Animaldoctor
"Was habe ich denn bei einem Tierarzt zu suchen? Nur weil ich nun ein Werwolf bin, muss ich noch lange nicht wie ein Hund behandelt werden", sagte ich und ließ mich trotzig in den Beifahrersitz fallen. Scott hatte sich den Jeep von Stiles ausgeliehen und raste über die einsame Straße. "Er ist außerdem ein Druide. Er kennt sich gut mit dem Übernatürlichen aus", erwiderte er und hielt vor einem eher unscheinbaren Gebäude. "Darf ich bitten", sagte Scott übertrieben höflich und hielt mir die graue Eisentür auf. Ich warf ihm einen zögerlichen Blick zu, trat letztendlich aber doch in das Gebäude. "Scott, schön dich zu sehen. Wer ist das?", fragte ein dunkelhäutiger Mann in einem weißen Kittel und musterte mich skeptisch. "Das ist Liz. Wir vermuten, dass sie letzte Nacht gebissen wurde. Sie hat sich während dem Biologie-Unterricht mit einem Skalpell geschnitten, mit dem wir zuvor Wolfswurz zerteilt hatten. Das ist also lediglich eine Routineuntsrsuchung." Der Doktor öffnete eine kleine Tür, die zu seinem Behandlungsraum führte. "Setz dich doch", sagte er mit freundlicher Stimme und deutete auf einen kleinen Behandlungstisch. Der Doktor wendete sich seinen Gerätschaften auf der anderen Seite des Raumes zu. Ich ließ mich zögerlich auf den Tisch fallen und schaute nervös zu Scott. Dieser lächelte mich nur aufmunternd an und half dem Doktor. "Und Sie kennen sich also mit... Leuten wie mir aus?", fragte ich etwas angespannt und rutschte verlegen auf dem Tisch herum. "Das kann man so sagen", erwiderte er und kam mit einer Spritze auf mich zu. "Was ist das?", fragte ich, als er meinen Arm festhalten wollte, damit er mir die Nadel darein stechen konnte. "Eine Art Medikament. Es wird die Wirkstoffe des Eisenhuts unschädlich machen, bevor sie sich in deinem Organismus ausbreiten können", erklärte Deaton und nutze die Gelegenheit, um mir die Spritze in den Arm zu rammen. "Hey", rief ich überrascht, versetzt mit einem Hauch von Schmerz. "Schon vorbei", sagte Deaton nebenbei und tupfte etwas Blut von meinem Oberarm.
Nachdem ich die Klinik verlassen hatte, fühlte ich mich etwas ratlos. Was sollte ich jetzt nur tun? Ich kam mit der gesamten Situation noch nicht wirklich zurecht und fragte mich, ob ich meinen Freundinnen davon erzählen sollte. Entweder hielten sie mich für verrückt oder für einen Freak. Mehr Möglichkeiten gab es im Grunde nicht. "Mach dir nicht so viele Gedanken", sagte Scott und legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich seufzte. Er hatte ja irgendwie Recht, mir darüber den Kopf zu zerbrechen brachte mich nicht weiter. Also stieg ich in Stiles' Jeep, der immer noch vor der Tierklinik parkte. "Und wohin geht es jetzt?", fragte ich Scott, der sich soeben auf den Fahrersitz fallen ließ. "Das ist mir egal. Möchtest du nach Hause zu deinen Freundinnen oder hast du einen anderen Vorschlag?", fragte er und startete den Motor. Ich überlegte kurz. Mir fiel plötzlich wieder ein, dass Ann, Lynn, Bella und ich heute noch shoppen gehen wollten. Obwohl es Sommer war, veranstaltete ein Club in der Stadt eine Kostümparty. Ich würde dafür wahrscheinlich nicht mal ein Kostüm brauchen. Ich müsste mor nur ein Halsband anlegen und dann wäre ich der nette Hund von nebenan. Zugegeben, der war schlecht. " Könntest du mich nach Hause bringen?", fragte ich Scott, der schon fünf Minuten auf meine Antwort gewartet hatte. Er nickte und der Wagen setzte sich in Bewegung. Ich kramte mein Handy aus der Hosentasche heraus und warf einen Blick auf das Display. Mist, ich hatte sechzehn verpasste Nachrichten von meinen Freunden.
Du bist so plötzlich verschwunden. Geht es dir gut?, lautete eine Nachricht von Lynn. Liz, wir waren auf der Krankenstation, aber du warst nicht da. Wo bist du? , wollte Ann wissen. Bella hatte keine Fragen, was eher ungewöhnlich für sie war. Ich wurde von meinem Star-Wars-Klingelton aus meinen Gedanken zurück in die Gegenwart geholt. Ein Anruf von Bella. Das war klar, dass sie es nicht lange ohne die nötigen Antworten auf die Fragen, die in ihrem Kopf herumschwirrten, aushalten konnte. Sollte ich ran gehen? Ich nahm den Anruf an. Jetzt gab es kein Zurück mehr. "Liz?", hörte ich Bella etwas unsicher fragen. "Ja?", gab ich in einem Frageton zurück. "Wo bist du? Wir haben dich nach dem Unterricht überall gesucht." Was sollte ich darauf antworten? Ich bin zum Tierarzt gefahren, weil ich jetzt ein halber Hund bin. Das war zwar die Wahrheit, hörte sich aber mehr als bescheuert an. "Ich hatte mich mit einem Skalpell geschnitten und das musste verarztet werden", antwortete ich nach einer kurzen Pause. "Na dann hoffe ich, dass es dir jetzt wieder einigermaßen gut geht. Immerhin wollen wir uns heute die Kostüme für die Party besorgen." Die Party hatte ich schon beinahe wieder vergessen. "Stimmt ja", lachte ich nervös. "Was ist los? Kommst du etwa nicht mit?", fragte Bella mit einem Hauch Enttäuschung in der Stimme. " Doch, natürlich", beeilte ich mich zu sagen. "Gut." Bella schien zufrieden zu sein. "Dann sehen wir uns in einer halben Stunde in der Mall", sagte sie noch, bevor sie auflegte. Scott schaute mich etwas misstrauisch an. "Eine Party? Der Vollmond rückt immer näher und ein junger Werwolf wie du kann seine Emotionen noch nicht kontrollieren." Wollte er mir damit etwa sagen, dass ich die beste Party des Sommers verpassen sollte? "Wen interessiert das? Nur weil ich gebissen wurde, heißt das noch lange nicht, dass ich mein komplettes Privatleben über den Haufen schmeißen soll", sagte ich und verschränkte trotzig meine Arme. Ich würde ohne Zweifel zu dieser Party gehen. Das konnte mir Scott nicht verbieten. Und selbst wenn, dann würde ich mich heimlich davon stehlen.
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