//EIN WICHTIGER BRIEF//
15. August 1944 – Hogwarts
»ES IST SCHÖN, dass Sie bereits zwei Wochen vor Schulbeginn Zeit für mich gefunden haben, Tom«, sagte Prof. Dumbledore, als er durch den Flur eilte, um zu seinem Büro zurückzukehren.
Die Porträts an den Wänden des altehrwürdigen Gebäudes blickten ihm neugierig nach. »Wie Sie sehen, würde ich noch meinen eigenen Kopf vergessen, wenn niemand mich daran erinnern würde, dass ich ihn nicht auf dem Hals trage.« Mit einem Kopfschütteln und einem sympathisch selbstironischen Lachen öffnete der Bärtige die Tür zum Büro des Lehrers für Verwandlung, indem allerhand Gerümpel stand und kroch.
Viele der schiefgelaufenen Umwandlungen seiner Schüler warteten noch darauf, in ihre ursprüngliche Form zurück gezaubert zu werden. Doch dafür hatte Dumbledore im Moment keine Zeit. Er schnappte sich einen versiegelten Brief, der auf seinem Schreibtisch unter einem Nadelkissen mit vier Beinen und einem schnüffelnden Schnäuzchen lag und eilte wieder nach draußen, wo der Schulsprecher von Hogwarts ungeduldig auf ihn wartete.
Unter den fortwährend wachsamen Blicken der Porträts fühlte sich der junge Tom Riddle unwohl. Beobachtet, gar ertappt. Aber an diesem Tag waren alle Gesichter auf den Bildern einzig und allein auf den unstet herumwirbelnden Albus Dumbledore gerichtet, der eigentlich schon seit einer halben Stunde aufgebrochen sein sollte, um ein wichtiges Schreiben auszuhändigen. Doch was nützte es, zu einer solchen Unternehmung aufzubrechen, wenn man besagten Brief nicht in der Tasche hatte?
»Warum haben Sie ihn nicht einfach herbeigezaubert?«, wollte Tom wissen und deutete damit an, dass er sich nicht die Mühe gemacht hätte, den weiten Weg quer durchs Schloss ein zweites Mal zurückzulegen.
»Nun, mein Junge«, begann Dumbledore zu sprechen und warf einen letzten prüfenden Blick auf die Adresse, die auf dem Brief stand. »Wenn man langsam in die Jahre kommt, so wie ich es unzweifelhaft tue, sollte man seinen Körper hin und wieder auf nicht magische Art ertüchtigen, um nicht einzurosten und eines unrühmlichen Tages nur noch sitzend und zaubernd alle Angelegenheiten klären zu können.«
»Wenn Sie das sagen«, gab Tom dem bärtigen Zauberer recht, der mit ihm zusammen die verschlungenen Gänge und Marmortreppen wieder herab fegte, zum großen zweiflügeligen Eichenportal, welches auf das weitläufige Schlossgelände führte. Sie hetzten weiter bis zu dem schmiedeeisernen Eingangstor und den Weg hinab zum Zaubererdorf Hogsmeade. Von dort aus war es den beiden gestattet zu Disapparieren.
»Können Sie sich erklären, was Amanda ausgerechnet in diese abgelegene Gegend verschlagen haben könnte, Tom?«, fragte Dumbledore beiläufig, ohne dabei den Blick von der Straße zu lassen.
»Nein«, antwortete Tom erst kurz angebunden, so, als wolle er das Gespräch nicht vertiefen. Aber als er Dumbledores skeptischen Blick im Nacken spürte, holte er noch etwas weiter aus. »Sie hat nie davon gesprochen, dass sie nach Porthmadoc ziehen möchte. Auch nicht in dem letzten, sehr unschönen Brief, den sie Teutates geschickt hat, meine ich. Sie wird ihre Gründe haben, nicht? Oder beunruhigt Sie etwas daran, Professor?«, beendete Tom mit einer Gegenfrage.
»Was? Mich? Beunruhigen? An Port?«, antwortete Dumbledore abwinkend. »Nun, ich denke nicht, dass es besorgniserregend ist, nach der Schule den Wohnort zu wechseln. Vor allem nicht, wenn man eine Absage vom Zaubereiministerium erhalten hat, in das man so viel Hoffnungen gesteckt hatte. Dennoch scheint mir Porthmadoc ...« Er betonte den Namen der Stadt, die ihr nächstes Ziel sein sollte, besonders skeptisch. »... ein recht nichtssagender Ort zu sein, für eine Hexe, um eine berufliche Laufbahn zu beginnen. Aber ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen. Bereit jetzt, Tom?«
An der Grenze zu Hogsmeade machten sich Dumbledore und sein Schüler fertig zum Disapparieren. Sie drehten sich fix im Kreis herum und – zisch – waren sie verschwunden.
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