(7) Not good enough
Ich sah mich etwas irritiert um. Wer hatte mich da gerufen? Ich war noch mitten im Hörsaal meiner Pharmazie Vorlesung und blieb jetzt im Strom der gelangweilten Studenten stehen. Da entdeckte ich ihn auch schon. Sebastian schlängelte sich durch die anderen und kam auf mich zu. Was wollte er denn von mir? War Jocy etwas passiert? Ein anderer Grund für sein Erscheinen fiel mir nicht ein. Für mich grenzte es mittlerweile an ein Wunder, dass ich ihn nur in wenigen Tagen nun schon zum zweiten Mal sah. Ich fasste mich nun also wieder und ging ihm besorgt entgegen.
„Hey, Leo. Ich hab dich gesucht. So ein Mädchen, das gegenüber von deinem Zimmer wohnt, meinte, du wärst hier. Shila oder so.“ meinte Sebastian, als ich bei ihm ankam und lief wieder mit mir in Richtung Ausgang. „Du meinst bestimmt Skyla... “ erwiderte ich und sah ihn streng an. Er hatte zwar schon immer ein Problem damit, sich andere Namen zu merken, aber ich war mir nie sicher, ob er das nicht nur vorspielte, um Mädchen zu necken. „Ja, ja, genau. So hieß sie.“ stellte er fest und nickte eifrig. Natürlich sagte er mir aber immer noch nicht, was er von mir wollte.
„Was ist denn? Warum hast du mich gesucht?“ wollte ich deshalb endlich wissen und rümpfte die Nase. „Ach ja... Ich wollte dir erklären, dass dieser reiche Schnösel nichts für dich ist.“ erklärte er ohne mit der Wimper zu zucken und ich blieb überrascht stehen. „Und warum denkst du, dass ausgerechnet du ein Recht dazu hast, mich vor Collin zu warnen? Ich weiß, dass er ein Player ist... oder war, wenn man seiner Schwester glaubt, aber du bist auf keinen Fall besser als er.“ rückte ich die Tatsachen zurecht und schüttelte ungläubig den Kopf. Was bildete er sich ein, es herauszunehmen, Collin schlecht zu machen. „Wer sagt denn, dass ich von diesem Cody rede?“ murrte Sebastian.
Ich fixierte ihn aufgebracht und hätte ihn am liebsten in das nächste Zimmer weg gesperrt. „Erstens heißt er Collin! Und zweitens gibt es keinen anderen reichen Schnösel, dem ich mich wieder nähere.“ erklärte ich und lief jetzt schnell weiter zu meiner nächsten Vorlesung. Ich sollte nicht unbedingt zu spät kommen. „Wie auch immer. Er ist nicht gut genug für dich. Nicht nur, weil er ständig etwas mit anderen Mädchen hatte. Sicher wird seine Selbstbeherrschung nicht lange anhalten. Bald kleben wieder lauter Frauen an ihm, wie Kletten an einem Hund. Er wird dir nur das Herz brechen... wieder.“ plapperte Sebastian drauf los und eilte mir dummerweise hinterher.
„Es interessiert mich nicht, was du über dieses Thema sagst. Schließlich warst du der erste Mann, der mir das Herz gebrochen hat, also rede jetzt nicht so einen Schwachsinn. Ich werde mich jetzt nicht sofort an Collin hängen. Ich bin schließlich nicht dumm. Ich weiß, dass ich bei ihm aufpassen muss.“ erwiderte ich genervt und schlüpfte in meinen nächsten Hörsaal. In diesem Kurs waren nur wenige Studenten, weil es sich um keine wichtige Vorlesung handelte. Na toll. Hier würde Sebastian sofort auffallen wie ein bunter Hund. Ich drehte mich also jetzt doch wieder zu ihm um und sah ihn skeptisch an.
„Darum geht es doch gar nicht. Ich will dich doch nur beschützen. Du hast es nicht verdient, nochmal auf ihn reinzufallen.“ entgegnete Sebastian und jetzt brachte er mich vollkommen durcheinander. Seit wann interessierte es ihn überhaupt, wie es mir ging, oder was für mich gut war oder nicht?! Er hatte mich doch jetzt auch seit Jahren nicht wirklich beachtet. Warum dann jetzt auf einmal? „Hat Jocy dich dazu angestiftet? Was bekommst du dafür, dass du versuchst mir Collins Nähe auszureden?“ fragte ich jetzt ziemlich gereizt und versuchte die Blicke der anderen Studenten zu ignorieren.
Natürlich waren alle immer zu neugierig, wenn sich jemand in der Nähe stritt. Diese dummen Schaulustigen immer... „Das hat gar nichts mit Jocy zu tun. Deine Schwester hofft, dass du in diesem Typen deine große Liebe findest, aber sie sieht nicht, wie sehr dein Herz dadurch gefährdet wird. Er wird dich früher oder später nur enttäuschen.“ versuchte Sebastian es immer noch weiter und ich konnte es nicht fassen. „Wie kannst du es nur wagen?! Collin ist nicht so verdammt hinterhältig wie du. Im Gegensatz zu dir, hat er nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er auch andere Frauen trifft. Außerdem ist er von selbst wieder zurück gekommen und hat mich um Verzeihung gebeten!“ fauchte ich Wutentbrannt.
Leicht verletzt sah Sebastian mich jetzt aus großen dunkelbraunen Augen an. Seit damals hatten wir nie wieder ein Wort darüber verloren, was damals passiert war und waren uns immer aus dem Weg gegangen, doch jetzt hatte ich diese Grenze überschritten. Ich hatte es ihm in meiner Wut erneut vorgeworfen. Seit wann war ich so nachtragend, dass ich ihm das immer noch vorhielt? Ich atmete tief durch und schüttelte leicht überfordert den Kopf. „Du weißt, dass das damals nur ein Ausrutscher war.“ murmelte Sebastian und sah weg. Ich hatte mit meinen Worten eine alte Wunde wieder aufgerissen. „Wie auch immer... Meine Vorlesung beginnt gleich.“ erwiderte ich, drehte mich um und suchte mir einen Platz. Zu ihm zurück sehen wollte ich nicht.
Nach meiner letzten Vorlesung regten sich die Schuldgefühle in mir. Ich hätte Sebastian nicht so die kalte Schulter zeigen sollen. Sonst schaffte ich es auch immer, freundlich zu sein. Wahrscheinlich war ich einfach etwas überfordert mit der ganzen Situation. Ich sollte einfach mal einen Nachmittag nichts machen. Vielleicht höchstens eine Serie schauen, aber auf keinen Fall mit Collin oder Sebastian reden. Ich sollte mich allgemein etwas von beiden Playern fernhalten. Auch wenn Collin meinte, er wollte wieder in mein Leben, so wäre es schlauer die ganze Sache langsam anzugehen.
Da klingelte plötzlich mein Handy und ich sah etwas irritiert darauf. Collin rief an. Na toll. So würde das mit dem Aus-dem-Weg-gehen nichts werden. „Hey. Was gibt’s?“ nahm ich ab und schloss die Türe zu meinem Zimmer auf, als ich dort ankam. „Hey. Ich wollte fragen, ob du Zeit hättest... Wir könnten uns in dem Park von gestern treffen.“ sagte Collin auf der anderen Seite der Leitung, wobei er seltsam unsicher dabei klang. Ich runzelte die Stirn. Wann hatte er sich so verändert? „Ich habe keine Ahnung, wie ich dort hinkommen soll. Du bist gestern gefahren und da hab ich nicht besonders aufgepasst, wo die entlang fährst.“ versuchte ich mich wenig kreativ heraus zu reden.
„Kein Problem, dann hole ich dich ab. Komm einfach vor dein Wohnheim. Bis in zehn Minuten.“ erwiderte Collin und legte auf. Er legte einfach auf! Wahrscheinlich war er mir auf die Schliche gekommen und wollte so verhindern, dass ich ablehnen konnte. Na gut, dann wurde das eben nichts mit meinem ruhigen Nachmittag. Ich seufzte, legte meine Tasche mit dem Zeug für die Uni auf meinen Schreibtisch und griff dann nach kurzem Überlegen nach meinem Zeichenblock. Vielleicht würde mich das Zeichnen beruhigen, wenn ich schon keinen komplett ruhigen Nachmittag bekam.
Schnell suchte ich mir noch einen spitzen Bleistift und ging dann auch schon wieder aus meinem Zimmer. Die Schlüssel in meiner Hand klimperten fröhlich, als ich die Treppen des Wohnheims herunterlief und dummerweise so in meine Gedanken ans Zeichnen vertieft war, dass ich kurze Zeit später mit jemandem zusammenstieß. Mein Block schlitterte durch die halbe Eingangshalle und meine Schlüssel direkt hinterher. Mist! „Genau diejenige, die ich gesucht hatte!“ vernahm ich die Stimme desjenigen, mit dem ich zusammengestoßen war. Das konnte doch nicht wahr sein!
„Was willst du schon wieder von mir, Sebastian?!“ grummelte ich, als ich schnell meinen Schlüsseln und meinem Block hinterher eilte. „Ich wollte sagen, dass es mir leid tut. Ich hatte kein Recht dazu, mich in dein Liebesleben einzumischen. Es ist deine Sache, was du mit wem machst... “ erklärte Sebastian und lief mir nach. Etwas skeptisch beäugte ich ihn. Was sollte das denn jetzt werden? Hatten alle Männer auf einmal ihre Eier verloren? „Wie auch immer... Ich habe vielleicht ein bisschen überreagiert. Ich sollte vergangenes vergangen lassen.“ lenkte ich ein, bemühte mich aber um einen neutralen Tonfall. Ich war mir nicht ganz sicher, was er mit alledem erreichen wollte.
Ein Lächeln schlich über Sebastians Lippen und ich musste mich bemühen, ihn nicht mit offenem Mund anzustarren. Er hatte mich schon jahrelang nicht mehr so angelächelt. So zurückhaltend und freundlich. Ich war es ja mittlerweile eher gewohnt, dass er mich höchstens mit seinem Player-Grinsen musterte, aber selbst das war nicht ganz so häufig geschehen. „Dafür bin ich auch, aber was hältst du davon, einen Teil unserer Vergangenheit wieder aufleben zu lassen?“ wollte Sebastian wissen und dann war mir alles klar. Er wollte mich nur ins Bett bekommen. Zwar waren wir in unserer Beziehung vor Jahren nie soweit gegangen, aber das spornte ihn wahrscheinlich nur noch mehr an.
„Ich muss weg.“ erklärte ich augenrollend und lief nach draußen. Genau in diesem Moment kam auch schon Collins Auto um die Ecke. Es war dasselbe, das ich damals gefahren bin, als wir eins unserer Dates hatten. „Hey! Das war nicht so gemeint, wie du denkst! Ich meinte unsere Freundschaft. Wir könnten unsere Freundschaft wieder aufleben lassen.“ rief Sebastian und flitzte dicht hinter mir aus dem Gebäude. „Selbst das ist undenkbar, Sebastian. Du bist zu leichtsinnig. Ich will mich nicht wieder in deine Machenschaften verstricken lassen.“ erwiderte ich und riss die Tür von Collins Auto auf, als dieses langsam vor uns hielt.
„Bin ich nicht! Ich kann genauso gut Verantwortung übernehmen und anständig sein,wie...“ hörte ich Sebastian noch erwidern, bevor ich die Tür zu zog und ihm somit das Wort abschnitt. Erst dann traute ich mich einen zerknirschten Blick auf Collin zu werfen. „Hey, Honey... Ein alter Verehrer?“ grinste Mister Arrogant und schien sogar etwas belustigt. „In gewisser Weise, denke ich. Schön dich wieder zu sehen.“ erklärte ich, als er los fuhr und meinte es sogar ehrlich. Mittlerweile war ich erleichtert, dass ich mich mit ihm verabredet hatte und nicht weiter Sebastians nervigen Anmachen ausgeliefert war.
„Ich freue mich auch. Ich habe sogar eine kleine Überraschung im Park vorbereitet, aber wenn du lieber etwas anderes machen möchtest, ist das auch okay. Der Typ war ziemlich aufdringlich. Ich könnte verstehen, wenn du jetzt lieber etwas Ruhe hättest.“ meinte Collin, den Blick fest auf die Straße vor sich gerichtet. „Nein. Ich denke, der Park ist jetzt genau das Richtige... Was hast du denn vorbereitet?“ wechselte ich schnell das Thema, weil ich nicht weiter über Sebastian reden wollte. „Das erzähle ich doch nicht. Sonst wäre ja die Überraschung kaputt.“ erwiderte Collin mit einem selbstsicheren Lächeln auf den Lippen, das ich seltsamerweise vermisst hatte.
Schon wieder ein Kapi ^^
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