1. Babysitter
Zereen
Vorsichtig parkte ich ein und stieg aus dem weißen Lamborghini, den Blick auf das große weiße Gebäude vor mir gerichtet. Mit einem genervten Seufzen ging ich los, auf die Psychiatrie zu. Warum ich hier war? Nun, mein Chef hatte mir befohlen, hier einen Psychopathen abzuholen, der uns scheinbar im Fall "The Webkiller" helfen konnte. Sobald ich ihn geholt hatte, würde ich auf ihn aufpassen müssen, sozusagen als Babysitter. Und dieser Irre war anscheinend auch noch Hacker und Scharfschütze, laut seiner Akte. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie er aussah. Es hieß, er wäre kamerascheu. Oder so. Nun ja, nichts davon änderte etwas daran, dass ich für ihn Babysitter spielen musste.
Die glaslose Eingangstür hinter mir zufallend durchquerte ich den Empfangsbereich und steuerte auf den Tresen zu. Die Brünette dahinter steckte ihre Nase in ein Modemagazin, scheinbar hatte sie nichts anderes zu tun. "Guten Tag", riss ich sie in die Realität zurück, "ich bin geschäftlich vom FBI hier um einen Patienten dieser Einrichtung abzuholen." Die Frau hob den Kopf und blinzelte mich an, wobei ich fast einen Herzinfarkt bekam - Mal ehrlich, warum schminkte sich immer jede Frau so als würde sie sich als Gruselclown verkleiden wollen? *"Patsients'n? Oh, tsie meinen dietsen illen Fleak. Dlittets Stockwelk, letstets Tsimmel lechts." Damit schenkte sie mir ein erzwungenes Lächeln, wobei sie mir übergroße Hasenzähne zeigte, und blickte wieder in ihr Magazin. Zum Glück hatte ich ihre Worte entziffern können, sonst hätte jede Fragerei dank ihrer Lispelei - wenn man das so noch nennen konnte - nichts genützt.
Den Angaben entsprechend stieg ich die Stufen in den dritten Stock hoch, um den Gang entlang zu gehen bis ich die Tür erreicht hatte. Nach kurzem Zögern riss ich die Tür auf und schritt in das Zimmer, das überraschend spärlich eingerichtet war. Allein ein Schrank, ein unbenutztes Bett und ein Schreibtisch samt Computer befanden sich in dem Raum - und alles hier drin war verdammt noch mal weiß. Wenn man vor dem Einzug noch nicht irre gewesen war, würde man es hier drin garantiert werden. Als ich hinter dem Monitor einen schwarzen Haarschopf ausmachte, schloss ich die Tür hinter mir. "Ich hoffe du hast schon gepackt, Akaya, denn du reist jetzt ab."
Akaya
Ich tippte gerade auf den verschiedensten Tasten herum, als eine Stimme ertönte. Mein Kopf tauchte hinter dem Monitor auf. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass jemand ins Zimmer gekommen war, so vertieft war ich in meine Arbeit. Eine schwarze Strähne aus dem Gesicht streichend blinzelte ich den Special Agent aus hellblauen Augen erst irritiert an, bevor ich grinste. "Natürlich." Mehr fügte ich nicht hinzu.
Es war ihm sichtlich anzusehen, dass er sich einen Psychopathen anders vorgestellt hatte. Was hatte er denn gedacht? Dass ich vor mich hin brabbelnd am Boden herum kroch und ihn anfauchen würde, wenn er hereinkäme? Ich war doch kein dämlicher Irre aus dem Hochsicherheitstrakt. Naja, eigentlich sollte ich ja dort hin, aber da ich kein paranormales Verhalten zeigte wie die Anderen, hielt man es für unklug mich dazu zu werfen. Und so bekam ich ein Einzelzimmer im ersten Trakt.
Ich streckte mich und stand auf. Wie jeder im ersten Trakt trug ich ein weißes Hemd, eine weiße Hose, weiße Socken und weiße Turnschuhe - Vermutlich wollten sie durch das ganze Weiß immer sehen können wo Blut oder andere Körperflüssigkeiten ausgetreten waren. Ich kannte mich mit dem Zeugs jedenfalls nicht aus. Ren war der einzige von uns, der praktisch alles davon wusste. Nun, ich schweife ab: Jedenfalls, die einzige Farbe an mir stellten rote Handschuhe dar, die mir bis über den Ellenbogen gingen.
"Es scheint so als wüsstet ihr meinen Namen, ich aber nicht ihren. Würdet ihr ihn mir denn verraten?" Ein Lächeln begleitete meine Worte, das deutlich den Spott verlauten ließ, den meine Siezerei ausdrückte. "Mein Name lautet Zereen ONille, wie du ja jetzt weißt. Für dich aber immer noch Special Agent ONille", antwortete mein Gegenüber mit einem Hauch von Ärger in der Stimme. "Jaja, Spegent Vanille" ich verdrehte die Augen, was ihn scheinbar noch wütender machte - also entweder das, oder dass ich die zwei Worte seines Ranges verbunden und ihn nach einer Pflanze benannt hatte.
Doch unterdrückte er seine Wut gekonnt, wie ich merkte. Mit einem amüsierten Schmunzeln zog ich den USB-Stick aus dem Computer und steckte ihn in eine Tasche, die links neben mir stand. Kurz darauf ergriff ich diese und schleppte sie hinter mir her - Wie man vielleicht wissen sollte, war ich nicht der Stärkste. "Können wir...?", fragte ich immer noch grinsend und hob eine Augenbraue.
Zähneknirschend nickte der Special Agent und bedeutete mir, vor ihm zu gehen. Lächelnd ging ich los, erst den Gang entlang und dann die Treppe runter. Mit einem letzten Zwinkern zu der Brünette, die dieses natürlich nicht registrierte, ging ich aus der Tür. Blinzelnd sah ich in den Himmel, den ich lange nicht mehr gesehen hatte und den ich auch noch nie gemocht hatte, als mich ONille schon am Arm packte und zu einem Lamborghini dirigierte. Meine Tasche nahm er mir ab, um sie in den Kofferraum zu werfen. Bevor ich irgendetwas sagen konnte, wurde ich auch schon auf den Rücksitz gepackt. "Mõ~, ihr seid echt gemein", fing ich an zu schmollen und verschränkte meine Arme vor der Brust. Während er den Motor startete und das Auto auf die Straße lenkte, entgegnete er knurrig: "Denkst du, ich mache das, weil es mir Spaß macht?"
"Niemals! Wie kommen sie nur darauf, dass ich so etwas denken würde?"
"Das war eine rhetorische Frage, du ..."
Scheinbar fiel ihm nichts mehr ein. Zum ersten Mal musterte ich ihn genauer, also was sein Aussehen anging, jetzt hatte ich ja noch Zeit. Er war wirklich attraktiv, das musste man ihm schon lassen. Goldbraune, leicht zerzauste Haare, gold-hellbraune Augen und eine beachtliche Statur mit Muskeln - So weit ich das unter seiner Kleidung erkennen konnte. Ihm liefen bestimmt eine Menge Frauen hinterher.
Was störte mich an dem Gedanken nur? Ich verstand eh nicht, dass gerade ich über so etwas nachdachte... Als ich den verärgerten Ausdruck auf seinem Gesicht betrachtete, erschien wieder ein amüsiertes Lächeln auf meinem Gesicht. Das sollte also mein Babysitter sein...
* Patienten? Oh, sie meinen diesen irren Freak. Drittes Stockwerk, letztes Zimmer rechts.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro