Kapitel 31
Während ich erzählte unterbrachen mit Luke und Tessa nie. Was sehr ungewöhnlich war, den beide gaben gerne überall ihren Senf dazu. Irgendwann vergass ich alles um mich herum. Es fühlte sich gut an, das Geschehene laut auszusprechen. Die Wörter sprudelten nur so aus mir heraus während mir immer mehr Tränen über die Wangen liefen. Als ich erzählte, fühlte es sich an, als würde ich alles nochmals erleben, als würde ich Oliver noch ein zweitesmal umbringen.
Als ich am Ende angelangt war, tat Tessa etwas, was mich kurz aus der Fassung brachte. Sie umarmte mich. Ich hatte mit einer komplett anderen Reaktion gerechnet: Abscheu, Wut, Enttäuschung. Trauer, wie ich sie in den Gesichtern der anderen gesehen hatte.
Ich hatte gar nicht gemerkt, wie angespannt ich gewesen war, bis mir tausend Steine vom Herzen vielen. Luke stellte seine Tasse ab, setzte sich wieder auf den Boden neben mich und legte mir seine Hand aufs Knie. Er lächelte mir aufmunternd zu, doch ich konnte Verwunderung darin sehen. Tja, er war nicht der einzige.
"Hey, es war nicht deine Schuld.", sagte er schließlich, fast etwas zu leise, als hätte er seine Stimme verloren.
Ich hörte auf das Ticken der Großvateruhr, bevor ich mit brüchiger Stimme antwortete: "Doch, war es."
"Nein, war es nicht. Sie können nicht von dir verlangen, dass du dich opferst um sein Leben zu retten, Ascarda.", Tessa lehnte sich zurück um mir ins Gesicht zu sehen. Sie sagte es mit so viel Zuversicht, dass ich fast gelacht hätte. Ich konnte es einfach nicht glauben. Ich war schuld. An so viel mehr als nur Olivers Tod.
"Wo wir schon bei Geständnissen sind...", murmelte Luke und schielte verstohlen zu Tessa.
Die Zwillinge standen auf, Luke schaute mit einem aufgeregtem Grinsen zu Boden während Tessa wütend Blicke auf ihren Bruder schleuderte.
Plötzlich zuckte er zusammen, als hätte ihn etwas erschreckt, und das war der Moment, in dem er in das vorwurfsvolle Gesicht Tessas schaute.
"Was denn?! Sie könnte eine Aufmunterung gut gebrauchen!" Er schleuderte die Wörter förmlich in das Gesicht seiner Schwester.
"Ach, bitte!", protestierte Tessa, "Du bist einfach viel zu blöd dafür, ein Geheimnis länger als ein paar Wochen für dich zu behalten."
"Warte, um was geht's hier eigentlich?", fragte ich und löste mich aus dem Schneidersitz. Keiner der beiden schenkte mir ihre Aufmerksamkeit, stattdessen schienen sie sich ein Blickduell zu liefern, von dem keiner von beiden bereit war, aufzugeben.
"Ascarda ist Familie, das ist was anderes. Außerdem kennt sie sich auf diesem Gebiet doch aus, oder nicht?" Luke griff nach seiner Tasse, die inzwischen wahrscheinlich kalten Kaffee beinhaltete, und schaute erwartungsvoll zu mir, als hätte ich die Antwort auf seine Frage. Es war klar, dass er meine Zustimmung zu seiner Feststellung wollte, dabei wusste ich doch noch nicht mal um was es eigentlich ging.
Ich ließ mir seine letzten Worte nochmals durch den Kopf gehen, als mich die Erkenntnis wie ein Schlag traf. Es konnte doch nicht sein...war es möglich...? Nein, das Gen bricht schon bei der Geburt aus, nicht später. So hatte es man mir zumindest erklärt. Aber wieviele Werwölfe kannte ich schon, um mir hundertprozentig sicher zu sein? Eindeutig nicht genug.
Langsam erhob ich mich von meinem Platz auf der Couch. "Ihr seid doch keine Werwölfe, oder?"
Im selben Moment, als ich meine Frage stellte, zischte Tessa so leise, dass es klar war, dass es eigentlich nicht für meine Ohren bestimmt gewesen war: "Sie kennt sich mit Werwolfkram aus, aber nicht mit...uns. Sie kann uns auch nicht weiterhelfen."
Ein komisches Gefühl beschlich mich. Was war hier eigentlich los?
"Wartet mal eine Sekunde! Was meinst du damit ich kann euch nicht helfen? Wobei überhaupt?" Ungeduldig baute ich mich vor meiner Verwandschaft auf und verschränkte die Arme, wobei ich immer abwechselnd einen Blick von Tessa zu Luke warf.
Luke schaute gespielt traurig. "Ach, wie schade. Jetzt weiß sie schon, dass etwas nicht stimmt. Verdammt. Wir müssen ihr alles verraten." In seiner Stimme war keine Spur von Trauer zu hören. Erleichterung und Freude nahmen stattdessen den gesamten Raum ein. Und auch wenn Tessa es nie zugeben würde, auch sie schaute erleichtert aus. Es war, als würde eine riesen Last von den Schultern der Zwillinge fallen.
Ich atmete erleichtert aus, als ich merkte, dass ich mir keine Sorgen machen musste. Wenn es ernst wäre, hätte Luke keine Scherze daraus gemacht.
"Kann mich bitte jemand aufklären?"
"Gerne.", antwortete Luke grinsend.
Und dann passierte es.
Luke setzte die Tasse an seine Lippen und trank einen Schluck. Schneller als ich zählen konnte trank er immer weiter als er seine Tasse quer durch den Raum schleuderte und den Kaffee auf den Teppichboden spuckte. Tessa und ich kugelten uns vor lachen auf den Boden, während Luke aus dem Wohnzimmer ran, wahrscheinlich um den Geschmack aus dem Mund zu bekommen.
"Was hast du mit - seinem Kaffee gemacht?", fragte Tessa zwischen ein paar Atemzügen.
"Salz.", war das einzige Wort dass ich zwischen dem ganzen Gelächter herausquetschen konnte. Tessa fragte, warum er so viele Schlücke genommen hatte, doch ich hatte ja selbst keine Ahnung. Wir lachten noch länger weiter. Irgendwann wurde meine Handfläche nass. Mit einem "EEEWW" zog ich sie aus Lukes Kaffee/Speichel-Pfütze und sah mich suchend nach einem Tuch oder sonst etwas um, womit ich meine Hand abwischen konnte.
Tessa fing noch mehr zu lachen an, und da ich meine Hand weder in den Boden, noch in die Couch oder meinen Klamotten wischen wollte, sah ich nur einen Ausweg: Tessas Hose.
Sofort verstummte ihr Gelächter und sie starrte ungläubig auf den nassen Fleck auf ihrer Jeans. Ich begann zu lachen, während Tessa eine Drohung in meine Richtung warf: "Das gibt Rache, Sanguiera. Rache." Doch auch sie konnte sich nicht lange beherrschen und zusammen lagen wir noch einige Minuten lachend am Boden.
"Haha. Sehr witzig.", sagte Luke, der am Türrahmen lehnte und böse zu mir starrte, "Salz satt Zucker. Wie originell."
"Aber es hat funktioniert!", sagte ich stolz und schenkte ihm ein triumphierendes Lächeln.
"Was auch immer. Aber wir sollten die Flecken entfernen, bevor Mum zurückkommt. Sonst war das das letzte Mal das du so gelacht hast. Oder geatmet."
Erschrocken setzte Tessa sich auf. "Er hat recht. Das Haus ist Mum's ein und alles - es ist schon seit Generation in unserer Familie, und wenn sie merkt, dass wir ihren geliebten Holztisch mit Flecken bespritzt haben, reißt sie uns die Köpfe ab.
Manchmal hab ich sogar das Gefühl, sie mag ihn lieber als uns.", fügte sie scherzend hinzu.
Ich stand auf, ging zum anderen Ende des Wohnzimmertisches und setzte mich in die Hocke. Sie hatten recht - eine großer, dunkler Fleck war auf dem Holz zu sehen. Und es sah nicht gerade schön aus.
"Wir haben nur ein Problem. Der Fleck ist schon eingetrocknet.", stellte ich fest und fuhr sicherheitshalber mit meinem Ärmel über den Fleck. Nichts geschah.
"Damit sollte es funktionieren." Luke holte ein aggressives Putzmittel aus dem Schrank und brachte schnell einen Fetzten aus der Küche, zusammen mit einem Schwamm.
"Bist du sicher, dass wir-", fragte Tessa Luke zweifelnd, als er den Schwamm mit dem Putzmittel besprühte.
"Klar, dass funktioniert schon." Luke klang ziemlich selbstsicher, als er den Schwamm ansetzte und schrubbte. Skeptisch sahen Tessa und ich uns an. Das Holz sah ziemlich teuer aus, und ich war sicher dass meine Tante nicht jedes x-beliebige Putzmittel dafür verwendete.
"Oh-oh." Luke ließ sich zurückfallen und starrte ungläubig auf das Ergebnis. Der Kaffeefleck war zwar weg, jedoch war dort, wo vorher der Fleck war, eine Einkerbung. Luke hatte das Holz abgekratzt.
Draußen knallte eine Autotür. Vor Schreck zuckten wir alle zusammen, und mit einem verzweifelten Blick stellte ich fest, dass es Tante Meg war.
"Was jetzt?!" Ratlos sah Luke zu Tessa, die sich suchen im Zimmer umsah, als wäre die Lösung hier irgendwo versteckt.
Verzweiflung machte sich auf ihrem Gesicht breit. "Wir müssen es versuchen."
"Bist du sicher?" Argwöhnisch richtete er die Frage auf seine Schwester, die einen Blick über ihre Schulter wagte und aus dem Fenster starrte. Ihre Mum war gerade dabei, die Einkäufe aus dem Kofferraum zu laden.
"Wir haben keine andere Wahl. Wenn es schief geht, geht es eben schief." Geht was schief? Doch ich war zu verblüfft um Fragen zu stellen.
"Zuerst die Couch und den Teppich.", befahl Tessa und Luke nickte. Beide hielten ihre rechte Hand einige Zentimeter über den Flecken, Tessa über dem Teppich und Luke über dem Sofa.
Sie schlossen jeweils beide die Augen, während sie irgendetwas murmelten, doch mein Herz hämmerte viel zu laut in meinem Herzen um etwas zu verstehen. Wieso war ich eigentlich so nervös? Ich hatte schon schlimmeres gemacht.
Doch Tante Meg hat mich aufgenommen, ohne Fragen zu stellen. Ich schuldete ihr was, stattdessen verwüstete ich ihr Wohnzimmer. Und was machten Luke und Tessa da eigentlich? Ich wollte ja nicht gemein klingen, aber ziemlich hilfreich sah das nicht gerade aus. Ich schaute nochmals aus dem Fenster.
Der Kofferraum wurde zugeschlagen, und als ich mich wieder zu den Zwillingen drehte, waren die Flecken verschwunden und alles sah so aus wie zuvor.
"Was zu Hölle...?" Das konnte nicht sein. Wie hatte sie das gemacht?!
"Wir erklären es später. Luke, der Tisch, schnell!"
Diesmal wollte ich keine Sekunde verpassen. Ich hockte mich hinter ihnen und starrte durch die Lücken von Tessas Finger auf die zerstörte Stelle am Tisch. Beide hatten ihre Hand davor gehalten, doch nur Luke murmelte etwas, während Tessa ihre Augen fest zusammenkniff, als würde sie sich auf etwas konzentrieren.
Plötzlich geschah etwas. Ich konnte meine Augen nicht trauen. Es war, als würde die ganze Geschichte rückwärts abzulaufen. Die fehlenden Teile wuchsen aus dem vorhanden Holz, der Kaffeefleck wieder gut sichtbar. Einige Momente lang geschah nichts. Im Hintergrunde hörte ich, wie Tante Meg die Tür aufsperrte. Dann aber schien sich der Fleck zu lösen, als wäre er nur ein Sticker, den jemand dorthin geklebt hatte. Er schwebte einige Sekunden lang in der Luft, dann verschwand er plötzlich im Nichts.
Luke und Tessa drehten sich mit einem nervösen Lächeln zu mir.
"Überraschung?"
Ich konnte es nicht fassen.
Luke und Tessa waren Hexen.
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Wie fandet ihr das Kapitel? Was haltet ihr von Tessa und Luke? :)
Ich habe eine Partnergeschichte angefangen: Also für alle, die gerne Chick-Flicks lesen, schaut bei meinem Profil vorbei! Hier ist eine kurze Inhaltsangabe:
The Match-Makers
Ich klingelte, die wärmenden Pizzaschachteln in meiner linken Hand. Ungeduldig stieg ich von einen Fuß auf den anderen. Die Kälte kroch mir bis in die Knochen, ich wollte endlich wieder ins warme Auto. Gerade als ich die Hand hob, um nochmals zu klingeln, öffnete jemand die Tür.
Aiden grinste und ließ seinen Blick über meinen in Arbeitskleidung bedeckten Körper wandern.
"Manchmal ist das Paradies nur einen Blick entfernt."
Genervt drückte ich ihm die Schachteln in die Hand, woraufhin er nur zu lachen begann.
"Das macht 12,30€."
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Gwendolyn würde am liebsten den ganzen Tag in Büchern oder ihren Lieblingsserien verbringen. Und hatte sie keine Zeit dafür, lebte sie ein schweres Leben - wenn du unter Geldmangel, einer schwerhörigen Großmutter, 3 nervigen kleinen Brüdern und einer besten Freundin, die dich mit deinem Erzfeind verkuppeln will leidest und das als ein schweres Leben bezeichnen kannst. Vor allem letzteres bereitet ihr am meisten Sorgen.
Aber wie es das Schicksal so will, muss sie jetzt auch noch fast täglich Pizza zu Aidens Haus liefern.
COMING SOON
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Partnergeschichte von shawns_dobby und BrentssGirl
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