Kapitel 4
November, 1977
"Hast du wieder ein Hemd ruiniert, Schniefelus? Du wirst Mami schreiben müssen, damit sie dir noch mehr gebrauchte Hemden kauft.", lachte Black ihn aus, während ihm Blut aus der Nase lief und auf seinen Kragen tropfte.
Es war wohl kaum ein fairer Kampf gewesen. Potter, Black und Pettigrew hatten Severus auf der Toilette in die Enge getrieben und wollten wissen, warum er in der letzten Unterrichtsstunde Evans 'angeschaut' habe.
Severus konnte sich nicht verkneifen zu erwidern, dass er sich ausgemalt hatte, alle möglichen unaussprechlichen Dinge mit ihr auf seinem Schreibtisch zu tun. Wenn Lily ihn sowieso hassen würde, was spielte es dann für eine Rolle, was er über sie sagte. Alles war es wert, gesagt zu werden, wenn es Potter eifersüchtig machte.
Und eifersüchtig war er auf jeden Fall. Pettigrew gelang es, Potter zurückzuhalten, da er nicht wollte, dass die Situation eskalierte, aber Black nutzte die Gelegenheit, um ihm auf seine Nase zu schlagen, die mit einem unangenehmen Knacken brach.
Der Schmerz hat ihn nicht einmal gestört. Alles, woran Severus denken konnte, war, dass Madame Pomfrey einen Anfall bekommen würde, wenn sie ihn sah. Drei gebrochene Nasen in den letzten zwei Jahren, und ihm gingen langsam die Ausreden aus. Er konnte kaum sagen, dass er wieder gegen eine Wand gelaufen war. Er war zwar tollpatschig, aber das wäre selbst für ihn lächerlich und unglaubwürdig.
"Bist du schon fertig?", spie er Black an, "Wir haben in einer Viertelstunde Verwandlung und ich bin mir sicher, dass McGonagall enttäuscht wäre, wenn du zu spät kommst."
Er würde ganz sicher zu spät kommen, wenn er es überhaupt in die Klasse schaffte. Aber auf gar keinen Fall wollte er sich von seinen Mitschülern so sehen lassen. Lieber würde er eine Woche lang nachsitzen, als sich ihren Blicken auszusetzen.
In diesem Moment betrat Lupin eilig das Badezimmer: "Verdammt noch mal, Padfoot. Ich lasse euch fünf gottverdammte Minuten allein und schon habt ihr ihm die Nase gebrochen. Verdammt. Wir müssen in den Unterricht."
"Du hättest hören sollen, was er über Evans gesagt hat", erwiderte Potter, "er hat es verdammt noch mal verdient."
Lupin verdrehte die Augen: "Da bin ich mir sicher, aber ich bin nicht deine verdammte Mutter. Ich kann dich nicht ewig decken, sonst verliere ich mein Vertrauensschülerabzeichen."
"Dein geliebtes Vertrauensschülerabzeichen", trällerte Potter.
"Mein geliebtes Abzeichen hat dir schon mehrfach den Arsch gerettet.", entgegnete er, "Lass ihn einfach gehen, wir müssen zum Unterricht.", wobei diese Bemerkung an Sirius gerichtet war.
Black löste schließlich seine Hand aus Severus Kragen und wischte seine blutigen Hände an einem Handtuch an der Wand ab.
"Ich will nicht, dass du Evans auch nur anschaust, hast du mich verstanden, Todesser?", sagte Potter leise zu ihm, als sie sich auf den Weg zur Tür machten.
"Oder was?" ,erwiderte Severus. Potter zu ärgern war immer eine schreckliche Idee, aber es war auch seine Lieblingsbeschäftigung.
"Oder es wird noch viel mehr kaputtgehen als deine verdammte Nase", sagte Potter, bevor er sich umdrehte und aus dem Bad ging.
Nachdem die vier Jungen gegangen waren, ging Severus zum Spiegel, um sein Aussehen zu begutachten. Das meiste in seinem Gesicht sah zum Glück normal aus, aber seine Nase war voller Blut, und etwas davon war in seinen Mund gesickert. Alles, was er schmecken konnte, war Metall, und unter seiner Haut bildeten sich bereits violette Blutergüsse.
Auch auf seinen Kragen war Blut getropft, wie Black gesagt hatte. Mist. Blutflecken waren verdammt schwer zu entfernen, selbst mit Magie. Severus würde es wissen.
Er griff nach dem Handtuch und wischte sich so gut es ging das Gesicht ab, bevor er es mit Wasser bespritzte. Es machte die vorderen Strähnen seines Haares nass, die nun an seiner Stirn klebten, aber er sah nun immerhin ein bisschen besser aus als vorher.
Er warf einen Desillusionierungszauber auf sich selbst, bevor er das Bad verließ und sich auf den Weg zum Krankenflügel machte.
Wie erwartet tadelte Madame Pomfrey ihn, als er dort ankam, "Eine Schlägerei im Schloss. Was ist aus Hogwarts geworden? Wissen Sie, zu meiner Zeit war dies ein zivilisierter Ort, ohne diese gefährlichen Sportarten und Kämpfe, die ihr Schüler jetzt treibt. Sie sollten es wirklich besser wissen, Mister Snape, atmen Sie tief durch und lassen Sie sie in Ruhe."
"Ja, Madam Pomfrey", antwortete er mit monotoner Stimme, als sie ihm die Nase setzte. Es hatte keinen Sinn, ihr zu erklären, dass die Dinge nicht so einfach waren. Potter und Black konnte man nicht immer aus dem Weg gehen. Und sich gesengten Hauptes umzudrehen, ließ ihn nur schwach aussehen.
„Episky", sagte sie schließlich, und seine Nase rastete wieder ein, "nimm das gegen die Prellungen und geh in den Unterricht."
Sie reichte ihm einen Tigel mit Blutergusspaste, die Severus nicht zu benutzen gedachte. Er hatte vor Jahren ein eigenes Rezept entwickelt, das eine enorme Verbesserung gegenüber dem Zeug war, den Slughorn für den Krankenflügel zusammenbraute.
Er verließ Madame Pomfrey, nicht um in den Unterricht zu gehen, sondern um ziellos durch das Schloss zu streifen. Er konnte nicht 30 Minuten zu spät und mit lila Flecken im Gesicht zu Verwandlung erscheinen. Er wäre eine verdammte Lachnummer. Zum Glück war es die letzte Stunde des Tages, so dass er nur eine Stunde verpassen würde.
Severus brachte es auch nicht übers Herz, in den Slytherin Gemeinschaftsraum zu gehen. Dort würden ihn nur die Siebtklässler gnadenlos hänseln, weil er es zugelassen hatte, dass die Gryffindors wieder einmal die Oberhand über ihn gewannen.
Stattdessen fand er sich an einer Tür in einem Korridor des siebten Stocks wieder, eine Tür, die er jetzt schon zum dritten mal sah. Es war ein guter Ort, um sich vor der Welt zu verstecken, auch ungewiss ob ihn Gesellschaft einer ganz bestimmten Person erwarten würde.
Severus fand den Raum der Wünsche genau so vor, wie er ihn vor einem Monat verlassen hatte, mit einem knisternden Feuer im Kamin, Bücherregalen an jeder Wand, zwei zusammengeschobenen Schreibtischen in der Ecke und menschenleer. Er setzte sich auf den Sessel in der Mitte des Raumes und legte seine Füße auf den Couchtisch, bevor er den Kopf zurücklehnte und prompt einschlief.
Severus wurde unsanft geweckt, als ihm jemand auf die Schulter klopfte. Er blinzelte einmal, dann noch einmal, als das Licht des Feuers in seine Sicht eindrang.
"Ähm, hallo, entschuldige", flüsterte eine Stimme.
Träge öffnete er die Augen, alles war verschwommen, bevor ein Kopf voller brauner Locken vor ihm auftauchte.
"Ich musste mal wieder weg von allem, weißt du? Und du hast dort geschlafen, und ich dachte, es wäre höflich, dich zu wecken, anstatt hier zu sitzen, während du schläfst, wie eine Art Stalker, aber vielleicht hätte ich mich einfach umdrehen und gehen sollen, denn du siehst aus, als könntest du etwas Ruhe gebrauchen. Nichts für ungut.", Sie nahm einen tiefen Atemzug.
"Schon gut", erwiderte er mit schlaftrunkener Stimme, "Hallo noch mal, Hermine Granger", Er schenkte ihr ein kleines Grinsen.
"Nochmals hallo, Severus Snape", erwiderte sie und sah auf seine Nase, "Also, willst du mir erzählen, was mit deinem Gesicht passiert ist?"
"Ich habe es mir gestoßen.", antwortete er kurz.
"Wo dagegen?"
"Eine Faust."
"Oh", sie hielt inne, "Wessen?"
"Die kennst du nicht", antwortete er, "ich stecke immer noch im Jahre 1977, weißt du noch?"
"Finden wir es raus", erwiderte sie. Hermine wusste wahrscheinlich viel mehr über seine Schulkameraden, als Snape erwarten würde.
"Sirius Black", sagte er und machte ein Gesicht, als ob er etwas Unangenehmes gerochen hätte.
"Sirius Black?", fragte sie ungläubig. Sie wusste, dass er Snape hasste, seit sie Kinder waren, aber sie wusste nicht, dass es so extrem gewesen war.
"Arrogant? Geizig? Hält er sich für ein Geschenk Gottes an Frauen?"
"Ich kenne ihn."
"Oh, wirklich?", er hob eine Augenbraue, "Nun lass hören, ist er in der Zukunft immer noch ein unerträglicher Trottel?"
Sie lachte etwas, und Severus spürte, wie ein wenig Stolz in seiner Brust anschwoll.
"Naja, eigentlich nicht ganz so unausstehlich. Er ist der Patenonkel meines besten Freundes." Hermine dachte an den vergangenen Juni zurück und daran, dass Sirius in der Mysteriumsabteilung... Es hatte Harry am Boden zerstört. Er vergötterte Sirius. Hermine hingegen fand seine lässige, rebellische Art schon immer etwas geschmacklos, vor allem die Art, wie er sich bei Ordenstreffen mit Leuten wie Snape verhalten hatte. Es war offensichtlich, dass sie sich noch immer hassten, selbst 20 Jahre in der Zukunft.Aber sein Tod hatte sie dennoch irgendwie getroffen auch wenn sie ihn in den zwei Jahren die sie ihn gekannt hatten nicht besonders häufig gesehen hatten.
"Ist es Potter?" gab Severus als Antwort, sine Abneigung in seiner Stimme deutlich.
"Ist wer Potter?", ihre Gedanken hatten sie völlig aus dem Konzept gebracht.
"Dein Freund, dessen Pate Black ist?"
"Oh, ja, das ist er.", Vielleicht hätte sie ihm das nicht sagen sollen, aber seinen Tod wollte sie auch nicht erwähnen. Es machte ja wohl kaum einen Unterschied wenn Snape es wüsste, oder doch?
"Das war ja klar", schnaubte er, "Potter und Black waren schon immer unzertrennlich."
"Kann ich etwas wegen deiner Nase machen?", fragte sie nach einer kurzen Pause, "Ich kenne ein paar Heilzauber.", Sie sah wirklich furchtbar aus. Lila war nicht die Farbe von Severus Snape.
Er winkte mit der Hand ab, „Ich war schon bei Pomfrey, und sie hat sie wieder gerichtet. Um den Bluterguss kümmere ich mich selbst, wenn ich wieder in den Schlafsaal komme."
"Also gut", sagte Hermine und verschränkte ihre Hände. Sie wusste, dass sie wahrscheinlich nicht fragen sollte, was der Grund für den Streit war, aber ihre Neugier überwog, "Warum hat er dich geschlagen?"
Snape zog eine Grimasse: "Ich habe ein paar etwas unappetitliche Dinge über Potters Freundin gesagt."
Hermines Augen weiteten sich daraufhin leicht. Lily Evans würde inzwischen mit James Potter zusammen sein, hatte Severus etwas gegen sie, weil sie muggelstämmig war? War er bereits von den zukünftigen Todessern in seinem Jahrgang indoktriniert worden?
"Nur um ihn zu ärgern", stellte er schnell klar, "Potter und ich haben uns nie besonders gut verstanden."
"Dein älteres ich kommst auch nicht gerade gut mit meinem Potter aus", sagte sie.
"Wenn er so ist wie sein Vater, kann ich mir vorstellen, dass ich das nicht tue", sagte er säuerlich.
"Ich habe deine Abneigung gegen ihn immer für unfair gehalten, er hat dir nie einen Grund gegeben ihn zu hassen."
"Sein Vater ist wahrscheinlich Grund genug."
"Man kann nicht einfach die Handlungen der Eltern gegen die Kinder verwenden."
"Kann ich nicht?", sagte er und zog unbeirrt eine seiner Augenbrauen in Richtung seines Haaransatzes.
"Das ist nicht fair", erwiderte sie hochnäsig.
"Das Leben ist nicht fair, Granger", sagte er und schaute ins Feuer.
"Hm."
Sie saßen ein paar Minuten in unangenehmem Schweigen da, bevor sie es wieder brach, "Und, hast du in den letzten Wochen irgendetwas Interessantes gemacht?"
Severus warf ihr einen verärgerten Blick zu, "Was soll das denn heißen?"
"Ich versuche nur, ein Gespräch zu führen", fuhr sie abwehrend fort.
"Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du lernen musst einfach mal still zu sein?"
Ihre Wangen färbten sich bei dieser Bemerkung rot, "Du, erst vor ein paar Tagen."
"Nun meine Anweisung ist äußerst sinnvoll. Du solltest lernen, meinen Ratschlägen sorgfältiger zu folgen. Schließlich bin ich dein Professor.", antwortete er und sein Grinsen wurde breiter.
"Halt die Klappe", sagte sie und warf ein Kissen von der Couch nach ihm, "Du bist noch nicht mein Professor."
"Ich bin verletzt", sagte er, als das Kissen auf dem Hocker neben seinem Ohr aufschlug.
"Du hast kaum blaue Flecken", sagte sie und warf ein weiteres Kissen nach ihm, das er auffing.
"Du solltest nichts anfangen, was du nicht zu Ende bringen kannst, Granger", sagte er und warf es nach ihr zurück. Es traf sie mitten ins Gesicht und er lachte.
Sie warf ihm einen bösen Blick zu und stand dann auf, um nach dem Kissen auf dem Boden zu greifen.
"Oh nein, das tust du nicht", sagte er und packte sie am Handgelenk.
Die Kraft reichte aus, um sie in seinen Schoß auf dem Stuhl fallen zu lassen. Ihre Gesichter waren jetzt ganz nah beieinander, und Severus konnte die leichten Sommersprossen erkennen, die ihre Nase bedeckten. Ihre schöne Nase, die er mit seinem Bleistift nicht ganz einfangen konnte.
Hermine befand sich auf Severus Snapes Schoß, ein Ort, an dem sie nie vorgehabt hatte, jemals zu sein. Es war jedoch nicht ganz unangenehm, seine Hand um ihr Handgelenk geschlungen, seine Beine unter ihren Schenkeln. Sie war so nah, dass, wenn er sein Gesicht nur ein wenig nach vorne bewegte, ihre Lippen... Sie sprang genauso schnell aus seinem Schoß, wie sie hineingefallen war.
"Es tut mir so leid", stammelte sie zum zweiten Mal an diesem Abend, "ich sollte gehen, Harry wird bestimmt schon nach mir suchen."
"Na gut", zuckte Severus mit den Schultern und versuchte, so zu tun, als wäre er von der ganzen Sache unbeeindruckt.
Als sie ihre Sachen zusammensuchte, ergriff er wieder das Wort, unfähig sich zurückhalten zu können, "Möchtest du vielleicht irgendwann einmal hier zusammen lernen? Unser Gespräch neulich hat mir sehr gut gefallen, und ich könnte eine intelligente Person gebrauchen, mit der man über Dinge diskutieren kann."
Eine intelligente Person, mit der man Dinge diskutieren kann. Severus, du absoluter Trottel.
"Oh, ähm", antwortete sie mit großen Augen, "sicher. Das wäre vielleicht ganz nett", sie hielt inne, als würde sie über etwas nachdenken, "aber woher wissen wir, dass wir zur gleichen Zeit hierher kommen sollen?"
"Nun, die letzten beiden Male, als ich versucht habe, den Raum zu benutzen, hast du es irgendwie geschafft, ebenfalls hineinzukommen. Ich kann mir vorstellen, dass der Raum die Terminplanung für uns übernimmt. Warum versuchen wir nicht, beide am Montag hierher zu kommen und sehen, ob das funktioniert?"
"Na gut", sagte sie, nun etwas weniger panisch, "bis dann, hoffentlich".
Was in aller Welt tat sie da? Sie hatte schon mehr Zeit als ihr lieb war in Snapes Gesellschaft verbringen müssen. Jetzt wollte sie sich auch noch mit der jüngeren Version von ihm zum Lernen treffen. War sie jetzt komplett bescheuert? Offenbar ja.
"Bis dann, Granger", sagte Severus, als sie durch die Tür in die Zukunft schritt.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro