Kapitel 32
Gefühlte Stunden drängele ich mich jetzt schon durch die Partygäste und halte Ausschau nach meiner Freundin. Doch egal wie oft ich durch Garten und Wohnzimmer wandere, Liss scheint wie vom Erdboden verschluckt.
"Suchst du was?" brüllt mir Troy über die laute Musik hinweg zu. Er steht neben Blake an ein Regal gelehnt und obwohl beide jeweils ein Bier in der Hand halten machen sie noch einen relativ nüchternen Eindruck.
Ich mache eine Kopfbewegung in Richtung Blake. "Seine Schwester." Und deine zukünftige Freundin.
In Troys Blick flammt etwas auf. "Ich glaube sie wollte zu McDonalds mit ein paar anderen."
"Und ihr habt sie einfach gehen lassen?" fassungslos sehe ich zu Liss' Bruder hinüber.
Er sieht mich nur gelassen an. "Es ist schließlich ihr Leben, sie kann auf sich aufpassen. Außerdem ist sie ja nicht alleine."
Ja ne, ist klar. Er macht sich gar keine Gedanken oder so. Deshalb wandern seine Augen ja auch ständig zur Tür.
"Sie kann aber nicht auf sich aufpassen, wenn sie stock besoffen ist!" rufe ich aus und werfe die Arme in die Luft "Ich gehe sie jetzt jedenfalls suchen."
Genervt stapfe ich aus dem Haus und die Straße runter in Richtung McDonalds. Weit können sie ja nicht gekommen sein, schließlich können die meisten wahrscheinlich nicht mal mehr grade laufen. Geschweige denn sich daran erinnern, wer sie eigentlich sind und wohin sie wollen.
Und wirklich, nach ein paar Minuten kommt eine Gruppe Jugendlicher in Sicht. Unter ihnen ein stark schwankendes, blondes Mädchen in einem hellblauen Kleid, dass gerade extrem laut lacht.
Jupp, eindeutig Liss.
Ich hole die letzten Meter zu ihnen auf. "Hey, Liss!"
Erstaunt sieht sie mich an.
"Mellllllll!" ruft sie erfreut aus und fällt mir um den Hals. Der Geruch von Alkohol steigt mir in die Nase.
Gott, wie viel hat sie nur getrunken?!
"Willsss sssu mit unss komm?" lallt sie weiter "Wir wolln Pinguine rettn gehn!" Mit einem kämpferisch, entschlossenen Ausdruck guckt sie in die Ferne.
"Hä" mischt sich ein anderer ein "ich dachte, wir wolln wass esssn."
"Ja, dasss auch." antwortet Liss und hickst.
"Okaayy. Liss, wie wäre es, wenn du jetzt mit mir kommst. Ich glaube du musst mal deinen Rausch ausschlafen."
Mit einem hoffnungsvollen Blick sieht sie mich an. "Retten wir denn danach die Pinguine?"
Ich nicke mit Nachdruck. "Ja, gleich danach retten wir die Pinguine."
Ein paar Minuten später wird mir klar, dass ich gar keine Ahnung habe, wohin ich mit ihr soll. Zu ihr nach Hause geht irgendwie schlecht, weil ich keinen Schlüssel habe, der ist in Blakes Auto und ihn werde ich ganz sicher nicht bei was auch immer er gerade treibt stören. Schon alleine um ihm nicht den Triumph zu gönnen, dass ich ihn um etwas bitten muss.
Zu mir können wir allerdings auch nicht, ich möchte nämlich nicht unbedingt morgen erklären müssen, warum ich da ganz alleine wohne, wenn sie doch schon meine Eltern kennengelernt hat.
Also schleppe ich die völlig betrunkene Liss zur Bushaltestelle. Wir fahren jetzt einfach zu ihr. Irgendwie werden wir schon rein kommen.
Als der Bus mit quietschenden Reifen vor uns hält hiefe ich meine Freundin, ungeachtet der Tatsache, dass wir keine Fahrkarten haben, hinten rein und verfrachte sie auf einen der Sitze.
Der Busfahrer brettert desinteressiert los. Knapp 15 Minuten später steigen wir wieder aus und ich versuche meine besoffene Freundin irgendwie in Richtung ihres Hauses zu bugsieren.
Als wir dann endlich vor ihrer Haustür stehen starre ich ratlos auf die Klingel. Soll ich klingeln? Oder wecke ich dann nur Angie? Ihre Eltern sind bestimmt auch noch weg. Ein Blick auf mein Handy sagt mir, dass wir mittlerweile 02:16 Uhr haben. Seufzend setze ich mich neben Liss auf die Stufen vor der Tür.
Plötzlich streift mich der Lichtschein eines Scheinwerfers. Geblendet blinzele ich ins Licht. Unmittelbar vor uns hat ein Auto geparkt und eine Person steigt aus. Grüne Lichtflecken tanzen vor meinen Augen, als das Licht abgeschaltete wird.
"Da seid ihr ja!" begrüßt mich die Hohlbirne, wobei das Desinteresse in seiner Stimme den Hauch der Erleichterung nicht ganz überdecken kann.
Ich verdrehe genervt die Augen. "Hilf mir sie reinzubringen."
Zu seinem Glück erwidert er nichts, sondern schließt einfach die Tür auf und hebt seine Schwester hoch, die wohl auf den Stufen eingeschlafen ist.
Leise folge ich ihm ins Haus und schließe die Tür hinter uns. In Liss Zimmer legt er sie auf ihr Bett und ich hole Make-up-entferner aus dem Bad und beginne sie abzuschminken.
Als ich ihr schlussendlich die Schuhe von den Füßen streife und die Bettdecke über sie werfe bemerke ich, dass Blake noch immer in der Tür steht.
"Was?" frage ich bissig.
Er erwidert nichts, sondern starrt mich einfach nur stumm an.
Liss murmelt irgendwas mit Pinguinen und dreht sich auf die andere Seite.
Ich seufzte demonstrativ und schiebe mich an ihm vorbei in den Flur um die Treppe runter zu gehen. Kurz vor der Haustür werde ich am Arm ruckartig gepackt und wirbele herum.
"Wo zur Hölle willst du bitte hin?" fragt Blake leise.
"Na wohin wohl du Genie! Nach Hause vielleicht?" antworte ich ebenfalls im Flüsterton.
"Ach ja? Zu Fuß? Um halb drei nachts?" flüstert er spöttisch "Vergiss es."
Ich werfe einen kurzen Blick auf seine Hand, die immer noch meinen Ellenbogen umfasst ehe ich mich losreiße. "Und warum interessiert dich das bitte?"
Genervt fährt er sich durch die zerzausten Haare. "Weil ich mindestens von Mom und Liss umgebracht werde, wenn ich dich um diese Uhrzeit alleine nach Hause laufen lasse."
Vor Wut vergesse ich ganz zu flüstern. "Das war ja klar! Dir geht's wieder nur darum, dass du fein raus kommst, was anderes interessiert dich gar nicht! Nicht mal geholfen deine Schwester zu suchen hast du! Hat dich ja anscheinend nicht interessiert!"
Jetzt wird er ebenfalls wütend.
"Ja klar, deshalb bin ich ja auch hier her gefahren, um zu gucken wo ihr seid, weil es mich ja nicht interessiert hat! Herrgott Mel, sie ist meine Schwester!" ruft Blake.
"Na und? Ich bin schließlich nicht deine Schwester, also was soll's?! Dir kann's ja egal sein! Warum also sollte ich bleiben?" frage ich aufgebracht und werfe die Arme in die Luft.
Erst jetzt registriere ich, wie nah wir uns eigentlich gerade stehen. Noch ein paar Zentimeter und unsere Nasenspitzen würden sich berühren. Wir müssen beide während unseres Streits unbewusst nach vorne gegangen sein. Trotzdem weiche ich nicht zurück.
Ich starre böse in seine bernsteinfarbenen Augen, als er antwortet.
"Weil es mir eben verdammt nochmal nicht e-"
"Blake?"
Ruckartig drehen wir uns um und erblicken eine kleine verschlafene Angelin, die barfuß mit ihrem Teddy im Arm auf der Treppe steht und sich die Augen reibt.
Ich gehe einen Schritt auf sie zu.
"Hey, Süße. Haben wir dich geweckt?" frage ich leise.
Sie nickt. "Hallo Mel"
Ich komme noch einen Schritt näher, bis ich ganz vor ihr stehe und in die Hocke gehe. Sie trägt einen rosa Schlafanzug mit Minnie Maus Aufdruck.
"Das tut mir Leid Maus. Komm, wir bringen dich wieder ins Bett, okay?" rede ich liebevoll auf sie ein.
Angie nickt wieder und gähnt.
Sie streckt die kleinen Ärmchen aus. Ich verstehe, nehme sie auf den Arm und trage sie die Treppe hoch.
"Wo ist denn dein Zimmer?"
Sie streckt einen Arm in Richtung einer Tür. In ihrem Zimmer verfrachte ich sie in ihr Bett und decke sie zu, während sie bereits wieder seelich schlummert.
Leise schließe ich die Zimmertür und laufe die Treppe runter. Warum auch immer tragen mich meine Beine in das Wohnzimmer, wo Blake gerade eine DVD in den Rekorder schiebt.
Ohne ein Wort pflanze ich mich auf die Couch.
"Nur damit das klar ist" sage ich schließlich trotzig "ich bleibe nur, weil ich einfach keinen Bock habe noch weiter zu diskutieren."
Ich muss an unsere Diskussion zurück denken. Was wollte Blake eigentlich gerade sagen, als Angie kam?
"Gut. Ich hoffe du magst Batman. Wenn nicht, ist das nicht mein Problem." antwortet er schulterzuckend.
"Klar. Batman ist einer meiner Lieblingssuperhelden." antworte ich und mache es mir bequem.
Das er um diese Uhrzeit noch einen Film gucken will hinterfrage ich einfach nicht.
"Obwohl ich mich ja frage, ob er wirklich als Superheld zählt, wenn er doch keine speziellen Kräfte hat." überlegt Blake laut.
Ich schnaufe verächtlich. "Natürlich ist er ein Superheld! Helden zeichnen sich schließlich nicht durch besondere Kräfte aus. Ein Held ist jemand, der in einer schwierigen Situation einen kühlen Kopf behält und selbstlos und ohne über die Konsequenzen für sich selbst nachzudenken handelt. Das macht einen Helden aus. Andere über sich selbst zu stellen. Außerdem kann Batman kämpfen." füge ich noch trotzig hinzu.
Der Film hat angefangen und gebannt beobachte ich das Geschehen auf der Bildfläche.
Ich höre Blake leise lachen. "Okay, schon gut Jacks. Hast mich überzeugt."
Mit dieser Antwort gebe ich mich zufrieden und tauche in den Film ein.
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Also das Kapitel war jetzt aber mehr als nur überfällig!
Tut mir Leid, aber Fakt ist einfach: Ich kriege es nie gebacken meine Kapitel rechtzeitig fertigzustellen.
Was ist das peinlichste, was euch je passiert ist?
Alawidā❤
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