Kapitel 27
März, 1978
Sie schritt durch die vertrauten und doch seltsam fremden Gänge von Hogwarts. Das Gefühl das etwas nicht stimmte hatte sie nicht loslassen wollen, also hatte sie sich entschlossen, kurz im Raum der Wünsche vorbeizuschauen, um sich zu versichern, dass alles in Ordnung war.
Severus war nicht da gewesen, also hatte sie den Raum schnell wieder verlassen. Als sie die vertraute Tür durchritten hatte wurde ihr plötzlich klar was sie so unruhig machte - sie war in der Vergangenheit. Und offensichtlich wollte ihr Unterbewusstsein sie genau dort haben. Ihre Gedanken blieben rastlos, bis sie plötzlich Stimmen hörte.
Etwas weiter in dem Dunklen Gang erkannte Hermine Professor McGonagall, sowie einen Jungen der Harry unglaublich ähnlich sah.
"Mr. Potter, was hat zu verantworten das ich sie zu dieser Stunde außerhalb ihres Schlafsaals antreffe und wem darf ich in dieser Nacht wohl noch begegnen?"
James Potter schoss es ihr durch den Kopf. Ihre Professorin hatte auch damals schon diesen mütterlich strengen Ton, aber sie schien von Harrys Vater nicht wirklich überrascht.
"Snape!" flüsterte James, die Augen wild vor Panik. "Sirius hat ihm gesagt, wie er durch die Peitschende Weide kommt - heute ist Vollmond und wenn Snape da hingeht..."
Hermine wurde das Blut in den Adern gefroren.
"Es war nur ein Streich, ein dummer Streich, Sirius hat geschworen, dass es ein Streich war - " flehte James und versuchte, leise zu sprechen. "Bitte, Professor, jemand muss ihn aufhalten. Wenn er es schafft, in die Heulende Hütte zu kommen, wird er getötet und Remus könnte sich das nie..."
Hermine war bereits in Bewegung ohne den Rest des Gespräches mitzubekommen, es war ihr egal ob man sie hier sehen würde. Sie flog die Treppe hinunter, wobei ihre Robe wild hinter ihr flatterte, und stieß die Tür zur Eingangshalle auf. Sie stürzte hinaus in den Hof, wo das Licht des Vollmonds über ihr hing und sich deutlich im Brunnen spiegelte, und rannte in Richtung der Peitschenden Weide.
"Bitte lass mich rechtzeitig dort sein... bitte lass mich rechtzeitig dort sein... Severus, du Idiot!"
Sie sah, wie die langen, geschwungenen, keulenartigen Äste der Peitschenden Weide in Sichtweite kamen. Keuchend stellte sie fest, dass Severus nicht da war - und dass, wenn man bedenkt, wie lange James gebraucht hätte, um McGonagall zu finden und zu alarmieren, er wahrscheinlich schon drinnen war.
Sie richtete ihren Zauberstab auf den Knoten am Fuß des Baumes und rief, "Stupor!"
Ein roter Lichtblitz schoss auf ihn zu, und der Baum schüttelte sich vor Überraschung und wurde dann ganz still. Hermine rannte unter den leicht schwankenden Ästen hervor und duckte sich ohne zu überlegen ins Innere.
Es war dunkel, pechschwarz, und sie nahm sich nicht einmal einen Moment Zeit, um ihren Zauberstab zu entzünden, sondern kroch so schnell, wie es ihre Hände und Knie zuließen, hindurch. Die Zeit verging, obwohl Hermine nicht einschätzen konnte, wie viel, aber später, was sich für sie wie eine Ewigkeit anfühlte, sah sie ein schwaches Leuchten vor sich und etwas weiter entfernt den schummrigen, vom Mond beleuchteten Eingang.
Das helle Licht wippte langsam, und Hermine beschleunigte ihren Schritt. Das Licht näherte sich dem Ende des Tunnels, der beunruhigend friedlich zu sein schien, aber Hermine wusste, dass am Ende ein Werwolf warten würde, wartend...
Es gab keine Möglichkeit für sie, das schwankende Licht rechtzeitig zu erreichen. Sie zog ihren Zauberstab aus dem Mund, wo sie ihn während des Krabbelns aufbewahrt hatte, und richtete ihn auf das Stablicht vor ihr. "Accio Snape!"
Es gab einen erschrockenen Aufschrei, das hörbare Geräusch von etwas, das schmerzhaft gegen die klaustrophobischen Tunnel der Wand schabte, und ein Paar Beine schlugen Hermine die Arme unter ihr weg, so dass sie in einem unwürdigen Haufen auf dem Boden auf Severus aufschlug. Sein Zauberstab, der immer noch leuchtete, lag zwanzig Fuß vor ihm und er rieb sich schmerzhaft die Seite seines Kopfes.
"Au - was zum - wer ist da?", rief er und versuchte, sich umzudrehen, was ihm jedoch nicht gelang.
"Pst!" zischte Hermine. "Ich bin's, du verdammter Idiot!"
"Was zum Teufel machst du hier, Her-au!"
"Ich bin gekommen, um deinen jämmerlichen Arsch zu retten!" schnauzte Hermine, griff nach vorne und packte ihn an den Haaren. Er stieß einen weiteren Schmerzensschrei aus, als sie seinen Kopf nach hinten riss. "Da drinnen ist ein Werwolf, du hirnloser Dummkopf! Dieser Weg führt direkt zur Heulenden Hütte, dorthin geht Lupin einmal im Monat, um sich in einen Werwolf zu verwandeln!"
"Lass meine Haare los, bist du dir sicher?"
"Ja", knurrte Hermine. Sie gab ihm einen Klaps auf die Schulter und zeigte auf seinen leuchtenden Zauberstab. "Nimm deinen Zauberstab und komm zurück, sei vorsichtig."
Severus protestierte nicht. Er kroch langsam vorwärts, seine Bewegungen waren angesichts der Größe des Tunnels unbeholfen, und griff nach seinem Zauberstab. Er wollte gerade rückwärts kriechen, als das Mondlicht am Ende des Tunnels plötzlich verschwand, es gab ein Wimmern, gefolgt von einem kratzenden Geräusch, und Hermines Augen weiteten sich, als Snape gerade noch rechtzeitig zurückkroch, um ein Paar gelbe Augen zu sehen, die sie aus der Dunkelheit von oben anstarrten.
Einen Moment später wich Hermine schnell zurück, als Severus einen Schreckensschrei ausstieß, der ihr die Haare zu Berge stehen ließ, es gab ein plötzliches Knurren, und Hermine sah entsetzt zu, wie Remus anfing, sich seinen Weg hineinzukrallen, zu groß, um hineinzupassen, aber in der Lage, auf halbem Weg hineinzugreifen, zu kratzen und zu knurren. Es gelang ihm, an der Stelle zu kratzen, an der Severus kurz zuvor noch gekniet hatte, und Hermine schluckte bei der Erkenntnis, dass der Werwolf in Reichweite gewesen wäre, wenn sie nicht rechtzeitig gekommen wäre - nein, wenn sie Severus nicht mit ihrem Zauber nach hinten gezogen hätte. Und er wäre herausgezerrt worden wie ein Hund, der ein Kaninchen aus seinem Bau zieht, und bis auf den letzten Zentimeter zerfleischt worden.
Sie wich zurück, so schnell sie konnte, und versuchte, das schreckliche Knurren, das aus dem Eingang vor ihnen kam, zu übertönen. Angesichts ihrer Größe konnte sie sich viel schneller bewegen als ihr Begleiter, und sie erreichte eine Abzweigung, an der der Tunnel genug Platz bot, um sich umzudrehen. Sie drehte sich auf die Seite und richtete ihren Zauberstab auf den Boden."Glisseo" Der Boden unter Severus wurde plötzlich glitschig, und sie richtete ihrem Zauberstab in seine Richtung und sagte, "Accio!"
Er stieß einen Strom erschrockener Schimpfwörter aus, als er rückwärts durch den nun rutschigen Tunnel geschleift wurde, und Hermine wich zurück, damit er nicht wie zuvor mit ihr zusammenstieß. Jetzt waren sie in Sicherheit, aber sie sah immer noch den Werwolf vor sich, der vergeblich an den Wänden des Tunnels kratzte. Sie drehte sich um, was in dem engen Raum, der ihr zugestanden wurde, nur mit Mühe möglich war, und begann, zum Ausgang zu kriechen. Severus tat dasselbe, obwohl sie hörte, wie er ein schmerzhaftes Grunzen von sich gab, als sein Kopf gegen den Rand des Tunnels schlug.
"Lass uns hier verschwinden", sagte Hermine zittrig und versuchte, das Klopfen ihres Herzens zu beruhigen, während Lupins wütendes Knurren durch den Tunnel hallte. Die Haare in ihrem Nacken, und wahrscheinlich am ganzen Körper, standen ihr zu Berge. Severus sagte kein Wort, aber sie hörte, wie er hinter ihr auf den Knien schlurfte, während er ihr folgte.
Das Licht am Ende des Tunnels, dieses Mal am Fuße der Peitschenden Weide, erschien. Dankbar zog Hermine sich hinaus und drückte schnell auf den Knoten am Fuß des Baumes, um zu verhindern, dass er sie beim Verlassen des Tunnels erschlagen wollte. Sie half Severus heraus, indem sie ihn an den Schultern hochzog, und war überrascht, als er nicht protestierte. Sie warf einen Blick in seine Augen und sah, dass sie vor Schreck weit aufgerissen waren. Er sagte kein Wort, saß nur im Gras kniend da und starrte auf den Boden, den er mit knochenweißen Fingern umklammerte.
Hermine saß da, keuchte und versuchte, ihren Verstand wiederzufinden. Der Baum wackelte nun warnend, und sie zerrte an seinem Ärmel, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. "Komm schon", sagte sie schwach, stand auf und half ihm auf die Beine. "Wir müssen hier weg."
Er öffnete den Mund, um zu sprechen, aber alles, was herauskam, war ein Wimmern, anstatt zu versuchen, seine Worte zu verbessern, nickte er stattdessen nur, und sie legte seine Arme über ihre Schulter und half ihm, zurück in Richtung des Schlosses zu stolpern, wobei sie beide stark zerkratzt und mit Schmutz und Grasflecken bedeckt waren.
Sie taumelten über das Gelände, bis sie den Steinkreis erreichten, wo Hermine Professor Dumbledore stehen sah. Sie blinzelte in das Licht des Mondes, der noch immer gespenstisch am Himmel stand, und sah, dass er von Professor McGonagall, James Potter und Sirius Black begleitet wurde. Sie stolperten die Stufen hinauf, und dann half Hermine Severus, auf die Knie zu sinken.
Dann erhob sie sich und ging zu Sirius Black hinüber, der einen unsicheren Gesichtsausdruck trug. Er schien die Tragweite seines Handelns erkannt zu haben, für Hermine etwas zu spät. Es war ihr egal das sie nicht in diese Zeit gehörte, das er sie hier noch nie gesehen hatte, was sie möglicherweise mit ihrem handeln verändern könnte, denn als sie in Reichweite war, schlug sie zu. Er fiel rückwärts auf den Boden und hielt sich die Seite seines Gesichts.
"Du Idiot!", kreischte sie. James sprang nach vorne und packte ihren Arm, um sie daran zu hindern, ihn erneut zu schlagen, doch seine Bemühungen waren nur halbherzig. "Du völliger, totaler Idiot!" Sirius sah sie an, und seine Augen weiteten sich vor Angst über ihr wildes und zerzaustes Aussehen. "Er hätte getötet werden können! Und das alles nur wegen eines dummen, dummen Streiches!"
"Hermine, das reicht jetzt!" Sagte der Schulleiter entschlossen. Er hatte sich neben Severus gestellt, der völlig teilnahmslos aussah und mit großen Augen auf den Boden starrte. Dumbledore beugte sich hinunter und hob sanft Severus Kinn an, wobei er die verengten Pupillen und die verblichene Farbe seines geisterhaft blassen Gesichts betrachtete. "Minerva, bitte helfen Sie Miss Granger und Mr. Snape in den Krankenflügel", sagte er und richtete sich auf. "Mr. Potter und Mr. Black, ich möchte Sie morgen früh in meinem Büro sehen. In der Zwischenzeit kehren Sie bitte in Ihren Gemeinschaftsraum zurück." Er schaute sie durch seine Halbmondbrille an, und beide Jungen nickten schnell. James half Sirius auf die Beine, und Professor McGonagall, die Hermine und Severus mit einem Ausdruck des Entsetzens angestarrt hatte, half Hermine, Severus wieder auf die Beine zu bringen. Hermine legte seinen Arm über ihre Schulter und folgte ihrer zukünftigen Hauslehrerin schweigend zurück ins Schloss, vor ihnen die beiden Rumtreiber.
"Ich kann nicht glauben, dass ich sie erneut hier antreffe Miss Granger!" sagte Professor McGonagall streng zu ihr, als sie drinnen angekommen waren. Ihr Gesicht war blass, und sie sah aus, als stünde auch sie unter Schock. "Wie bei Merlins Namen sind sie trotz meiner Warnung erneut hierher gekommen? Und warum wussten sie das Mr. Snape in Gefahr schwebte, und was noch viel Wichtiger ist, wo er sich befindet und wie sie dort hinein gelangen?"
"Ich musste es tun", quietschte Hermine, ihre Kehle war trocken. Ihre Stimme schien nicht mehr richtig zu funktionieren. "Der Raum der Wünsche hat mich hergeschickt, und als ich dann das Gespräch zwischen Ihnen und James Potter zufällig im Gang gehört hatte, bin ich einfach losgerannt. Ich weiß von Remus Geheimnis Professor und wofür die Peitschende Weide und die Heulende Hütte da sind."
"Ich hätte mehr Verstand von Ihnen erwartet! Gerade wenn sie, wie sie behaupten, über alles Bescheid wissen hätten sie sich der Gefahr der Situation bewusst sein sollen und mir in der Sache vertrauen müssen."
"Ich kam fast zu spät. Nachdem James ihnen Bescheid gesagt hatte wären sie nicht rechtzeitig dort gewesen."
Sie blickte jetzt flehend zu Professor McGonagall auf. "Es ist nicht Remus Schuld, Professor. Was auch immer passiert, bitte schließen Sie ihn nicht aus." Sie könnte es nicht ertragen wenn sie die Situation für ihren zukünftigen Professor und Freund verschlimmert hätte.
McGonagall warf ihr einen erschrockenen Blick zu und schien sich dann wieder zu besinnen. "Natürlich nicht", stimmte sie zu und öffnete die Tür zum Korridor im ersten Stock. Sie sah hörbar erschüttert aus und sagte, "Er wird sich wahrscheinlich nicht einmal an heute Abend erinnern."
Sie hörte, wie Severus etwas vor sich hin murmelte. Sie verrenkte sich den Hals, um ihn zu sehen. "Was hast du gesagt?"
Sie hörte, wie er schluckte, und dann krächzte, "Das ist Blacks Schuld."
"Oh nein, das tust du nicht!" knurrte Hermine ihn an und verstärkte ihren Griff um seinen Arm. "Er hat dich vielleicht reingelegt, aber du hast den Köder geschluckt!"
"Seid still, ihr beiden", befahl McGonagall streng, als sie sich der Tür zum Krankenflügel näherten.
Hermine gehorchte, senkte den Kopf, und die Hauslehrerin klopfte zweimal laut an die Tür. "Poppy! Ich habe zwei Schüler hier. Machen Sie auf!"
Die Tür öffnete sich und Madam Pomfrey lugte heraus. Ihr Blick wanderte von Minerva über Severus zu Hermine, dann seufzte sie angesichts des ziemlich verwahrlosten Aussehens der beiden und öffnete die Tür weiter, um ihnen Einlass zu gewähren.
"Was um Himmels willen haben Sie beide um diese Zeit getrieben?", fragte sie, als Hermine Severus auf die Bettkante des nächstgelegenen Bettes setzte und dann neben ihm zusammensackte.
McGonagall warf ihr einen müden Blick zu. "Das ist eine lange Geschichte, Poppy."
Madam Pomfrey hatte beide schnell gesäubert und zusammengeflickt. Sie schüttelte den Kopf über die vielen Schrammen und blauen Flecken, die nach der Anwendung eines Reinigungszaubers sichtbar wurden. Sie runzelte die Stirn über die klaffenden Wunden an Severus Kopf, die er sich am Tunnel zugezogen hatte, aber sie hatte ihn trotzdem im Handumdrehen wieder zusammengeflickt. Sie bestand nicht darauf, sie in einen Krankenhauskittel zu stecken, sondern rief stattdessen nach einer Elfe, die ihnen beiden Ersatzkleidung brachte. Hermine zog ihre zerfetzte und zerrissene Uniform aus, die nur mit einem Reparaturzauber wieder tragbar gemacht werden konnte, ebenso wie ihre Roben, und zog sich hinter dem Vorhang an einem anderen Bett um. Sie kletterte hinein und schlüpfte unter die Decke, doch sie konnte nicht schlafen. Noch immer pumpte zu viel Adrenalin durch ihr Blut, und ihr Herz flatterte noch immer panisch bei der Erinnerung an schnappende und knurrende Kiefer. Stattdessen beobachtete sie Severus, während die Medihexe, die es geschafft hatte, ihm neue Kleidung anzuziehen, da er nicht in der Lage zu sein schien, es selbst zu tun, seine Augen, seinen Puls, seinen Herzschlag und seine Reaktionszeit auf Reize untersuchte.
Hermine hörte sie seufzen. "Worauf haben Sie sich dieses Mal eingelassen, Mr. Snape?"
Die Antwort des Slytherins war kaum hörbar, aber er brachte nur ein gekrächztes Wort heraus, "Werwolf."
Mit einem weiteren Seufzer verließ Madam Pomfrey den Raum und kehrte nur wenige Augenblicke später mit zwei Bechern eines violetten Trankes zurück, den Hermine sofort erkannte.
Sie stellte sie auf Hermines Nachttisch ab und ging dann zu Severus hinüber, um sicherzugehen, dass er seinen Trank trank.
Hermine schluckte ihren Trank ohne zu überlegen hinunter, stellte den Becher beiseite und kuschelte sich unter die Decke. Ihr letzter Gedanke, bevor sie einschlief, war, dass sie sicher war, dass Severus ihn mehr brauchen würde als sie.
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