Kapitel 5
Lloyd zog mich weiter hoch, sodass mein Kopf nicht unterm Wasser stand. Seine Arme waren fest um meine Taille geschlungen. "Ich wusste nicht dass du..." In seiner Stimme spielte eine Mischung aus Angst und Bedauern mit.
"Nicht.", stoß ich schwer atmend hervor, als er mich ganz aus dem Wasser holen wollte. "Ich muss hier bleiben, bis es aufhört."
"Meinst du die Schmerzen?"
"Ja. Sie werden schlimmer wenn ich das Wasser verlasse.", erklärte ich ihm und schmiegte meinen Kopf gegen seine Brust. Es fühlte sich immer wieder so an, als ob ich das Bewusstsein verlieren würde, doch ich blieb bei Sinnen.
Der stechende Schmerz ließ langsam nach. Das strahlende Blau am Himmel, hatte sich verdunkelt, welches mich nur noch unwohler fühlen ließ. "Wir können raus.", verkündete ich völlig schlapp. Selbst meine Stimme klang so wie die einer Frau frisch nach der Geburt.
Meine Kleidung war klitschnass, dazu klebte es noch unangenehm auf der Haut. Obwohl ich wegen dem Wasser all diese Schmerzen erleiden musste, wollte ich nichts weiter als eine warme Dusche.
Die durchnässten Schuhe zog ich sofort aus als wir am Ufer entlang zu unserem Picknicksplatz gingen.
"Aqua, es tut mir wirklich leid. Ich würde niemals..." Ich gab Lloyd keine Chance seine Rede zu beenden und legte verständnisvoll meine Hand auf seine Schulter. "Ist schon okay. Ich weiß dass du mir niemals freiwillig weh tun würdest."
Ich stellte mir die Hände vors Gesicht. "Wie soll ich meiner Mutter denn jetzt meinen Zustand erklären? Mom, ich hatte mal so richtig Bock schwimmen zu gehen, obwohl es mir die Haut verbrennt... Das klingt so bescheuert!"
"Ja, das tut es.", stimmte Lloyd zu. "Daher wirst du sie fragen ob du bei mir, deiner Freundin, übernachten darfst."
Ich nahm die Hände vom Gesicht und starrte ihn mit offenem Mund an. "Warte... Ich soll bei dir übernachten?"
"Yupp." Er kramte in meiner Tasche rum, bis er mein Handy fand und es mir dann zureichte. "Ruf sie an."
Mein Herz machte einen Hopser. Ich sollte bei Lloyd übernachten? Mit dem Jungen, den ich erst seit einer Woche kannte? Der Typ, der mich andauernd nervte, sollte mit mir, eine ganze Nacht lang im selben Haus sein? Zudem, wusste ich nicht mal wo er wohnte, wie seine Eltern hießen, ob er überhaupt Geschwister hatte, oder... Ich würde das alles rausfinden!
Ein triumphierendes Grinsen zog sich über mein Gesicht. Erfreut nahm ich das Handy entgegen und rief anschließend meine Mutter an, die sofort ranging. Hastig bat ich sie um Erlaubnis.
"Du willst die Nacht bei ihr verbringen?", fragte meine Mutter erstaunt, da ich nie zuvor bei jemandem übernachtet hatte und fürchtete irgendwo anders als bei mir Zuhause zu schlafen.
Ich nickte eifrig, obwohl sie es nicht sah. "Ja, mom."
"Könntest du sie mir mal kurz ans Telefon geben?"
Kommen wir zum Thema Arschkarte. Genau die, hatte ich momentan gezogen. Aber so was von...
"Uhm... Jein?" Ich presste das Handy an die Brust. "Lloyd, sie will dich sprechen."
Er streckte die Hand aus um mir das Handy aus der Hand zu nehmen, doch ich drückte es noch fester gegen mich. "Sie wird rauskriegen dass du ein Junge bist!"
Lloyd lachte nur, und riss mit einer geschickten Wendung das Handy aus meiner Hand. "Sie wollten mich sprechen?", fragte er mit einer lieblichen Tonlage, aber nicht lieblich genug um seine tiefe Stimme wie die eines Mädchens klingen zulassen.
In dem Moment konnte ich förmlich hören wie die Arschkarte zu Wort kam und "Du hast so was von verschissen", schrie. Ich weiß. Halt einfach den Rand.
Lloyd und meine Mutter sprachen ein ganzes Weilchen und mit Weilchen mein ich ganz sicherlich eine Zeitspanne über ner halben Stunde. Erst nachdem er aufgelegt hatte, erlaubte ich mir ruhig auszuatmen.
"Und, was sagt sie?"
"Dass ich gut auf dich aufpassen soll.", antwortete er lächelnd und machte den Schal an meinem Hals lose. "Was wird das?", fragte ich leicht verwirrt, als er den Schal um meinen Kopf wickelte, sodass ich nichts sehen konnte.
"Wart's nur ab."
* * *
"Meine hohe Intelligenz kommt mit deiner überwältigenden Dickköpfigkeit einfach nicht mit.", zeterte ich und lehnte erschöpft den Kopf auf seinen Rücken.
Die kräftigen Züge des Windes vom Mittag hatten deutlich nachgelassen, doch es war viel kälter geworden. Ich hatte schon fast begonnen das Fahren mit Lloyd zu genießen, da hielt er plötzlich an. Der Schal war noch immer um meinen Kopf gewickelt. Ich war praktisch blind und somit völlig auf Lloyd angewiesen.
Er half mir vom Fahrrad runter woraufhin er es abstellte und mich an der Hand ein paar Schritte fort führte. "Lloyd... Wo zur Hölle bringst du mich hin?", platzte es letztendlich aus mir raus.
"Wirst du gleich sehen, aber bis dahin... schön die Augen geschlossen halten." Er legte seine Hände über meine Schultern. Ein komisches Prickeln breitete sich über meine Haut aus, nicht nur dort, wo er mich berührte, sondern am ganzen Körper.
Ich machte einen Schritt nach vorne. Mein Fuß schien einen Satz ins Nichts gemacht zu haben. Es fühlte sich so an als ob ich in die Leere fallen würde, doch in Wirklichkeit brach der Kontakt zwischen meinen Füßen und dem Boden nie ab.
"Wir sind fast da.", ließ mich Lloyd wissen, der mich wie eine Prinzessin hob.
"Ich glaube du hast mich mit einer Disneyprinzessin verwechselt.", merkte ich an, doch Lloyd ignorierte mich und fing an irgendwo hochzuklettern. Panisch krallte ich die Nägel um das Ende von seinem Ausschnitt.
"Okay. Mir wird das langsam zu bunt. Lass mich runter!", winselte ich verzweifelt. Wenn es etwas gab vor dem ich mich mehr fürchtete als die Dunkelheit, dann war es die Höhe, die einem all das Gleichgewicht raubte und dich dann in den Tod stürzen ließ.
"Keine Sorge wir werden nicht runter fallen, aber natürlich nur, wenn du aufhörst zu zappeln.", gab mir Lloyd zu bedenken.
Wo wohnt er, auf dem Everest oder was?
Ich presste mich noch döller gegen ihn. Mein Herz pochte schon so stark, dass ich mir sicher war, dass Lloyd die Schläge spüren konnte.
Er hüpfte runter. Ich schrie erschrocken auf, doch nichts geschah. Meine Organe wurden nicht auf den Boden zerstreut. Ich stand in einem Stück da. Erleichtert atmete ich aus.
"Sind wir da?", fragte ich zitternd. Die nassen Klamotten an meinem Leib waren kalt wie Eis.
"Ja." Lloyd machte den Knoten vom Schal auf. "Du darfst jetzt gucken."
Ich öffnete langsam die Augenlider. Im Gegensatz zu meiner Erwartung ein grelles Licht gegen die Augen stechen zu spüren, blickte ich bloß in die üppige Finsternis. Kein einziger Lichtstrahl. Nichts. Nicht mal das Rauschen der Nacht war zu hören.
Das einzige was ich mit meinen Sinnen aufspüren konnte waren die warmen Arme von Lloyd, die um mich geschlungen waren, welche sich jedoch von mir lösten, und mich in der vollkommenen Dunkelheit allein zurück ließen.
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