9. Überlegungen
»Ich will, dass du dir das gut überlegst. Entscheid' das nicht jetzt, schlaf bitte erstmal eine Nacht darüber. Wenn du wirklich willst, dass ich dich an mich binde, freue ich mich. Aber du musst davor wissen, auf was du dich einlässt.«
Danny hatte sich zurückgelehnt, aufmerksam musterte er den Alpha.
»Und das wäre?«
»Du weißt, was es heißt, sich zu binden? Was das für dich als Omega bedeutet?«
Der Kleinere schluckte, nickte leicht. Noch bevor er zu einer Antwort ansetzte, suchten seine Finger nach Tonis Hand, die er schüchtern griff. Toni erwiderte den Druck, versuchte, ihn zu ermutigen und ihm den Halt zu geben, den er zu suchen schien. Eine stumme Bestätigung, dass er ihn sah, ihn wahrnahm und nicht auf einmal zu einem anderen Menschen werden würde.
»Ich ... ich muss dir gehorchen. Darf nicht widersprechen oder mich widersetzen, wenn du etwas von mir verlangst. Ich muss höflich sein und ... mich dir unterwerfen.«
»... Und dafür?«
»Darf ich bei dir wohnen? Und ... ich krieg essen?«
»Das war lange noch nicht alles. Ja, du ordnest dich mir als Omega unter, gehorchst mir, und so weiter. Das stimmt. Dass du nicht widersprechen oder dich widersetzen darfst auch zu Teilen. Ich will schon, dass du sagst, wenn du etwas nicht willst oder dir etwas fehlt oder es dir sonst wie schlecht geht. Und du wirst in der Regel auch nichts machen müssen, von dem ich weiß, dass du es nicht willst. Sollte ich trotz dem, dass du mir gesagt hast, dass du etwas nicht willst, von dir verlangen, dass du es tust, dann musst du dem folgen, ja. Aber dabei wird es in den meisten Fällen um nichts schlimmes gehen, versprochen. Alles andere sind absolute Ausnahmen. Als Gegenleistung dafür wirst du nicht nur bei mir leben dürfen, ich bin auch dafür verantwortlich, dass es dir gut geht. Und dazu gehört nicht nur, dass du vernünftig zu essen bekommst, sondern noch viel mehr. Du stehst unter meinem Schutz, das heißt, dich darf niemand anfassen oder irgendwie angreifen. Ich will, dass du zum nächsten Schuljahr wieder in die Schule gehst. Du kannst dieses Jahr wiederholen, den restlichen Stoff von dem Jahr davor werden wir zusammen nachholen. Ich helfe dir damit, du musst das nicht alleine schaffen. Außerdem ... ich bin normalerweise die Nächte regelmäßig nicht Zuhause. Entweder ich nehme dich mit oder du kannst zuhause bleiben. Mir wäre ersteres auf die Dauer lieber, aber das ist nichts, was wir jetzt besprechen müssen. Tagsüber bin ich arbeiten. Du darfst also kein Problem damit haben, wenn du viel alleine bist. Und damit meine ich auch ... ich will mir nicht jede Stunde, die ich nicht da bin Gedanken machen müssen, dass du dir etwas antun könntest. Deine Narben sind kein Problem für mich, das weißt du, so lange es Narben bleiben. Bevor du dir wieder etwas antust ... sprich bitte mit mir. Und wenn es irgendwie an mir liegt, du nicht mit mir reden kannst oder willst, dann sag mir das. Dann sorge ich dafür, dass du anderweitig Hilfe bekommst. Grundsätzlich, wenn du willst, dass ich dir professionelle Hilfe besorge: sag es mir bitte. Das ist kein Problem. Es muss dir auch nicht peinlich zu sein oder so, du wärst nicht der erste, der deswegen zum Arzt geht. Okay?«
unsicher nickte Danny, wich zwar dem Blick des Alphas aus, machte aber keine Anstalten, seine Hand aus dessen zu ziehen.
»Danny?«
Der Omega hob den Kopf ein Stück. Tonis Stimme war sanft geworden.
»Schau mich bitte an. Ich will, dass es dir gut geht. Dass du normal leben kannst, ohne Angst davor zu haben, dass ich oder irgendwer sonst dir weh tun könnte. Mein Angebot an dich ist, dass du dich an mich binden lässt, versprichst, mir zu gehorchen, ich dafür mein bestes gebe, dass es dir gut geht. So wie es sein sollte in einer Bindung, nicht dieses kranke Ausnutz-Missbrauchs-Ding, das einige Alphas durchziehen.«
»Was ... was ist mit Sex? Willst du ... willst du mit mir schlafen?«
Beruhigend legte Toni nun auch noch seine zweite Hand auf die des Omegas in seiner, spürte das leichte Zittern, das durch den Körper seines Gegenübers ging.
»Willst du es denn?«
Danny zögerte nur kurz, schüttelte dann aber sofort den Kopf.
»Nein. Toni, ich ... Ich möchte keinen Sex. Also so wirklich nicht.«
Seine Stimme klang unsicher, leise und brüchig.
»Hey. Keine Angst. Ich zwinge dich nicht dazu. Es ist normal, dass du das nicht willst, wenn du es immer nur so negativ erlebt hast. Wenn du wirklich willst, kann ich dir irgendwann einmal zeigen, wie es sein kann, ohne Zwang, wenn es dir gefällt. Aber es ist genauso okay, wenn du es nicht willst. Wegen mir müssen wir es nicht tun. Ich brauche keinen Sex. Der Sex ist nicht das, was ich in den letzten Jahren vermisst habe.«
Unsicher sah Danny auf.
Toni lächelte nur.
»Nächste Frage?«
Sein Daumen strich sanft über die Haut von Dannys Hand, er hatte das Gefühl, dass dieser nach und nach an Unsicherheit verlor.
»Wie ist es ... sonst? Eine Bindung ist eine Beziehung, willst du ... bist du ...«
»Ja. Ich mag dich. Wenn es das ist, was du wissen willst: Ich mag dich wirklich gerne, Danny. Ich biete dir nicht aus dem Nichts an, dich an mich zu binden, oder aus Mitleid, sondern, weil ich es wirklich schön finden würde, würdest du dich an mich binden lassen. Ich mag dich, aber das heißt trotzdem nicht, dass wir irgendetwas tun müssen, was du nicht willst. Ich werde dich niemals dazu zwingen, dich von mir berühren zu lassen, oder -«
Weiter kam er nicht. Danny hatte sich wieder zu ihm vorgelehnt, seine Hand immer noch in der des Alphas, und bevor Toni seinen Satz beenden konnten lagen seine Lippen federleicht auf seinen. Der unschuldige Kuss dauerte kaum mehr als eine Sekunde, bevor der Omega sich wieder von dem überraschten Größeren entfernte und nervös dessen Blick mied aus Angst davor, dessen Reaktion zu sehen. Toni lächelte nur.
»Wie hat es dir gefallen?«
Der Omega wirkte zu gleichen Teilen überrascht und überfordert, mit so einer Reaktion hatte er nicht gerechnet. Mit einer Ermahnung über seine Frechheit oder einem anzüglichem Kommentar, dass er das ruhig öfter machen könne, ja. Aber nicht damit, dass Toni wissen wollte, wie es ihm gefallen habe.
»Ich ... ich weiß nicht?«
Der Kuss war viel zu kurz gewesen, um überhaupt etwas empfinden zu können, die Aufregung hatte ihren Teil dazu beigetragen. Als Toni eine Hand auf den Hinterkopf des Omegas legte, hob dieser vorsichtig wieder seinen Blick, nur um zu bemerken, dass das Gesicht des Größeren nur Zentimeter vor seinem schwebte.
Tonis Augen fuhren seine Lippen nach, man konnte ihm förmlich ansehen, was er vorhatte.
»Darf ich?«
Unsicher nickte Danny. Es war okay, schließlich hatte er selbst damit angefangen. Es würde nicht schlimm werden, schließlich war es Toni, den er hier küsste und Toni hatte ihn bis jetzt noch nie verletzt.
Womit er nicht gerechnet hatte, war das Gefühl, das ihn nun durchfuhr, als Tonis Lippen wieder auf seinen lagen, dieses Mal länger, und sich dort leicht bewegten. Ohne es bewusst zu steuern, begann der Kleinere, auf diese Berührungen einzugehen und schon jetzt konnte er diesen Kuss, so vorsichtig und sanft er war, ganz ohne jeglichen Zwang, als den besten bezeichnen, den er je gehabt hatte. Tonis Berührungen in seinen Haaren, wie seine Finger damit spielten und er über seine Kopfhaut strich, gaben ihm nicht das Gefühl, nicht aus dessen Kuss fliehen zu können, gewaltsam dort gehalten zu werden und zu irgendetwas gezwungen zu sein, sondern viel mehr bestätigten sie ihm, dass der Alpha es ebenso wie er genoss, ihn hielt und bei ihm blieb, ohne dafür mehr zu verlangen als diesen unschuldigen Kuss, den Danny ihm von sich aus gab.
Als sie sich wieder voneinander lösten, betrachtete Toni mit einem Lächeln die geschlossenen Augen des Kleineren, seine weichen Gesichtszüge, die so entspannt wirkten, nicht wie so oft ängstlich oder sonst irgendwie angespannt.
»Und?«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis Danny sich überreden konnte, die Augen wieder zu öffnen, den Moment gehen zu lassen und in die Wirklichkeit zurückzukehren. Die Wirklichkeit, die, wie ihm auf einmal so stark bewusst wurde, eigentlich nicht anders war, als dieser Moment, den er so sehr genossen hatte. Toni war da, hielt ihn und zwang ihn zu nichts, wollte ihn an sich binden und dafür nichts als das, was Danny bereit war, ihm zu geben, ihm sogar gerne gab.
»Schön.«
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