17.
Nachdem ich mich in eine Nicht-Panda-Version von mir selbst zurückverwandelt und meine Haare gebändigt hatte, überließ ich Damian widerwillig das Steuer.
Das Navi führte uns in ein Nobelviertel Tallahassees, ähnlich dem, das ich in Detroit verlassen hatte. Mit meiner Einkommensplanung hatte ich ganz offensichtlich irgendetwas falsch gemacht.
Nun, da Damian den Wagen steuerte, wurden meine Hände schwitzig und ich knetete sich in meinem Schoß. Der leise Gedanke, den ich die gesamte Fahrt über in ihren Hinterkopf geschoben hatte, wurde laut. Was, wenn es eine Falle war?
Ein absurder Gedanke, das war mir klar. Schließlich war Damian die ganze Zeit in meiner Nähe gewesen und hatte auch kein Handy bei sich, aber trotzdem wollten meine Sorgen nicht gänzlich schweigen. Doch selbst, wenn es eine Falle war, ich konnte mich doch verteidigen. Ich konnte mich sogar sehr gut verteidigen.
Ich holte tief Luft.
Wir hatten das Stadtzentrum umfahren und waren nun in einem Villenviertel angelangt. Vergitterte und mit Sicherheitskameras ausgestattete Einfahrten säumten die Straßen.
»Hübsche Gegend«, murmelte ich.
Damian antwortete nicht und steuerte eine der Einfahrten ein. Ein riesiges Stahltor verbarg das Gebäude, das dahinter lag. Er ließ das Fenster hinunter und drückte auf einen Knopf, der dezent in den Torpfosten eingelassen war. Ein Name stand nicht daran.
Es dauerte nicht lang, da summte etwas und eine Kameralinse fokussierte sich auf den Maserati. Erst musterte sie den Fahrer, dann mich auf dem Beifahrersitz.
Ich hielt kurz die Luft an und zwang mich dann aber zur Ruhe. Es würde alles gut werden. Wir besuchten nur einen Freund von Damian, der sich sicher nicht auf mich stürzen würde, sobald Damian ihm ein geheimes Zeichen geben würde. Kein Grund zur Panik
Ein weiteres Surren ertönte und das Tor schob sich langsam auf. Das Gras neben der Auffahrt war ordentlich getrimmt und keine anderen Pflanzen erstreckten sich auf dem Gelände. Keine Hecken, keine Blumen, keine Bäume. Nur in einiger Ferne sah ich etwas, das wie Statuen aussah.
Seltsames Grundstück. Es ähnelte mehr einem Golfplatz als einem Garten.
»Mein Freund nimmt es mit der Sicherheit sehr genau«, sagte Damian. »Hier gibt es keinen unbeobachteten Winkel.«
»Mhm.« Ich kam nicht umhin, zu denken, dass Riley so etwas vielleicht auch nicht geschadet hätte.
»Entspann dich«, sagte Damian. »Ich bin bei dir.«
»Das ist ein zusätzlicher Stressfaktor.« Trotzdem gelang es mir, durchzuatmen. Hier konnte ich so tun, als wäre das ein normaler Job. Nicht, wie das ... was auch immer das heute Nacht gewesen war. Diese Distanz hier gefiel mir besser.
Paradoxerweise war genau das der Grund, warum ich Damian erlaubte, als Erstes auszusteigen und mir aus dem Auto zu helfen. Ich wehrte mich nicht einmal gegen die Hand auf meinem Rücken, als er mich zur Eingangstür führte und ein zweites Mal klingelte.
Meine Waffe ließ ich im Auto. Ich hatte viel zu wenig an, als dass ich sie vor Damians Freund versteckt halten könnte. Ihr fehlen führte mehr als jedes Kleidungsstück dazu, dass ich mich nackt fühlte.
Ich begab mich freiwillig in die Höhle des Löwen.
Wie wortwörtlich ich diese Angst nehmen musste, hatte ich allerdings nicht erwartet. Denn als sich die Tür vor uns öffnete, war mir das Gesicht dahinter nicht so unbekannt, wie ich es mir gewünscht hätte.
Mark.
Damians Kumpel war Mark. Der Widerling, der mich in Detroit in seine Drogenhöhle entführt hatte. Es war zweifellos der gleiche Mann, die aufgerissene Wange und die Beule an seiner Stirn, die er mir zu verdanken hatte, sprachen eine eindeutige Sprache.
Shit. Shit shit shit.
Der Mark, der mir etwas von einem Neustart in Detroit erzählt hatte und davon, die bisherigen Herrscher der Stadt von ihren Plätzen zu verstoßen.
Ich steckte in gewaltigen Schwierigkeiten. Wir steckten beide in gewaltigen Schwierigkeiten.
Adrenalin pulsierte durch meine Adern.
Wahrscheinlich erkannte er mich auch gar nicht wieder. Ich hatte schließlich mein Drogenabhängigen-Make-up im Gesicht gehabt, als wir uns das letzte Mal gesehen hatten, und es war dunkel gewesen.
Jetzt machte sich ein Lächeln auf Marks Gesicht breit und jetzt war wirklich jeder Zweifel verschwunden. Dieses schmierige Grinsen würde ich so bald nicht wieder vergessen.
»Damian. Das ist eine Überraschung«, begrüßte Mark seinen ... Freund.
Vielleicht konnte ich ihn mit nur einem Blick warnen? Ich sah zu Damian hinüber und wäre beinahe das zweite Mal erstarrt. Alles Spielerische, alles Scherzhafte, das ich manchmal geglaubt hatte, in Damians Zügen aufblitzen zu sehen, war verschwunden.
Das Eis in seinen Augen war gefroren. Seine Schritte strotzen vor Selbstbewusstsein, als er unaufgefordert an Mark vorbeiging und das Haus betrat. In seinem Blick lag die gleiche kühle Arroganz, mit der er mich bei unserem ersten Treffen gemustert hatte.
Ganz der professionelle Geschäftsmann. Ganz der Mafiaboss.
»Alte Vertraute vergisst man nicht so schnell«, erwiderte Damian nun auf Marks Begrüßung, während er mit mir im Arm in ein großzügiges Wohnzimmer schlenderte.
»Und du hast jemanden mitgebracht?« Marks Blick glitt zu mir – und an mir herunter. »Auch noch so eine Schönheit.«
Ich schlug die Augen nieder, aber in mir kochte es. Aber es hatte nie mehr gezählt, meine vorgesehene Rolle zu spielen.
»Dachte ich mir, dass sie dir gefallen würde.« Damian zog mich kurz an sich. Es war keine zärtliche Geste, vielmehr fühlte ich mich wie eine präsentierte Beute.
Noch so ein Spruch und ich konnte nicht garantieren, dass ich Damians Kopf auf seinen Schultern lassen würde.
Unaufgefordert ließen wir uns auf der breiten weißen Ledercouch nieder. Mark setzte sich nach einer Weile auf den Sessel uns gegenüber. Es war, als wäre er hier der Gast.
»Wie du dir wahrscheinlich denken kannst, bin ich nicht nur zum Vergnügen hier«, nahm Damian den Faden wieder auf und legte im gleichen Zug seine Hand besitzergreifend auf mein Knie.
»Das dachte ich mir.« Marks Lächeln war dünner geworden. Ich drückte mein Knie gegen Damians Hand. Vielleicht würde er den Hinweis irgendwie verstehen. »Worum geht es?«
»Mir machen einige Leute Schwierigkeiten«, sagte er stattdessen nur langsam, auch wenn er mir einen Blick zugeworfen hatte. »Meine Kleine hier spielt dabei eine besondere Rolle.«
Bring mich doch einfach nicht mit ihnen in Verbindung, flehte ich, aber wie sollte ich Damian begreiflich machen, dass er den Mund halten sollte?
Marks Blick ruhte schon viel zu lange auf mir. »Schwierigkeiten welcher Art?«
»Hast du schon einmal von einer Gruppierung mit dem kreativen Namen ›die Jungs‹ gehört?«
Schweigen folgte auf Damians Worte und ich sah Marks Augen sich weiten.
»Die Jungs?«, hakte Mark schließlich nach, ein winziges Zittern in seiner Stimme. »In Detroit?«
Damians Hand auf meinem Bein zuckte und ich schöpfte etwas Hoffnung.
»Sie machen mir Ärger«, sagte er langsam.
»Dir?« Mark hatte sich gefangen. »Wer wäre so dumm, dir Ärger zu machen?«
»Nur jemand, der noch nicht weiß, mit welchen Konsequenzen er zu rechnen hat.« Das Lächeln auf Damians Gesicht war das eines Raubtieres. »Aber jetzt kann ich sie schlecht weiter ignorieren.«
Marks Augen verdunkelten sich kaum merklich. »Ich soll sie ausfindig machen?«
Damian nickte. »Je schneller desto besser.«
»Und damit kommst du natürlich zu mir.«
Ich rutschte unruhig auf meinem Platz hin und her und warf einen verstohlenen Blick auf Damian. Ich musste allein mit ihm sprechen und ihn darüber informieren, wen wir vor uns hatten.
»Du kennst dich einfach besser mit den Gruppierungen in Detroit aus als jeder andere«, sagte Damian.
»Kühl wie immer«, sagte Mark. »Aber dann erzähl doch, weshalb du hier bist. Um welchen Ärger handelt es sich genau?«
Ich legte eine Hand auf Damians Arm, versuchte es möglichst wie eine vertraute Geste aussehen zu lassen und drückte seinen Arm vorsichtig. Hoffentlich bemerkte er, was ich von ihm wollte.
Und tatsächlich. Er schenkte mir einen Blick, schien herausgefunden zu haben, dass ich versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erlangen ... und wandte sich wieder Mark zu.
Bitte, was?
»Die Jungs haben jemanden in ihrer Gewalt, der unter meinem Schutz steht«, sagte er kalt.
»Und wie hängt das Mädchen mit drin?«, fragte Mark und sein Blick wanderte erneut über meinen Körper. Ich erschauderte. Was für ein widerlicher Kerl.
»Durch sie steht dieser jemand unter meinem Schutz«, erwiderte Damian. Seine Blicke kühlten den gesamten Raum aus und brachten Mark zum Schlucken.
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte dieser dann, diesmal wieder ernst, und erhob sich. »Macht ihr zwei es euch doch hier kurz gemütlich und ich werde sehen, was ich in die Wege leiten kann.«
Damian antwortete nur mit einem knappen Nicken und Mark verließ den Raum.
Ich setzte sofort zum Sprechen an, aber Damian drückte mein Bein, ehe ein Laut meinen Mund verlassen konnte, und sagte: »Lass uns nach draußen gehen.«
Irritiert musterte ich ihn. »Nach draußen?«, echote ich.
»Es ist ein schöner sonniger Tag.«
Was zur Hölle war denn nun mit ihm los?
Ich runzelte die Stirn zwar, nickte dann aber. Wehe, er dachte sich nichts Gescheites dabei.
Er half mir auf und reichte mir seinen Arm. Wortlos ergriff ich ihn, sah ihn aber weiterhin mit zusammengekniffenen Augen an.
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