Kapitel 25
Sobald wir die Menschenwelt verlassen hatten, hatte der Schmerz wieder zugenommen.
Maia legte mir einen breiten Umhang über die Schultern. Sie zog mir die Kapuze übers Kopf und legte eine weiße Maske auf mein Gesicht, das anfangs zu groß für mich war, doch es nahm plötzlich die Form meiner Gesichtszüge an und passte perfekt. An den Stellen wo Löcher für meine Augen waren, wurden Gläser angebracht, die es jemanden der mich ansah unmöglich machte meine Augen zu sehen, was jedoch für mich nicht der Fall war. Ich sah alles klar und deutlich.
Der schwarze Umhang umhüllte mich voll und ganz. Es reichte bis zu meinen Füßen.
Mit langsamen Schritten gingen wir aufs Schloss zu. Erinnerungen stiegen mir zu Kopf. Sie zu ignorieren war schwerer als dies mit den Schmerzen zu tun.
Wir stiegen viele Treppen hoch. Das Schloss wirkte innen wie ein Keller. Dunkel, unheimlich. Fackeln waren überall angebracht. Es war wie ein Labyrinth. Ich folgte Maia und Ralph leise. Auch sie waren genauso wie ich gekleidet und trugen diese besonderen Masken.
Sie blieben plötzlich stehen.
Stimmen kamen aus dem Raum wenige Meter vor uns.
"Ellie! Wie oft denn noch? Du sollst nicht ohne Socken rumlaufen.", hörte ich Lloyd schimpfen. Seine Stimme erwärmte mein Herz; betäubte meine Schmerzen.
"Du bist nicht meine Mutter, Lloyd.", zischte Ellie.
"Dann komm nicht heulend zu mir wenn du Bauchschmerzen hast. Den Spero, werde ich für dich auf keinen Fall benutzen."
"Lloyd." Ellie klang plötzlich so sanft, wie ich sie noch nie gehört hatte. "Möchtest du reden?"
"Nein. Ich koche wie du siehst. Es wäre nett, wenn du helfen würdest."
"Hör mir zu.", forderte Ellie ihn auf. "Du verlässt seit Tagen nicht mehr das Schloss. Was ist los? Ist es wegen dem Menschenmädchen? Wegen..." Sie überlegte kurz. "...Aqua?"
Eine Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Wir pressten uns gegen die Wand und lauschten weiter.
"Ich kann nicht mehr zu ihr zurück.", sagte Lloyd, ohne jene Emotion.
"Warum denn das? Junge, sie ist verrückt nach dir. Erinnerst du dich nicht daran, was sie getan hat um dich zu beschützen?"
"Nein, Ellie!", brüllte er. Seine Stimme verriet ihn; seine Tränen, die ihm die Wangen hinunter rannten. "Das einzige was sie an mir mochte war, dass ich ihren Schmerz vergessen ließ. Sie mochte mich nur, weil ich neben ihr nur Lloyd war und nicht der Meister der Gedanken. Sie kennt mich nicht."
"Was laberst du da für'n Scheiß? Hör auf zu winseln. Wenn sie dich als den Meister der Gedanken erleben würde, würde sie dich nur noch mehr lieben."
"Mir ist es egal was sie mir gegenüber empfindet. Ich brauch ihre Bewunderung nicht. Ich muss sie nicht jeden Tag bei mir haben. Ich will ihr nur ein sicheres Leben bieten, aber das kann ich nicht mehr. Ich werde mein Versprechen niemals halten können."
Seine Worte stachen sich in mein Herz wie Nadeln, geführt mit den schlimmsten Albträumen, die mich seit her jagten.
"Lügner.", dröhnte Ellie. "Warum hattest du sie denn solange am Hals?"
"Sie brauchte Hilfe.".
"Nein." Ellie lachte in sich hinein. "Du brauchtest sie und das tust du immer noch."
"Wir sind Weltenbrecher, Ellie. Wir brauchen nur uns selbst."
"Lloyd.", fing sie an. "Hör auf. Ich schwöre auf meine Magie, ich sage Louis kein Wort darüber. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Du gibst ihr Wert, so wie du es nie zuvor mit jemanden außer deiner Familie getan hast."
"Ellie...", schluchzte Lloyd; man konnte die Verzweiflung deutlich raushören. "Ich will nicht mehr lügen.
"Das musst du auch nicht. Alles wird so wie früher."
Maia warf einen fragenden Blick auf mein Tränen übersätes Gesicht. "Wollen wir?", flüsterte sie.
Ich nickte und wir gingen herein.
Lloyd hatte die Arme fest um Ellie geschlungen und weinte. Die Augen seiner Cousine waren geschlossen. Auch von ihren Wangen rollten dicke Tränen runter.
In nur wenigen Sekunden hatten sie unsere Präsenz wahrgenommen und lösten sich von einander. Lloyd wischte sich die Tränen weg und stand auf. "Was wollt ihr?"
Die Masken von Maia und Ralph platzen und wurden zu Staub. " Es gibt einen neuen Gestaltenwandler den du überprüfen sollst. Es ist Louis' Befehl."
Lloyd ging auf Ralph zu und sah ihn mit tödlichen Blicken an. "Ihr habt uns zugehört, oder?"
Lloyd hielt ihn am Kragen und presste ihn fest gegen die Wand. "Es kostet mich nur eine einzige Wendung um euch das Leben zu nehmen. Reißt euch zusammen."
"Wir haben nicht gelauscht.", sagte Maia und blickte Lloyd emotionslos an.
"Das hoff ich doch." Und dann sahen seine Augen in meine.
Er ließ Ralph los und marschierte auf mich zu. "Folge mir."
* * *
Ich hatte Lloyd noch nie so aggressiv erlebt. Er brachte mich in einen kleinen Raum. Der Boden war mit dicken Steinen bezogen. Die Wände ebenfalls. Es war kalt und mir schmerzte der ganze Körper.
"Keine Angst. Die Tests tun nicht weh. Ich werde dir nur ein paar Magie-strömungen verpassen. Die spürt man kaum." Seine Wut von eben, seine aufgeregte Stimme... war einfach verschwunden. Er klang so wie immer. Lieb und beruhigend.
"Ich hätte ihn sowieso nicht umgebracht. Das war nur gespielt. Solange du nichts tust, womit du die Todesstarfe verdienen würdest, kann dir keiner auch nur ein Haar krümmen. Solange du uns treu bist, bieten wir dir Schutz. All die Diener Louis' werden beschützt und sind heilig. Nun komm, lass uns mit den Prüfungen beginnen."
Anstatt seinen Anweisungen zu folgen machte ich einen Satz nach hinten. Ich war nicht bereit ihm gegenüber zu treten. Ich musste das alles noch verarbeiten.
Lloyd seufzte und kam auf mich zu. Ich zuckte wieder wegen dem Schmerz zusammen, meine Sicht verschwamm zwischen den Tränen. Die Lichter der Fackeln zerronnen in ein einzelnes.
"Uns zu betrügen gehört auch zur Todesstrafe, Gestaltenwandler. Wenn du doch keiner bist, kann das schlimme Folgen für dich haben, aber wenn du es von allein zugibst, werde ich dich ungestraft davonkommen lassen."
Ich schüttelte verneinend den Kopf. Mein Rücken berührte die Wand. Ich weinte ununterbrochen.
Lloyd griff nach meiner zitternden Hand. Seine Brauen zogen sich einander. "Warum hast du so große Angst?", fragte er mich. "Diese Hände..."
Er näherte meine Hand an seine Nase und hielt inne, streifte mit dem Finger erneut über meine Haut und musterte mich rätselnd. Sein Gesicht war so fahl...
Seine Hand richtete sich auf meine Stirn. Auch er zitterte. "Ich...", stotterte er. "Werde jetzt deine Maske zerstören."
Ich schüttelte wieder verneinend den Kopf und drückte mich noch enger gegen die Wand, doch er hatte seine Hand schon auf meine Stirn gelegt.
Und im nächsten Moment bröselte die Maske zu Staub.
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