13
New Orleans
Das Geräusch meiner Absätze hallt über die hellen Fliesen des Supermarktbodens wider, während Jay mich an seiner Hand durch die Gänge des Walmart führt. Sein Griff um meine Hand ist fest. Seine Hand strahlt Wärme aus und führt dazu, dass sich ebenfalls Wärme in meinen Fingerspitzen ausbreitet. Es war verrückt, was für eine Chemie zwischen uns herrschte.
Obwohl ich es nicht will, kann ich nicht anders, als seine Hand noch fester zu umfassen. Sie war wie eine Art Anker, an dem ich mich festzuhalten schien, um nicht unterzugehen. Um nicht in meinem Schmerz unterzugehen.
Ich schlucke einen, erneut aufkommenden, Schwall von Tränen herunter. Meine Kehle brennt, als ob sie Feuer gefangen hätte, weil ich nun versuche mit aller Kraft meine Tränen innezuhalten. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Es muss alles auf einmal sein. Der Todestag meiner Mutter, die Tatsache, dass ich immer noch keinen Job gefunden habe und dass ich Blake vermisse.
Meine nassen Haare tropfen und hinterlassen eine kleine Wasserspur auf dem Boden. Obwohl Jays Hoodie mir bis über die Knie geht, schauen die Leute mich an. Ich kann es ihnen nicht verübeln, denn Jay und ich müssen aussehen, als ob wir in einen Teich gefallen sind.
Ich löse mich von Jays Hand und mache einen Schritt zurück. „Ich.. ich muss mal auf die Toilette", entschuldige ich mich bei ihm mit zittriger Stimme, warte keine Antwort seinerseits ab sondern drehe mich, sofort in einer schnellen Bewegung, um.
Die Tränen fließen bereits mein Gesicht herunter, als ich meinen Weg zur Toilette mache. Mein Gesicht ist auf den Boden gerichtet, während ich durch die Gänge husche. Ich will nicht, dass mich Jemand weinen sieht.
Im Toilettenraum angekommen, verschwinde ich so schnell ich kann in einer Kabine. Sobald ich die Tür abgeschlossen habe, lasse ich mich fallen. Ich fange leise an zu schluchzen, die Tränen fließen nun in Strömen mein Gesicht herunter. So sehr ich es hasste zu weinen, wusste ich, dass es nur einen Ausweg gab, wenn man sich an der Schwelle des Auseinanderbrechens befand. Man ließ los und flickte anschließend die Bruchteile wieder zusammen.
Nach ein paar Minuten habe ich mich wieder gesammelt. Mit meinem Handrücken fahre ich über mein Gesicht, öffne anschließend die Toilettentür und laufe zum Waschbecken. Zum Glück ist niemand im Toilettenraum, weshalb ich mir unbeobachtet, mit einem nassen Papiertuch, die verschmierte Wimperntusche von den Augen reiben kann. Anschließend stecke ich mir die nassen Haarsträhnen hinter die Ohren und verlasse auf meinen Absätzen die Toilette. Ein erschrockenes Keuchen dringt aus meinem Mund, als mein Blick sofort auf Jay landet, der am Ende des Gangs an der Wand lehnt. Als er mich erblickt, stützt er sich von der Wand ab, sein großer Körper thront, mindestens zwei Köpfe, über meinem. Sein nasses, dunkles Haar ist inzwischen glatt nach hinten gelegt. Es legt sein markantes Gesicht auf eine Weise frei, dass seine eisblauen Augen noch mehr zum Vorschein kommen.
Seine Hand greift plötzlich nach einem Einkaufskorb, der neben ihm auf dem Boden steht. In ihm befinden sich mittlerweile einige Sachen. Er macht einen Schritt nach vorn, seine Augen studieren dabei intensiv mein Gesicht. Ich fühle mich seltsam entblößt, fast schon ausgeliefert, ohne einen Hauch Make-up im Gesicht. Es ist nicht die Tatsache, dass ich mich ohne Make-up unwohl fühle, sondern dass mich nicht wirklich viele Menschen in meinem Leben ohne Make-Up gesehen hatten.
Jay greift erneut nach meiner Hand. Unmittelbare Wärme durchflutet meinen Körper und ich muss mich zusammenreißen nicht wieder in Tränen auszubrechen. Es ist heute einfach alles zu viel für mich.
„Ist Weißwein okay?", höre ich seine tiefe, raue Stimme plötzlich an mein Ohr dringen. Sein Atem streicht seitlich über meinen Hals und verursacht einen Schauer, der nun meinen Rücken herunterläuft.
Seine Frage ist derart seltsam, dass ich ihn nur verwirrt anschauen kann. Er schenkt mir ein kleines Lächeln und hält plötzlich, um mir zu verdeutlichen was er meint, eine Flasche Weißwein aus dem Einkaufskorb entgegen.
„Alkohol. Löser aller Probleme", sagt Jay nun erneut sanft, auf seinen Lippen ein kleines Lächeln.
„Ich dachte, der Löser aller Probleme wäre Schokolade?", frage ich ihn, meine Stimme ist dabei leicht heiser vom Weinen.
„Mm?", scheint Jay kurz zu überlegen, das Geräusch welches dabei seinen Mund verlässt ist so tief, dass es verursacht, dass mein ganzer Körper kribbelt.
Auf einmal beobachte ich, wie Jay erneut mit seiner freien Hand in den Einkaufswagen wandert und eine große Tafel Schokolade aus ihm zieht und diese schließlich hochhält. Er zieht eine seiner dunklen Augenbrauen dabei hoch.
„So eine etwa?", fragt er mich mit tiefer, rauer Stimme.
Ich nicke kaum vernehmlich bei seiner Antwort, mein Blick liegt dabei auf seinem Gesicht. „Am besten aber mit Erdbeeren", gebe ich leise von mir, während ich mir für einen kurzen Moment, die Genehmigung gebe in seinen eisblauen Augen zu versinken. „Erdbeeren mit Schokolade sind eines der besten Dinge, die es gibt", sage ich und versuche dabei zu lächeln. Doch es funktioniert nicht ganz.
Er antwortet mir nicht, sondern packt stattdessen die Schokolade wieder zurück in den Einkaufskorb und zieht dann sanft an meiner Hand. „Komm", fordert er mich plötzlich mit warmer, rauer Stimme auf.
„Wohin?", frage ich ihn, während er mich mit sich zieht, meine Absätze klackern über den Boden.
„In die Obstabteilung."
♥♥♥
„Mummy?", rufe ich leise in die Dunkelheit hinein. Ein kleiner Lichtspalt dringt durch die Tür in das Schlafzimmer meiner Mutter.
„Was ist los Schatz?", höre ich die sanfte Stimme meiner Mum vom Bett aus zu mir dringen.
Barfuß tapse ich zum Bett meiner Mum und hebe die Bettdecke ein Stück nach oben. „Ich kann nicht schlafen", wimmere ich leise, bevor ich mich neben Mum unter die Bettdecke lege. Meine kalten Füße kommen an ihren warmen Beinen auf, als ich mich an sie kuschele. Ihre Hand wandert sofort zu meinem Kopf und streicht in sanften Bewegungen über ihn.
„Hattest du einen Alptraum, Prinzessin?", fragt sie mich sanft.
Ich nicke nur leicht und kuschele mich noch näher an sie. Ihre Wärme hüllt mich ein und lässt mich augenblicklich entspannen.
„Alles ist gut. Ich bin bei dir, Prinzessin."
Unsanft werde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Jay den Cuda auf einen Parkplatz eines Motels lenkt. Nur dass es sich nicht, um mein Motel handelt. Wie denn auch? Jay hatte mich weder nach der Adresse von ihm gefragt, noch hatte ich ihm die Adresse selber gegeben. Ich zittere, als Jay schließlich den Motor seines Cudas ausstellt und somit auch die Heizung ausgeht. Es hat inzwischen aufgehört zu regnen, dennoch erstreckt sich der Himmel, über New Orleans, immer noch in einem endlosen Grau.
„Ariel?", Jay's tiefe, erdige Stimme dringt durch den Wagen und verursacht dabei, dass mein Atem für einen kurzen Moment in meiner Brust stockt. Es ist das zweite Mal, dass mein Name seine Lippen verlässt.
Ich löse meinen Blick von der Frontscheibe seines Wagens und drehe meinen Kopf zu ihm. Für einen flüchtigen Augenblick, der sich anfühlt wie eine Ewigkeit, hält sein eisblauer Blick meinen gefangen. Eine tiefe Sehnsucht breitet sich in meinem Inneren aus und ich höre meinen Herzschlag fest in meiner Brust pulsieren.
Plötzlich beobachte ich, wie Jay sich über die Mittelkonsole lehnt. Seine Hände greifen nach meinem Gesicht und betten es nun in seine großen, rauen Hände. Ich spüre die Schwielen an seinen Fingern, als er kurz sanft mit ihnen über meine Wangen streicht. Meine Lippen öffnen sich leicht, als seine Daumen unerwartet unter meine Augen wandern und mir dort sanft die Tränen wegwischen. Erst jetzt merke ich, dass ich überhaupt Tränen in den Augen habe.
„Ich will nicht, dass du traurig bist, Sweetheart", sagt er leise, sein warmer Atem streicht dabei über mein Gesicht. Ein warmer Schauer rieselt meinen Rücken herunter. „Es gibt schon genug traurige Menschen auf dieser Welt"
„Ich weiß", antworte ich ihm in einem kaum hörbaren Flüstern, während ich mich erneut in dem Blau seiner Augen verliere.
Jay löst seine Hände nun von meinem Gesicht und ich spüre sofort die fehlende Wärme an meiner Haut.
„Du bist so schön", das tiefe Bariton seiner Stimme dringt an mein Ohr, während er mir eine meiner nassen, dunklen Haarsträhnen hinters Ohr streicht.
„Ich weiß", presse ich mit leicht belegter Stimme, meine Standardantwort, hervor. Meine Stimme zittert dabei. Ich weiß nicht, ob es von Jays Nähe kommt, von der Tatsache, dass mir kalt ist oder dass ich mich am emotionalen Abgrund befinde. Oder von allem drei zusammen.
Jays Mundwinkel ziehen sich bei meiner Antwort leicht nach oben, bevor er sich wieder zurück auf seinen Sitz lehnt. Dann greift seine Hand nach seiner Beifahrertür und er öffnet sie. Er tritt aus dem Cuda und dreht sich ein letztes Mal nach mir um.
„Nimm deine Handtasche mit."
♥♥♥
Jays Motelzimmer ist in einem schlechteren Zustand als meins. Die weiße Farbe an den Wänden ist leicht abgeblättert. Das Bett ist alt und ein leicht muffiger Geruch liegt in der Luft. Die Einkaufstüte in der Hand, schließt Jay die Tür hinter uns und läuft an mir vorbei, um die Tüte aufs Bett zu platzieren. Ich stehe immer noch an der Tür, mein Blick liegt dabei auf ihm. Das Licht ist schummrig, was seinem Gesicht einen merkwürdigen, gelblich, blassen Ton verleiht.
„Was machen wir hier Jay?" frage ich ihn schließlich, meine Augen blicken fragend auf ihn.
„Ich kümmere mich um dich", antwortet er mir mit tiefer Stimme und holt währenddessen den Alkohol und etwas kleines Rundes aus der Tasche. Schließlich dreht er sich zu mir um. Unsere Augen treffen aufeinander.
Ich hab fast vergessen, wie groß er ist. Selbst in der Entfernung ist mein Kopf leicht in den Nacken gelehnt, als ich in sein Gesicht blicke.
„Ich werde keinen Sex mit dir haben", sage ich bestimmend, mein Blick hält seinen dabei fest, damit er weiß, dass ich es ernst meine.
„Ich weiß", sagt er und macht ein paar Schritte auf mich zu, bis er vor mir zum Stehen kommt. Dann greift er wie selbstverständlich nach meiner Hand.
„Komm mit". An seiner Hand leitet er mich durch den Raum, am Bett vorbei, bis wir an der kleinen Tür angekommen sind, die ins Badezimmer führt.
Seine Hand greift nach dem Türknopf und öffnet das Badezimmer. Es ist klein, die Bademöbel stehen eng aneinander und nehmen den Raum vollkommen ein. Gegenüber von mir befindet sich ein kleines Waschbecken, daneben steht eine Toilette und links daneben an der Wand eine kleine Badewanne, mit einem vergilbten, weißen Badevorhang.
Jay leitet mich weiter ins Badezimmer, bleibt vor der Toilette stehen und drückt mich anschließend sanft nach unten, sodass ich auf dem Toilettendeckel zum Sitzen komme. Sein Hoodie rutscht meine Oberschenkel hoch. Der Toilettendeckel ist kalt unter meinem Po und erinnert mich daran, dass ich keine Unterwäsche trage.
Jay läuft schließlich zu der Badewanne, steckt den Badestöpsel rein und dreht den Wasserhahn auf. Er bleibt kurz stehen und beobachtet, wie das Wasser in die Badewanne fließt. Dann holt er etwas rundes Pinkes aus seiner Hosentasche und wirft es in die Badewanne. Von meinem Platz aus, kann ich sehen, wie sich das Wasser pink färbt und es anfängt zu schäumen. Es dauert nicht lange bis ein Geruch von Beeren das Badezimmer erfüllt .
„Zieh dich aus", höre ich plötzlich Jays rauchige Stimme zu mir dringen, im selben Moment dreht er sich zu mir um.
Sein Körper schwebt über meinen, während sein stechend blauer Blick mich für einen kurzen Moment in Ketten legt und mich zu seiner willenlosen Gefangenen macht. Ich spüre seinen Blick bis in jeden klitzekleinen Winkel meines Körpers. Er zieht an einem wilden, ungezähmten, ganz und gar weiblichen Teil in meinem Inneren.
Jay macht einen weiteren Schritt nach vorn. Ein erdiger Geruch von nassem Regen, dringt an meine Nase, als er mir plötzlich ganz nah kommt, seine beiden Hände umgreifen dabei meine Handgelenke und befördern mich sanft in eine stehende Position. Ich muss meinen Kopf in den Nacken legen, um ihn anzublicken.
„Arme hoch", befiehlt er mir mit einem heiseren Flüstern. Wie in Trance halte ich meine Arme über meinem Kopf, meine Augen sind dabei auf seine gerichtet.
Seine Hände wandern meine Seite entlang, Fingerspitzen streifen mich dabei in einer flüchtigen Bewegung, bevor er nach dem Saum seines Hoodies greift und ihn mir schließlich langsam vom Körper zieht.
Der Hoodie landet neben Jay auf dem Boden. Ich stehe nun komplett nackt vor ihm. Statt meinen Körper hinunter zu wandern, liegen Jays Augen immer noch auf meinem Gesicht.
„Wärm dich erstmal auf Sweetheart"
Mit diesen Worten macht er einen Schritt zurück und läuft schließlich aus dem Badezimmer.
♥♥♥
Ein Fruchtiger Geruch dringt in meine Nase, während ich meinen Körper in das pinke, warme Schaumbad sinken lasse. Ich lehne meinen Kopf nach hinten und schließe meine Augen. Ein Seufzen dringt über meine Lippen, mein Mund öffnet sich leicht.
Plötzlich spüre ich, wie etwas meine Lippen streift. Meine Augen öffnen sich und blicken in Jays eisblaue Augen, die mich über den Badewannenrand, wie glitzernde Eiskristalle im Sonnenlicht, anfunkeln. Im selben Moment spüre ich wie er meinen Mund mit seiner Hand ein Stück öffnet und mir etwas in den Mund schiebt. Das Erste, was ich schmecke ist Schokolade, gefolgt von dem süßlich, fruchtigen Saft einer Erdbeere. Ich stöhne leise voller Wohlgefallen auf.
„Hier", ertönt Jays dunkle Stimme auf einmal an meinem Ohr.
Ich wende meinen Kopf ein Stück zur Seite und sehe wie er mir einen weißen Plastikbecher, mit einer hellen Flüssigkeit, entgegenhält.
Ein kleines Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen, als ich meine Hand ausstrecke und ihm den Plastikbecher entgegen nehme . Ich führe ihn an meine Lippen und nehme einen Schluck. Kalter Weißwein rinnt mir die Kehle herunter. Ich seufze auf und wende mich erneut Jay zu.
„Danke", sage ich aufrichtig.
„Nicht dafür, Sweetheart", entgegnet Jay und setzt sich im selben Moment auf den Badewannenrand.
In seiner Hand hält er eine Bierflasche, die er nun an seine Lippen führt und einen Schluck davon nimmt. Dabei liegen seine Augen weiterhin auf meinen. Ich fühle, wie die Luft um uns herum schwer wird.
Plötzlich sehe ich, wie er die Bierflasche auf den Boden abstellt, nach dem Saum seines nassen Shirts greift und es sich in einer schnellen Bewegung über den Körper zieht.
„Ich komm auch rein", sagt er plötzlich mit rauer Stimme, während er sich vom Badewannenrand aufrichtet und nach dem Gürtel an seiner Hose greift. Plötzlich hält er inne und blickt mich an. „Wenn du nicht willst, dass ich zu dir in die Badewanne komme, musst du mir das sagen."
Als Antwort bleibe ich stumm. Jays eisblaue Augen ziehen mich wie so immer in ihren Bann. Es scheint ihm Antwort genug zu sein, denn auf einmal sehe ich dabei zu, wie er sich die Hose von den Beinen streift. Meine Mundwinkel ziehen sich leicht belustigt nach oben und ich ziehe eine meiner Augenbrauen hoch, als ich sehe, dass er keine Unterhose trägt.
Jay zuckt bei meinem Gesichtsausdruck nur mit den Schultern. „Ist bequemer", gibt er nonchalant als Antwort von sich, bevor er kurz vor dem Badewannenrand stehen bleibt.
Ich lache leise auf, während mein Blick, die harten Linien seines Körpers entlangfahren und anschließend kurz an seinem, bereits erigierten, Penis haften bleiben. „Klar ist es das", presse ich hervor, meine Stimme ist dabei leicht heiser.
„Rutsch nach vorn", sagt Jay plötzlich mit rauer Stimme.
„Und dann?", entgegne ich mit ebenfalls erstickter Stimme.
„Halt ich dich", antwortet er nur knapp, seine Stimme nimmt dabei eine noch tiefere Nuance an.
Ein Schauder rennt meinen Rücken herunter. So sehr ich Sex liebte, ich hatte noch nie mit einem Mann gekuschelt. Noch nie wurde ich von einem Mann in seinen Armen gehalten. Ich hatte schlicht und einfach nie das Bedürfnis dazu gehabt. Der Gedanke, dass mich Jay nun in den Arm nehmen will, macht mir Angst.
„Jay ich...", beginne ich, doch die Worte werden abrupt von ihm verstummt, in dem er sanft nach meinem Arm greift und mich in der Badewanne ein Stück nach vorne schiebt.
Mein Puls pocht unbeständig in meiner Brust, als er plötzlich hinter mich in die Wanne steigt und seinen Körper ebenfalls ins warme Wasser sinken lässt. Seine langen Beine kommen neben meinen auf. Die Badewanne ist viel zu kurz für ihn, weshalb er seine Beine neben meinem Körper anwinkeln muss. Ein erschrockenes Keuchen dringt über meine Lippen, als einer seiner muskulösen Arme sich auf einmal von hinten um meine Mitte schließt und mich in einer geschmeidigen Bewegung an sich zieht. Mein Rücken ist nun an seinen nackten, warmen Oberkörper gepresst, sein Arm immer noch um meine Mitte geschlungen. Ich spüre seine harte Erektion an meinem unteren Rücken. Heißes Verlangen schießt wie auf Kommando zwischen meine Beine. Leicht unruhig wackele ich mit meinem Hintern, was dazu führt, dass ein Zischen aus Jays Mund dringt.
„Hör auf damit, Sweetheart. Ich versuch brav zu sein", flüstert seine dunkle, raue Stimme in mein Ohr, sein Atem kitzelt dabei an meinem Ohrläppchen. Ich beiße mir auf die Unterlippe und nicke nur leicht.
Für ein paar Minuten sind wir beide still. Jay hält mich einfach nur an seiner breiten Brust. Seine Fingerspitzen fahren geistesabwesend über meinen Bauch. Ein seltsames Gefühl von Geborgenheit steigt in meinem Inneren auf und ich spüre, wie mein Körper sich an seiner Brust langsam entspannt.
„Willst du drüber reden?", fragt Jay auf einmal leise in die Stille hinein.
Ich schüttele bei seiner Frage verneinend mit dem Kopf. Er bohrt nicht weiter. Jay war nicht der Typ dazu. Stattdessen folgt erneut Stille, in der Gedanken in Lichtgeschwindigkeit durch meinen Kopf rasen.
„Danke.", unterbreche ich schließlich sanft die Stille.
„Du hast dich schon bedankt"
Ich schüttele meinen Kopf. „Nein nicht für die Erdbeeren und den Weißwein, sondern dafür, dass du mich vor diesem krankhaften Junkie gerettet hast. Und dass du mir deine Waffe gegeben hast", sage ich leise.
„Keine Ursache", antwortet er mir nur, seine Stimme dabei ein wenig sanfter.
„Was machst du hier Jay? Warum bist du nicht bei deiner Familie in Kuba?", frage ich ihn als Nächstes, weil dies die Frage ist, die am Meisten auf meiner Zunge brennt.
„Weil ich wieder nach Amerika musste", gibt er mir als Antwort.
„Wegen deiner Arbeit?", frage ich ihn weiter aus.
„Mm", brummt er nur als Zustimmung, das Geräusch vibriert durch meinen Körper, während seine Fingerspitzen nun in kreisenden, lasziven Bewegungen über meinen Bauch wandern.
„Und wegen deiner Arbeit bist du in New Orleans?", ich kann die Fragen nicht stoppen.
„Ja."
„Bei was für einem Transport arbeitest du denn?"
Fragen über Fragen schwirren durch meinen Kopf. Sie lenken mich für einen kurzen Moment von den Gedanken an meine Mutter ab.
„Im Gütertransport", erwidert er kurz angebunden, seine Finger wandern nun von meinem Bauch zu meiner Seite herüber.
„Jay?", bringe ich über meine Lippen, als mir plötzlich etwas in den Kopf schießt. „Brauchst du die Waffe etwa für deinen Job? Dealst du... Dealst du etwa mit Drogen?", frage ich ihn, meine Stimme steigt dabei eine Oktave höher. Ich spüre, wie sich sein Körper an meinem versteift.
„Nein", antwortet er sofort, seine Stimme eine Spur dunkler. „Drogen sind nicht mein Ding."
„Wofür brauchst du sie dann?", meine Stimme kommt in einem Flüstern von meinen Lippen.
Er antwortet mir nicht sofort, stattdessen spüre ich seine Hand nun in meinem Nacken. In einer sanften Bewegung streicht mir Jay die nassen Haare über die Schultern.
„Das ist eine lange Geschichte", erwidert er schließlich, seine Hand bleibt plötzlich an meinem Nacken liegen.
„Dann erzähl sie mir", fordere ich ihn nun auf.
Ein tiefes Seufzen dringt aus seinem Mund. „Ich kann nicht"
„Warum?", kommen die Worte nun wie aus einer Pistole geschossen aus meinem Mund. „Warum kannst du es mir nicht erzählen?", beharre ich weiter.
„Weil es zu gefährlich ist."
Meine Augen, weiten sich leicht, als mir plötzlich bewusst wird, dass Jay sich vermutlich mehr auf der dunklen Seite befindet, als mir lieb ist. Seine Worte sind fast dieselben Worte, die er mir das erste Mal als Antwort gegeben hatte, nachdem ich ihn gefragt hatte, warum er eine Waffe hatte.
Weil es gefährlich draußen ist.
Gefährlich.
Gott was tue ich hier? Es war eine Sache, dass ich mit ihm Sex hatte, aber mit ihm in einer Badewanne zu sitzen, während er mich hielt...
Das ging weit über Sex hinaus. Es war ein Akt von Zuneigung. Zuneigung für einen Mann, der wer weiß was für Sachen trieb.
„Lass mich los Jay!", kommen die Worte fast schon automatisch über meine Lippen, meine Stimme zittert dabei leicht.
„Ariel...", beginnt er.
„Lass mich los", unterbreche ich ihn erneut, meine Stimme nun forscher dabei.
Jay lässt mich ohne Weiteres los, woraufhin ich mich hastig in der Badewanne aufrichte und zügig aus der Wanne steige. Mein Fuß schlittert auf dem nun nassen Badezimmerboden, aber dank meiner guten Balance, die vom Tanzen kommt, kann ich mich eben noch so fangen.
Mein nasser Körper tropft auf den Boden, als ich hektisch eines der Handtücher vom Handtuchständer reiße und anschließend nach meinen Schuhen greife.
Zügig schlinge ich mir das Handtuch um meinen Körper und laufe aus dem Bad. Im Zimmer angekommen, wandern meine Augen wild durch den Raum, auf der Suche nach meiner Handtasche. Mein Atem wird zunehmend hektischer, als ich sie nicht entdecken kann. Panisch laufe ich, mit meinen Schuhen in der Hand, durchs Zimmer auf der Suche nach meiner Handtasche. Nach meiner Handtasche, in der sich mein ganzes Leben befindet. Ich habe sie mitgenommen. Sie muss hier irgendwo sein! Es konnte nicht schon wieder passieren! Ich konnte sie nicht ein erneutes Mal verlieren. Ein plötzlicher Gedanke schießt in meinen Kopf.
Nimm deine Handtasche mit.
„Sweetheart...", höre ich plötzlich seine Stimme hinter mir. Die tiefe Stimme des blauäugigen Teufels.
Aufgebracht drehe ich mich zu ihm um.
„Wo ist meine Handtasche?", frage ich ihn leicht hysterisch, mein Puls geht schneller, als ich an mein Handy mit den Bildern von meiner Mum denke. Mum. Ich schlucke.
„Wo hast du sie hingetan?", meine Stimme überschlägt sich nun bei der Frage. Ich spüre, wie mir Tränen bei dem Gedanken, dass er irgendwas mit meiner Handtasche angestellt hat, in die Augen schießen.
„An einen sicheren Ort"
Seine Antwort bringt mich zur Weißglut. Jay und seine dummen, knappen Antworten!
Bevor ich wirklich realisiere was ich tue, hole ich impulsiv mit meiner Hand aus und schleudere Jay einer meiner High-Heels entgegen.
„SAG MIR VERDAMMT NOCHMAL WO MEINE HANDTASCHE IST?!", kreische ich hysterisch, meine Stimme hallt dabei laut durchs Motelzimmer.
Jay duckt sich fascht schon reflexartig, sodass mein High-Heel mit einem dumpfen Geräusch an der Wand hinter ihm abprallt. Verdammt!
Bevor er sich zu seiner vollen Größe aufrichten kann, habe ich den Abstand zwischen uns überbrückt. Mein anderer Schuh völlig vergessen. Mit meiner Handfläche stoße ich jetzt hart gegen Jays Brust. Ich spüre nun, wie die Tränen mein Gesicht herunter fließen.
„Gib sie mir!", schreie ich ihn zornig an, während ich erneut gegen seine nackte Brust schlage. Auf dem Weg hierhin hatte er ein Handtuch um seine Mitte geschlungen. Wäre dies nicht so, hätte ich ihn eigenhändig kastriert. Ich bin mir sicher.
Auf einmal spüre ich, wie Jays Finger sich um mein Handgelenk schließen und meine Hand in der Luft festhalten.
„Jay!", knurre ich und will meine Hand aus seiner Umklammerung lösen, doch er lässt mich nicht. Stattdessen hat er seine Augen auf mich gerichtet, seine eisblauen Augen bohren sich fast schon in mich, während er mich sanft mit sich zu dem alten Eichenkleiderschrank führt, der in einer Ecke des Zimmers steht. Er bleibt vor ihm stehen und öffnet ihn. Die Türen springen auf und bringen einen Safe zum Vorschein.
„Das ist der sichere Ort", sagt Jay nun mit ruhiger Stimme, lässt meine Hand los und tippt eine Zahlenkombination in den Safe ein. Er springt auf und bringt meine Tasche hervor, die in ihm liegt.
Ein erleichtertes Wimmern dringt aus meinem Mund, ich stürze barfuß auf den Safe zu und reiße meine Handtasche heraus. Und dann bricht alles in mir zusammen. Zitternd presse ich meine Handtasche an meine linke Brust, während ein leiser, mit Qual gefüllter Schluchzer über meine Lippen dringt. Tränen fließen mein Gesicht herunter, während ich all meine Emotionen herauslasse, all meinen Schmerz wegen meiner Mutter.
Ich weiß nicht, wie lange ich weinend mit meiner Handtasche an meine Brust gepresst, einfach so da stehe, aber plötzlich taucht Jay in meinem, von Tränen verschwommenen, Sichtfeld auf. Ich habe noch nicht mal die Kraft dazu, mir meine Tränen aus dem Gesicht zu wischen.
Durch meinen Tränenschleier sehe ich, dass Jay nun eine Unterhose trägt. Er kommt auf mich zugelaufen, seine Hand greift sanft nach meinen Fingern und löst meinen Griff um meine Handtasche. Ich wimmere leise, als er mir sie aus der Hand nimmt.
„Ich leg sie wieder in den Safe", erwidert er ruhig, läuft auf ihn zu und verstaut meine Tasche in ihm. Ich fühle mich auf einmal seltsam nackt ohne meine Handtasche.
Ein paar Sekunden später steht Jay wieder vor mir, seine Hand greift nun nach meinem Handtuch und zieht es mir vom Körper. Meine Augen weiten sich, sie sind inzwischen aufgequollen vom Weinen.
„Ich werde keinen Sex mit dir haben", presse ich erneut mit zitternder Stimme hervor. „Ich weiß", erwidert Jay, die gleichen Worte, die er zuvor im Badezimmer zu mir gesagt hatte.
Als ob ich eine Puppe wäre, kniet er sich auf einmal vor mich hin und greift plötzlich auf dem Boden nach etwas.
„Steig hinein", fordert er mich nun sanft auf in eine seiner Trunks zu steigen. Wie in Trance handele ich. Ich bin einfach zu erschöpft, um zu protestieren.
In einer schnellen Bewegung hat Jay mir die Trunks die Beine hochgezogen. Ehe ich mich versehen kann, hat er mich von meinen Füßen gezogen und ich liege in seinen Armen.
„Jay...", wimmere ich leise, beiße mir aber sofort auf die Lippe.
Am Bett angekommen lässt er mich auf ihm nieder, legt sich anschließend neben mich, greift nach mir und rollt mich, sodass ich ausgestreckt auf seinem nackten Oberkörper zum Liegen komme. Meine nackte Brust kommt auf seiner auf, mein Gesicht liegt in seiner Halsbeuge. Wärme sickert von seinem Körper in meinen.
Plötzlich zieht Jay die Bettdecke über unsere Körper, so dass ich mich eingehüllt fühle, wie in einem Kokon.
Ich schließe meine Augen, lasse mich von Jays Wärme umhüllen, während ich seinen nun frisch gebadeten Geruch in mich aufnehme. Seine Finger wandern zu meinem Kopf und fahren mir in sanften, beruhigenden Bewegungen übers Haar.
„Meine Handtasche...", beginne ich und stocke kurz. „In meiner Handtasche ist mein Handy und ...." , ich muss erneut Luft holen
„Auf ihm sind Bilder von mir und meiner Mutter", meine Stimme zittert, während ich spreche. „Meine Mutter... sie ... sie... heute ist sie...", meine Stimme bricht vor Schmerz, ich schlucke. Ich bekomme, die Worte nicht von meinen Lippen, stattdessen spüre ich ,wie die Tränen wieder in meine Augen schießen.
Jays Arm, der um meinen Körper geschlungen ist, presst meinen Körper noch weiter an seinen. Hält mich fest. Hält mich und all meine gebrochenen Teile zusammen.
„Ich weiß", sagt er auf einmal und fährt in einer wiederholt sanften Bewegung über meinen Kopf. „Ich weiß", sagt er erneut. Besänftigend, so als ob er wissen würde worüber ich spreche.
„Mein Dad ist gestorben als ich 15 war."
Mein Atem stockt bei seinem Geständnis. Ich hebe meinen Kopf und blicke in seine eisblauen Augen.
„Und es tut höllisch weh."
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Wenn du hier angekommen bist hast du erfolgreich 150 Seiten gelesen :)
Krass oder ?
Ich kann gar nicht glauben, dass ich schon wieder so viel geschrieben hab. Danke Corona hahaha ( Hat auch was Gutes ;) ).
So sehr ich mir die Zähne bei diesem Kapitel ausgebissen habe, ich liebe es trotzdem.
Habt noch eine schöne Woche :)
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