Der Ex
Klopfen. Es klopft an meiner Tür. Ich atme tief ein und gähne. Rieche aber etwas... anderes. Stirnrunzelnd und blinzelnd mache ich meine Augen auf und sehe nur nackte Haut vor mir. Perplex bleibe ich liegen, ehe die Zimmertüre aufgeht und ich mich nur noch reflexartig aufsetze und mit großen Augen meine Mutter ansehe, die das Licht angemacht hat und mich ein klein wenig vorwurfsvoll ansieht. "Du weißt, dass es 10 Uhr ist, oder?" Sofort entspanne ich mich und lasse mich wieder auf die Couch fallen, wo ich sofort von Tim wieder in die Arme genommen werde. Der scheint noch fest zu schlafen.
"Wie lang wart ihr bitte noch auf?", fragt sie und als ich keine Antwort gebe, verdreht sie die Augen, wie es nur Mütter können. "Erwartet kein warmes Mittagessen, wenn ihr nicht rechtzeitig runter kommt.", meckert sie, macht aber das Licht wieder aus und schließt die Tür. Na toll. Ich bin wach. Dank dem Schrecken meiner Mutter. Aber wenigstens könnte ich noch schlafen. Wenn es funktionieren würde. "Deine Mutter ist echt nett... stürmt einfach so in dein Zimmer... während dein Freund da ist.", ertönt es plötzlich von Tim und ich reiße überrascht meinen Kopf zu ihm. Durch die abgedunkelten Fenster dringt so viel Licht, dass ich ihn einigermaßen sehen kann.
Der braunhaarige ist wach. Sieht mich mit einem Auge an, während das andere geschlossen ist und vom Kissen bedrückt wird. "Wir könnten Dinge machen... die sie nicht sehen wollen würde.", fügt er hinzu und ich fange an zu schmunzeln. "Was... Sex? Sprich es aus. Wir sind erwachsen, mein lieber.", entgegne ich und er fängt das grinsen an. "Sex, Ficken, Vögeln... wie auch immer du es betiteln willst.", meint er nur und ich schüttle amüsiert den Kopf, ehe er mit einen Teil der Decke wieder hoch hält. "Es ist kalt. Komm wieder drunter."
Nach kurzem überlegen stimme ich zu und lege mich wieder zu ihm unter die Decke. "Kann es sein, dass du sofort eingepennt bist?", fragt Tim und ich sehe zu ihm hoch. Wir liegen Bauch an Bauch, sodass die Decke reicht. "Wieso?" Der braunhaarige legt seinen Arm auf meinen Rücken und schmunzelt weiter. "Ich wollte dich noch etwas fragen. Aber du warst schon weg." Ich mache es ihm gleich und lege meinen rechten Arm auf seinen Rücken. Seine Haut ist überraschend weich. Keine Narben sind zu spüren. "Nach dem Vieh und der Todesangst? Hast du erwartet, dass ich lachend in ne Kreissäge laufe, oder wie?"
Seine Finger fangen an, ein wenig herum zu fahren und er muss wieder amüsiert schnauben. "Nein... um ehrlich zu sein habe ich mit gar nichts gerechnet. Sondern es einfach auf mich zukommen lassen." Ich räuspere mich. "That's what she said...", flüstere ich und er kneift mir in meinen Rücken. Ich drücke diesen durch und verkneife mir ein kleines empörtes aufkreischen. "Was sollte DAS jetzt schon wieder?", frage ich und werde wieder an ihn gedrückt. "Tut mir leid... Private Gründe.", meint er und ich verdrehe die Augen, ehe ich mich umdrehe und mein Rücken nun wieder an seinem Bauch ist.
"Was... bist du beleidigt?" Tim streicht über meinen Bauch und ich weiß nicht, wieso ich es zu lasse. "Das hat weh getan... Ich bin nun mal ein normaler Mensch... Empfindlicher als du.", murre ich und spüre im selben Moment, wie etwas gegen meinen Hinterkopf drückt. Nicht sicher, was es war, lege ich meinen Kopf in den Nacken und sehe ihn stirnrunzelnd an. Ich kann sein Gesicht erkennen, weshalb er meines auch sehen sollte. "Ist ja gut, ich entschuldige mich ja.", murmelt er und ich reiße meine Augen auf, als er seine Lippen auf meine Stirn bringt. Im Moment bin ich eine Ziege in Schockstarre. Bewegen? Nicht möglich.
Als seine Lippen sich wieder entfernen habe ich das Gefühl, dass sie immer noch da sind. Mein ungläubiger Blick trifft seinen, der wiederum ruhig ist. "Das war meine Entschuldigung. Und jetzt sieh mich nicht so an, als ob das noch nie jemand gemacht hat.", brummt er und verzieht leicht sein Gesicht. Langsam steigt die wärme in mein Gesicht und ich lege meinen Kopf wieder normal hin. "Nur mein Vater oder meine Mutter...", murmle ich leise vor mich hin und merke, wie er sein Gleichgewicht ein wenig anders verteilt. "Du... Du hattest schon einmal einen Freund, oder? Einen richtigen."
Ich schrumpfe ein wenig in mich zusammen. "Ja...", erwidere ich und wieder beginnt er, mit seinen Fingern irgendwelche Muster auf meinem Bauch zu zeichnen. "Dann solltest du wenigstens DAS gewöhnt sein, nicht wahr?" Ich antworte nicht und Tim schnaubt. "Was war das bitte für eine Beziehung?!" Langsam entspanne ich mich wieder und lege zögerlich meine Hand auf seine, die auf mir liegt. "Eine Fernbeziehung. Wir haben uns einmal getroffen. Das weiteste was war, war Kopfkraulen und Händchen halten. Mehr... gab es nicht. Und als er mich das erste mal gesehen hat und ich dann wieder nach Hause gefahren bin..."
Tim verschränkt seine Finger mit meinen. Überrascht sehe ich nach unten. Was soll ich jetzt tun? Soll ich... Ach egal. Ein wenig zögerlich erwidere ich die Geste. "Was war dann? '", fragt er leise und ich antworte für einen Augenblick nicht. Aber hey. Ich werde eh sterben. Wieso mich nicht also ein wenig auskotzen? "Fünf Tage lang hat er den Kontakt komplett abgebrochen. Nur auf das nötigste geantwortet. Es gab normalerweise immer viele Herzen, aber nach den Sätzen war dann nicht einmal ein Punkt. Am fünften Tag, ein Freitag... habe ich ihn dann zur Rede gestellt. Ich wusste nichts. Er hat nie etwas gesagt."
Eine Mischung aus Wut und trauer kommt hoch. Wir hatten die selben Vorlieben und Geschmäcker in Musik. Konnten uns Stundenlang über ein Thema unterhalten. Es war perfekt! Dachte ich. "Er hat plötzlich keine Gefühle mehr für mich gehabt. Von heute auf morgen. Aber er meinte, dass er mir das nicht schreiben wollte, damit ich nicht verletzt werde. Ich habe mir Hoffnungen gemacht, so seine Worte. Und er wollte die Hoffnungen nicht zerstören. Dass er damit aber alles andere Zerstört hat... das checkt der nicht!" Ich setze mich auf und lasse Tim's Hand los. Sehe ihn von oben an. "Wir sind zwei Erwachsene Leute. Aber nein... Je länger er das aufrecht erhalten hat, desto schlimmer wurden meine Zweifel und meine Ängste! Habe ich etwas falsch gemacht? Wenn ja, was? Kann ich das wieder gut machen? Wie?" Meine ganzen alten Zweifel kommen wieder hoch. Ganz abgeschlossen... habe ich bis jetzt immer noch nicht.
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