Ablenkung tut gut
Slenderman erzählt mir, dass LJ ziemlich sauer sei und er es versteht, dass ich das Wochenende frei haben möchte. Und es tue ihm leid, dass er gestört hat. Ich zucke mit den Schultern. So etwas muss man eben mit einkalkulieren, wenn man sich mit mir anlegt. Besonders, wenn ich schlechte Laune habe. Sonst geht es dir gut? Nichts außergewöhnliches ist passiert? Slenderman hat sich nun vorsichtig aufgerichtet und sich diesmal nicht den Kopf angeschlagen. "Arbeit war wie immer. Ich habe Tim auf die Palme gebracht... und mich selbst blamiert. Nichts besonderes.", erkläre ich und sehe zu dem braunhaarigen. Er macht mir sorgen.
Tim ist ziemlich abwesend. Kann ich ihn irgendwie ablenken? Also gut. Sonst noch irgendetwas, das ich wissen sollte? Ich denke nach. Schüttle dann aber den Kopf. Nichts, was direkt mit den Creepypastas oder sonst etwas zu tun hätte. Pass gut auf dich auf und schreib alles auf, was dir noch einfällt. Wir kommen ihm näher. Aber irgend ein Bindeglied fehlt noch. Wir sehen uns bald wieder! Ich nicke ihm zu und sehe, dass er sich Tim zugewandt hat. Die beiden lasse ich in Ruhe, ehe Slenderman mit einem Mal verschwunden ist. Nicht einmal ein Tschüss habe ich bekommen.
Mein Blick fällt auf Masky, der immer noch in seinen Gedanken versunken ist und nur auf den Boden starrt. Ich gehe zu ihm hinüber und lege einen Arm um seine Schultern. Auch, wenn ich mich dafür ziemlich strecken muss. "Mit jeder Info kommen wir näher zu Brian! Wir schaffen das, klar? Ich bin scheiße im Mut zureden. Oder in Hoffnung geben. Aber so wie wir das mit dem Kopfkraulen hingekriegt haben, kriegen wir das andere mit Brian auch hin, klar?" Aufmunternd grinse ich ihm zu und sehe, dass Tim zumindest seinen Blick kurz mir zuwendet. "Du blutest. Nase.", meint er leise und ich hebe meine Hand an meine Nase.
Nasenbluten. "Man... Das passiert jedes mal, wenn Slenderman mit mir redet. Dann krieg ich auch Kopfschmerzen des Todes. Das ist der Wahnsinn!", knurre ich, lasse ihn kurz los und gehe zu meiner eigenen kleinen Hausapotheke. Dort wähle ich eine der Boxen aus, hole mir einen Stopfen gegen Nasenbluten heraus und stecke es rein, bevor ich alles voll blute. Den Rest räume ich wieder rein und sehe wieder zu dem Kerl, der immer noch einsam und verloren da steht. Seufzend verschränke ich die Arme. Wie kann ich ihn aufmuntern? Oder auch nur ablenken?
Idee. Ich schnipse mit den Fingern und grinse zufrieden. "Komm! Ab! Ziehen wir uns an! Wir gehen in die Stadt!", rufe ich und hole mir noch Socken. "Was wollen wir in der Stadt.", murrt der braunhaarige und ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Nicht herumsenieren. Deine schlechte Laune geht gar nicht. Du brauchst bessere. Oder zumindest eine, die genervt ist.", erwidere ich und ziehe mir auch eine Jacke und die Schuhe an. Gezwungen, da ich ja gehe und er auf mich aufpassen muss, zieht er sich ebenfalls an und packt sich Zigaretten ein, ehe wir raus gehen und ich mir gerade noch so den Schlüssel schnappen kann, bevor die Tür ins Schloss fällt.
Während ein riesen Griesgram und Sorgenbeutel neben mir her geht, führe ich uns in die Stadt. Der Fußweg dauert gute 20 Minuten, aber wenigstens kann Tim dann eine Rauchen. Oder zwei. Er macht sich echt Sorgen um Brian und ich merke, dass ich nicht die einzige bin, die diese Situation etwas viel findet. Ich wäre wahrscheinlich genau so aufgewühlt, wenn es um Kathrin ginge. In der Stadt angekommen, zerre ich ihn erst einmal in den Müller. Dort bleibe ich fasziniert bei den Notizheftchen und -blöcken stehen und nehme eines nach der anderen in die Hand.
Daheim habe ich einen riesen Haufen auf meinem Schreibtisch liegen. Aber es gibt immer die ein oder andere Sache, von der man nie genug haben kann! Ich hebe eines hoch, dass eine Holzmaserung auf dem Cover hat und streiche entzückt darüber. "Hast du nicht schon genug? Der Stapel kann sich sehen lassen.", brummt Tim und ich sehe ihn mit großen Augen an. "Aber... Aber... So eines habe ich noch nicht! Oder das hier!" Ich schnappe mir eines mit einem goldenen Kompass auf dem Cover. "Guck sie dir an! Ich könnte mich gar nicht entscheiden... welches soll ich mitnehmen?"
Der braunhaarige holt tief Luft, verdreht die Augen und schüttelt den Kopf, ehe er beide aus meinen Händen nimmt und sie zurück legt. "Keines. Du hast genug." Und mit diesen Worten zieht er mich weiter. In eine Ecke in die er denkt, dass ich sicher wäre vor Spontankäufen. Weit gefehlt. Die Zeichenabteilung. Mit einem grinsen mache ich mich los, verschwinde zwischen den Regalen und höre ein leises fluchen, als Tim mir hinter her jagt. Vor einer Wand aus vielen verschiedenen Kalligraphiestiften aus Japan bleibe ich stehen und nehme einen in meine Hand. Wie gut er sich halten lässt...! Wahnsinn!
"Das brauchst du auch nicht. Wann zeichnest du?", knurrt Masky neben mir und ich sehe zu ihm. "Ach komm schon... Schau doch mal, wie schön der über das Papier gleitet!", rufe ich und schreibe 'Tim' in einer geschwungenen Schrift auf den Testblock. Solche Stifte nutze ich nicht für Kalligraphie. Sie lassen sich wunderbar für das Zeichnen Zweckentfremden. Der braunhaarige sieht mich aus schmalen Augen an. "Hast du überhaupt so viel Geld dabei?" Ich hole meinen Geldbeutel heraus, sehe auf den Preis und dann in das Geldfach, ehe ich nicke. "Jap!" Tim massiert sich seinen Nasenrücken. "Ist der Kauf wirklich notwendig?", fragt er dann und ich sehe auf den Stift.
Es wäre schön, ihn zu haben. Ich könnte damit die Details und Feinheiten aus so manchen Figuren besser herausarbeiten. "Schlecht wäre er nicht...", murmle ich und sehe auf den Stift. "Dann nimm ihn mit. Aber dann ist ruhe! Ich will kein Gemecker hören!" Immer noch mit dem Stopfen in der Nase, grinse ich breit. "Du weißt schon, dass ich mir den auch ohne deine Erlaubnis geholt hätte, oder?", frage ich und wir gehen an die Kasse. "Ich weiß. Aber schön zu wissen, dass du meine Meinung zumindest in Betracht ziehst. Ob du auf mich hörst oder nicht... das ist eine andere Sache."
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