nun ja... jeder geht mit seiner Trauer anders um", "Verstehe, danke. Ich wünsche noch einen schönen Tag" bedankte sie sich und ging weiter "Da... danke, dir auch" sagte ich perplex und blieb noch eine Weile stehen bevor ich mich entschied weiter zu gehen.

Mit der Situation überfordert ging ich zu Finn und klingelte an seiner Tür, kurz darauf machte er sie auf "Kilian, was ist los?", "Warum gehst du immer davon aus das was los ist?" konterte ich seine Frage "Weil das meist der einzige Grund ist warum du vor meiner Tür stehst, also was ist los?" rechtfertigte er sich und weil ich dagegen nichts einwenden konnte gab ich mich geschlagen "Na gut, es geht um Henry..." fing ich an "Was ist mit ihm?", "... und Emma" Finn atmete tief durch "Das nächste mal wenn du mit sowas kommst bringst du ein Bier mit, los komm rein" sagte er ernst und ließ mich rein.

Nervös setzte ich mich auf sein Sofa uns erzählte ihm von meiner Unterhaltung mit Emma. Er schwieg kurz und fuhr sich mit seinen Händen durch das Gesicht "Hast du schon mit Henry darüber gesprochen?", "Nein ich bin gleich zu dir", "Warum kommst du mit sowas immer zu mir?" protestierte Finn "Ich hab nicht viele Freunde, nur dich Jamie und... Lee und du bist von allen der Vernünftigste" erklärte ich "Dagegen ist kaum was einzuwenden" bestätigte er "Aber wie soll ich dir jetzt dabei helfen? Ich habe eine kleine Tochter und keinen Pubertierenden Sohn", "Sag mir nur ob ich ihn darauf ansprechen soll oder nicht" fragte ich etwas verzweifelt "Denk mal nach wie hättest du das als 16 jähriger gefunden? Außerdem weißt du nicht ob er von dem weiß was Emma zu dir gesagt hat. Warte lieber bis er von selber auf dich zu kommt... und glaub mir, das wird er früher oder später" ich überlegte kurz "Ja vermutlich hast du recht und darum komm ich mit solchen Themen immer zu dir" scherzte ich noch und stand auf "Immer wieder gern aber nächstes mal...", "... bring ich was zum trinken mit" beendete ich seinen Satz "So will ich das hören" sagte Finn noch bevor wir uns verabschiedeten und ich noch immer etwas unsicher die Straßen der Außensiedlung entlang lief.

Durch das Gespräch mit Finn wurde mir wieder klar das Henry mittlerweile 16 Jahre alt war. Verständlicherweise wollte er nach dem Tod seiner Mutter und seiner Schwester diesen nicht feiern und er zog sich immer mehr zurück und ich fragte mich ob er bei Problemen oder Kummer tatsächlich zu mir kommen würde. Vor unserem verbrannten Haus blieb ich stehen. Die Trümmer wurden bereits weggeräumt und der Wiederaufbau hat bereits begonnen. Ich und Henry wohnen übergangsweise in einer der Unterkünfte, da wir nicht ewig das Sofa von Alice und Jamie belagern konnten. Den Ort so zu sehen wo ich zusammen mit Kate ein Leben aufgebaut und eine Familie gegründet habe, machte meine täglichen Rundgänge in der Außensiedlung nur zusätzlich schwer.

Nach kurzem Nachdenken entschied ich mich zurück ins Büro zu gehen, doch als ich im Hauptquartier ankam sah ich Alice, Nelly und Jana vor dem Stadtplan stehen und hitzig Diskutieren "Ist alles in Ordnung?" fragte ich und erst da bemerkten sie meine Anwesenheit "Kilian gut das du kommst, wir versuchen die Mauer neu einzuteilen, da es so viele Veränderungen hier gab und es wird schwer alles abzudecken" erklärte Alice, neugierig sah ich auf den Stadtplan und merkte das unsere Gruppe tatsächlich stark minimiert wurde "Das einzige was wir machen können ist das einer von der Doppelbesetzung in das andere Gebiet wechselt" schlug Nelly fort "Das andere Problem ist das Jamie in einem Bereich jetzt alleine ist und er noch bei den Handwerkern Arbeitet und eigentlich kein Soldat mehr ist" stellte Alice noch zusätzlich fest "Wie wäre es mit einem neuen Offizier?" warf ich den Vorschlag einfach in den Raum. Alle sahen mich verwirrt an "Und wen schlägst du vor? Im letzten Jahr ist ein Offizier und die Kommandantin gestorben. Wenn man vorher nicht bei uns Arbeiten wollte das spätestens jetzt nicht mehr", "Was ist mit Benny?" fragte ich nur ohne auf den Vortrag von Alice zu achten "Er ist stark hat wissen über Magnus und er scheint noch keine Aufgabe zu haben. Er hat sich gut mit Kate verstanden und hat noch einige Rechnungen offen. Also warum fragt ihr ihn nicht? Die Oberoffiziere sollten nicht alleine einen Bereich haben weil sie noch genug anderes zu tun haben, also schlage ich vor das Jana zu Jamie wechselt und da die unteren Bereiche der Stadt kleiner sind und weniger Unterkünfte haben ist es vertretbar wenn Benny und Karin jeweils einen alleine haben oder sie teilen sich beide zusammen" sprach ich einfach weiter, danach herrschte stille bis Alice wütend wurde "Verdammt warum ist mir das nicht eingefallen!?" dann stürmte sie nach draußen "Was machst du jetzt Alice!?" rief ihr Nelly nach "Na Benny suchen!" bekam sie eine Antwort bevor Alice die Tür zu schlug.

Jetzt sahen mich nur noch Jana und Nelly verwirrt an "Kilian, das war unglaublich" stellte Jana fest "Man lebt nicht Jahre lang mit Kate Wulf zusammen ohne was dabei zu lernen" sagte ich nur und ging ins Büro um mich wieder in ruhe meiner Arbeit zu widmen. Nach ein paar Stunden klopfte jemand vorsichtig an die Tür "Ja?" die Tür ging auf und Liv sah vorsichtig in den Raum "Störe ich dich gerade?" fragte sie unsicher "Nein, komm ruhig rein" sagte ich und Liv kam zusammen mit ihrem kleinen Sohn im Arm auf mich zu "Setz dich doch" bot ich ihr an "Danke... ich wollte was mit dir besprechen Kilian", "Klar was ist denn los?" fragte ich etwas besorgt "Nun ja... ich wollte eigentlich Kate fragen ob sie die Patin für Ren wird... aber das kann ich nicht mehr... darum wollte ich dich fragen, ob du das für sie übernehmen möchtest. Ich habe das schon mit Lee besprochen, er ist damit einverstanden" ich war mit der bitte völlig überfordert und es kam mir langsam so vor als würde mich heute jede Frage aus der Bahn werfen "Bist... du dir sicher das du das willst?" fragte ich bloß "Klar, sonst würde ich dich schließlich nicht fragen", "Ich meine nur... weil auch wir zwei in den letzten Monaten so unsere Differenzen hatten", "Nur weil wir uns in den letzten Monaten gestritten haben werfe ich die letzten Jahre die ich dich kenne und als Freund ansehe nicht weg" erklärte sie, was mich zum lächeln brachte "Das freut mich zu hören", "Also machst du es?" hakte sie nach, ich lachte "Natürlich mache ich es", "Danke Kilian... willst du ihn halten?" fragte sie als Ren wach wurde "Was?... ähm ja" stotterte ich und nahm den kleinen in den Arm. Es war schon so lange her das ich ein kleines Baby auf dem Arm hatte und ich erinnerte mich gleich daran als Henry und Ava noch so klein waren.

An der Form seiner Augen erkannte man sofort das Lee sein Vater war "Er ist wirklich süß, dafür das Lee sein Vater ist" scherzte ich und zum Glück lachte Liv darüber "Die Freundschaft zwischen dir und Lee ist wirklich eine besondere", "Wem sagst du das. Ich sehe jeden Tag die Narbe von dem Tag als er mich angeschossen hat", "Da war er nicht er selbst" wurde Liv wieder ernster "Ich weiß, das ist der einzige Grund warum ich nicht als Gegenleistung auf ihn geschossen habe" sagte ich wieder mit einem Humorvollen Unterton "Das bleibt hoffentlich auch so" mahnte mich Liv als wüsste sie das ich Lee erst kürzlich mit einem Anschlag gedroht habe "Ich tu ihm nichts, keine sorge" verteidigte ich mich und gab ihr Ren zurück "Gut, bis dann" verabschiedete sie sich und ging wieder.

Ich beendete meine Momentane Arbeit und ging in die Unterkunft in der ich Momentan mit Henry lebte. Diese war größer als die anderen und hatte ein Abgetrenntes Zimmer das ich Henry gab. Ich schlief in dem Raum wo sich Küche und Wohnzimmer befanden. Dort angekommen klopfte ich an seinem Zimmer an "Henry, bist du da?" fragte ich "Ja" bekam ich eine Antwort und ich machte die Tür auf "Wie geht es dir?", "Gut soweit" ich nickte "Ich hab Emma getroffen" sofort hatte ich seine volle Aufmerksamkeit "Was?... hat sie was gesagt?" fragte er nun unsicher aber seine Reaktion und seine Roten Wangen verrieten mir bereits alles "Wir haben uns kurz unterhalten. Nichts worüber du dir Gedanken machen müsstest" sagte ich nur, was ihn komischer weise noch nervöser machte. Womöglich weil er genau wusste wie direkt Emma war "Ich muss jetzt ins Bett... muss früh aufstehen" sagte er unsicher, ich lachte "Du wirst dich heimlich rausschleichen und zu Emma gehen richtig?" wieder sah er mich panisch an "Ich war auch mal in deinem alter, aber keine sorge, geh ruhig ich kann dich eh nicht davon abhalten, gute Nacht" fügte ich noch hinzu und legte mich dann selbst schlafen.

Das Bett war hart und unbequem und es fühlte sich noch immer einsam an ohne Kate in einem Bett zu schlafen. Als ich mich am morgen noch unruhig im Bett hin und her drehte, ertönte plötzlich das Horn der Mauerwache die ankündigte das die Patrouille von Alice zurück kam. Ich setzte mich panisch auf und sah aus dem Fenster, da wir im Obersten Stock lebten konnte ich bis zum Südtor sehen. Die Soldaten rasten auf ihren Pferden ins innere der Mauer und rannten auf das Hauptquartier zu. Was auch immer da draußen passiert war, es war auf keinen Fall etwas gutes...