3.Fangspiel
Als ich wieder aufwachte, schien die Sonne durch das eingebrochene Fenster und beleuchtete den Raum, in dem ich letzte Nacht in Ohnmacht gefallen war. Der schwarzhaarige Mann war zum Glück weit und breit nicht zu sehen, weswegen ich für einen Moment erleichtert durchatmete
Ich würde mich ihm nie wieder stellen.
Mein ganzer Körper schmerzte. Eine Stelle tat mir jedoch besonders weh. Ich hob meinen blauen Kapuzenpullover hoch und berührte vorsichtig meinen Bauch, auf dem sich dunkle Flecken gebildet hatten.
Verdammt!
Dieser Bastard hatte mir schlimm zugesetzt. Ich konnte nicht mal richtig aufstehen, weil ich von gestern Abend so geschwächt war. Aber wenn ich mir nun nicht auf die Zähnen beißen würde, dann müsste ich sterben, da mich nun jederzeit jemand ungehindert töten konnte. Wieso musste ich überhaupt nach Rin laufen? Er würde auch alleine zurechtkommen, denn er befand sich ja seit einer längeren Zeit in Toshima.
Auf einmal wurde ich auf ein klirrendes Geräusch aufmerksam. Es hörte sich so an, als würde jemand Metall auf Beton schleifen. Kurze Zeit später nahm ich auch Schritte wahr. Mein Herzschlag erhöhte sich rasend schnell.
Ich ahnte bereits, wer in meiner Nähe war.
Die Scharfrichter.
Dieser eine schwarzhaariger Typ hatte ja dieses Eisenrohr bei sich, also war er es höchstwahrscheinlich, der es auf dem Asphalt hinter sich herschliff. Ohne weiterhin auf meine Schmerzen zu achten, nahm ich meine Waffe, die in der Nähe auf dem Beton lag, und krabbelte so leise wie möglich zu der Wand neben dem eingebrochenen Fenster. Ich drückte meinen Körper so gut wie es nur ging dagegen. Ich hatte keine Kraft zu kämpfen, also wollte ich in dieser Lage auf keinen Fall vor den beiden Scharfrichtern treten.
»Kätzchen, Kätzchen, Kätzchen!«, hörte ich den Blonden in seiner psychotischen Stimmlage singen. Mein Herz drohte aus meinem Brustkorb zu springen, als die Wand das einzige war, was mich und den beiden Männer voneinander abgrenzte.
Ich hoffte nur zu sehr, dass sie mich nicht bemerkten.
Als sie dann an dem Gebäude vorbeigegangen waren, in dem ich mich befand, beruhigte sich mein Herzschlag wieder. Ich wollte gerade erleichtert ausatmen und mich in einer gemütlicheren Position setzen, als ich plötzlich den weißhaarigen Jungen neben mir bemerkte. Ich konnte noch schnell einen überraschten Schrei unterdrücken und zog den Jungen an mich ran, was sich aber als keine gute Idee herausstellte.
»Ah! Pochi~ Wo bleibst du?«, hörte ich nun den Blonden nach dem Jungen in meinen Armen rufen.
Shit! Shit! Shit!
Durfte man nicht einmal Glück haben?
Die Schritte der beiden Scharfrichter stoppten für den Bruchteil einer Sekunde, als sie dann wieder ertönten und sie sich mir wieder näherten. Mein Herz setzte fast einen Schlag aus und ich spürte, wie ich in blinder Panik versank.
Ich musste weglaufen!
Jetzt oder nie!
Ich schubste den weißhaarigen Jungen vor das eingebrochene Fenster, flüsterte noch eine kurze Entschuldigung zu ihm und rannte wie eine Verrückte los. Die Schmerzen waren längst in Adrenalin umgewandelt und ich sprintete hektisch durch die Gassen.
»Ahhh! Pochi hat Kätzchen gefunden!«
Hörte ich Gunji hinter mir schreien und dann kurz später auch noch hysterisch lachen. Nun verfolgten mich die beiden Scharfrichter, weshalb ich panisch versuchte meine Geschwindigkeit zu erhöhen.
»Awww! Kätzchen lauf nicht weg! Lass uns doch Spaß haben!«
Natürlich rannte ich einfach weiter ohne nur für eine Sekunde daran zu denken stehen zu bleiben. Doch zu meinem Ungunsten kamen die Schmerzen von meinen Verletzungen hoch und so konnte ich nicht mehr lange mein Tempo halten. Mein nächster Plan war es also zu versuchen mich nur noch von den beiden Scharfrichtern zu verstecken. Somit bog ich mehrmals bei den vielen Gassen ab und suchte nach einer guten Gelegenheit die zwei Männer abzuschütteln.
Ich hatte noch nie in meinem Leben solch eine höllische Angst gehabt. Mein Körper schien langsam nachzugeben und ich fürchtete, dass ich jeden Moment zusammenbrechen würde und die Scharfrichter mich kriegen würden.
Letztendlich bog ich in ein Hochhaus ein und sprang förmlich die Treppenstufen hinauf. Als ich es bis nach oben auf die Decke geschafft hatte und mich nun im Freien befand, sank ich kraftlos auf meine Knien und keuchte völlig erschöpft. Mein Bauch brannte von dem höllischen Schmerz. Reflexartig fing ich an zu husten, musste aber zu meinem Glück kein Blut spucken, denn das wäre ein ziemlich schlechtes Zeichen für mein Überleben und für meine Gesundheit gewesen. Ich horchte eine kurze Zeit, aber nahm auch keine Schritte oder Stimmen mehr wahr. So konnte sich mein Körper auch etwas auflockern, da er bei meiner Flucht die ganze Zeit total angespannt war. Ich konnte mich für einen Moment ausruhen.
Jedoch nicht sehr lange, nachdem erneut die spielerische Stimmte von Gunji hinter mir mir ertönte.
»Gefunden!«
Mein Herz setzte fast einen Schlag aus, als ich herumwirbelte und den blonden Scharfrichter im Türrahmen entdeckt hatte. Er sprang auf mich zu und hatte seine Metallkrallen schon in Position, um mich mit ihnen tödlich zu treffen. Ich konnte seinen Angriff noch in letzter Sekunde verhindern und hielt meine Motorsäge schützend vor mich hin.
»Hat Kätzchen etwa gedacht, dass er entkommen könnte? Hyahahahaha! Das ist echt zu niedlich!«
Er bereitete sich auf einen weiteren Angriff vor und kam wieder mit seinen Metallkrallen auf mich zu, aber auch diesmal konnte ich noch rechtzeitig ausweichen. Jedoch erwischte mich seine Metallkralle doch noch kurz an der Wange. Ich rappelte mich blitzschnell auf die Füße und rannte zu der Kante von dem Gebäude, an dem ich ohne nachzudenken einfach in die Tiefe sprang und schon beinahe schreien musste.
Ich hätte all meine Knochen aus dieser Höhe her brechen können. Ich hätte sterben können. Und doch war die Angst von diesem Typen geschnappt und getötet zu werden viel größer als Selbstmord zu begehen.
»Hey! Lauf nicht wieder weg!« hörte ich Gunji noch hysterisch hinter mir schreien. Den Fall heil überstanden, war ich auf einem Berg von Müllsäcken gelandet und musste erst einmal realisieren, dass ich tatsächlich am Leben war.
So viel Glück konnte man doch gar nicht haben!
Ich atmete erleichtert aus und wollte mich am liebsten gar nicht mehr bewegen. Alles tat mir weh und ich hatte nur noch wenig Kraft übrig. Doch als plötzlich auch der blondhaariger Scharfrichter von der Gebäude sprang und fast auf mich drauf fiel, änderte sich schlagartig meine Meinung schlagartig. Ich drückte mich von der Müllhalde und rappelte mich auf meine Füße, noch bevor der Blonde mit seinem Gewicht meine Knochen brechen konnte.
Ich rannte also wiedermal los.
»Kätzchen! Warte doch mal!«
Natürlich blieb ich nicht stehen, sondern setzte meinen Weg fort. Aber als ich dann den riesigen schwarzhaarigen Type, oder auch wie Rin ihn als Kiriwar erwähnt hatte, am Ende der Gasse sich an der Wand angelehnt, erblickt hatte, blieb ich ruckartig stehen.
»Wer würde schon auf dich warten?«, fragte Kiriwar mit einem echt gruseligem Grinsen im Gesicht. Er drückte sich von der Wand und begann langsam auf mich zuzugehen. Ich machte automatisch einen Schritt nach hinten.
»Halt' die Klappe alter Mann!«, ertönte hinter mir die Stimme des Blonden.
Ich war eingekesselt. Als mir die Idee kam, mich schnell umzudrehen, in die andere Richtung zu rennen und Gunji irgendwie ausweichen, war es schon längst zu spät zu entkommen. Der blonde Scharfrichter hatte sich auf mich geworfen und ich prallte aufgrund seiner Größe und seinem Gewicht wie ein Müllsack hart auf dem Beton auf. Mein Schädel schlug dadurch heftig auf dem Asphalt auf, weshalb meine Sicht für einen Moment verschwamm. Gunji ergriff meine beiden Handgelenke, als er auf mir kniete, und hielt sie hinter meinem Rücken fest.
»Jetzt hab ich dich kleines Kätzchen«, gab er fröhlich von sich. »Ich hab' mich schon 'ne Weile gefragt, wie sich wohl deine qualvollen Schreie anhören«, verkündete er und erdrückte mich fast, als er sein ganzes Gewicht auf meinem Rücken lagerte. Ich schluckte ängstlich und fing an wild herumzuzappeln. Die Verletzung an meinem Bauch tat richtig weh und ich konnte nur ganz schwer meine Tränen zurückhalten, die sich schon bereits in meinen Augen gebildet hatten.
»Was für 'ne gefährliche Waffe für 'ne kleine Dame wie dich«, hörte ich Kiriwar sagen.
Mein Herz setzte fast einen Schlag bei dem Wort "Dame" aus.
Ich starrte den schwarzhaarigen Scharfrichter entsetzt an. Konnte es sein, dass er mich schon durchschaut hatte? Ich beobachtete ihn, während er meine Motorsäge vom Boden aufhob. Er hatte sie für eine Weile betrachtet, bevor er seinen Blick wieder zu mir wandte. Er schaute mir tief in die Augen, als er dann seinen Mund Wiedermals zu einem wolfähnlichen Grinsen verzog. Reflexartig wandte ich meinen Blick von dem gruseligen Mann ab, als auch schon der weißhaariger Junge auf allen Vieren in meine Sicht kam und an mir roch. Er drehte seinen Kopf danach zu Gunji.
»Ahhh! Pochi meint, Kätzchen hät' Shikitty's Geruch an sich.«
Meine Augen weiteten sich.
Shikitty?
Meinten sie etwa den rotäugigen Jungen?
Und wie zum Geier konnten sich Gunji und der Weißhaariger verständigen?
»Hah? Wie kann es dann sein, dass die kleine Dame noch am Leben ist?«, fragte Kiriwar und ließ seinen Blick prüfend auf meinem kleinen Körper wandern. Ich schloss meine Augen und wollte am liebsten schon tot sein. Ich hätte nur noch fünf Tage überleben müssen und nun war ich eigentlich schon so gut wie geliefert.
Auf einmal drehte mich der Blonde auf meinem Rücken und nahm meinen Kinn zwischen seinen schlanken langen Finger. Anscheinend hatte er seine Metallkralle extra dafür abgenommen.
»Hmmm? Kätzchen öffne deine Augen.«
Ich wollte nicht gehorchen.
Als Gunji jedoch meinen Bauch leicht berührt hatte, starrte ich schmerzverzogen in sein Gesicht.
»Huh? Ist etwa kleines Kätzchen verletzt?« Er drückte an meiner Verletzung herum und ich zischte leise auf. Er summte irgendeine Melodie, während er immer weiter die blaue Stelle an meinem Bauch untersuchte. Natürlich griff ich nach seinem Handgelenk und versuchte ihn davon abzuhalten, mich weiterhin zu quälen, doch ich war viel zu schwach ihn dabei zu stoppen. Auf einmal drückte er ganz fest in meine Verletzung, was verursachte, dass ich mir auf die Lippe biss, um ein schrillendes Schreien zu unterdrücken.
»Hey Kätzchen, lass mich dich schreien hören!«
Ich schüttelte meinen Kopf und funkelte Gunji böse an. Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich schlagartig und er drückte noch weiter in meine Verletzung. Wieder versuchte ich kein Laut von mir zu geben, aber ein leises Wimmern entwich letztendlich trotzdem meiner Kehle.
»Die kleine Dame hat keine Marke um ihren Hals hängen«, stellte Kiriwar fest und ging neben meinem Kopf in die Hocke.
Konnte es sein, dass der schwarzhaarige Mann nur gerne Jungs verspottete und doch nicht wusste, dass ich ein Mädchen war?
Die wichtigere Frage in diesen Moment war jedoch, wieso sich diese Kette nicht mehr um meinem Hals befand. Ich hatte mir doch eine Marke umgelegt, nachdem Emma's Butler diese mir gegeben hatte.
Gunji hatte aufgehört meine meine Verletzung zu quälen, aber seine große Hand ruhte immer noch auf meinem Bauch.
»Ah! Der alte Mann hat recht!«, stimmte der Blonde der Bemerkung seines Partners zu.
Und tatsächlich. Die Marke hing nicht mehr um meinem Hals.
»Kleines Kätzchen ist ein Regelbrecher!«
Das konnte doch nicht wahr sein!
Ich versuchte mich wieder aus Gunji's Griff zu befreien, doch er hatte mich total unter Kontrolle. Wie denn auch nicht mit seiner Größe und Kraft?
»Hmmm.. Dann muss Kätzchen aber bestraft werden!«, setzte Gunji fort und begann wieder an meiner Verletzung herumzudrücken.
»Lass mich los!«, schrie ich ihn an und schlug ihm unbewusst auf die Wange. Als ich bemerkte, was ich getan hatte, war es längst zu spät. Die blauen Augen des Blonden funkelten mich bösartig an und ich bekam die Ohrfeige, den ich ihm als erstes gegeben hatte, sogleich zurück. Ich schrie kurz auf, nachdem der Schlag auf meiner Wange ertönt war und die Stelle anfing höllisch zu brennen. Wenn das nicht reichte, drückte Gunji zusätzlich noch seine dünnen Finger in die Verletzung an meinem Bauch.
Es tat höllisch weh, aber ich unterdrückte mir weiterhin das Schreien. Stattdessen versuchte ich den Blonden zu treten.
»Was für ein ungezogenes Kätzchen«, grummelte Gunji und drückte seine schwarzgefärbten Nägel immer tiefer in meine verfärbten Haut. Ich biss mir auf die Zähne und musste schon fast anfangen zu weinen. Der Schmerz war so unerträglich, dass sich sogar meine Sicht verdunkelte und ich langsam schon Sterne begann zu sehen.
»Hiyoko mach jetzt mal schneller! Wir haben Pause und ich will meine freien Minuten nicht auf so etwas verschwenden«, sprach Kiriwar nun wieder. Gunji zog seine Metallkralle wieder an. Ich dachte er würde sofort meinem Leben ein Ende setzen, doch dann stoppte er, als die Klinge seiner Waffe leicht mein Bauch berührte
»Hmmmmm..« Der Blonde musterte mich nachdenklich.
»Mach was du willst«, sagte der schwarzhaariger Scharfrichter mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck und legte sein Eisenrohr auf seine breite Schulter.
Auf einmal wurde ich von Gunji vom Boden aufgehoben und so wie Kiriwar's Waffe, auch auf seine Schulter gelegt. Ohne groß protestieren zu können, ging er mit seinem schwarzhaarigen Kumpel los. Ich hielt mich panisch an seiner roten Kapuzenjacke fest, weil ich Angst hatte sonst mit dem Kopf voraus auf dem Boden zu fallen.
»Lass mich runter! Verdammt!«, brüllte ich wieder unter Panik.
Plötzlich ließ der Blonde mich ein Stück nach vorne fallen, sodass ich mit meinem Kopf voraus auf dem Asphalt geprallt wäre, hätte dieser mich wirklich losgelassen.
»Hör auf so laut zu sein oder ich werde dich 'samt Haar auf dem Boden schleifen«, drohte mir Kiriwar mit seiner furchteinflößend tiefen Stimme, weshalb ich nur nervös schluckte. »Oder willst du das etwa?«
So ein gruseliger Bastard!
»Nein, will ich nicht«, gab ich widerwillig zu, nachdem ich tatsächlich nicht wie ein Sack am Boden geschleift werden wollte.
Gunji zog mich wieder hoch, sodass mein Oberkörper wieder auf seiner Schulter liegen konnte.
»Hey alter Mann! Ich kann die Erziehung von Kätzchen sehr wohl übernehmen!«, maulte Gunji seinen Kumpel an, doch dieser lachte nur spöttisch.
Sie redeten über mich, als wäre ich irgendein Haustier gewesen. Es nervte mich, aber ich sagte nichts dazu. Lieber richtete ich meine Aufmerksamkeit auf den weißhaarigen Jungen, der uns auf allen Vieren folgte und seinen Kopf zu mir hochgehoben hatte. Ich hatte so ein Gefühl, als wollte er mir somit sagen, dass es ihm leid täte. Ich lächelte nur bitter und streckte meine Hand nach ihm aus, aber leider waren meine Arme nicht lang genug, um ihn wirklich zu erreichen.
Ich seufzte daraufhin und schloss meine feuchten Augen. Es war nicht sonderlich bequem auf Gunji's muskulösen Schulter, aber trotzdem konnte ich sogar nach einiger Zeit einschlafen. Ich war einfach zu müde und schwach, um mich noch länger wach zu halten.
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