Kapitel 2
„Ascarda?“ Oliver öffnete die Tür zu meinem Zimmer und steckte den Kopf durch einen Spalt. „Oh, du bist schon wach?“, fragte er. „Ja. Alisia hat mich geweckt. Außerdem hab ich einen Wecker, ihr braucht also nicht jeden Tag in mein Zimmer zu kommen um mich aufzuwecken.“, antwortete ich und drehte ihm den Rücken zu. Oliver murmelte etwas und drehte verschwand aus meinem Zimmer. Oliver gehörte zu meinem Rudel. Wir alle wohnten zusammen in einem riesigen Haus. Zumindest die meisten. Fast alle in meinem Alter haben in ihre Eltern bei einem Kampf vor einigen Jahren verloren. Seitdem sorgten die Erwachsenen für uns, die den Kampf überlebt haben oder inzwischen Volljährig waren. Insgesamt waren wir zwölf, fünf Erwachsene und sieben Jugendliche. Langsam quälte ich mich aus dem Bett und trappte in mein eigenes Badezimmer. Die anderen mussten sich drei Badezimmer teilen, und jeder von ihnen wusste, dass ich es nicht guthieß, wenn sie meines benutzten. Schnell stieg ich unter die Dusche, zog mir eine Hose und ein Shirt an und band mir meine Haare zu einem Zopf zusammen. Ich packte meine Tasche und ging nach unten zu den anderen. Oliver, Alec, Silas, Nathan, Selena und Deborah saßen bereits am Tisch. Sie alle waren, genau wie ich, sechzehn Jahre alt. Ich setzte mich zu ihnen an den Tisch, als Beck mit Alisia durch eine Verbindungstür zu uns stieß. „Ascarda.“ „Beck.“ „Auf ein Wort.“, verlangte er und verschwand. Seufzend stand ich auf und folgte ihm. Wir gingen in die Bibliothek und redeten kein Wort auf den Weg dorthin. Ich setzte mich auf die Couch, während Beck behutsam die Tür schloss. Als ob das was helfen würde. Oliver verstand uns mit seinem Supergehör auch so, und mit ziemlicher Sicherheit plauderte er alles aus was wir hier beredeten. „Du weißt, dass die geschlossene Tür unnötig ist? Oliver kann uns hören.“ „Ich weiß.“, antwortete Beck. Er stand mit dem Rücken zu mir und ballte die Fäuste. Ich wartete und wartete, aber es kam nichts, also stand ich auf. „Also, wenn du mich nur geholt hast, damit ich dir beim Atmen zusehe, kann ich doch auch gehen.“ Ich machte einen Schritt auf die Tür zu, als Beck sich umdrehte und mich an die Wand drückte. „Was hast du dir dabei gedacht?“, schrie er mich an. Oliver war jetzt wahrscheinlich nicht der einzige, der uns verstand. „Wobei?“, zischte ich, obwohl ich schon ahnen konnte, was er meinte. „Du warst gestern bei der Grenze. Du weißt, dass ich euch verboten habe, die Grenze zu überschreiten! Du müsstest doch am besten wissen, wieso!“ „Ich hab die Grenze nicht überschritten, Beck! Außerdem bin ich der rechtmäßige Alphawolf, und ich kann machen was ich will!“ Ich versuchte mich aus seinem Klammergriff zu befreien, doch er packte mich nur noch fester an den Schultern. „ICH bin der Alphawolf! Nicht du! Und du musst tun, was ich sage!“, fuhr er mich an. „Beck! Lass mich los!“, knurrte ich. Becks Augen leuchteten golden auf. „Solange du unter meinem Dach lebst, und in meinem Rudel, hast du zu tun, was ich dir sage.“, befahl er. „Das ist nicht dein Haus, das ist unser Haus. Meine Eltern haben es für ihr Rudel gekauft. Und das Rudel ‚gehört‘ nicht dir. Nur weil du Stammesführer bist-“ Plötzlich spürte ich, wie ich immer schwächer wurde. Das war jetzt nicht sein ernst! Becks Fähigkeit war, jemanden seine Energie zu rauben. Und genau das machte er gerade mit mir. Ich wollte mich wehren, doch ich wurde immer müder und schwächer. Die Tür wurde aufgerissen und Rick stand in der Tür. Rick hatte zwar keine besonderen Kräfte, war aber mit seinen Muskeln auch so schon angsteinflößend genug. „Beck! Das reicht!“, rief er und musste ihn mit Gewalt von mir wegzerren, als er nicht reagierte. Meine Knie gaben sofort unter mir nach, als Beck mich losließ. Erschrocken riss er die Augen auf und kniete sich zu mir. „Scheiße, Arcarda. Es tut mir leid.“ Ich wurde hochgehoben und auf die Couch gelegt. Vorsichtig setzte ich mich auf und starrte Beck wütend an. „Du Idiot! Wolltest du mich umbringen, oder was?“, fauchte ich. „Arcarda, ich sagte es reicht!“ Rick legte mir warnend eine Hand auf die Schulter. Wütend stand ich auf, wenn auch noch etwas wackelig, und stapfte aus dem Raum. Vor der Tür standen, wie auch erwartet, Oliver und Co. Ohne sie zu beachten ging ich ins Esszimmer, holte meine Tasche und rannte zur Eingangstür. „Ich fahr heute mit dem Bus zur Schule!“, rief ich, bevor ich die Tür in die Angeln schlug.
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