Kapitel 31
„Wieso hörst du auf? Das sah so entzückend aus." Seine Worte hätten neckisch klingen können, wenn da nicht der harte Tonfall in seiner Stimme liegen würde. Ich hob herausfordernd eine Augenbraue. Merkwürdig, dass mir ausgerechnet heute danach war auf ihn zu reagieren. Er musterte mich intensiver, unverhohlen wie immer, ohne jeglichen Anstand, doch etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet. Es schien ihn zu amüsieren, dass er mir eine Reaktion entlockt hatte.
„Du hast dir eins der neuen Kleider ausgesucht", stellte er fest. Ohne ein Lächeln, ohne den winzigsten Anschein einer Regung auf seinem Gesicht.
Ich zuckte mit den Schultern. Und? Meine Lippen blieben geschlossen, aber meine Augen blitzten. „Deine Gedanken interessieren mich immer noch brennend. Was denkst du darüber, dass dein Geliebter dich mir einfach überlassen hat? Darüber, dass dein Vater dich umbringen wollte und wahrscheinlich immer noch will? Wieso versuchst du nicht zu fliehen?" Er betrachtet mich, als wäre ich ein rätselhafter Gegenstand. Eine dieser verschlüsselten Truhen, bei denen nur ihr Erschaffer weiß, welcher Mechanismus das Geheimnis des Verborgenen freilegte.
„Ich frage mich tatsächlich, wo die eiskalte Kriegerin ist, die ganze Familien ausgelöscht hat. Was muss ich tun um sie hervorzulocken?" Ich hob den Kopf. Zum ersten Mal seit sich hier war, erwiderte ich seinen Blick, hielt ihm stand. In dem smaragdfarbenem grün, welches mit jedem Augenblick dunkler zu werden schien, fehlte ausnahmsweise jeglicher Hohn. Ich sah nicht einmal den Hass, den ich schon so oft spüren musste. Ich erkannte, dass er es tatsächlich einfach nur wissen wollte und schreckte zurück, als ich darüber nachdachte, wie gerne ich es ihm erzählen würde. Wie gerne ich mich rechtfertigen würde. Für alles, was ich getan hatte. Für alles, was ich noch tun würde.
„Warst du schon mal jemandes Gefangener?" Meine Stimme drang klar durch den Raum. Ich hörte ihr Echo im unteren Teil der Bibliothek widerhallen. Dunkelheit zog auf, während sich Vaughns Miene nicht änderte. Trotzdem meinte ich eine Antwort zu erkennen. Ich spürte es in der aufsteigenden Kälte, der Wut der Schatten. Im Angesichts des Todes zu stehen und er selbst zu sein. Wir hatten das gemeinsam.
„Und wie lange?" Ich hielt seinem Blick stand, obwohl die Geschwindigkeit meines Herzschlags bedrohlich zunahm. Die Luft knisterte und die Spannung war kaum noch auszuhalten. Mit jedem Augenblick, den wir einander ansahen, mit jedem flachen Atemzug, der sich durch meine Lungen presste.
Zu lange. Ich nickte. Ein kalter Schauer nahm Besitz von mir und ließ mich nicht mehr los. Seine Augen wurden dunkler. Die Angst in mir stärker.
Ein weiteres Beben erschütterte die Luft in der Bibliothek und aus einem gleißend hellen Nebel trat ein junger Fae. Männlich und bildschön. Der Anblick seiner Augen ließ mich erstarren. Sie waren wie Spiegel. So weiß, dass ich mich selbst sehen konnte.
„Grüßt euch." Seine Augen nahmen nun einen blassblauen Ton an und er sah mit schief gelegtem Kopf zwischen Vaughn und mir hin und her.
„Was willst du hier, Rouven?" Vaughn ließ mich nicht aus den Augen. Er hatte das Erscheinen des Fremden nicht einmal mit einem kurzen Blick zur Kenntnis genommen. „Habe Schwingungen gespürt. Dachte ich schau mal vorbei. Zu wessen Schutz auch immer."
Ich runzelte verwundert die Stirn. Seine Aussage ergab keinen Sinn.
„Du kannst wieder gehen." Ich dachte mich verhört zu haben, als ich eine gewisse Freundlichkeit neben der üblichen Schärfe in seiner Stimme vernahm und sich auf dem Gesicht des Fremden ein amüsiertes Grinsen ausbreitete.
„Er tut immer nur so." Meine Überraschung war mir anscheinend anzusehen, als ich angesprochen wurde. Der Fae zwinkerte mir zu und Vaughn presste seinen Kiefer hart aufeinander. Er fand das Ganze anscheinend nicht so amüsant.
„Jetzt weiß ich jedenfalls wieso du sie vor allen versteckt hältst." Mit einem frechen, tadelnden Zug um die schönen Lippen erwiderte er Vaughns Blick herausfordernd.
„Verschwinde jetzt." Vaughn knurrte mehr als das er sprach und ich begriff in diesem Moment, dass Rouven unmöglich wissen konnte, wer ich war. Oder was ich getan hatte.
„Du solltest sie für heute Abend einladen. Oder hast du Angst, sie könnte dir die Show stellen?"
Ich sah den Zwiespalt in seinen Augen und stellte zu meiner eigenen Überraschung fest, dass ich nicht wollte, dass er diese Herausforderung annahm. Ich wollte nicht auf sein Volk treffen, auf seine Vertrauten. Als wäre auch er zu genau diesem Schluss gekommen, nickt er zustimmend. Es erschien ein Lächeln auf seinen Lippen, das mir ganz und gar nicht geheuer war.
„Du wirst kommen."
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Habt ihr eine Vermutung, wie dieser Abend aussehen könnte?
Wir planen bald unseren Sommerurlaub und ich freue mich jetzt schon so so sher mal rauszukommen! Habt ihr schon Pläne für dieses Jahr?♥ Schönen Sonntag für euch ✨
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